Drei Mei­len­stei­ne gegen den Plastikmüll

Der Export von Müll muss aufhören © iStock / Getty Images

Wir pro­du­zie­ren viel zu viel zu viel Plas­tik­müll. Unse­re Mee­re ste­hen kurz vor dem Müll­kol­laps. Das ist auch bei der Poli­tik ange­kom­men. Das ist schon mal gut. Wir müs­sen jetzt schnell und kon­kret han­deln, um die Plas­tik­flut zu stoppen.

Gut, dass die Euro­päi­sche Uni­on das The­ma stra­te­gisch angeht und eine Plas­tik­stra­te­gie ver­öf­fent­licht, in der über­ge­ord­ne­te Zie­le for­mu­liert sind. Aber das The­ma ist nicht neu. Über Plas­tik­müll und Müll­ber­ge haben wir schon in den 80er Jah­ren dis­ku­tiert. Und nun kommt vor allem dort, wo wenig gehan­delt wur­de, der Müll mehr und mehr zu Tage. Zum Bei­spiel am Mit­tel­meer. Daher fehlt uns die Zeit für vage Absichts­er­klä­run­gen. Es ist bekannt, was zu tun ist und wir brau­chen einen kon­kre­ten Fahr­plan, bis wann Geset­ze ein­ge­führt werden.

Was wir kon­kret gegen Plas­tik­müll tun müssen:

1) Die Her­stel­ler aller Ver­pa­ckun­gen müs­sen die Kos­ten für die Samm­lung und Ent­sor­gung voll­stän­dig tra­gen. Das soll für allen anfal­len­den Ver­pa­ckungs­müll und für alle Län­der glei­che Gül­tig­keit haben. Wir brau­chen ein Ziel, bis wann die natio­na­len Geset­ze dazu in Kraft getre­ten sind.

Der Export wird uns beim Müll nicht wei­ter­brin­gen: Deutsch­land und ande­re EU-Staa­ten ver­schif­fen gro­ße Men­gen Plas­tik­müll nach Süd­ost­asi­en und ver­schär­fen die gewal­ti­gen Pro­ble­me dort noch wei­ter. Chi­na nimmt unse­ren Plas­tik­müll seit Jah­res­be­ginn 2018 nicht mehr. Jetzt darf der Müll nicht ein­fach irgend­wo anders hin gebracht wer­den. Müll­ex­port muss schwie­ri­ger wer­den. Oder am bes­ten überflüssig.

2) Wir müs­sen in Euro­pa viel mehr Recy­cling­kunst­stof­fe ver­ar­bei­ten, statt Müll nach Über­see zu expor­tie­ren. Die Plas­tik­stra­te­gie der EU muss daher die Recy­cling­fä­hig­keit von Ver­pa­ckun­gen för­dern, damit qua­li­ta­tiv bes­se­re Werk­stof­fe aus dem Recy­cling auf den Markt kom­men. Was heu­te in den Sor­tier­an­la­gen lan­det, ver­wirrt oft die hoch­kom­ple­xe Sor­tier­tech­nik, weil sich die Ver­pa­ckungs­her­stel­ler nicht um die Recy­cling­fä­hig­keit bemü­hen. Abga­ben für Ver­pa­ckun­gen müs­sen sich an der Recy­cling­fä­hig­keit ori­en­tie­ren. Jeder Ken­ner der Mate­rie kann sofort etli­che Punk­te auf­zäh­len, was beim Recy­cling stört. Daher kann es kein Hexen­werk sein, einen Kri­te­ri­en­ka­ta­log inner­halb der nächs­ten zwei Jah­re zu formulieren.

3) Kon­kre­te Zeit­vor­ga­ben, um Geset­ze gegen die Bei­men­gung von pri­mä­ren Mikro­plas­tik fer­tig­zu­stel­len, tau­chen in der EU-Stra­te­gie lei­der noch gar nicht auf. Das Ver­bot von Mikro­plas­tik in Kos­me­tik und Indus­trie ist über­fäl­lig! Denn wir haben damit ein Rie­sen­pro­blem: Es ist prak­tisch unmög­lich, die win­zi­gen Plas­tik­tei­le aus dem Meer zu fischen. Wir müs­sen unbe­dingt ver­hin­dern, dass wei­ter Mikro­plas­tik über Abwäs­ser in Flüs­se und Mee­re gelangt. Für pri­mä­res Mikro­plas­tik aus Abwäs­sern von Indus­trie­be­trie­ben muss die EU Grenz­wer­te einführen.

Und übri­gens: es geht um mehr als Plastikmüll

Und noch eines, wo der Plas­tik-Hype gera­de Sai­son hat: Es geht nicht nur um Plas­tik, son­dern grund­sätz­lich um Müll, Ener­gie­ver­brauch und Roh­stoff­ver­schwen­dung. Also auch um Papier­tü­ten, Geträn­ke­do­sen und Elek­tro­schrott. Auch dafür brau­chen wir Stra­te­gien mit kon­kre­ten Zeit­plä­nen, die auch Her­stel­ler in die Pflicht neh­men, sich auch um das Lebens­en­de ihrer Pro­duk­te zu kümmern.

Die gro­be Rich­tung der EU-Plas­tik­stra­te­gie stimmt. Das Tem­po nicht. Wir müs­sen han­deln. Jetzt.

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Ich arbeite seit über 20 Jahren beim WWF und versuche, in der Arbeit mit Unternehmen den ökologischen Fußabdruck so zu reduzieren, dass am Ende tatsächlich etwas Messbares herauskommt. Der Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie begleitet mich dabei täglich. Ein thematischer Schwerpunkt meiner Arbeit ist das Thema Verpackungen und Recycling. Ich beobachte gerade mit Entsetzen, wie die Weltmeere in eine Plastiksuppe verwandelt werden und hoffe, dass wir es schaffen, weltweit vorhandenen Sachverstand zusammenzubringen, um das Problem zu lösen.

Kommentare (9)

  • In meinem Haushalt gibt es schon lange keine Plastiktüten mehr,ich nähe meine Einkaufstaschen selber,werden auch gerne von der Familie oder Freunden genommen.Und macht auch noch Spaß.LG

  • Vielleicht sollte sich der WWF hier mal an die eigene Nase fassen: Als Spenderin bekomme ich ja ab und zu mal Post von Ihnen. Und hab mich darüber schon öfter mal kräftig geärgert, über das Zeug, das als "kleines Dankeschön" beigelegt wurde - beim letzten Mal waren es z.B. Plastikaufkleber mit Schneeflocken-Bildchen. Ähnliche wunderbare Dinge gab es leider schon öfter. Ich frage mich: 1. Wer braucht diesen Plunder? 2. Welche Werbeagentur hat sich das bloß ausgedacht? Ärgerlich!

  • Ein wichtiger Punkt fehlt mir noch in der Plastikmüll-Strategie :
    Die Müllvermeidung. Hier sehe ich riesige Potenziale in nahezu allen Branchen - und jeder einzelne von uns kann sofort bei sich anfangen, statt immer nur die Verantwortung auf andere zu schieben.

    • Sehr schöner Blog gegen wahnsinniges Plastik, Chemische substanzen , Gummiteilchen und ungesunde sprays, wie auch Sprayfanatiker. Die Weltgesellschaft bringt sich selbst um

  • Hallo, ich finde es bedauerlich, wie Bernhard Banske die Zusatzbeiträge für den Grünen Punkt ("Lizenzgebühr") als positives Beispiel gegenüber Nachbarn herausstellt. Damals ging es eigentlich unter Umweltminister Klaus Töpfer darum, die Handelsunternehmen und besser noch die Hersteller zur Rücknahme und Recycling jeglicher Verpackungen zu zwingen. Das hätte sie sofort zur Müllvermeidung gedrängt. Das haben diese durch Lobbyarbeit abgewendet. Der Handel hat sich von der Verpflichtung durch den DSD und den Grünen Punkt befreit. Bis heute vermeidet die Industrie keinesfalls die Verpackungen. Die Recyclingziele werden vom DSD auch nicht eingehalten, denn diese sind profitorientierte Privatunternehmen und zu hohe Kosten schmälern den Profit. Müll wird weiter verbrannt oder exportiert. Nun müssen die Verbraucher weiter zusätzliche Lizenzgebühren bezahlen, die als "Lizenz zum Vermüllen" mitnichten als Erfolg gewertet werden dürfen! Andere Länder gehen konsequenter vor und verbieten Plastiktüten per Gesetz landesweit usw. Kein Firlefanz mit Lizenzen. Nicht hier in D. Mag sein, dass der Grüne Punkt besser als nichts ist, aber als Vorbild brauchen wir ihn deswegen nicht herausstellen.

    • Ja- Handelsketten zum Umdenken zwingen!!Ich habe eine große Tüte in der Küche, in den ich ALLE Plastikverpackungen meines bevorzugten Discounters Sammle. Diese nehme ich zum nächsten Einkauf mit und entsorge sie dort in den bereitgestellten Containern.
      Wenn viele das machen würden, wütrde das sicher helfen.

  • Der wichtigste Punkt findet hier meiner Meinung nach viel zu wenig Erwähnung: Müllvermeidung! Was gar nicht erst entsteht, muss nicht wiederverwertet werden und kann nicht im Meer landen. Warum ist denn die Mehrwegquote bei Getränken in Deutschland seit Jahren rückläufig? Hier könnte die Politik Vorgaben machen, will sich aber anscheinend mal wieder nicht mit einer Lobby (der Verpackungsindustrie) anlegen. Darauf sollte ein Umweltverband wie der WWF viel vehementer drängen (was natürlich nicht so einfach zu Erfolgen führt), aber zumindest in seinen eigenen Publikationen dafür werben. Und das bei dieser Strategie bemängeln.

  • Kunststoffteilchen kleiner als 5 Millimeter entstehen hauptsächlich durch Versprödung und mechanischen Zerfall. Der größte Teil der Mikroplastikpartikel stammt aus dem Waschen von synthetischen Textilien und aus dem Abrieb von Reifen, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroplastik . Die Herstellung unnötiger Kunststoffprodukte muss sofort gestoppt werden. Nur so kann der immense Schaden durch nicht mehr einsammelbare Plastikmüllmengen zumindest etwas verringert werden. Alle bisherigen Massnahmen sind ungenügende Kompromisse. Firmeninteressen ignorieren den im Grundgesetz §20a GG festgeschrieben "Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen".

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