Wusstet ihr, dass nicht nur wir Menschen Brücken nutzen? So genannte “Grünbrücken” spielen für Wildtiere eine große Rolle. Denn viele Arten haben es in unserer modernen Welt immer schwerer: Landwirtschaft, wachsende Siedlungen und der Straßenausbau begrenzen den Lebensraum von Wildtieren zunehmend.
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Tödliche Gefahr für Wildtiere
Der Straßenverkehr ist eine der größten Bedrohungen für unsere Wildtiere. Millionen von ihnen werden jedes Jahr auf Europas Straßen durch Verkehrsunfälle getötet oder verletzt. Besonders in Naturschutzgebieten und Wildtierkorridoren stellt der Straßenbau ein erhebliches Risiko dar.
Neben der direkten Gefahr bei der Überquerung von Straßen werden auch die Wanderrouten vieler Arten zerschnitten. Die Folge: Fragmentierte Wildtierpopulationen deren Überlebenschancen sich langfristig verringern. Denn viele Arten sind angewiesen auf vernetzte Lebensräume. Nur so können sie genetisch vielfältige Vorkommen etablieren und ihre ökologischen Funktionen ausüben. Eine Möglichkeit, Wildtiervorkommen über diese Hindernisse hinweg zu vernetzen, sind Grünbrücken.
Was sind Grünbrücken?
Grünbrücken werden auch Wildbrücken oder grüne Infrastruktur genannt. Solche speziell gestalteten Brücken ermöglichen es Wildtieren, Straßen, Bahnstrecken oder andere Barrieren gefahrlos zu überwinden. Sie sind mit Gräsern, Sträuchern und Bäumen begrünt und bieten den Tieren neben vernetzten Lebensräumen auch Nahrung und Schutz. Solche grünen Korridore sind der Grund, dass Wildtiere sich weiter frei und sicher bewegen können – und ihre Lebensräume ausdehnen und neue Gebiete besiedeln.
Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!In Deutschland existieren etwa einhundert Grünbrücken über Autobahnen und Bundesstraßen. Sie sind mittlerweile eine bekannte und beliebte Maßnahme des Naturschutzes und müssen beim Bau neuer Fernstraßen als ökologische Ausgleichsmaßnahme in Erwägung gezogen werden.
Hierzulande werden sie vor allem für große Wildtiere wie Rehe, Wildschweine und Füchse gebaut. Auch geschützte Arten wie Wölfe oder Luchse profitieren von diesen Überquerungshilfen. Sie können ihnen bei der sicheren Ausdehnung in ihre einstigen Verbreitungsgebiete und bei der Suche nach Artgenossen zur Fortpflanzung helfen. Aber auch kleinere Tiere wie Amphibien, Reptilien, Insekten und Vögel nutzen die grünen Übergänge. Es gibt sogar spezielle Brücken für Fledermäuse!
Grünbrücken im Rest der Welt
Über unsere Ländergrenzen hinaus gibt es ebenfalls eine beachtliche Reihe von Beispielen für Grünbrücken und ähnliche Maßnahmen zum Schutz von Wildtieren. In Kanada etwa trägt das Projekt Banff Wildlife Crossings mittels Wildbrücken und Unterführungen dazu bei, die Fragmentierung des Lebensraumes von Grizzlybären, Elchen und anderen Wildtieren im Banff National Park einzudämmen.
In Costa-Rica genauso wie auf Borneo werden Seilbrücken eingesetzt, um Affenarten wie dem laut IUCN stark gefährdeten Goldmantel-Brüllaffen (Alouatta palliata palliata) oder dem vom Aussterben bedrohten Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) bei der Erschließung von fragmentierten Waldgebieten zu helfen. Und auch andere Arten wie Faultiere nutzen die frei schwingenden Überführungen gerne.
In Indien und Nepal unterstützt der WWF die Wiederherstellung sowie den Ausbau von Wildtierkorridoren. In der Terai Arc Landschaft dienen sie für unzählige Arten wie Tiger, Panzernashörner oder Asiatische Elefanten als sicherer Verbindungsweg, um von einem Wildtiergebiet zum nächsten zu gelangen.
Vernetzung lässt sich individuell gestalten
Grünbrücken sind – wie wir erfahren haben – also nicht die einzige Möglichkeit, um die Lebensräume von Tieren zu verbinden. Neben Seilbrücken können auch Tunnel, Unterführungen oder eigens gestaltete Straßen sowie wiederhergestellte Wildtierkorridore dazu beitragen, dass Wildtiere sicherer und einfacher von einem Lebensraum zum anderen gelangen. Die Auswahl der Maßnahmen muss an die jeweilige Beschaffenheit des Lebensraumes sowie auf die vor Ort lebenden Tiere angepasst werden.
Der WWF setzt sich in vielen Gebieten weltweit für die Wiedervernetzung von fragmentierten Lebensräumen ein – z.B. durch den Erhalt oder die Neuanlage von Wanderkorridoren. Darüber hinaus unterstützen wir in vielen Ländern das Monitoring von Wildtieren mit Kamerafallen. So lassen sich nicht nur verschiedene Arten und deren Lebensraum erfassen. Ganz nebenbei können wir auch die Nutzung von Querungsmaßnahmen wie Grünbrücken dokumentieren.
Kommentare (2)
Es gibt nur einhundert Grünbrücken in Deutschland? Wenn man bedenkt, dass Deutschland das dichteste Strassen- und Schienennetz und die meisten Strassen- und Schienenkilometer von allen Ländern weltweit hat, ist diese Zahl überraschend niedrig. Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele Grünbrückenprojekte an den Kosten und am Aufwand scheitern. Ich habe schon einige Medienberichte gesehen, in welchen derartige Projekte schlechtgemacht wurden, eben aus den genannten Punkten. Schade, dass solch grossartige und sinnvolle Einrichtungen blockiert werden, für zahlreichen anderen Unsinn aber weder Mühen noch Kosten gescheut werden. Typisch natur- und tierfeindliches deutsches Land.
Grünbrücken
Seit ca. 20 Jahren bin ich oft unterwegs auf Autobahnen Richtung Süden in Frankreich und habe die Grünbrücken schätzen gelernt. Warum hinken wir in Deutschland immer hinterher?