Wel­cher Nord­see-Fisch ist empfehlenswert?

Fangfrischer Fisch auf dem Markt © iStock/Getty/Art Ditkator

Eine stei­fe Bri­se um die Nase und das unüber­hör­ba­re Krei­schen der Möwen. Ein Tag an der Nord­see kann einen den All­tags­stress ver­ges­sen las­sen. Und dann noch der Fisch! Fisch­bröt­chen-Buden und Fisch­märk­te gibt es ja genug. Und über­haupt: Fisch aus der Regi­on ist doch sicher­lich immer gut. Fri­scher Fisch von Fischers Frit­ze. Oder viel­leicht doch nicht?

Seit Jah­ren reden wir von über­fisch­ten Mee­ren. Trifft das aber auch für Nord­see Fisch zu? Und wie sicher kann ich als Ver­brau­cher sein, dass der Fisch am Fisch­stand auch tat­säch­lich von hier stammt?

See­mö­wen an der Nord­see © GettyImages/iStock/Kirsten Dohmeier

Hering – Auf die Regi­on kommt es an

Hering ist einer belieb­tes­ten Spei­se­fi­sche der Deut­schen. Gegen Hering ist auch aus öko­lo­gi­schen Grün­den nichts ein­zu­wen­den, sofern er aus auch von hier aus der Nord­see-Regi­on kommt. Hier sind die Bestän­de noch sta­bil. Herin­ge aus der west­li­chen Ost­see haben es da deut­lich schwe­rer. Hier zeigt der Kli­ma­wan­del bereits enor­me Spu­ren. Auf­grund stei­gen­der Tem­pe­ra­tu­ren hat sich der fisch­ba­re Herings­be­stand nahe­zu hal­biert. Hering aus der west­li­chen Ost­see soll­te also nicht auf dein Brötchen.

Herings­fang © iStock/GettyImages/Atlantik Kid

Mat­jes  – Der jung­fräu­li­che Hering

Eine gern geges­se­ne Vari­an­te des Hering ist der Mat­jes. Rund 100 Mil­lio­nen Mat­jes essen die Deut­schen pro Jahr. Dazu wer­den Herin­ge vor Errei­chen ihrer Geschlechts­rei­fe, also in noch „jung­fräu­li­chem Zustand“, ver­ar­bei­tet und in Salz­la­ke ein­ge­legt. Moment mal. Wenn die­se Herin­ge doch dem Meer ent­nom­men wer­den, noch bevor sie sich fort­pflan­zen und damit ihren Bestand gewähr­leis­ten konn­ten, klingt das ja nicht beson­ders nach­hal­tig. Die gute Nach­richt: Herin­ge wer­den jedes Jahr nach dem Able­gen der Eier wie­der „jung­fräu­lich“. Sie kön­nen bis zu 25 Jah­re alt wer­den. Und die bes­te Nach­richt: Dem Herings­be­stand in der Nord­see geht es gut und er wird nach­hal­tig bewirt­schaf­tet. Der Unter­schied zwi­schen einem „nor­ma­len“ Hering und einem Mat­jes besteht vor­ran­gig im Fett­ge­halt, sei­nem Alter, dem Fang­zeit­raum (vor Bil­dung der Rogen) und der Verarbeitung.

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Sofern der Mat­jes auf Eurem Fisch­bröt­chen aus der Nord­see stammt, ist aus öko­lo­gi­scher Sicht nichts dage­gen einzuwenden.

Für Vie­le gehört ein Fisch­bröt­chen ein­fach zur Nord­see dazu. © iStock/Getty/

Aal – Unbe­dingt meiden!

Ein Fisch, der eben­falls noch oft in regio­na­len Fisch­bu­den und auf Fisch­märk­ten ange­bo­ten wird, ist der Aal. Und das ist rich­tig doof. In Euro­pa leben inzwi­schen 95 Pro­zent weni­ger Aale als noch in den 1970er Jah­ren. Er ist vom Aus­ster­ben bedroht und steht damit auf der glei­chen Gefähr­dungs­stu­fe wie das Java-Nas­horn. Aale ver­brin­gen ihr Erwach­se­nen­le­ben im Süß­was­ser. Sie keh­ren nur zur Fort­pflan­zung zurück ins Meer. Dabei über­win­den sie Tau­sen­de von Kilo­me­tern. Durch den rasan­ten Rück­gang ihrer Bestän­de ist der Preis für Aal der­art gestie­gen, dass die­se Tie­re durch den ille­ga­len Han­del zusätz­lich bedroht sind. Kri­mi­nel­le ver­die­nen Hun­der­te Mil­lio­nen Euro mit geschmug­gel­ten Aalen!

Um es noch­mal deut­lich zu machen: Aal soll­test Du auf kei­nen Fall essen!

Räu­cher­aal soll­te bes­ser nicht gekauft wer­den. © iStock/GettyImages/Frans Rombout

Kabel­jau – Bes­ser meiden

Der Kabel­jau gehör­te frü­her zu den soge­nann­ten Brot­fi­schen, weil er so zahl­reich vor­kam. Heu­te sind die meis­ten Bestän­de über­fischt. Der fort­schrei­ten­de Tem­pe­ra­tur­an­stieg der Ozea­ne und Mee­re stellt eine zusätz­li­che Belas­tung für den Kabel­jau­be­stand dar. Die Ver­gan­gen­heit hat gezeigt, dass durch fal­sche Fische­rei­po­li­tik enor­me Kabel­jau­be­stän­de bei Neu­fund­land regel­recht kollabierten.

Daher emp­feh­len wir: Kabel­jau aus Nord- und Ost­see nur mit MSC-Sie­gel zu kaufen.

Schol­le – Die Fang­me­tho­de ist entscheidend

Ein ande­rer typisch ange­bo­te­ner Fisch ist die Schol­le, ein Platt­fisch. Die Zahl der Schol­len in der Nord­see hat in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren zuge­nom­men und ist heu­te auf ihrem Höchst­stand. In der Nord­see erfolgt die Schol­len-Fische­rei über­wie­gend mit Baum­kur­ren. Die­se zer­stö­ren den Mee­res­bo­den und ver­ur­sa­chen bis zu 80 Pro­zent Beifang.

Wer also ger­ne Schol­le aus der Nord­see essen mag: Dar­auf ach­ten, dass sie nicht mit Baum­kur­ren gefan­gen wurde.

Schil­ler­lo­cke – Fin­ger weg!

Hin­ter der wahr­haft “ver­lo­ckend” klin­gen­den Schil­ler­lo­cke steckt ein Pro­dukt des Dorn­hais! Hier­von soll­ten Ver­brau­cher die Fin­ger las­sen. Die­ser ist auf­grund sei­ner sehr spä­ten Geschlechts­rei­fe, der gerin­gen Fort­pflan­zungs­ra­te und der sehr lan­gen Gene­ra­ti­ons­dau­er von 25–40 Jah­ren extrem anfäl­lig für Überfischung.

Auch von MSC-zer­ti­fi­zier­ten Dorn­hai-Pro­duk­ten wie z.B. Schil­ler­lo­cken raten wir ganz klar ab!

Schil­ler­lo­cken wer­den aus gefähr­de­ten Dorn­hai­en her­ge­stellt © Get­ty­Images / JupiterImages

Wirk­lich Fisch aus der Nord­see? Bes­ser nachfragen!

Die Fra­ge nach der Regio­na­li­tät kann man nicht so ein­fach beant­wor­ten. Mög­li­cher­wei­se liegt in den Aus­la­gen der Imbis­se und Fisch­ge­schäf­te auch Hering, Schol­le und Co, der nicht direkt aus der hei­mi­schen Nord­see stammt (wie z.B. Lachs). Um zu wis­sen, ob es sich tat­säch­lich um regio­na­len Fisch han­delt, bleibt Ver­brau­chern nichts ande­res übrig, als direkt nach sei­ner Her­kunft zu fra­gen. Wer mit­hil­fe die­ser Info zusätz­lich unse­ren Fisch­rat­ge­ber nutzt, kann im Nord­see­ur­laub guten Gewis­sens sei­nen Fisch genießen.

Naturschutz ist mir schon seit vielen Jahren ein großes Anliegen. Während einer Reise durch Süd- und Mittelamerika habe ich den innigen Wunsch verspürt, etwas zum Schutz der Ozeane beizutragen. Ich bin seit 2018 beim WWF und damit erfüllt sich ein lang gehegter Traum.

Kommentare (5)

  • Sehr geehrte Mitarbeiter des WWF,

    könnten Sie auch etwas zu Lachs sagen?

    Liebe Grüße

  • Sehr geehrte Frau Hübenbecker,

    gibt es wirklich nur noch 60 Aale - also soviele wie Java-Nashörner? Wow ...

    Schöne Grüße,

    • Sehr geehrter Herr Petersen,

      diese Frage kann nicht wirklich ernst gemeint sein, oder?

      Ein Vergleich der absoluten Individuenzahlen ist nicht möglich.

      Schöne Grüße.

  • Interessant, wie der Artikel die Unterschiede zwischen Nordsee- und Ostseehering beleuchtet. Besonders spannend fand ich die Erklärung zum Matjes: Obwohl er vor der Geschlechtsreife gefangen wird, bleibt der Bestand durch die jährliche 'Verjüngung' stabil. Das zeigt, wie wichtig es ist, nicht nur auf die Fischart, sondern auch auf Herkunft und Fangzeitpunkt zu achten.

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