Sie­ben Mega­trends der Ener­gie­wen­de, Remix 2022

Megatrend Windkraft © Shinobu Akamatsu / EyeEm

2015 war ein gro­ßes Jahr. Gera­de für mich. Ich wur­de voll­jäh­rig, habe mein Abi gemacht und bin in die wei­te Welt gereist. Good memo­ries. Ach ja, und das Pari­ser Abkom­men. Da war ja was. Ja, das Jahr 2015 mar­kier­te nicht nur einen gro­ßen Mei­len­stein im inter­na­tio­na­len Kli­ma­schutz. Mit der inter­na­tio­na­len Ver­ein­ba­rung, die Erd­er­hit­zung auf 2, wenn mög­lich eher 1,5 Grad zu begren­zen, setz­te die inter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­schaft das Signal, dass sie ver­stan­den hat­te: Wir alle müs­sen die Erd­er­hit­zung schnell ein­däm­men, wenn wir nicht unse­re eige­nen Lebens­grund­la­gen zer­stö­ren wollen.

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In genau die­sem Jahr, 2015, ver­öf­fent­lich­te der WWF gemein­sam mit Licht­Blick einen Bericht zu den Mega­trends der glo­ba­len Ener­gie­wen­de nahm – pas­send zur Kli­ma­kon­fe­renz in Paris.

Mitt­ler­wei­le sind wir im Jahr 2022 und es hat sich (nicht nur bei mir) eini­ges getan. Des­we­gen haben wir uns die Ener­gie­wen­de noch ein­mal ange­schaut: Was ist aus den Mega­trends von damals gewor­den? Wel­che haben sich ver­stärkt, wo gab es neue Dynamiken?

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Unser neu­er Bericht zeigt, wie sich die alten Trends ent­wi­ckelt haben und wel­che neu­en Ten­den­zen es gibt. Hier kom­men die neu­en sie­ben Mega­trends der glo­ba­len Energiewende:

1. Das Ende der fos­si­len Ära ist unausweichlich

Ein alter Trend, der sich seit 2015 deut­lich ver­stärkt hat: Die Zeit der fos­si­len Ener­gien ist vor­bei. Auf der COP26 in Glas­gow haben sich die Ver­trags­staa­ten klar zum 1,5‑Grad-Pfad bekannt. Um die­se Begren­zung der Erd­er­hit­zung zu errei­chen, muss ein Groß­teil der fos­si­len Brenn­stoff­vor­rä­te im Boden blei­ben und kann nicht mehr zur Ener­gie­ge­win­nung genutzt wer­den. Das wur­de die­ses Jahr auch im Abschluss­text der Kli­ma­kon­fe­renz in Glas­gow deut­lich. Denn auch wenn die For­mu­lie­rung in letz­ter Sekun­de von einem “pha­se-out” (Aus­stieg) aus der Koh­le zu einem “pha­se-down (Abbau) geän­dert wur­de, war das Signal da: Wir kom­men dem Ende der fos­si­len Ener­gien immer näher.

2. Die Zukunft ist Gegen­wart – fast überall

Vor sie­ben Jah­ren hieß es in unse­rer Stu­die noch “Die Ener­gie­zu­kunft hat schon begon­nen” – jetzt schrei­ben unse­re Autoren Gerd Rosen­kranz und Jür­gen Quen­tin, dass die Ener­gie­zu­kunft bereits Gegen­wart ist. Der Grund? Erneu­er­ba­re Ener­gien sind schon jetzt fast über­all auf der Welt die güns­tigs­ten Ener­gie­quel­len und in immer mehr Län­dern wird der Aus­stoß von CO2 bepreist. Das hat zur Fol­ge, dass Erneu­er­ba­re Ener­gien mitt­ler­wei­le wett­be­werbs­fä­hi­ger sind als die fos­si­len Ener­gien und ihr Anteil an der Ener­gie­ver­sor­gung welt­weit ansteigt. 2020 bei­spiels­wei­se waren über 80 Pro­zent der neu instal­lier­ten Erzeu­gungs­leis­tung erneuerbar.

3. Die Ener­gie­zu­kunft ist erneu­er­bar – und unumkehrbar

Noch ein Trend, der sich ver­stärkt hat: Schon 2015 san­ken die Kos­ten für erneu­er­ba­re Ener­gien deut­lich. Die­se Ent­wick­lung hat sich fort­ge­setzt, sodass Solar- und Wind­ener­gie heu­te einen kla­ren Preis­vor­teil vor Koh­le- und Atom­strom haben. Zusätz­lich wer­den die Kos­ten von fos­si­len Ener­gien in Zukunft durch wach­sen­de CO2-Prei­se wei­ter anstei­gen. Atom­strom wie­der­um ist nicht nur teu­rer als erneu­er­ba­rer Strom – son­dern geht auch noch mit gro­ßen sicher­heits­tech­ni­schen Beden­ken ein­her. Des­we­gen ist heu­te klar, dass erneu­er­ba­re Ener­gien das Mit­tel der Wahl für das Errei­chen von Kli­ma­neu­tra­li­tät in die­sem Jahr­hun­dert sind.

4. Die Zukunft ist dezen­tral — und gerechter?

2015 war bereits vor­her­seh­bar, dass Ener­gie in Zukunft dezen­tra­li­siert wird: Wir wer­den unab­hän­gig von Groß­kraft­wer­ken und fos­si­len oder nuklea­ren Ener­gie­quel­len. Statt­des­sen wird es ein kom­ple­xes Netz aus einer­seits Mil­lio­nen von klei­nen, ande­rer­seits aber auch eini­gen gro­ßen, Erzeu­gern geben, die Strom ins Netz ein­spei­sen. Die­se Dezen­tra­li­sie­rung des Ener­gie­sys­tems ist gleich­zei­tig eine Mög­lich­keit für mehr Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit. Denn vie­le Staa­ten, die im bis­he­ri­gen Ener­gie­sys­tem eher benach­tei­ligt waren, ver­fü­gen über gro­ße Poten­zia­le für Pho­to­vol­ta­ik und Wind­kraft. Bei­spiels­wei­se ver­fü­gen vie­le Län­der Afri­kas über opti­ma­le Bedin­gun­gen für Solar­ener­gie. Deutsch­land hat nun die Chan­ce, durch die Unter­stüt­zung des Auf­baus einer kli­ma­freund­li­chen Infra­struk­tur im Glo­ba­len Süden, zur glo­ba­len Kli­ma­ge­rech­tig­keit beizutragen.

5. Die Ener­gie­wen­de ist elektrisch

Ein neu­er Mega­trend, der die bis­he­ri­gen aus 2015 ergänzt ist die Fokus­sie­rung der Ener­gie­wen­de auf Strom. Denn wenn Strom mit erneu­er­ba­ren Ener­gien her­ge­stellt wird, kann er zur Dekar­bo­ni­sie­rung von Sek­to­ren bei­tra­gen. Berei­che wie die Indus­trie, die Wär­me­pro­duk­ti­on und der Ver­kehr beru­hen dann nicht mehr auf dem Aus­stoß von Koh­len­stoff­di­oxid – son­dern auf grü­nem Strom. Dafür wie­der­um braucht es eine Sek­to­ren­kopp­lung, also die Ver­net­zung von Wärme‑, Strom‑, Ver­kehrs- und wei­te­ren Sys­te­men. Zusätz­lich wird es in Zukunft Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen geben, die es ermög­li­chen wer­den, den pro­du­zier­ten Strom außer­dem auch effek­ti­ver zu nut­zen als bisher.

6. Ener­gie­wen­de braucht Was­ser­stoff – für „beson­de­re Aufgaben“

Ein wei­te­rer neu­er Mega­trend ist die gestie­ge­ne Klar­heit über die Nut­zung von Was­ser­stoff bei der Ener­gie­wen­de. Denn Was­ser­stoff wird drin­gend für 1) die Dekar­bo­nis­e­rung von Indus­trie­bran­chen wie der Zement- und Stahl­in­dus­trie benö­tigt, sowie 2) in nicht oder kaum elek­tri­fi­zier­ba­ren Mobi­li­täts­seg­men­ten wie dem Flug- oder Schiffs­ver­kehr und 3) als Ener­gie­spei­cher, soge­nann­te Back-Up-Sys­te­me. Gleich­zei­tig ist die Pro­duk­ti­on von Was­ser­stoff aber sehr ener­gie­in­ten­siv. Des­we­gen ist wich­tig, dass Was­ser­stoff nur gezielt dort ein­ge­setzt wird, wo es kei­ne alter­na­ti­ven elek­tri­schen Lösun­gen gibt. Außer­dem muss der pro­du­zier­te Was­ser­stoff für die Ener­gie­wen­de „grün“ sein, also aus­schließ­lich mit erneu­er­ba­ren Ener­gien pro­du­ziert wor­den sein.

7. Ohne Digi­ta­li­sie­rung kei­ne Ener­gie­wen­de und kei­ne Dekarbonisierung

Der letz­te Mega­trend der Ener­gie­wen­de hat sich eben­falls schon 2015 ange­kün­digt und seit­dem ver­stärkt: die Digi­ta­li­sie­rung. Ver­stärkt durch den Ein­fluss der Coro­na-Pan­de­mie, arbei­ten, ler­nen, kom­mu­ni­zie­ren und spie­len wir bereits heu­te digi­tal – klar, dass das auch an der Ener­gie­wen­de nicht vor­über geht. Um Ener­gie­an­ge­bot und ‑bedarf opti­mal zusam­men­zu­brin­gen, brau­chen wir in Zukunft ein smar­tes Ener­gie­sys­tem. Denn künst­li­che Intel­li­genz birgt die Chan­ce unse­re Ener­gie­ver­sor­gung lang­fris­tig siche­rer und kos­ten­güns­ti­ger zu machen.

Fazit?

Der Bericht zu den Mega­trends der Ener­gie­wen­de macht ganz klar: Die Ener­gie­wen­de ist unum­kehr­bar. Ener­gie aus Wind und Son­ne sind welt­weit auf dem Vor­marsch und die Zeit von fos­si­len Brenn­stof­fen – aber auch von Atom­ener­gie – geht zu Ende. Trotz­dem reicht das Tem­po beim Aus­bau von erneu­er­ba­ren Ener­gien welt­weit noch nicht aus: Denn die Zeit drängt, die Erde erhitzt sich und jedes Zehn­tel­grad zählt. Für Deutsch­land kommt es dar­auf an, nicht den Anschluss an die glo­ba­le Ener­gie­wen­de zu ver­lie­ren. Es muss sicher­stel­len, die von der Bun­des­re­gie­rung gestell­ten Zie­le zu errei­chen, nach denen bis 2030 80 Pro­zent des deut­schen Stroms aus erneu­er­ba­ren Quel­len stam­men soll. Um dies zu errei­chen, musss die Bun­des­re­gie­rung Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren ver­ein­fa­chen, die Aus­bau­zie­le für Wind und Son­nen­strom deut­lich erhö­hen und auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne den Kli­ma­schutz und den Aus­bau von erneu­er­ba­ren Ener­gien schnel­ler voranbringen.

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Vertritt die Generation Y als Werkstudentin im Team Klimaschutz und Energiepolitik. Arbeitet und lebt in Hamburg, ist aber immer wieder gerne auf Stippvisite in der Hauptstadt. Ansonsten ab und zu auf Demos für einen grünen Wandel unterwegs, Ultimate Frisbee-spielend im Park oder anbadend im See.
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