Acht­mal Quatsch zum The­ma Fischfang

Fischer in Sambia, Luangwa River © James Suter / WWF-US

Zum The­ma Fisch­fang wird viel Quatsch erzählt – und geglaubt. Man­ches wird gestreut, man­ches ver­brei­tet sich ein­fach so. Zeit mal aufzuräumen.

Mythos 1) Kein Fisch in Deutsch­land ist illegal

Wenn ich hier im Super­markt Fisch kau­fe, dann wird der schon geprüft und in Ord­nung sein, oder? Nein, lei­der kann man sich nicht sicher sein. 80 Pro­zent des Fischs auf dem deut­schen Markt wird impor­tiert. Bei der Kon­trol­le die­ser Impor­te muss noch nach­ge­bes­sert wer­den. In den letz­ten Jah­ren wur­de nur rund ein Drit­tel der Fang­be­schei­ni­gun­gen vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Land­wirt­schaft und Ernäh­rung geprüft, da sind die Maschen weit offen für Impor­te aus ille­ga­ler Fische­rei. Auch die 20 Pro­zent aus deut­scher Fische­rei sind nicht zu abso­lut sicher, denn Deutsch­land kon­trol­liert sei­ne Fische­rei viel zu lax. Wie etwa beim Anlan­de­ge­bot. Fischer müs­sen jeden gefan­ge­nen Fisch quo­tier­ter Arten auch an Land brin­gen. Noch viel zu oft und unge­straft lan­det er aber ein­fach über Bord. Aber auch (Eigen-)Lob muss sein: Die Lage bei den Import­kon­trol­len ist nicht zuletzt durch die Arbeit des WWF deut­lich bes­ser geworden.

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Mythos 2) Klei­ne Fische­rei heißt gute Fischerei

Aus die­sem Netz ent­kommt nichts © Green Renais­sance / WWF-US

Nein, lei­der gibt es kei­ne Fische­rei die pau­schal gut ist. Auch Klein­fi­sche­rei kann enor­me Schä­den anrich­ten. Das muss nicht nur die berüch­tig­te Dyna­mit und Zya­nid-Fische­rei sein – die übri­gens immer von klei­nen Boo­ten aus betrie­ben wird, son­dern zum Bei­spiel auch das ver­brei­te­te Fischen mit Mos­ki­to­net­zen, wie ich es etwa auf Mada­gas­kar gese­hen habe. Die­sen Net­zen der Kleinst­fi­sche­rei­en ent­kommt auch nicht der aller­kleins­te Fisch. Zurück bleibt nichts als lee­res Was­ser. Wer nicht in die Fer­ne schwei­fen will: In Nie­der­sa­chen gibt es eine Mies­mu­schel­fi­sche­rei die im Natio­nal­park statt­fin­det und nicht nach­hal­tig ist.

Mythos 3) Nach­hal­ti­ge Fische­rei ist gar nicht möglich

Doch, natür­lich ist nach­hal­ti­ge Fische­rei mög­lich. Und nötig. Und alter­na­tiv­los. Es gibt eine Men­ge poli­ti­sche Dreh­schrau­ben, um Fische­rei end­lich nach­hal­tig zu orga­ni­sie­ren. Wie etwa zunächst ein­mal das Zurück­fah­ren von Sub­ven­tio­nen für nicht-nach­hal­ti­ge Fische­rei. Man muss es nur poli­tisch auch Wollen.

Mythos 4) Lega­ler Fisch­fang ist nach­hal­ti­ger Fischfang

Legal, zer­stö­re­risch: Grund­schlepp­netz © Bri­an J. Sker­ry / WWF

Das wäre schön, stimmt aber lei­der nicht. Viel zu hohe Fang­quo­ten, wie sie auch in der EU lan­ge üblich waren, bedeu­te­ten völ­lig lega­le Über­fi­schung. Und zer­stö­re­ri­sche Fang­me­tho­den wie ton­nen­schwe­re Grund­schlepp­net­ze sind nicht ver­bo­ten. Obwohl sie groß­flä­chig den Mee­res­bo­den ver­wüs­ten. Lei­der.   

Mythos 5) Der Mensch muss Fisch essen für sei­ne Gesundheit

Fett­arm, Ome­ga 3 etc., bestimmt schon mal gehört. Ja, Fisch ist gesund. Aber uns Über­ver­sorg­ten hier­zu­lan­de ste­hen vie­le ande­re Quel­len für die­se Nähr­stof­fe zur Ver­fü­gung. Fisch ist bei uns also geeig­net für eine gesun­de Ernäh­rung, aber nicht erfor­der­lich. Mil­lio­nen Men­schen in Küs­ten­re­gio­nen der Ent­wick­lungs­län­der sind aller­dings auf Fisch als Eiweiß­quel­le ange­wie­sen. Wir nicht. Für uns soll­te Fisch eine nicht all­täg­li­che Deli­ka­tes­se sein.

Mythos 6) Kom­mer­zi­el­le Fische­rei rot­tet Fische aus

Gefischt, bis nichts mehr da ist: Roter Thun © Jor­ge Bar­to­lo­mé / WWF

Stimmt nicht, weil der aka­de­mi­sche Nach­weis nicht zu erbrin­gen ist, dass auch der aller­letz­te Fisch einer Art gefan­gen wur­de. Auch der Nach­weis, dass die Fische­rei allein ver­ant­wort­lich ist, ist schwer zu erbrin­gen. Ist ein Bestand durch Über­fi­schung stark dezi­miert, wird die kom­mer­zi­el­le Fische­rei unren­ta­bel & des­halb ein­ge­stellt wer­den, noch bevor der Bestand aus­ge­rot­tet wird. Der Fisch­fang kann aber Bestän­de zusam­men­bre­chen las­sen, wie wir es schon beim Neu­fund­land­ka­bel­jau oder beim Roten Thun gese­hen haben. Beim Aal könn­te es aller­dings bald soweit sein, wenn die Poli­tik nicht end­lich han­delt. Denn hier ist tat­säch­lich eine Fisch­art ganz kon­kret vom Aus­ster­ben bedroht. Ob das aller­dings an der Fische­rei allein liegt darf aus guten Grün­den bezwei­felt werden.

Mythos 7) Die Pro­ble­me sind anders­wo, aber nicht bei uns

Fischer­boot auf der Nord­see © H. Jungius

Es gibt durch­aus posi­ti­ve Bei­spie­le für Bestands­er­ho­lung wie beim Nord­see­ka­bel­jau. Aber auch „bei uns“ in Nord- und Ost­see wer­den Fisch­be­stän­de über­fischt. Wie etwa der Dorsch. Oder die Schol­le. Oder es wird mit pro­ble­ma­ti­schen Metho­den gefan­gen, wie bei der Krab­ben­fi­sche­rei. Oder eben längst durch­ge­setz­te Schutz­be­mü­hun­gen wer­den nicht umge­setzt oder kon­trol­liert oder umge­setzt. Wie etwa beim Rück­wurf­ver­bot für Beifänge.

Mythos 8) Der MSC zer­ti­fi­ziert doch eh schon fast alles

Der MSC ist ein Schein­rie­se. Der MSC-Mar­k­an­teil liegt tat­säch­lich über die Hälf­te – aber nur bei uns. Schon in Öster­reich oder der Schweiz ist er deut­lich nied­ri­ger. Auf wich­ti­gen Fisch­märk­ten in den USA, Asi­en oder auch schon ande­ren EU-Län­dern ist MSC eher eine Rand­er­schei­nung. Glo­bal sind 12 Pro­zent der Fän­ge vom MSC zer­ti­fi­ziert. Aber der MSC hat gro­ße Wachs­tums­plä­ne und will 2020 auf 20 Pro­zent und 10 Jah­re spä­ter auf 30 Pro­zent kom­men. Wir for­dern vom MSC, dass trotz Wachs­tums­stra­te­gie nur zer­ti­fi­ziert wer­den darf, was den Titel „nach­hal­tig“ auch ver­dient hat.

Habt ihr noch einen Mythos auf­zu­klä­ren? Oder noch Fra­gen zur Fische­rei? Schreibt es in die Kommentare!

Dass alles Leben aus dem Meer kommt und die Ozeane der größte Lebensraum auf der Erde sind, hatte mich schon als Kind völlig fasziniert. Ich träumte davon unter Wasser atmen zu können. Das Ausmaß der Naturzerstörung durch die Fischerei und besonders die Überfischung dagegen waren schockierend. Und sind sie heute noch. Ich arbeite beim WWF schon seit 1999, heute als Vorständin Transformation Politik & Wirtschaft. Wer festgefahrene Strukturen ändern will, braucht viel Geduld. Aber auch wenn die Fortschritte langsam sind darf man niemals Aufgeben – denn wer aufgibt, der hat schon verloren.

Kommentare (4)

  • Hallo Frau Vesper,

    ich habe gerade die ARD Doku zum Thema MSC gesehen. Ich war bestürzt und hatte aufgrund des Beitrags auch durchaus den Eindruck, der WWF würde den Praktiken des MSC kritiklos gegenüber stehen. Mich freut, dass dies offensichtlich nicht der Fall ist. Meine Bitte wäre: Bleiben Sie dran und heizen Sie dem MSC ein! Denn wenn man dem Beitrag Glauben schenken darf, ist aus einer guten Idee inzwischen ein Greenwashing Projekt geworden, das den Verbrauchern leider Political bzw. Ecological Correctness vorgaukelt und sie in die Irre führt.

    • Hallo,
      genau das haben wir vor - um den MSC wieder zu einem Instrument zu machen, das dem Verbraucher hilft und das Meer schützt.
      Vielen Dank & liebe Grüße!

  • Natuerlich spielt der WWF ein doppeltes Spiel, wird der MSC von dritter Seite ernsthaft kritisiert, dann ist der WWF aber voellig bestuerzt, und raet sogar wie bei Mexikanischen Tunafischerei vom Kauf ab (also muss der Verbraucher zwischen guten und schlechten MSC Fischen unterscheiden, also ein sehr sinnvolles label). Damit aber nichts anbrennt stellt man fest:"Der MSC ist kein Produkt des WWF. Wir haben ihn vor 20 Jahrzehnten mitgegründet, um die Plünderung der Meere stoppen und den Fischereisektor insgesamt umweltverträglicher zu machen. Der MSC ist aber eine eigenständige Organisation, mit eigener Geschäftsführung und eigenem Vorstand, in denen der WWF nicht mehr vertreten ist." Ich frage mich, warum gab WWF Einfluss auf? Andererseits wird natuerlich MSC weiterhin empfohlen. Wuerde der WWF was besseres wollen koennte man jederzeit ein neues Label begruenden und oeffentlich bekunden, das MSC eine von der Fischindustrie gekaperte Institution zur Taeuschung des Verbrauchers ist. Wenn man ein ordentliches System wollte, duerfte man nicht mit externen Gutachtern, die auch noch vom zu Zertifizierenden ausgesucht werden, arbeiten und man duerfte sich ganz laecherlich hinter anderen verstecken. Sowas passiert eben, wenn man Verantwortung immer weiter wegdelegiert. Und wie waere es mal mit nachvollziehbaren Finanzberichten inkl. Gehaltsangaben vom Management bei solchen Institutionen? Aber auch diesmal wird der WWF sein Bedauern ausdruecken, sich entsetzt zeigen, aber keinesfalls den MSC verdammen. Dies wird nicht einmal angedroht. Und sorry, der WWF mag ja geduldig sein, nur ob vom Aussterben bedrohte Arten diese haben darf bezweifelt werden.

  • Leider ist es so, dass nicht genau recherchiert wird und der Zusammenbruch einer Art, dem Aussterben gleich gesetzt wird. Diese Bilder werden von NGO's gerne verbreitet, zumindest wird es nicht dementiert. Gut das der WWF zumindest in diesem Beitrag darauf eingeht. Forschung und deren Empfehlungen für Quoten bzw. der Einstellung der Fischerei sind dahin ausgerichtet. Das ein Bestand so erhalten und gemanagt wird, das dieser Bestand weiter oder zukünftig für den Fischfang wirtschaftlich nutzbar bleibt. Die dort festgelegten Grenzwerte für den Bestand haben nichts mit Werten zur Bestandsbedrohung bezüglich Aussterben zu tun. Medien, selbst öffentlich, rechtliche spielen viel zu oft mit dem Schreckgespenst "Ausrottung/Aussterben" . Ein Meer wie z.B. die Ostsee kann nie fischereilich leer gefischt werden.

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