Seit über hundert Jahren prägt sie das Bild unserer Flüsse und spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise rückt sie wieder verstärkt ins Bewusstsein: Die Wasserkraft.
Ihr Prinzip ist so einfach wie genial. Eine Konstruktion im Flusslauf wandelt durch, naja, Wasser-Kraft Bewegungs- in elektrische Energie um und speist diese in unser Stromnetz ein. Je größer der Fluss, desto größer können die Anlagen sein und desto mehr Strom produzieren sie. Stunde für Stunde, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Ohne durch Dunkelheit oder Windstille bedingte Pausen.
Folge uns in Social Media
Fast so zuverlässig wie thermische Kraftwerke (also solche die mit Kernspaltung, Kohle, Öl oder Gas betrieben werden) drücken Wasserkraftanlagen unablässig ihren Strom in unser deutsches Netz, welches mit durchschnittlich nur zehn Minuten Ausfall im Jahr 2020 im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz besetzt.
Hoffnungsträger der Energiewende?
Die Wasserkraft ist als Rückgrat der Energieversorgung kaum wegzudenken. Hat sie auch das Potenzial, die Energiewende von morgen entscheidend voranzubringen? Eher nicht. Denn Wasserkraftwerke haben Schwachstellen. Und diese sind so eklatant, dass wir sie in unsere Überlegungen mit einbeziehen müssen, um den tatsächlichen Wert von Strom aus Wasserkraft bewerten zu können: Zum einen treffen die oben beschriebenen Vorteile nur auf große Kraftwerke zu. Zum anderen haben alle Wasserkraftwerke einen negativen Einfluss auf den Ursprungszustand der Gewässer und auf viele Organismen, die in diesem Zustand natürlicherweise vorkommen würden. Und dieser Einfluss ist massiv.
Das Problem mit der Wasserkraft
Anders als Photovoltaik- oder Windkraftanlagen beeinflussen Wasserkraftwerke einen vollständig räumlich abgetrennten Lebensraum. Durch ihre Wehre und Dämme ist stets der gesamte Fluss und auf voller Breite betroffen. Für Fische gibt es keine Möglichkeit, Gewässerabschnitte mit Wasserkraftnutzung einfach zu umschwimmen. Die Verringerung dieser ökologischen Durchgängigkeit ist einer der Hauptgründe für das stille Verschwinden der aquatischen Tierwelt. Fischpopulationen, die flussauf- oder abwärts durch die Anlage schwimmen müssen, um ihren Lebenszyklus zu vervollständigen, werden im besten Falle für einige Zeit aufgehalten. Im schlimmsten Fall sterben sie lokal aus.
Ein anderer wichtiger Grund wird von Fachleuten „hydromorphologische Degradation“ genannt. Die für den Wasserkraftbetrieb notwendigen Bauwerke verändern das Gewässer nachhaltig, verdrängen typische Flusslebensräume und ersetzen sie durch Strukturen, die man sonst eher in Stillgewässern finden würde. Diese sind aber für viele Arten essenziell und können nicht einfach durch andere Lebensraumtypen ersetzt werden. Dazu kommt die Sterblichkeit der Fische in den Turbinen. Im Schnitt sterben mehr als ein Fünftel aller Fische beim Durchwandern einer Wasserkraftanlage.
Zu viel Wasser oder zu wenig
Auch die stark veränderten Abflussmuster, die durch die Wasserkraft entstehen, sind ein Problem. Wird viel Strom benötigt oder sind die Preise auf dem Strommarkt besonders hoch, lassen manche Kraftwerke innerhalb kürzester Zeit gigantische Wassermengen durch die Turbinen. Schwimmschwache Arten und Lebensstadien werden so einfach weggespült.
Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!Sinkt der Strombedarf oder der Strompreis, fahren die Betreiber ihre Anlagen wieder herunter, ebenfalls oft innerhalb weniger Minuten. Ganze Gewässerabschnitte werden durch diesen sogenannten „Schwall-Sunk-Betrieb“ trockengelegt oder von anderen abgeschnitten. Die vielfältigen natur- und artenschutzrechtlichen Auflagen, technischen Lösungen und Ausgleichsmaßnahmen, die den Bau und Betrieb solcher Anlagen begleiten, vermögen ihre Probleme zu einem gewissen Grad zu entschärfen. In der gesamtheitlichen Praxis lösen sie sie jedoch nachweislich nicht.
Eine Frage der Skalierung
Nun gut – könnte man meinen – in einem großen Fluss stehen große Kraftwerke und leben viele Fische. Klar, dass der Einfluss von diesen großen Kraftwerken besonders hoch ist. Um den ökologischen Schaden der Anlagen zu begrenzen, müsste man also nur herunterskalieren. Und auf die kleinen Flussabschnitte in den Mittel- und Oberläufen ausweichen. Wo nur kleine Kraftwerke stehen, die bei gleicher Wehrhöhe eine kürzere Gewässerstrecke aufstauen und in denen nur kleine Turbinen ihre Arbeit verrichten. Aber so einfach ist es nicht. Im Gegenteil.
Die Ökologie der Oberläufe
Die ökologische Integrität der Oberläufe der kleinen Gewässer ist deutlich höher als die der großen Gewässer. Das liegt daran, dass große Gewässer unter so genanntem „multiplem Stress“ leiden. Jeder will ein Stück von ihnen abhaben: Die Schifffahrt (Schifffahrtsstraßen), die Landwirtschaft (Wasserentnahme und Landnutzung in der Aue), Siedlungen (Flächennutzung und Versiegelung, Trinkwassergewinnung), Klärwerke (Einleitung von geklärten Abwässern), Kraftwerke (Kühlwasser) und natürlich die Wasserkraft (Stromgewinnung).
In der Konsequenz sind große Flüsse in Deutschland alles andere als natürlich. Sie sind hochgezüchtete Industrieinfrastrukturen, die mit einem natürlichen Gewässer ungefähr so viel zu tun haben wie ein moderner LKW mit einer Schubkarre. Je kleiner jedoch das Gewässer und je geringer der menschengemachte Einfluss auf sie, desto vorsichtiger muss agiert werden, um seine ökologische Integrität zu wahren.
Fast noch wichtiger als die Unversehrtheit der kleinen Oberläufe sind ihre grundsätzlichen ökologisch wichtigen Strukturen: In den Oberläufen fließt das Wasser schneller, ist kälter und klarer und hat einen höheren Sauerstoffgehalt. Der Gewässergrund ist geprägt von grobem Kies, in dem eine große Anzahl an einzigartigen aquatischen Lebensräumen existiert. Tiere, die diese sehr speziellen Lebensräume nutzen, sind evolutiv daran angepasst. Zu diesen „Habitatspezialisten“ gehören etwa Lachse, Forellen, Äschen, Elritzen oder Groppen.
Unrentabilität der Kleinwasserkraft
Um Fischen den Aufstieg in die Oberläufe der Gewässer, wo manche Arten laichen, zu ermöglichen, ist an allen Wasserkraftanlagen eine Fischaufstiegsanlage vorgeschrieben. Die dafür benötigte Wassermenge wird in der Regel als „Prozent vom Gesamtabfluss“ bemessen und liegt etwa zwischen 2 Prozent (bei sehr großen Wasserkraftanlagen) und 5 Prozent (bei kleinen). Im Umkehrschluss kann eine kleinere Anlage weniger Wasser relativ zur Größe des Flusses durch ihre Turbinen schicken als eine große. Das macht kleine Anlagen inhärent weniger profitabel, weswegen auf eine ordnungsgemäße Dotation der Fischaufstiegsanlage oft verzichtet werden muss.
Diese tragische Kausalität ist nur ein Beispiel für die mit sehr spitzem Bleistift kalkulierte Wirtschaftlichkeit kleiner Wasserkraftwerke. Viele kleine Anlagen produzieren schlicht nicht genug Strom, um die verhältnismäßig hohen Kosten, die bei der Installation von Fischschutzmaßnahmen und ‑wanderhilfen sowie einem ökologisch vorteilhafteren Betrieb anfallen, decken zu können.
Große Anlagen, im Gegenzug, sind leistungsfähig, gehören meist zu großen, international agierenden Unternehmen, die auch großräumige, kostenintensive Maßnahmen umsetzen können. Beliebt sind unter anderem kombinierte Ansätze, die aufwärts wandernde Fischen weiträumig um das Kraftwerk herum führen und ihnen gleichzeitig einen Teil ihres Lebensraumes bereitstellen, der in den riesigen Stauhaltungen der Kraftwerke verloren ging.
Die Umweltbelastung bleibt
Sowohl große als auch kleine Wasserkraftwerke üben massiven Stress auf ihre Umwelt aus und sind mitverantwortlich für das krachende Verfehlen bedeutsamer internationaler Umweltziele. Rechnet man jedoch dem Einfluss eines Kraftwerks die von ihm produzierte Strommenge gegen wird die Unverhältnismäßigkeit vieler kleiner Anlagen schnell sichtbar. Mit hohen, an die Allgemeinheit und Umwelt externalisierte Kosten produzieren in Deutschland fast 7.000 kleine Anlagen (installierte Leistung von <1 MW) weniger als 0,5 Prozent der gesamten Strommenge. Durch die Modernisierung eines einzigen großen Kraftwerks kann mehr Strom produziert werden, als mit den über 2.000 Kleinwasserkraftwerken, die allein in Bayerns Bächen stehen.
Was daraus folgen muss
Ein echter Beitrag der Kleinwasserkraft zur Energiewende ist für mich nicht ersichtlich. Ziel sollte daher sein, große Anlagen in Gewässern mit Mehrfachnutzung zu modernisieren – und kleine Anlagen, die die ökologischen Anforderungen nicht erfüllen können ohne ihre Betreiber gleichzeitig in den Ruin zu treiben, zurück zu bauen. Wie spektakulär die ökologische Revitalisierung befreiter Flüsse aussehen kann, zeigen die Projekte der Dam Removal Europe-Koalition. Ich hoffe, dass viele deutsche Projekte in den nächsten Jahren folgen.
Kommentare (2)
Grundsätzlich kann ich als engagierter Bürger die Sorgen des WWF um Wasser- und Luftbewohner beim Ausbau der regenerativen Energien verstehen. Gleichzeitig lehnen wir alle ebenfalls - aus gut nachvollziehbaren Gründen - die Atomenergie ab und sehen anhand der Klimaentwicklung immer konkreter, dass fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas unsere Erde mittelfristig zum Treibhaus machen.
Aus diesem Dilemma kommen wir nicht heraus, wenn wir Wind- und Wasserenergie ebenfalls verteufeln und den lokalen Naturschutz vor den globalen Klimaschutz stellen. Wir brauchen ausnahmslos alle erneuerbaren Energien, die wir haben, und müssen diese im Mix optimieren.
Natürlich müssen wir auch bei den erneuerbaren Energien abwägen, welche Auswirkungen diese langfristig haben. Das sollte aber sachlich konstruktiv und historisch korrekt geschehen, und nicht mit - wie leider auch in diesem Artikel lesbaren - falschen Behauptungen zu einem ausufernden Rundumschlag gegen die Wasserkraft als erneuerbare Energie führen.
Ich will das gerne näher erläutern und beleuchte dazu erst einmal den historischen Aspekt. Seit über 100 Jahren haben Politik und Wasserwirtschaft Hochwasserschutz betrieben und massiv unsere Flüsse begradigt. Dies hat eine gewisse Zeit funktioniert, weil die kritischen Überschwemmungsgebiete entschärft wurden und zudem Schifffahrt, Landgewinnung und die Stadtentwicklung dadurch einen Aufschwung erlebten - bis deutlich wurde, dass man die Probleme damit nur flussabwärts verlagert und dabei sowohl die begradigten Flüsse mangels Energieabbau erodieren als auch der Grundwasserspiegel absinkt. Trotzdem wurde dies bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts so weiterbetrieben, allerdings mit der Maßgabe, Querbauwerke zur Energievernichtung und zum Anheben des Grundwasserspiegels zu errichten. Da war es nur konsequent, die Bauwerke einem weiteren Nutzen zuzuführen, nämlich der Erzeugung von Energie aus Wasserkraft.
Gleichzeitig wurden Retentionsräume aufgegeben und im Zuge des Straßen- und Städtebaus massiv Flächen versiegelt, die Drainage riesiger Flächen staatlich bezuschusst und viele Bäche und Wassergräben verdolt, was die Hochwassergefahren wieder erhöhte.
Heute haben wir in der BRD ca. 200.000 Querbauwerke, aber lediglich 7.600 Wasserkraftanlagen. Trotzdem sollen die Wasserkraftanlagen das Übel aller Flüsse sein, obwohl sie hohe Mindestwasseranforderungen einhalten und die sicher jahrzehntelang unterschätzte Durchgängigkeit seit mindestens 20 Jahren mit hohen Investitionen sukzessive hergestellt wird.
Wie muten in diesem Kontext die Forderungen zum Abbruch der Wehre und Beseitigungen der Wasserkraft an? Meines Erachtens ist das kontraproduktiv, denn damit lösen wir das in unserer Kulturlandschaft geschaffene Problem nicht. Die Wehre nur mit rauen Rampen zu versehen nützt den Gewässern auch nichts, denn zum Einen bleiben diese weiterhin schießende Rinnen, zum Anderen haben sie andere schädliche Auswirkungen, wie dies beispielsweise der Biologe Wolfgang Büchs im Interview mit der ARD zur Hochwasserkatastrophe im Ahrtal vom 8.8.2021 eindrucksvoll verdeutlichte: „Andere Naturschutzmaßnahmen waren meines Erachtens eher kontraproduktiv, etwa dass kleinere Stauwehre entfernt wurden, um Fischen und der gesamten Gewässerfauna eine Durchlässigkeit zu schaffen, was sich auch über Fischtreppen erreichen lässt. Hierdurch erhöhte sich die Abflussgeschwindigkeit.“
Und ein Rückbau der Flüsse in ihre ursprüngliche mäandrierende Form, was eigentlich die Konsequenz der WWF-Forderungen wäre, ist nur in kleinem Rahmen und nicht flächendeckend möglich. Das würde den Rückbau von großen Ländereien, Siedlungen und ganzen Städten zu Überschwemmungsgebieten voraussetzen, was sich politisch, finanziell und eigentumsrechtlich nicht durchsetzen lässt. Ökologische Kosmetik, wie bei vielen Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt, lösen das komplexe Problem ebenso wenig. Dies bringt lokale Verbesserungen, immerhin…
Das “Memorandum deutscher Fachwissenschaftler:innen zum politischen Zielkonflikt Klimaschutz versus Biodiversitätsschutz bei der Wasserkraft”, das unter Federführung des IGB 2021 veröffentlicht wurde ist als Argumentationshilfe für Gegner:innen der Wasserkraft eher fragwürdig. Leider wurde hier im Nachgang kein Dialog mit den Gewässernutzer:innen, von denen die Wasserkraft eine ist, gesucht. Auch andere Disziplinen wurden nicht mit einbezogen, was das Dokument leider sehr einseitig und prätentiös macht und aufgrund mangelnder Interdisziplinarität nicht realitätstauglich ist.
Es gibt eine Vielzahl von anderen freien und international anerkannten Umweltwissenschaftler:innen, die sich positiv zur Wasserkraftnutzung und zum Erhalt unserer Kulturlandschaft einsetzen, wie beispielsweise Ernst Ulrich von Weizsäcker oder der ehemalige Greenpeace-Chef Dr. Gerd Leipold. Greenpeace geht beispielsweise viel differenzierter an das Thema Wasserkraft heran.
Aufgrund meiner mehr als 40-jährigen direkten Betriebserfahrung im Kleinwasserkraftsektor muss ich leider einige von den NGO´s (Fischereiverbände, BUND, WWF etc. ) aufgeführte Pauschalaussagen richtigstellen, bzw. eine differenzierte Betrachtung anbieten.
• “Ausgetrocknete Flussleichen”: Dies ist keineswegs die Regel, kann aber im Einzelfall bei Havarien vorkommen. Wasserkraftwerke geben amtlich festgelegte und kontrollierte Mindestwassermengen ab, die nicht nur die Durchgängigkeit gewährleisten, sondern auch, neben den Ausleitungsstrecken, zusätzliche Lebensräume bieten.
• “Fischhäckselnde Turbinen”: Gerade vor den Kleinkraftwerken sind Feinrechen mit in der Regel 15 mm Stabweite angeordnet. Da passt nicht mal ein kleiner Finger durch, und schon gar keine Fische. Die Möglichkeit besteht trotzdem, dass es hier zu Schädigungen an Individuen kommen kann, aber die Population ist keineswegs gefährdet. Wenn es tatsächlich an einzelnen Anlagen eine Mortalität von 20% und mehr geben sollte, dürften es nach 5 Kraftwerken schon keine Fische mehr geben?! Es wäre wirklich sehr freundlich und vor allem den aktuellen zukunftsorientierten Diskussionen zuträglich, wenn sich die Gegner einmal von diesem alten Mythos trennen könnte.
• “Keine Durchgängigkeit für Fische und Makrozoobenthos”: Die Kleinwasserkraft wird behördlich streng mit Vorgaben nach WHG/WRRL beauflagt, was auch sukzessive mit sehr hohen Kosten umgesetzt wird. Es gibt bereits tausende positive Beispiele, auch bezüglich Fischschutz und Fischabstieg, obwohl es dazu noch keinen „Stand der Technik“ gibt.
• “Keine Durchgängigkeit für Geschiebe”: Bei den Kleinkraftwerken gibt es in der Regel nur moderate Stauräume, die bei jedem Hochwasser, also mehrmals jährlich, gespült werden. Das Geschiebe wird so weitergeleitet, wie es im natürlichen Flussregime passieren würde.
• “Erwärmung des Wassers in den Stauräumen”: wie bereits oben erwähnt, sind die Stauräume und damit die Durchlaufzeit des Wassers bei Kleinwasserkraft gering. Es findet keine Erwärmung über die hinaus statt, welche sich bei frei fließender Strecke ergeben würde. Im Gegenteil: durch die Turbinierung wird dem Wasser Energie entzogen. Einen Beitrag zur Gewässererwärmung liefern hingegen thermische Kraftwerke, Einleitungen aus Kläranlagen, sowie die Klimaerwärmung.
• “Abgabe von Methan in den Stauräumen”: dieser Vorwurf ist absurd bei der kleinen Laufwasserkraft. Methanbildung kommt bei großen Staudämmen vor, bei denen die Biomasse (Wald) nach dem Staudammbau mit eingestaut wird und sich diese Biomasse über die Jahre hinweg organisch zersetzt. Solche Anlagen sind tatsächlich fragwürdig ob ihrer Dimensionen und regionalen Auswirkungen auf die Bevölkerung und das Mikroklima und bedürfen umfassender sozio-kultureller, ökonomischer und ökologischer Abwägungen (wie jeder menschliche Eingriff in die Natur).
• “Strom einsparen bringt mehr als Wasserkraft”: Natürlich sind Einsparmaßnahmen richtig und zielführend und eine Grundlage der Energiewende. Nicht zielführend ist die Argumentation, gerade mit Stromsparen die erneuerbare Wasserkraft zu ersetzen. Ersetzen Sie, wenn Sie die Bevölkerung tatsächlich zum Einsparen bringen, damit besser die CO2-Schleudern!
• “Behörden sollen endlich überwachen, dass die ökologischen Mindestanforderungen erfüllt werden”: Diese Forderung ist ebenfalls so ein Mythos, der sich anscheinend nicht beseitigen lässt. Seit 1900 ist das Monitoring ökologischer Mindestanforderungen gesetzlich verankert. Die Anlagen müssen nicht nur bei Neu- und Wiedergenehmigungsverfahren, sondern auch innerhalb der Genehmigungszeiträume hohe, sich ständig aktualisierende, Anforderungen erfüllen!
Mit Bedauern muss ich hier feststellen, dass es den Autor:innen des WWF Artikels nicht um eine sachliche, konstruktive Information geht, sondern dass hier durchaus Partikularinteressen verfolgt werden, warum auch immer.
Der Wasserkraft wird zudem unterstellt, dass sie (wegen der lange fehlenden Durchgängigkeit) am Rückgang der Fischpopulationen maßgeblich schuld sei. Eine historische Betrachtung kann hier für Klarheit sorgen: Der Rückgang der Fischpopulationen erfolgte erst in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die meisten Wasserkraftanlagen wurden aber bereits vor 1900 und bis 1930 gebaut. Der Verfasser selbst hat als junger Fischer in den 60er Jahren die obere Donau befischt und dabei massenhaft Population aller Arten vorgefunden. Wie kann es sein, dass sich der Ausbau der Wasserkraft erst nach 80 Jahren schädlich ausgewirkt haben soll? Sind da nicht auch, und zwar wesentlich, andere Faktoren schuldig? Was hat sich in diesem Zeitraum an den Gewässern noch verändert?
Wer hier wirklich nach Antworten sucht wird schnell fündig: Es gab bis in die 70er Jahre noch kaum biologische Schadstoffe in den Gewässern, aber viel Nährstoffangebot durch keine oder unzureichende Kläranlagen, die direkt in die Flüsse mündeten. Mit der Verbesserung der Kläranlagen durch stufenweisen Ausbau nahm das Nährstoffangebot und damit auch die Kleinstlebewesen, die den Fischen als Nahrungsgrundlage dienen, ab. Große Populationen der Flussbewohner konnten sich nicht mehr ernähren. Ein gutes Beispiel hierfür liefert aktuell der Fischbestand im Bodensee.
Mit der Abnahme des Nahrungsangebotes, ging die massive Zunahme von Einleitungen durch biologische und chemische Stoffe wie Hormone, Gifte, Reinigungsmittel, Schwermetalle, Komplexbildner einher. Allein der Boom der Antibabypille und der Betablocker, sowie viele weitere Medikamente belasten das Gewässer, weil diese Hormone und chemischen Stoffe nicht in Kläranlagen zurückgehalten werden. Industrielle und landwirtschaftliche Gifte, sowie weitere aus den Haushalten (Reinigungsmittel, Fette, Hormone), die ins Gewässer gelangen, verändern auch die Fortpflanzungsfähigkeit der Wassertiere. Auch multiresistente Keime führen immer mehr zu Verunreinigungen unserer Gewässer.
Dazu kommt die seit den 70er Jahren extrem gestiegene Zahl der Freizeitfischer:innen, die die Populationen dezimieren. Aktuell sind im Deutschen Angelfischerverband e.V. 26 Landes- und Spezialverbände mit ca. 9.000 angeschlossenen Vereinen organisiert. In manchen Quellen wird die Zahl der Angelfischer:innen in Deutschland mit bis zu 6 Millionen Anglern angegeben.
Die Fischer:innen zählen sich zu den größten Naturschutz- und Umweltverbänden Deutschlands, und dies obwohl sie die natürlichen Fischbestände dezimieren, gepaart mit dem Unsinn, gezüchtete und artfremde Arten zu besetzen und damit genfremdes Material ins Gewässer einzubringen. Gleichzeitig gehen vermehrt Fischräuber wie der Kormoran auch in Süddeutschland an die Fischbestände. Weiterhin kommen vermehrt invasive Arten aus anderen Regionen ins Gewässer und verdrängen heimische Arten.
Weitere Probleme schafft neben der Landwirtschaft auch der Straßenbau. Viele Straßen verlaufen parallel zu den Gewässern und überqueren dabei Nebenflüsse und -bäche, die dann oft verdolt oder mit Beton gesichert wurden. Eine Anbindung der Nebenflüsse ans Hauptgewässer ist oft nach kurzer Zeit nicht mehr gegeben, weil das Hauptgewässer als Auswirkung des Hochwasserschutzes erodiert und sich eintieft. Somit kann oft keine Laichwanderung mehr in die Seitenbäche funktionieren, welche die Kinderstuben der Fische sind. Reifenabrieb, Plastik und saurer Regen geben ein Weiteres.
Sicher werden viele dieser Probleme bereits politisch angegangen, aber es ist eine Mammutaufgabe, diese Missstände alle rückzubauen und gleichzeitig die Infrastruktur und den Wohlstand aufrechtzuerhalten.
Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns gegenübersehen, können wir aber - so viel ist sicher - noch weniger erreichen, indem wir einzelne Technologien ausgrenzen und pauschal und generell mit “immer”, “alle”, “keiner”, “nie” argumentieren und handeln. Das ist sogar gefährlich. Eher halte ich es für angebracht, hier konstruktiv das Gespräch mit den Beteiligten zu führen und gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Konsens über ein zielorientiertes Vorgehen herzustellen, auch wenn das für beide Seiten Kompromisse bedeutet. Siehe hierzu auch die gemeinsame Erklärung zwischen WWF, Swisspower AG, der Bundesrätin Sommaruga u.a. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-86432.html. Es kann durchaus sinnvoll sein und ist in der heutigen Zeit mehr denn je angeraten, einzelne Dinge in größeren Kontexten zu betrachten und sich nicht zu sehr auf Positionen zu verfestigen.
Dazu stehen sicherlich die Verbände der kleinen Wasserkraft gerne zur Verfügung
Elmar Reitter Rechtenstein/Do.
Zuerst muss der Energiebedarf/Energieverbrauch drastisch gedrosselt werden !
Z.B. Abschaltung bzw. Reduzierung von Lichtwerbung, Denkmalbeleuchtung, Straßenbeleuchtung und von unnötigen elektrobetrieben Geräten (Verbote oder Erhebung von Steuern).
Weitere Maßnahmen:
1. Keinen kostenreduzierten Industriestrom.
2. Abschaffung der Globalisierung.
3. Keine Freihandelsabkommen.
4. Einführung von Zöllen auf Einfuhren.
Hierdurch würden Billigimporte aus dem Ausland reduziert, die heimische Industrie gefördert und gleichzeitig der Warentransport über weite Strecken erheblich eingeschränkt.
5. Einführung von Pfand i.H.v. 10% des Verkaufspreises, auf alle elektronische und elektrobetriebene Geräte.