Tschüss Plas­tik­tü­te: Zwei Mäd­chen ret­ten Bali vor der Plastik-Flut

Melati und Isabel waren gerade erst zehn und zwölf, als sie den Plastiktüten den Kampf ansagten. © ByeByePlasticBags

Isa­bel und Mela­ti haben den Kampf gegen Plas­tik­tü­ten auf Bali auf­ge­nom­men — und geschafft, was kein Erwach­se­ner ver­sucht hat!

Ver­schwitzt drü­cke ich mich in den Schat­ten am Rand einer schma­len Stra­ße. Es ist früh am Nach­mit­tag und heu­te sehr schwül auf der indo­ne­si­schen Insel Bali. Das Ört­chen Pere­ren­an wirkt ver­schla­fen. Vor einem klei­nen Geschäft sit­zen drei Män­ner in tra­di­tio­nel­ler Klei­dung. Sie win­ken, mei­nen aber nicht mich, son­dern zwei Mäd­chen, die gera­de die Laden­be­sit­ze­rin hin­ter ihrer bunt voll gehäng­ten The­ke ansprechen.

Schnapp­schuss: Isa­bel Wij­sen in einem klei­nen Shop in Pere­ren­an auf Bali © Ste­pha­nie Probst

Lei­der ver­ste­he ich kein Bali­ne­sisch. Doch was die drei Män­ner vor dem Laden aner­ken­nend rau­nen, ist klar: „Ah! Bye Bye Pla­s­tic Bags.“ – Tschüss Plastiktüten.

Ob du durch die Reis­fel­der nach Hau­se läufst, ob du schwim­men gehst oder sur­fen: Immer ist über­all Plas­tik­müll um dich her­um. (Mela­ti Wijsen)

Zwei, die Plas­tik­tü­ten nicht mehr wollten

Wegen der bei­den Mäd­chen bin ich hier in Pere­ren­an! Es sind die Schwes­tern Mela­ti und Isa­bel, die mit ihrem genau­so ent­schlos­se­nen wie geschick­ten Kampf gegen den Plas­tik­müll welt­weit schon in jüngs­ten Jah­ren eini­ge Bekannt­heit erlangt und geschafft haben, was kein Erwach­se­ner vor ihnen über­haupt ver­sucht hat: Plas­tik­tü­ten sol­len bis zum nächs­ten Jahr kom­plett aus ihrer Hei­mat Bali ver­bannt werden.

Viel­leicht gera­de weil sie jung sind: Mela­ti und Isa­bel kämp­fen erfolg­reich gegen den Plas­tik­müll © ByeByePlasticBags

Eine Revo­lu­ti­on gegen Plas­tik­tü­ten star­ten — mit gera­de ein­mal zehn Jahren

Vier Jah­re ist es nun her, dass die Schwes­tern – inspi­riert durch ein Schul­the­ma — ihre Initia­ti­ve Tschüss Plas­tik­tü­ten (Bye Bye Pla­s­tic Bags - BBPB) grün­de­ten. Die Jün­ge­re, Isa­bel, war damals erst zehn Jah­re alt: „In der Schu­le ging es um Men­schen, die die Welt ver­än­dert haben, wie Nel­son Man­de­la. Auf dem Weg nach Hau­se haben wir über­legt, was wir als Kin­der hier und jetzt tun können.“

Das ist unse­re Insel. Wir wis­sen, dass sie in Plas­tik ertrinkt. Und es liegt an uns, das zu ändern.

Wenn der Plas­tik­müll nicht im Meer bleibt

Man sieht an Balis Strän­den, was man an ande­ren Orten wesent­lich leich­ter ver­drän­gen kann: Gera­de zur Regen­zeit spuckt das auf­ge­wühl­te Meer den Plas­tik­müll hau­fen­wei­se wie­der aus. „Ein Nein zu Plas­tik­tü­ten ist der ers­te und ein­fachs­te Schritt!” Mela­ti spricht die gan­ze Zeit vol­ler Über­zeu­gungs­kraft. “Es ist wie ein Auf­wär­men für die Ver­än­de­rung, die drin­gend pas­sie­ren muss.“

Plas­tik­müll aus dem Meer am Strand in Cang­gu, Bali © Ste­pha­nie Probst

Einen Nerv getroffen

Gleich mit ihrer ers­ten Idee, einer Online-Peti­ti­on, errei­chen die bei­den Mäd­chen aus Bali inner­halb einer Nacht 6000 Men­schen auf der gan­zen Welt. „Das war einer der Momen­te, in denen uns klar wur­de, jetzt gibt es kein Zurück mehr!“ Von nun an trom­meln Mela­ti und ihre Schwes­ter für ihre Idee wo sie nur kön­nen. Sie spre­chen auf Jugend-Kon­fe­ren­zen, an Schu­len, auf Märk­ten und Fes­ti­vals und erlan­gen durch einen beein­dru­cken­den TED-Talk wei­te­re inter­na­tio­na­le Aufmerksamkeit.

Wir wol­len mehr sein als eine Inspi­ra­ti­on. Schließ­lich geht es um die Welt, die wir gera­de begin­nen zu übernehmen!

Hun­ger­streik bis zum Gouverneur

Wir möch­ten ernst­ge­nom­men und in poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen ein­be­zo­gen wer­den.“ Mela­ti und ihre Schwes­ter sind bereit, eini­ges für die­sen Wunsch zu tun. Um Gehör bei ihrer Regie­rung zu fin­den, tre­ten die bei­den 2014 sogar in einen Hun­ger­streik. Nach nur zwei Tagen wer­den sie zu Balis Gou­ver­neur gebe­ten. Vie­le Gesprä­che fol­gen und schließ­lich unter­schreibt Balis Regie­rung die Ver­ein­ba­rung, Plas­tik­tü­ten ab 2018 kom­plett von der Insel zu verbannen.

Jetzt wis­sen Isa­bel und Mela­ti ein Team von bis zu 40 Jugend­li­chen hin­ter sich. Inzwi­schen spre­chen sie auf inter­na­tio­na­len Kon­gres­sen wie der gera­de lau­fen­den UN-Mee­res­kon­fe­renz in New York und mit Poli­ti­kern wie UN-Umwelt­pro­gramm­chef Erik Sol­heim. Inzwi­schen hel­fen sie Jugend­li­chen auf der gan­zen Welt, ihre Hei­mat­or­te eben­falls vom Plas­tik­müll zu befrei­en.

Jas­min (Team BBPB), Händ­ler, Isa­bel © S. Probst

Zurück in Pererenan

Man­che die­ser klei­nen Geschäf­te geben im Monat 200 Euro für Plas­tik­tü­ten aus!“ Isa­bel ver­schwin­det hin­ter einem Regal mit Mücken­schutz­mit­teln. Wir sind im „Pilot-Dorf“ im Süd­wes­ten Balis: Hier ver­tei­len Isa­bel, Mela­ti und ihr Team jeden Sams­tag hun­der­te gespen­de­te Taschen aus Stoff und Papier an Geschäf­te, um eine Alter­na­ti­ve zu Plas­tik­tü­ten zu schaffen.
Einer der Laden­be­sit­zer posiert stolz mit den Jugend­li­chen für ein Foto. Nicht alle reagie­ren so, gera­de die gro­ßen Waren­häu­ser wol­len noch nicht auf Plas­tik ver­zich­ten. Doch Mela­ti lässt sich dadurch nicht ent­mu­ti­gen: „Nennt es jugend­li­che Nai­vi­tät. Aber ich den­ke, die Zeit für Ver­än­de­rung war nie bes­ser als jetzt!“

Eines der gefähr­lichs­ten Din­ge heut­zu­ta­ge ist die Müll­ton­ne! Du wirfst dei­nen Müll hin­ein und dann? Aus den Augen, aus dem Sinn.

Ergeb­nis von „Balis Big­gest Beach Cle­a­nup“ Mit­te Febru­ar 2017 © ByeByePlasticBags

Die­ses Dia­gramm ist das Ergeb­nis einer rie­si­gen Auf­räum­ak­ti­on, Balis Big­gest Beach Cle­a­nup. Isa­bel, Mela­ti und ihr Team mobi­li­sier­ten in kür­zes­ter Zeit über 12.000 Frei­wil­li­ge, die an nur einem Tag mehr als 43 Ton­nen Müll an Balis Strän­den sam­mel­ten. Ziel: Nicht nur das Auf­räu­men an sich, son­dern auch ein bestän­di­ges Erre­gen von Auf­merk­sam­keit für Plas­tik als eines der größ­ten Umwelt­pro­ble­me unse­rer Zeit. Ich bin froh, dass ich die Schwes­tern ken­nen­ler­nen durf­te. Dan­ke, dass Ihr Euch so einsetzt!

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Journalistin und Redakteurin für Video, Audio und Text. Freie Autorin für den WWF, weil ich an den Umweltschutz glaube und dafür trommeln möchte. Und weil das alles so wahnsinnig spannend ist!

Kommentare (4)

  • Ganz schön krass was es da so alles an Müll gibt. Wir sind auch seit einer längeren Zeit in Bali und haben hier bei ein paar Clean Ups mitgemacht. Zwar nicht direkt am Strand sondern in Ubud aber viel Müll gab es dort trotzdem. Ganz schön erschreckend.

    Umso schöner daher, dass es Menschen wie die Mädels aus dem Beitrag gibt die dagegen etwas tun.

    Liebe Grüße Lisa und Joy

  • Ich bin gerade unterwegs in Kambodscha und eine Initiative wie diese wäre auch hier dringend notwendig. Es sind weniger die Strände, die vom Plastik vermüllt sind als das Land selbst. Es gibt noch viel Armut und der Plastikmüll ist überall in erschreckendem Ausmaß zu finden. Großartige und unbedingt auch für dieses Land notwendige Aktion!

    • Lieber Tom, das stimmt, es muss noch viel mehr passieren. Eine weltweite, rechtlich bindende Konvention wäre ein wichtiger Schritt. Der WWF hat dazu eine Petition gestartet: wwf.de/stop-plastic/
      Weltweit und vor allem in Südostasien, wo das Problem am größten ist, gibt es außerdem verschiedene Projekte, die jeweils auf die Situation vor Ort eingehen und versuchen, sie zu ändern.
      Hier zum Beispiel ein Projekt auf Con Dao in Vietnam: wwf.de/plastikflut/con-dao-interview-mit-hinh-hue/
      Und hier eine Übersicht: https://www.wwf.de/plastikflut/weltweite-wwf-plastikprojekte/

      Die beiden Mädchen auf Bali hatten übrigens Erfolg, das versprochene Plastiktüten-Verbot wurde umgesetzt und es gibt in den Supermärkten KEINE Plastiktüten mehr. :-)
      Liebe Grüße!

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