Wer­den Gas- und Ölhei­zun­gen jetzt verboten?

Der Abschied von fossilen Heizungen ist für die Wärmewende dringend erforderlich. © IMAGO Fotostand K. Schmitt

Müs­sen wir Angst haben, dass Robert Habeck bald unse­re Hei­zun­gen aus dem Kel­ler reißt? Kur­ze Ant­wort: Nein!

Aber von vor­ne: In den ver­gan­ge­nen Wochen sorg­te ein gele­ak­ter Geset­zes­ent­wurf zur soge­nann­ten 65-Pro­zent-Vor­ga­be für gro­ßen media­len Auf­ruhr. Vie­len Men­schen scheint das Angst zu machen. Sie befürch­ten, sich kom­men­des Jahr eine neue Hei­zung kau­fen zu müs­sen. Was steckt wirk­lich hin­ter den Nach­rich­ten zum angeb­li­chen “Hei­zungs-Ver­bot”? Ein klei­ner Faktencheck.

Mehr Kli­ma­schutz im Gebäudesektor

Sor­gen­kind Gebäu­de­sek­tor” — Hin­ter die­ser oft genutz­ten Flos­kel steckt die Tat­sa­che, dass der Gebäu­de­sek­tor das drit­te Jahr in Fol­ge hin­ter den Kli­ma­schutz­zie­len zurück­fällt. Das heißt, im Bereich der Gebäu­de wird zu viel CO2 aus­ge­sto­ßen. Zunächst eine kur­ze Ein­ord­nung: 

Ins­ge­samt ver­ur­sach­te der deut­sche Gebäu­de­sek­tor 2022 etwa 15 Pro­zent der Treib­haus­gas­emis­sio­nen. Das ent­spricht etwa 112 Mil­lio­nen Ton­nen CO2. Der Grund: Über 80 Pro­zent der Wär­me­nach­fra­ge in Deutsch­land wer­den momen­tan durch fos­si­le Ener­gie­trä­ger abge­deckt. Die Nut­zung von Erd­gas als Ener­gie­quel­le liegt mit einem Anteil von ca. 50 Pro­zent klar vor­ne. Wei­te­re Quel­len sind Ölhei­zun­gen sowie auf fos­si­ler Ener­gie basie­ren­de Fern­wär­me. Ins­ge­samt ist es beacht­lich: Über 40 Pro­zent des Erd­ga­ses, was wir in Deutsch­land über­haupt nut­zen, wird nur zum Hei­zen oder für Warm­was­ser genutzt. Nur 17 Pro­zent dafür stam­men bis­her aus Erneu­er­ba­ren Quel­len – also eine gro­ße Bau­stel­le und ein gro­ßer Hebel für den Kli­ma­schutz. 

In den nächs­ten sie­ben Jah­ren muss der Gebäu­de­sek­tor sei­ne Emis­sio­nen hal­bie­ren. Genau­er gesagt: Bis 2030 müs­sen die Emis­sio­nen auf 67 Mil­lio­nen Ton­nen sin­ken – ein ent­schei­den­der Zwi­schen­schritt. Denn Deutsch­land hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 kli­ma­neu­tral zu wer­den. Das bedeu­tet im Umkehr­schluss, dass bis dahin – also in etwa 20 Jah­ren – die Wär­me- und Warm­was­ser­be­reit­stel­lung kei­ne Emis­sio­nen mehr ver­ur­sa­chen darf. Gar kei­ne. Null! Die­se Zah­len bele­gen deut­lich: Wir müs­sen einen Zahn zule­gen bei der Wär­me­wen­de. Wir brau­chen drin­gend mehr Kli­ma­schutz im Gebäu­de­sek­tor! 

Die Hei­zungs-Reform war schon längst vereinbart

Aus die­sen guten Grün­den halt die Ampel-Regie­rung im Koali­ti­ons­ver­trag die soge­nann­te 65-Pro­zent-Erneu­er­ba­re-Vor­ga­be fest­ge­schrie­ben. Dahin­ter steckt die Idee, künf­tig nur sol­che Hei­zungs­an­la­gen ein­zu­bau­en, die zu min­des­tens 65 Pro­zent mit erneu­er­ba­ren Ener­gien betrie­ben wer­den. Ursprüng­lich hat­te die Ampel-Regie­rung die­se Maß­nah­me ab 2025 ein­ge­plant, jedoch mit dem 2. Ent­las­tungs­pa­ket vom März 2022 ver­ein­bart, die­se Maß­nah­me auf 2024 vor­zu­zie­hen. Alle drei Regie­rungs­par­tei­en haben die­ses ent­schei­den­de Vor­ha­ben mit­ge­tra­gen.  

Der dazu­ge­hö­ri­ge Geset­zes­ent­wurf schlug nun aber in den ver­gan­ge­nen Wochen medi­al und poli­tisch hohe Wel­len. Man bezeich­net ihn unter ande­rem als “Wünsch-Dir-Was-Ideo­lo­gieaus dem Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um, als unrea­lis­ti­sches Hei­zungs-Ver­bot, als Kli­ma­schutz mit der Brech­stan­ge. Ich ärge­re mich über die­se popu­lis­ti­sche Panikmache. 

 Aber was genau steckt hin­ter dem Vor­schlag? 

Zunächst: Die Hei­zungs-Reform betrifft nur und aus­schließ­lich neue Hei­zungs­an­la­gen, die ab 2024 instal­liert wer­den. Die­se sol­len, so Ent­wurf, dann zu min­des­tens 65 Pro­zent mit erneu­er­ba­rer Ener­gie betrie­ben wer­den. Ver­schie­de­ne Tech­no­lo­gien sol­len zur Erfül­lung der Vor­ga­be die­nen. Die­se sind: 

  • Wär­me­net­ze, sofern der Netz­be­trei­ber bestä­tigt, dass die 65 Pro­zent im Jah­res­mit­tel erfüllt wer­den oder jedoch ein Trans­for­ma­ti­ons­plan erstellt wird, sodass bestehen­de Wär­me­net­ze bis 2030 zu min­des­tens 50 Pro­zent auf erneu­er­ba­ren Ener­gien basie­ren und bis Ende 2044 emis­si­ons­frei sind 
  • Wär­me­pum­pen (als Ein­zel­tech­no­lo­gie) 
  • Hybrid­sys­te­me (wie etwa Wär­me­pum­pen in der Kom­bi­na­ti­on mit Gas­hei­zun­gen für Ent­las­tung in Spit­zen­zei­ten) 
  • Strom­di­rekt­hei­zun­gen 
  • Hei­zun­gen auf Basis nach­hal­ti­ger Bio­mas­se oder grü­nen Was­ser­stoff. 

Im Klar­text: Bestehen­de Gas- und Ölhei­zun­gen sind also erst ein­mal nicht von dem Geset­zes­vor­ha­ben betrof­fen. Habeck wird nie­man­dem sei­ne gelieb­te Hei­zung aus dem Kel­ler rei­ßen. Aller­dings dür­fen fos­si­le Hei­zun­gen nun nicht län­ger als 30 Jah­re betrie­ben wer­den. Bis spä­tes­tens Ende 2044 soll dann der Betrieb fos­si­ler Hei­zun­gen end­gül­tig ein­ge­stellt wer­den. Übri­gens: Eine Hei­zung hat nur eine durch­schnitt­li­che Lebens­dau­er von etwa 15–20 Jah­ren. 

Wär­me­pum­pen: Heiz­tech­no­lo­gie mit Zukunfts­po­ten­zi­al © IMAGO / Wolf­gang Maria Weber

Geset­zes­ent­wurf bit­te nach­bes­sern: Kei­ne Hei­zun­gen mit Wasserstoff!

Im gele­ak­ten Geset­zes­ent­wurf sind aller­dings auch Tech­no­lo­gien vor­ge­schla­gen, die sich nicht für die Wär­me­wen­de eig­nen. So etwa die Nut­zung des viel geprie­se­nen Was­ser­stoffs. Für die jetzt anlau­fen­de Wär­me­wen­de steht Was­ser­stoff jedoch gar nicht im aus­rei­chen­den Maße zu Ver­fü­gung. Außer­dem ist die Was­ser­stoff­nut­zung im Ver­gleich zu ande­ren Heiz­tech­no­lo­gien äußerst inef­fi­zi­ent. Auch in der Wis­sen­schaft besteht dar­über ein gro­ßer Kon­sens. Was­ser­stoff wird außer­dem drin­gend in ande­ren Sek­to­ren – wie etwa in der Indus­trie – zur Dekar­bo­ni­sie­rung benö­tigt. Sprich: Was­ser­stoff ist kei­ne gute Lösung. In unse­rem For­de­rungs­pa­pier, das wir zusam­men mit der DUH und dem NABU geschrie­ben haben, fin­det ihr die­se und wei­te­re Grün­de noch ein­mal näher erläu­tert. Ich hof­fe sehr, dass die­se Argu­men­te gegen die Nut­zung von Was­ser­stoff zum Hei­zen im offi­zi­el­len Geset­zes­ent­wurf berück­sich­tigt werden.

Ener­gie­un­ab­hän­gig­keit und Kli­ma­schutz gehen Hand in Hand

Fos­si­le Gas- und Ölhei­zun­gen Schritt für Schritt aus unse­ren Kel­lern zu ver­ban­nen und durch tat­säch­lich erneu­er­ba­re und kli­ma­freund­li­che Alter­na­ti­ven zu erset­zen, ist unab­ding­bar. Denn ohne eine ambi­tio­nier­te Wär­me­wen­de ist das Ziel der Kli­ma­neu­tra­li­tät bis 2045 für Deutsch­land nicht ein­zu­hal­ten. Eine kürz­lich ver­öf­fent­lich­te Stu­die im Auf­trag des Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums zeig­te: Der Aus­stieg aus Öl und Gas beim Hei­zen ist eine Min­dest­an­for­de­rung, um über­haupt in die Nähe des Ziels der Kli­ma­neu­tra­li­tät im Gebäu­de­sek­tor zu gelangen.

Was aller­dings in dem gele­ak­ten Geset­zes­ent­wurf noch fehlt, ist eine ziel­ge­rich­te­te sozia­le Flan­kie­rung die­ser Vor­ga­ben abseits des Gieß­kan­nen­prin­zips. Sprich: Men­schen, die nicht über gro­ße Ein­kom­men ver­fü­gen, müs­sen dabei unter­stützt wer­den, ihre Hei­zun­gen frist­ge­recht zu tau­schen. Das ist ent­schei­dend für das Gelin­gen der Vor­ga­be. Die Bun­des­re­gie­rung muss hier noch wei­te­re Maß­nah­men vor­le­gen – sei es durch höhe­re För­der­mit­tel, wie es zu Tei­len bereits ange­kün­digt wur­de, oder durch ganz neue Finan­zie­rungs­in­stru­men­te.  

Spä­tes­tens im ver­gan­ge­nen Jahr ist uns hier­zu­lan­de schmerz­lich die Abhän­gig­keit von fos­si­len Ener­gie­im­por­ten bewusst gewor­den. Stei­gen­de Prei­se und gro­ße Unsi­cher­heit sind die direk­ten Fol­gen die­ser durch fos­si­le Ener­gien getrie­be­ne Kri­se. Es liegt also auf der Hand, dass wir künf­tig unab­hän­gig wer­den müs­sen von Öl und Gas – auch im Gebäu­de­sek­tor. Das ist nicht nur gut für’s Kli­ma, son­dern auch für den eige­nen Geld­beu­tel. Bereits heu­te sind etwa Wär­me­pum­pen schon oft­mals die güns­tigs­ten Alter­na­ti­ven im Betrieb. Wer Kli­ma­schutz ernst meint, darf den Gebäu­de­sek­tor nicht aus­las­sen.  

Fol­ge uns in Social Media:
Ich arbeite als Referent Klimaschutz und Energiepolitik vor allem mit der Beschleunigung der Energiewende in Deutschland. Dabei liegt mein Fokus auf den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie das Hochfahren einer erfolgreichen Wärmewende. Auch wenn ich derzeit vor allem zu nationalen politischen Themen arbeite, liegt mir eigentlich seit meinem Studium die europäische Politik besonders am Herzen.

Kommentare (10)

  • Danke für diese klare Verneinung der Frage, ob Gas- und Ölheizung jetzt verboten werden könnten. Ich selbst bin auch ein absoluter Befürworter von erneuerbaren Energien, aber der Umstieg benötigt nun einmal viel Zeit. Da ist es gut zu wissen, dass ich weiterhin von meiner Ölheizung Gebrauch machen kann.

    • Hallo Wolfgang,
      der finale Entwurf wird Klarheit geben, was letztlich erlaubt wird und was nicht. Nach jetzigen Vorgaben kann die Ölheizung weiterbenutzt werden, allerdings keine neue mehr Anschaffen.

  • Ich bezweifle, dass eins von den beiden verboten wird. Deswegen werde ich weiterhin qualitatives Heizöl bestellen. Falls es dazu kommen sollte, müsste ich natürlich Alternativen suchen. Haben Sie da Ideen?

  • Ein in diesen Zeiten erfreulich unaufgeregter Artikel über wichtige Fakten der häuslichen Wärmewende. Danke!

  • habe eine Oelheizung die im juli 2026 30 Jahre alt ist und dann nach Lage der Dinge erneuert werden
    Was würde passieren wenn die Heizung im naechsten Jahr oder spaeter erneuert wird!
    Kann dann noch eine neue Gasheizung eingebaut werde?
    ich bitte um eine Info

    Mit freundlichen Grüßen
    klaus Suhr

  • Eine komplett neue Heizungsinstallation können sich nicht alle leisten, auch wenn ers Zuschuss gibt. Einige Tausend Euro muss jeder selbst aufbringen. Da kann dann nicht per Gesetz ein Verbot auferlegt werden.

  • Hallo Gunter65,
    die neue Gesetzgebung hat aber nichts damit zu tun, dass Leute sich ggf. so oder so eine neue Heizung kaufen müssen - etwa wenn die alte kaputt geht. Auch eine Gasheizung kostet und ist insgesamt über die Lebenszeit sogar teurer. Zumal erstmal auch nichts verboten wurde. Auch teure und klimaschädliche Gasheizungen sind erstmal weiterhin erlaubt. Ich empfehle, einen Blick in einen anderen WWF-Bericht zu dem Thema zu werfen:
    --> https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Klima/der-hammer-heizungs-deal-modellrechnung-gasheizung-waermepumpe.pdf

    Was jedoch neu ist, dass es gerade für die untere Einkommensgruppen eine zusätzliche Förderung sowie günstige Kreditvorgaben eben soll. So haben sich die Ampelfraktionen auf folgendes geeinigt:
    "Es wird ein Einkommensbonus von zusätzlich 30% der Investitionskosten eingeführt – für alle selbstnutzenden Wohneigentümern mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 40.000 Euro pro Jahr" sowie "Zusätzlich zu den Investitionskostenzuschüssen werden zinsvergünstigte Kredite mit langen Laufzeiten und Tilgungszuschüsse für Heizungstausch oder Effizienzmaßnahmen angeboten."

    Das ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, der vielen den Heizungstausch erleichtern wird. Der Bundestag muss dies allerdings noch beschließen.

  • Der Artikel wirft ein wichtiges Licht auf die Notwendigkeit, fossile Heizungen durch nachhaltige Alternativen zu ersetzen. Als jemand, der sich mit Themen wie Koaleszenzabscheidern befasst, finde ich es spannend, dass ähnliche Prinzipien der Effizienz und Ressourcenschonung auch im Bereich der Heizungstechnologie Anwendung finden.
    Ich frage mich, ob solche technologischen Innovationen, die beispielsweise in der Abwasserbehandlung eingesetzt werden, auch für die Heizungstechnik inspirierend sein könnten. Wie könnten diese Technologien dazu beitragen, die CO2-Emissionen im Gebäudesektor effektiver zu reduzieren?

Auch interessant
[Sassy_Social_Share]