War­um Fisch essen mit Gerech­tig­keit zu tun hat


Geht der Fisch dorthin, wo er gebraucht wird? © Larry / WWF
Geht der Fisch dorthin, wo er gebraucht wird? © Larry / WWF

Fast über­all auf der Welt ging es dem Fisch frü­her bes­ser als heu­te. Fast über­all gibt es Über­fi­schung. Die Res­sour­ce scheint schon jetzt fast voll­stän­dig aus­ge­schöpft zu sein. Ich habe mich gefragt: Wenn wir das ab sofort bes­ser machen wür­den, wenn nur noch nach­hal­tig gefischt wür­de — wie viel Fisch aus dem Meer gäbe es dann im Jahr 2050? Eine neue WWF-Stu­die hat die­se Fra­ge untersucht.

Fisch essen: Wer braucht wieviel?

Die Fra­ge, wie­viel Fisch es im Jahr 2050 noch gibt, beschäf­tigt mich, weil das für sehr vie­le Men­schen ihre Exis­tenz bedeu­tet – näm­lich Nah­rung und Arbeit. Dar­aus erge­ben sich für mich noch wei­te­re Fra­gen: Wenn die­se Men­schen und die vie­len, die bis zur Mit­te des Jahr­hun­derts noch dazu kom­men, immer mehr Fisch benö­ti­gen, gibt es dann über­haupt genug für alle? Wer­den die Men­schen auf ande­re Pro­te­in­quel­len aus­wei­chen müs­sen — und kön­nen? Wird es in man­chen Welt­re­gio­nen zu einer Unter­ver­sor­gung mit Pro­te­in kommen?

Fisch essen: Fischer in Mafamede, Mozambique
Wo der Fisch gebraucht wird © Mor­gan / WWF

Wir essen Fisch, der im glo­ba­len Süden fehlt

Mit dem Pro­jekt „Fish For­ward“ ver­su­chen wir par­al­lel in elf EU-Län­dern die Fra­ge zu beleuch­ten, wie sich unser Fisch essen auf die Lebens- und Arbeits­be­din­gun­gen der Men­schen in den Her­kunfts­län­dern aus­wirkt. Die so genann­ten Ent­wick­lungs­län­der spie­len für die Ver­sor­gung der Welt mit Fisch eine immer grö­ße­re Rol­le. Rund 61 Pro­zent des welt­wei­ten Fisch­ex­ports stam­men aus dem glo­ba­len Süden. In eini­gen ist der Export­um­satz für Fisch höher als der für Reis, Fleisch, Milch, Zucker und Bana­nen zusammen.

Ergeb­nis: mehr Fisch für weni­ger Menschen

Mei­ne gan­zen Fra­gen habe ich der Uni Kiel über­ge­ben. Unse­re Stu­die „Über­fischt und Unter­ver­sorgt — Wie viel Fisch wir in Zukunft fan­gen und wer ihn essen wird“ erläu­tert zunächst ein­mal, wel­chen Stel­len­wert Fisch in der Ernäh­rung und als Ein­kom­mens­grund­la­ge auf der gan­ze Welt hat. Dann berech­nen die Wis­sen­schaft­le­rIn­nen, wie sich die Nach­fra­ge in Zukunft ver­än­dern und wie der Fisch in den ver­schie­de­nen Regio­nen der Erde ver­teilt wird. Ihre Ergeb­nis­se lie­gen nun vor. Sie sind kei­ne gro­ße Über­ra­schung, aber alles ande­re als beruhigend.

Fisch essen: Fischer hält Fisch hoch
Wer wird die­sen Fisch essen? © Jür­gen Freund /WWF

Das wich­tigs­te Stu­di­en­ergeb­nis wür­de ich so zusam­men­fas­sen: „Mehr Fisch für weni­ger Men­schen“. Das klingt total para­dox – denn wir alle wis­sen ja, dass die Fische eher weni­ger als mehr wer­den und dass die Welt­be­völ­ke­rung wächst. Also wie denn nun? Die Model­le der Wis­sen­schaft sagen, dass wir mit gutem und nach­hal­ti­gem Fische­rei­ma­nage­ment den welt­wei­ten Fisch­fang stei­gern könn­ten, von heu­te etwa 100 auf rund 137 Mil­lio­nen Ton­nen pro Jahr. Das ist zunächst mal eine gute Nach­richt: Wenn wir alles rich­tig machen, sind die Mee­re in 35 Jah­ren nicht leer. Aber – und das ist das Erschre­cken­de – der Fisch­fang wird sehr wahr­schein­lich nicht dort lan­den, wo die Men­schen ihn zum Über­le­ben brau­chen. Die rei­chen Län­der wer­den sich näm­lich auch in Zukunft „ihren“ Fisch leis­ten kön­nen, die armen eher nicht. Obwohl wir also im bes­ten Fall mehr Fisch zur Ver­fü­gung haben, wer­den weni­ger Men­schen davon profitieren.

Gerech­tig­keit schaffen

Jetzt haben wir belast­ba­re Daten, die tat­säch­lich nahe­le­gen, wie drin­gend wir und die gan­ze Welt ein bes­se­res Fische­rei­ma­nage­ment brau­chen. Damit es in Zukunft noch genü­gend für alle gibt. Auf die­se Ergeb­nis­se machen wir ab heu­te euro­pa­weit auf­merk­sam. Wir for­dern: mehr „Fisch-Gerech­tig­keit“! Weil über­all dort, wo die Grund­be­dürf­nis­se nicht gedeckt sind, Kon­flik­te und Insta­bi­li­tät dro­hen. Weil wir nicht zulas­sen dür­fen, dass Ver­tei­lungs­un­ge­rech­tig­kei­ten und Res­sour­cen­knapp­heit zu Las­ten der Ärms­ten geht. Und weil wir hier in Euro­pa eine Ver­ant­wor­tung für die not­wen­di­gen Ände­run­gen haben. Poli­tisch, aber auch als VerbraucherInnen.

Was wir alle tun können

Der ers­te Schritt ist ziem­lich ein­fach. Wenn wir alle dar­auf ach­ten und nur nach­hal­tig gefan­ge­nen Fisch essen, dann hel­fen wir, unse­re Mee­re zu scho­nen. Und wenn wir die Über­fi­schung in Euro­pa been­den, dann müss­ten wir auch nicht mehr so viel aus ande­ren Regio­nen der Welt importieren.

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7 Kommentare

  1. Stephan Lutter
    11. Januar 2017
    Antworten

    Toll geschrie­ben, lie­be Kollegin!

  2. LIN
    12. Januar 2017
    Antworten

    Eine wei­te­re Hil­fe, dem Aus­ster­ben von Tie­ren ent­ge­gen­zu­wir­ken ist sicher­lich, weni­ger Fleisch und Fisch zu essen. Go Veggie oder Go Vegan!

    • Karoline Schacht
      12. Januar 2017
      Antworten

      Hal­lo Lin,
      das ist sicher eine Vari­an­te, die noch mehr Mit­strei­te­rIn­nen brau­chen kann. Die aber nur bei uns funk­tio­niert — wir haben aus­rei­chend ande­re, pflanz­li­che Quel­len für eine voll­wer­ti­ge Ernäh­rung zur Ver­fü­gung. Das ist bei vie­len Mil­lio­nen Men­schen des glo­ba­len Südens anders. Für die geht es beim Ver­lust “ihres” Fisches um einen schwer­wie­gen­den Man­gel. Den müs­sen wir ver­hin­dern. Dar­auf zielt die­se Stu­die ab. Mit bes­ten Grü­ßen, Karo­li­ne Schacht

      • katja
        12. Januar 2017
        Antworten

        Lie­be Karoline,
        für wen hast du dei­ne Emp­feh­lung “Was wir alle tun kön­nen” geschrie­ben? Für die “vie­len Mil­lio­nen des glo­ba­len Südens”? Oder für “uns” — bei uns funk­tio­niert es ja mit veggie und vegan. Inso­fern emp­fin­de ich die Anre­gung von Lin als genau die Rich­ti­ge für “uns”. Sie wirkt dem Ver­lust des Fisches für Men­schen, die ihr wirk­lich als Nah­rungs­quel­le brau­chen am bes­ten entgegen.
        Herz­li­che Grüße
        Katja

  3. Horst Müller
    12. Januar 2017
    Antworten

    Wie wäre es, die Fang­zo­nen der Län­der, die vom Fisch­fang leben müssen!!!!,an den Küs­ten so weit aufs Meer erstre­cken, daß dort immer Fisch vor­han­den ist und Sie nicht, mit lee­ren Hän­den vom Fisch­fang zurückkehren???!!!
    Der Rest Fisch kann von den ande­ren geges­sen wer­den, mit der Auf­la­ge, nach­hal­tig zu fischen, damit genug Nach­wuchs die Mee­re bevöl­kert! Die ande­re Mög­lich­keit wäre eine Höchst­men­ge, pro Per­son, zu bestim­men die kei­ner über­schrei­ten soll­te. Der Mensch wür­de schon mit­ma­chen, wenn Ihm es erklärt wür­de, wes­halb es so ist!

    • Karoline Schacht
      12. Januar 2017
      Antworten

      Hal­lo Herr Müller,
      Sie haben ja schon eine sehr kon­kre­te Lösung im Kopf! Tat­säch­lich hat welt­weit jedes Küs­ten­land das Recht, die so genann­te Aus­schließ­li­che Wirt­schafts­zo­ne (AWZ) vor der eige­nen Küs­te auf bis zu 200 See­mei­len aus­zu­deh­nen. Die Nut­zung der Res­sour­cen inner­halb die­ser Zone kann mit ande­ren geteilt wer­den, in der Regel beru­hen die­se Nut­zungs­ab­kom­men auf Ver­trä­gen, die geschlos­sen wer­den. Im Fall der Fische­rei ist das sehr üblich, vor allem, weil es nicht all Arten über­all gibt und bspw. die euro­päi­schen Ver­brau­cher ande­re Arten haben möchten.
      Die­se Ver­trä­ge wer­den — zumin­dest von Sei­ten der EU — mitt­ler­wei­le mit einem Schwer­punkt für die Nach­hal­tig­keit bestückt. Es dür­fen unter ande­rem nur die Fische zur Nut­zung durch Drit­te frei­ge­ge­ben wer­den, die von der loka­len Fisch­wirt­schaft nicht gefan­gen wer­den kann und die sozu­sa­gen “über” sind. Das Prin­zip nennt sich daher auch “sur­plus”. Wenn Sie dazu mehr lesen möch­ten, emp­feh­le ich Ihnen zunächst ein­mal die Infor­ma­tio­nen des WWF zur Ille­ga­len Fische­rei. Sie ist eines der zen­tra­len Pro­ble­me zwi­schen den Küs­ten­län­dern des glo­ba­len Südens und den inten­si­ven Nut­zungs­in­ter­es­sen aus den Indus­trie­staa­ten. Hier der link zur Sei­te: http://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/illegale-fischerei/
      Mit Ihrem Vor­schlag, der Mensch sol­le sich an eine Höchst­men­ge Fisch hal­ten, gehen Sie noch einen Schritt wei­ter. Ich fürch­te, dass auch wenn eine sol­che Zutei­lung der gerech­te­ren Ver­tei­lung die­nen könn­te, sol­che Regle­men­tie­run­gen sehr unbe­liebt sein würden.

  4. M. C.
    1. Juli 2022
    Antworten

    Merk­wür­di­ger­wei­se scheint der Haupt­ver­ur­sa­cher der Über­fi­schung nicht bekannt, oder der Ele­fant im Raum wird igno­riert: die rie­si­gen, ille­ga­len Fische­rei­flot­ten Chi­nas fischen welt­weit alles leer und hal­ten sich an kei­ner­lei Gesetze. 

    Es ist natür­lich beque­mer und ein­träg­li­cher, den Demo­kra­ten der Ers­ten Welt ein schlech­tes Gewis­sen ein­zu­re­den, als sich mit einer Dik­ta­tur wie Chi­na anzulegen.

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