Mit­tel­meer in der Kli­ma­kri­se: Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren hoch wie nie

Das Mittelmeer erhitzt sich so schnell wie kein anderes © Philipp Kanstinger / WWF

Das Mit­tel­meer heizt sich so schnell auf wie kein ande­res Meer. In die­sem Som­mer wer­den neue Rekor­de gemes­sen. Die Fol­gen sind verheerend.

Das Mit­tel­meer erlebt gera­de eine enor­me Hit­ze­wel­le. Auch unter Was­ser. Das Was­ser ist die­sen Som­mer bis zu sechs Grad wär­mer als in der Ver­gleichs­pe­ri­ode zwi­schen 1982 und 2011. Das Tyr­rhe­ni­sche Meer an der west­li­chen Küs­te Ita­li­ens ist so warm wie noch nie. Nahe der Äoli­schen Inseln vor Sizi­li­en wur­den 30 Grad Was­ser­tem­pe­ra­tur gemel­det. Das ist krass, aber nicht wirk­lich überraschend.

Sechs Grad Was­ser­tem­pe­ra­tur mehr!

Unge­wöhn­lich hohe Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren haben schon von 2015 bis 2019 zu einem Mas­sen­ster­ben bei rund 50 Arten geführt, wie eine Stu­die zeigt. In bis zu 45 Metern Tie­fe, über tau­sen­de Kilo­me­ter Küs­te. Das Mit­tel­meer ist das sich am schnells­ten erhit­zen­de Meer unse­res Planeten.

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Die Fol­gen sind unüber­seh­bar. Vie­le Arten kön­nen sich an der­ar­ti­ge Ver­än­de­run­gen nicht anpas­sen. Fast 1000 gebiets­frem­de Arten sind bereits neu ins Mit­tel­meer ein­ge­wan­dert und haben ein­hei­mi­sche Arten ver­drängt. Die extre­men Wet­ter­be­din­gun­gen machen das Meer immer sau­rer und sal­zi­ger. Die emp­find­li­chen See­gras- und Koral­len­bän­ke dro­hen zu verschwinden.

Das Mit­tel­meer von heu­te ist nicht mehr das, was es ein­mal war. Es befin­det sich sozu­sa­gen auf der Über­hol­spur in die Kli­ma­ka­ta­stro­phe. Ich emp­feh­le unse­ren Bericht “The Cli­ma­te Chan­ge Effekt in the Medi­ter­ra­ne­an: Sto­ries from an over­hea­ting sea” , der die Haupt­aus­wir­kun­gen der Kli­ma­kri­se auf die bio­lo­gi­sche Viel­falt des Mee­res zeigt.

Kurz zusam­men­ge­fasst: Im gesam­ten Mit­tel­meer ver­än­dern sich Lebens­räu­me und Popu­la­tio­nen enorm. Ein­hei­mi­sche Mol­lus­ken wie Schne­cken und Muscheln sind im Meer vor Isra­el um fast 90 Pro­zent zurück­ge­gan­gen. Es gibt immer mehr Qual­len. Allein schon über 600 tro­pi­sche Fisch­ar­ten wur­den im Mit­tel­meer ent­deckt. Die Fol­gen die­ser Neu­an­kömm­lin­ge kön­nen ver­hee­rend sein.

Schö­ner Fisch, ver­hee­ren­de Wir­kung: Feu­er­fisch im Mit­tel­meer © ate­se / iStock / Get­ty Images

Bei­spiel Feu­er­fisch: Die Inva­si­on des Indi­schen Feu­er­fisch ist beson­ders zer­stö­re­risch. Die gefrä­ßi­gen Fische mit den lan­gen, hoch­gif­ti­gen Rücken­sta­cheln ver­brei­te­ten sich seit ihrer ers­ten Ent­de­ckung im Mit­tel­meer anfangs der 90er Jah­ren inzwi­schen bis in die Adria. Fress­fein­de haben sie kaum, denn die wur­den gna­den­los über­fischt. Die Feu­er­fi­sche fres­sen das Meer leer, die Bestän­de von Krus­ten­tie­ren und klei­nen Fischen sin­ken dramatisch.

Net­ter Name, ver­hee­ren­de Wir­kung: Kanin­chen­fisch im Mit­tel­meer. Heißt übri­gens so, weil er mit müm­meln­der Ober­lip­pe frisst. © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Bei­spiel Kanin­chen­fisch: Auch die­se Spe­zi­es wan­der­te über den Suez­ka­nal aus dem Roten Meer ein. Mitt­ler­wei­le haben sie sich über die gesam­te öst­li­che Hälf­te des Mit­tel­meers aus­ge­brei­tet. Kanin­chen­fi­sche machen heu­te 80 Pro­zent der Fisch­fän­ge in der Tür­kei aus. Wo sie leben sind die See­gras­wie­sen nahe­zu voll­stän­dig auf­ge­fres­sen. Statt­des­sen domi­nier­ten blan­ke Fel­sen. Das bedeu­tet dra­ma­ti­sche Aus­wir­kun­gen auf das gesam­te mari­ne Öko­sys­tem, da die See­gras­wie­sen Lebens­räu­me vie­ler Arten dar­stel­len. Dar­über hin­aus sind sie wich­tig für das Kli­ma, da eini­ge von ihnen als natür­li­che Koh­len­stoff­sen­ken fungieren.

Abge­stor­ben: Edle Steck­mu­scheln © Phil­ipp Kan­stin­ger / WWF

Bei­spiel Edle Steck­mu­schel: Pin­na nobi­lis ist die größ­te ende­mi­sche Muschel des Mit­tel­meer und auch eine der größ­ten der Welt. Sie kam frü­her häu­fig vor und war wich­ti­ger Lebens­raum für eine Viel­zahl von Arten. Heu­te sind sie kurz vor dem Aus­ster­ben. Der Para­sit Haplos­po­ri­di­um pin­nae hat in den letz­ten Jah­ren nahe­zu alle Steck­mu­schel­fel­der im gesam­ten Mit­tel­meer ver­nich­tet. Es wird ange­nom­men, dass die hohen Was­ser­tem­pe­ra­tu­ren dem Para­si­ten dabei gehol­fen haben sich so rasend auszubreiten.

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Rea­li­tät Kli­ma­kri­se im Mittelmeer

Die Kli­ma­kri­se ist am und im Mit­tel­meer spür­ba­re Rea­li­tät. Wenn wir den Trend umkeh­ren wol­len, müs­sen wir die Erd­er­hit­zung stop­pen. Aber wir müs­sen auch den mensch­li­chen Druck durch Über­fi­schung, Ver­schmut­zung, Küs­ten­ent­wick­lung und Schiff­fahrt ver­rin­gern. Wir müs­sen die öko­lo­gi­sche Wider­stands­fä­hig­keit des Mee­res stär­ken. Gesun­de Öko­sys­te­me und eine blü­hen­de Arten­viel­falt sind unser bes­ter Schutz vor den Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­kri­se. Gut ver­wal­te­te Mee­res­schutz­ge­bie­te kön­nen viel dazu bei­tra­gen, den Stress für das Meer so weit wie mög­lich zu redu­zie­ren. 30 Pro­zent des Mit­tel­mee­res müs­sen zu Mee­res­schutz­ge­bie­ten wer­den. Das könn­te die Über­fi­schung stop­pen, das gesam­te Sys­tem Meer bekä­me eine Chan­ce zur Erholung.

Dafür wer­den wir wei­ter kämpfen.

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Ich liebe die Ozeane und die Unterwasserwelt und verbringe möglichst viel Zeit im und am Meer. Meine Arbeit als Meeresbiologe und als Forschungstaucher hilft mir diesen Wunsch zu realisieren. Leider verbringe ich gerade zuviel Zeit vor meinem Computer in Hamburg. Seit 2012 arbeite ich für den WWF, da ich bei meinen Reisen und bei meiner Arbeit feststellen musste, dass das Meer nicht unerschöpflich ist und man selbst an den abgelegensten Stränden dieser Erde die Spuren der Menschen entdeckt. Meistens in Form von Plastikmüll, zerstörten Riffen und dem Fehlen von Großfischen. Ich hoffe, dass durch meine Arbeit unsere Fußabdrücke etwas kleiner werden.

Kommentare (1)

  • Im Moment machen wir Menschen alles mögliche um den Planeten unbewohnbar zu machen. Traurig, dass viele sagen: Soll doch der andere Anfangen, warum ich. Es stimmt mich endlos traurig und wütend, dass den meisten Menschen der blaue Planet egal ist.

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