Europas „Mann auf dem Mond Moment“ – so nannte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den europäischen Green Deal. Das ist ein Jahr her. Wie steht es um die Mission Green Deal?
Was wurde nicht alles vorhergesagt für die Europawahl 2019 und für die Jahre danach in EU-Parlament und ‑Kommission. In der Mitte konservativer und am rechten Rand deutlich stärker — und in der Folge auch düstere Aussichten für Klima‑, Umwelt- und Naturschutz. Und für die europäische Idee als Ganzes.
Dann jedoch gab es zwei Überraschungsmomente, die ein neues Licht auf die Zukunft Europas warfen. Zum einen die Wahl selbst, die vom Willen vor allem junger Wähler:innen geprägt war, Europa als Chance zu sehen und sich nicht mit der weiteren Gefährdung des Klimas und damit ihrer Zukunft durch alte Beharrungskräfte abzufinden. Zum anderen, vielleicht infolge des Schwungs durch die Europawahl, das Programm einer – konservativ geführten – EU-Kommission, das sich von allen vorherigen Programmen dramatisch unterschied. Und zwar durch den European Green Deal, der vor allem den Schutz des Klimas und der natürlichen Lebensgrundlagen zum Leitmotiv erhob!
Was wurde aus den Hoffnungen?
Wir wussten natürlich alle, dass damit nicht alle Probleme Europas gelöst werden würden — wie zum Beispiel nationalistische Tendenzen und Rechtsstaatlichkeitsprobleme oder Menschenrechtsverstöße an den EU-Außengrenzen. Um nur einige zu nennen. Aber was ist nach einem Jahr aus den Hoffnungen geworden, die der European Green Deal wecken konnte?
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Was die Ziele angeht, hat der European Green Deal bisher kaum an Dynamik verloren. Die Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 wird jetzt auch von den Mitgliedstaaten mitgetragen. Die Zielsetzung, bis 2030 jetzt eine 50–55 prozentige statt der bisher beschlossenen 40 prozentigen Minderung der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 zu erreichen, wird wohl sogar übertroffen. Das ist dann zwar immer noch ein zu kleiner Schritt fürs Klima, aber immerhin ein großer für Europa. Zumindest im Vergleich zu vorher.
Auch andere Ziele klingen gut. Die Farm to Fork-Strategie soll den Pestizideinsatz bis 2030 halbieren. Die Biodiversitätsstrategie soll die Schutzgebietsfläche in der EU auf 30 Prozent erhöhen. Das sind nur zwei weitere Beispiele dafür, was jetzt bereits zusammen mit den EU-Staaten beschlossen ist. Sie markieren in der Tat einen Paradigmenwechsel.
Doch wie sieht es mit der Umsetzung aus?
Wie passen die Farm to Fork- und die Biodiversitätsstrategie mit den zu erwartenden Beschlüssen der EU-Agrarpolitik zusammen, bei der ja offensichtlich alles beim Gleichen bleiben soll? Wie können die Klimaziele erreicht werden, wenn durch der „Fonds für einen gerechten Übergang“, der eigentlich den Übergang etwa von der Kohle abhängigen Regionen in eine klimaneutrale Zukunft ermöglichen soll, die Finanzierung für Gasinfrastruktur vorsieht? Hier stehen viele Fragezeichen.
Jetzt heißt es Widersprüche ausräumen
Diese Widersprüche müssen von der EU-Kommission, dem EU-Parlament und den EU-Mitgliedstaaten aufgelöst werden. Besonders die Bundesregierung muss aufhören zu bremsen. Die deutschen Verhandler:innen in Brüssel brauchen ein starkes und eindeutiges Mandat, um die Transformation voranzubringen. Das würde nämlich eine ganz andere europäische Dynamik auslösen: Es würde nicht mehr auf Deutschland gewartet, stattdessen könnte man früh die offenen Fragen identifizieren und lösen.
Nur so kann eine Bruchlandung vermieden werden. Und sich der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprochene „Man on the Moon“-Moment erfüllen.
Klima ist ganz wichtig für die zukunft