Rote Lis­te: Ein Drit­tel aller Säu­ge­tie­re Deutsch­lands gefährdet

Europäischer Iltis oder Waldiltis © Ralph Frank / WWF

Wie geht es den Säu­ge­tie­ren in Deutsch­land? Die mit Span­nung erwar­te­te Rote Lis­te gibt Aus­kunft. Und sagt uns: Natur­schutz hilft!

Wir Arten­schüt­zer sind ehr­lich gesagt immer ein biss­chen ange­spannt, bevor eine Aktua­li­sie­rung der Roten Lis­te der bedroh­ten Tier­ar­ten ver­öf­fent­licht wird. Was wird drin­ste­hen, wel­cher Tier­art geht es bes­ser, wel­cher schlech­ter? Oder ist sogar wie­der eine ganz verschwunden?

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Heu­te wur­de erst­mals seit 2009 vom Bun­des­amt für Natur­schutz (BfN) eine aktua­li­sier­te Rote Lis­te für Säu­ge­tie­re in Deutsch­land vor­ge­stellt. 97 Säu­ger­ar­ten und ‑unter­ar­ten wer­den dar­in hin­sicht­lich ihrer Gefähr­dung unter­sucht, von der Alpen­spitz­maus bis zum Zwerg­wal. Dar­in sind eini­ge gute Nach­rich­ten, vie­le schlech­te – und Vie­les, was uns in unse­rer Arbeit bestätigt. 

Die schlech­ten Nachrichten:

Der Zustand vie­ler Säu­ge­tie­re in Deutsch­land hat sich in den ver­gan­ge­nen zehn bis 15 Jah­ren ver­schlech­tert. Knapp ein Drit­tel der Säu­ge­tie­re in Deutsch­land ist in sei­nem Bestand gefähr­det. In der vor­her­ge­hen­den Fas­sung waren es 27 Pro­zent. Hin­zu kom­men knapp 20 Pro­zent, die in Deutsch­land ent­we­der bereits als aus­ge­stor­ben gel­ten müs­sen oder extrem sel­ten sind.

Vom Aus­ster­ben bedroht: der Luchs © Robert Gün­ther / WWF

Mas­siv ver­schlech­tert hat sich die Lage bei Iltis, Feld­hams­ter und Gar­ten­schlä­fer. Drei Arten gel­ten in Deutsch­land nun neu als „Vom Aus­ster­ben bedroht“: das Graue Lang­ohr (eine Fle­der­maus­art) sowie der Luchs sind bedroh­ter als zuvor. Der Zwerg­wal wur­de in der höchs­ten Bedro­hungs­ka­te­go­rie neu in die natio­na­le Rote Lis­te auf­ge­nom­men. Er wur­de vor­her nur spo­ra­disch in deut­schen Gewäs­sern gesich­tet, gilt aber mitt­ler­wei­le als hier­zu­lan­de etabliert.

Vom Aus­ster­ben bedroht: Zwerg­wal © Jür­gen Freund / WWF

Die guten Nachrichten:

Ver­bes­se­run­gen sind bei den Arten nach­ge­wie­sen, die von geziel­ten Natur- und Umwelt­schutz­maß­nah­men pro­fi­tie­ren. So gel­ten Wolf, Klei­ne Huf­ei­sen­na­se und Wald­bir­ken­maus jetzt nicht mehr als vom Aus­ster­ben bedroht. Posi­tiv ent­wi­ckelt haben sich ins­ge­samt die Bestän­de von 17 Arten und Unterarten.

Pro­fi­tiert von Natur­schutz: die Kegel­rob­be © Hans Ulrich Roes­ner / WWF

Ent­schei­dend dafür sind nach Mei­nung der Forscher:innen  der Natur- und Umwelt­schutz, etwa bei Atlan­ti­scher Kegel­rob­be und Fisch­ot­ter. Durch gesetz­li­che Schutz­be­stim­mun­gen und weni­ger Umwelt­gif­te in den Gewäs­sern konn­ten sich ihre Bestän­de etwas erho­len. Den Fle­der­mäu­sen der Klei­nen Huf­ei­sen­na­se hilft das Ver­bot des Pes­ti­zids DDT, der Wolf pro­fi­tiert von sei­nem stren­gen Schutz. Das freut uns sehr, weil wir uns immer wie­der aufs Neue dafür ein­set­zen. Lang­fris­ti­ger Ein­satz zahlt sich also aus.

Der Luchs ist bedroht! Hilf uns, den Luch­sen zu helfen!

Bei wei­te­ren 39 Säu­ge­tie­ren wur­de seit 2009 zumin­dest eine sta­bi­le Ent­wick­lung fest­ge­stellt. Auch die­se Erfol­ge sind der Roten Lis­te zufol­ge oft geziel­ten Arten­hilfs­maß­nah­men zu ver­dan­ken. Das kön­nen Maß­nah­men im Quar­tier­schutz sein oder die Ver­net­zung von Bio­to­pen, von denen bei­spiels­wei­se die Wild­kat­ze profitiert.

Natur­schutz lohnt sich – und muss viel wei­ter gehen!

Das bestä­tigt mich natür­lich wie alle mei­ne Kolleg:innen, alle Hel­fer und Unterstützer:innen des Natur­schut­zes. Und spornt mich an. Unse­re Arbeit lohnt sich, spür­bar und mess­bar! Vie­len Dank an jeden ein­zel­nen Unterstützer!

Es bestä­tigt mich auch in unse­rer For­de­rung in den nächs­ten zehn Jah­ren 30 Pro­zent der Erde unter Schutz zu stel­len. Die EU-Bio­di­ver­si­täts­stra­te­gie hat sich exakt zu die­sem Ziel für ganz Euro­pa bekannt. Momen­tan sind aller­dings nur rund 15 Pro­zent der Flä­che Deutsch­lands durch Natu­ra 2000-Schutz­ge­bie­te abge­deckt. Wir brau­chen also mehr Natio­nal­par­ke, Bio­sphä­ren­re­ser­va­te und Natur­schutz­ge­bie­te! Für unse­re Arten­viel­falt, aber auch für unse­re Glaub­wür­dig­keit, wenn wir mit ent­spre­chen­den For­de­run­gen auch an Ent­wick­lungs- und Schwel­len­län­der herantreten.

Was wir tun müssen

Die Rote Lis­te zeigt klar, wor­an wir wei­ter drin­gend arbei­ten müs­sen. Die Haupt­be­dro­hun­gen für Arten­viel­falt in Deutsch­land sind die inten­si­ve land- und forst­wirt­schaft­li­che Nut­zung, Flä­chen­ver­sie­ge­lung, Ver­lust und Zer­schnei­dung von Lebens­räu­men durch neue Wohn‑, Gewer­be- und Ver­kehrs­flä­chen. Vor allem Arten des Offen­lan­des lei­den am Lebens­raum­ver­lust und der inten­si­ven Land­wirt­schaft. In der Nord- und Ost­see nennt die Rote Lis­te die fische­rei­li­che Nut­zung und den Unter­was­ser­schall als wesent­li­che Ursa­chen der Bedro­hung von Arten. Wir brau­chen einen Arten­schutz-Drei­klang für Deutsch­land: Mehr Schutz­ge­bie­te, ambi­tio­nier­te Kli­ma­po­li­tik und einen ernäh­rungs- und land­wirt­schafts­po­li­ti­schen Neu­start. Nur dann kön­nen wir alle der Ver­öf­fent­li­chung der dann aktu­el­len viel­leicht mit Ruhe und Freu­de entgegensehen.

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Ich bin Ökologe und leite den Fachbereich Artenschutz beim WWF Deutschland. Seitdem ich vor einiger Zeit mal für knapp ein Jahr in Kambodscha gelebt und gearbeitet habe, bin ich von der Region Südost-Asien, seinen Menschen und seiner Natur fasziniert. Inzwischen arbeite ich allgemeiner an den Herausforderungen, bedrohte Arten zu schützen und dabei Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung besser miteinander vereinbar zu machen. Meine Hauptarbeitsthemen sind Wilderei und der Handel mit illegalen Wildartenprodukten, vor allem Elfenbein und Nashornhorn. Gleichzeitig arbeite ich zum Schutz solcher bedrohter und ikonischer Arten wie den großen Menschenaffen, dem Eisbär, dem Großen Panda oder dem Sumatra-Nashorn.

Kommentare (2)

  • Es ist wichtig die Umwelt und die Tiere zu schützen. Gut dass es so Organisationen wie sie gibt.

  • Warum und wo gibt es inzwischen Zwergwale (immerhin bis zu 10 m lang) regelmäßig in deutschen Gewässern? Hat sich für diese Tiere in der Nordsee irgendetwas verbessert?
    Und was kann ich in meiner Region dafür tun, dass Biotope nicht nur erhalten bleiben, sondern auch Verbindungen zwischen diesen Biotopen entstehen, damit die Populationen nicht isoliert bleiben? Welche Auswirkungen haben die vielen neuen Zäune in Europa (wegen Flüchtlingen und wegen der Schweinepest) auf die Wildtiere?

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