Zehn Schrit­te, um die Kli­ma­zie­le 2020 noch zu erreichen

Die Klimaziele sind wichtig! Denn der Klimawandel bedroht die Eisbären: Ohne Eis in der Arktis können sie nicht überleben. © Michael Poliza / WWF

Eine mög­li­che Gro­ße Koali­ti­on könn­te die Kli­ma­zie­le 2020 offi­zi­ell auf­ge­ge­ben. So sicker­te es am Mon­tag nach einem Tref­fen der Son­die­rungs-Arbeits­grup­pe für Ener­gie, Kli­ma­schutz und Umwelt durch. Die Begrün­dung gab es gleich mit dazu: Die Kli­ma­zie­le sei­en eh nicht mehr zu schaffen.

Das kann weder Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel noch Mar­tin Schulz zufrie­den­stel­len, denn bei­de hat­ten ja im letz­ten Jahr klar­ge­stellt, dass sie die Kli­ma­zie­le und damit auch das Ziel für 2020 noch errei­chen wol­len. Die drin­gendst nöti­gen Schrit­te wer­den auf­ge­scho­ben, statt jetzt end­lich nach vorn zu denken.

Das muss für die Kli­ma­zie­le passieren

Durch das jah­re­lan­ge Ver­schlep­pen der nöti­gen Kli­ma­schutz­maß­nah­men ist die Auf­ga­be schwe­rer gewor­den, als sie es hät­te sein müs­sen, aber es ist natür­lich mög­lich die Kli­ma­zie­le 2020 zu errei­chen. Dies braucht jedoch ent­schie­de­nes Han­deln: In jedem Fall müs­sen wir noch in die­sem Jahr die ent­spre­chen­den Maß­nah­men umset­zen – inklu­si­ve dem Ein­stieg in den Koh­le­aus­stieg. Dies darf eben nicht — wie jetzt ange­droht — in eine Kom­mis­si­on ver­scho­ben wer­den, die erst Ende 2018 Ergeb­nis­se lie­fert. Die dann erst ab frü­hes­tens 2019 umge­setzt wer­den. So ist das Kli­ma­ziel 2020 wirk­lich nicht zu erreichen.

Wir for­dern die neue Bun­des­re­gie­rung auf, als ers­te Amts­hand­lung ein „Kli­ma­schutz-Sofort­pro­gramm 2018–2020“ zu ver­ab­schie­den, das den jah­re­lan­gen Still­stand bei der Redu­zie­rung der Treib­haus­ga­se beendet.

Lie­be Frau Mer­kel, lie­ber Herr Schulz, hier ist was Sie tun müs­sen, um ihre Kli­ma­ver­spre­chun­gen zu halten:

1. Koh­le­kraft­wer­ke vom Netz!

Für einen glaub­wür­di­gen Kli­ma­schutz muss die neue Bun­des­re­gie­rung in den kom­men­den zwei Jah­ren die Emis­sio­nen im Strom-Sek­tor deut­lich ver­min­dern. Die ältes­ten und schmut­zigs­ten Braun- und Stein­koh­le­kraft­wer­ke, die län­ger als 30 Jah­re im Betrieb sind, müs­sen vom Netz. Am bes­ten jetzt!

2. Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien beschleunigen!

Der Aus­bau der erneu­er­ba­ren Ener­gien muss deut­lich schnel­ler wer­den – nur dann hel­fen Wind und Son­ne wirk­lich schnell dem Kli­ma. Neun Giga­watt mehr erneu­er­ba­re Ener­gien als bis­her vor­ge­se­hen sol­len mit Hil­fe von Son­der­aus­schrei­bun­gen ans Netz gebracht werden.

3. Koh­le-KWK durch Erd­gas oder Bio­mas­se ersetzen!

Die gleich­zei­ti­ge Erzeu­gung von Strom und Wär­me durch soge­nann­te Kraft-Wär­me-Kopp­lung (KWK) ist in der Indus­trie bereits heu­te weit ver­brei­tet. Aller­dings erfolgt 14,6 Pro­zent der KWK-Wär­me-Erzeu­gung in der Indus­trie noch immer aus Koh­le. Die­ser Koh­le­an­teil muss voll­stän­dig weg­fal­len. Die ohne­hin not­wen­di­ge Umrüs­tung der Koh­le-KWK Anla­gen auf Gas oder Bio­mas­se muss also stär­ker geför­dert werden.

4. Ener­ge­ti­sche Gebäu­de­sa­nie­rung end­lich steu­er­lich fördern!

Jeder weiß: Die Sen­kung des Wär­me­ver­brauchs ist zen­tral. Deutsch­land kommt bei der ener­ge­ti­schen Gebäu­de­sa­nie­rung seit Jah­ren aber nicht vor­an. Bereits in der letz­ten Legis­la­tur­pe­ri­ode lag mit der steu­er­li­chen För­de­rung ein Gesetz auf dem Tisch, das aber  nicht ver­ab­schie­det wur­de. Das muss schnellst­mög­lich nach­ge­holt werden!

5. Eine Mil­li­on alte Öl Hei­zun­gen raus aus den Kellern!

Noch immer hei­zen in Deutsch­land fünf bis sechs Mil­lio­nen Haus­hal­te mit beson­ders kli­ma­schäd­li­chen Ölhei­zun­gen. Ein Drit­tel davon ist älter als 20 Jah­re. Bis 2020 müs­sen rund eine Mil­li­on die­ser Hei­zun­gen im Rah­men eines umfas­sen­den Hei­zungs­aus­tausch­pro­gramms durch kli­ma­freund­li­che­re Tech­no­lo­gien ersetzt werden.

6. Moder­ni­sie­rung der Fern­wär­me fördern!

Rund 5,2 Pro­zent der Gebäu­de wer­den bereits mit Fern­wär­me geheizt. Das muss mehr wer­den. Beson­ders in Groß­städ­ten lohnt sich das. Das För­der­pro­gramm der Bun­des­re­gie­rung ist viel zu klein gera­ten. Es muss auf 1,5 Mil­li­ar­den Euro ange­ho­ben werden.

7. Eine Mil­li­on Elek­tro­au­tos auf die Straße!

Die Bun­des­re­gie­rung hat sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2020 eine Mil­li­on Elek­tro­fahr­zeu­ge auf die Stra­ße zu brin­gen. Anfang 2017 waren in Deutsch­land 43.022 Elek­tro-Pkw und 165.405 Hybrid­au­tos zuge­las­sen. Die Neu­zu­las­sun­gen wach­sen, den­noch muss mehr pas­sie­ren. Zum Bei­spiel: Mehr Tank­stel­len. Damit eine Mil­li­on Elek­tro­au­tos auch auf­ge­la­den wer­den kön­nen, soll­ten die Mit­tel für die Lade­infra­struk­tur auf eine Mil­li­ar­de Euro ver­drei­facht werden.

8. Tem­po­li­mit 120!

Deutsch­land ist eines der weni­gen Län­der ohne Begren­zung der Höchst­ge­schwin­dig­keit. Wer schnel­ler fährt braucht mehr Sprit. Unse­re For­de­rung: Spä­tes­tens 2020  Tem­po 120 km/h auf deut­schen Auto­bah­nen ein­füh­ren. Spart Mil­lio­nen Ton­nen CO2. Und Menschenleben.

9. LKW Maut ausweiten!

Die LKW Maut muss auch auf allen Bun­des­stra­ßen gel­ten. Gewichts­gren­ze ent­spre­chend der Euro­vi­gnet­ten­richt­li­nie wie in einem Groß­teil der ande­ren EU-Staa­ten auf 3,5 Ton­nen herabsetzen.

10. Emis­sio­nen der Tier­hal­tung reduzieren!

Treib­haus­gas­emis­sio­nen aus der Land­wirt­schaft kom­men neben dem Stick­stoff als Dün­ger vor allem von Tie­ren. Durch die Dün­ge­mit­tel­ver­ord­nung wur­de bereits ein ers­ter Schritt getan, um die Emis­sio­nen aus  Dün­ger zu redu­zie­ren. Fünf bis zehn Pro­zent weni­ger Milch­kü­he wür­den die Methan- und Lach­gas­emis­sio­nen um 0,9 bis 1,8 Mil­lio­nen Ton­nen CO redu­zie­ren. Art­ge­rech­te Hal­tung muss dabei eine essen­ti­el­le Rol­le spie­len. Zum Bei­spiel durch Ver­bot des Neu­baus von Stäl­len ohne aus­rei­chen­de Wei­de­flä­che. Die Erhö­hung des Öko­land­bau­an­teils an der Land­wirt­schaft, eine deut­li­che Redu­zie­rung der Tier­be­stän­de in den inten­si­ven Tier­hal­tungs­re­gio­nen sowie steu­er­li­che Anrei­ze für eine Reduk­ti­on des Tier­be­stands hel­fen dem damit auch dem Klima.

Die letz­te Bun­des­re­gie­rung hat es ver­säumt beim Kli­ma­schutz vor­an­zu­kom­men. Jetzt ist es mehr denn je Zeit zum Handeln!

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Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland und damit beschäftigte mit alle (oder doch zumindest vielen) Fragen rund um Klima und Energie. Und obwohl ich seit Jahren nicht mehr aktiv dazu arbeite, hängt mein Herz an einer neuen Mobilitätswelt. Es braucht nicht mehr als täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren um daran erinnert zu werden, wieviel Arbeit das noch ist.

Kommentare (9)

  • Korrektur:

    Die Emmissionen der Tierhaltung müssen reduziert werden! Der Tierbestand müßte reduziert werden, zuviel Fleisch ist ungesund.
    Ökolandanbau- und Tierwirtschaft ist Artgerecht.

  • Es wäre gut, sich erst einmal in den verschiedenen Themen fachlich kundig zu machen, bevor man dem Alarmismus-Mainstream folgend einfach mal hinschreibt: Ausbau der Erneuerbaren beschleunigen, Kohle und Gas durch Biomasse ersetzen, und 1 Mio Elektroautos auf die Straße bringen.

    Sollte der Ausbau der Erneuerbaren in Zusammenhang mit der sogenannten "Sektorkopplung" so kommen, wie sich das die Protagonisten des ökoindustriellen Komplexes zusammenfantasieren, bedeutet dies das Ende des Landschafts-, Natur- und Artenschutzes (nicht nur) in Deutschland. 30.000 Windkraft-Monster haben in Deutschland kein einziges Gramm CO)2 gespart. Ist Ihnen das entgangen?

    Sie gehören mit Ihren Forderungen zu den Totengräbern des Naturschutzes.

    Nachzulesen hier:
    http://naturschutz-initiative.de/neuigkeiten/207-windkraftindustrie-und-naturschutz-sind-nicht-vereinbar

  • Die 10 Punkte sind kein unrealistisches Fernzielprogramm. Sie sind Hilfe und Aufforderung zugleich, das Gespräch mit anderen Bürgern/-innen und politisch Verantwortlichen intensiv zu suchen.

  • Die Politik MUSS sich endlich von den Vorgaben des Kapitals befreien, sonst geht die Menschheit unter!!!
    Unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten KANN ES NICHT GEBEN!!!!!

  • Unser Planet geht vor die Hunde, wenn die Klimaziele nicht erreicht werden.
    Die m"Ergebisse" aller Klimakonferenzen sind das Papier nicht wert, auf dem die Ergebnisse festgehalten werden, wenn nicht sofort mehr getan wird!

  • Zu Nummern 7 und 8:

    Wie wäre es mit einem differenzierten Tempolimit je nach Technologie?
    Wer mit Verbrenner fährt, bekommt ein generelles Tempolimit.
    Wer elektrisch fährt, muss sich wie bisher nur an anlassbezogene Tempolimits (die man durchaus erweitern könnte) halten.
    Das wäre vermutlich für Einige ein echter Anreiz, über ein Elektroauto nachzudenken.
    E-Mobilität macht übrigens nicht nur viel Spaß, sondern verändert auch das Mobilitätsverhalten: Unsere Familie fährt seit mehr als fünf Jahren einen kleinen Ciroen C-Zero als einziges Auto. Die Jahresfahrstrecke hat sich stark reduziert auf unter 4.000 km, ÖPNV und auch Fahrrad haben stark zugenommen.

  • Zu Punkt 4:
    Wenn energetische Gebäudesanierung bedeutet, dass weiterhin Sondermüll an die Hausfassaden geklatscht wird, der obendrein über Jahre hinweg hochgiftige Fungizide emittiert, dann kann das nicht der richtige Ansatz sein. Aber auch dazu gibt es gute Alternativen.

    Zu Punkt sieben: Die Produktion eines Autos ist bereits sehr Energie intensiv. Eine neue Form der Mobilität, bei der der Individualverkehr nicht mehr die Hauptrolle spielt, wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Wie sich gezeigt hat, nimmt die Abgasmenge durch die steigenden Hubräume der SUVs ständig zu. Da sollte auch eine Möglichkeit sein, dem Einhalt zu gebieten. So lassen sich bisher Flottenverbräuche von 120 - 130 g CO² nicht erreichen.

    Durch die alten Kohlekraftwerke werden erhebliche Mengen Quecksilber abgegeben, die inzwischen überall nachweisbar sind. Durch Abschalten der alten Kraftwerke wird auch diese Umweltbelastung erheblich vermindert.

  • Das mit den Ekektrofahrzeugen ist ja wirklich eine gute Sache ABER:
    Die Produktion dieser Fahrzeuge ist äußerst umweltschädlich und eine wirkliche Lösung die alten Akkus zu recyceln gibt es auch nicht.
    Wenn 1 Million Elektrofahrzeuge fahren sollen, finde ich, müssen diese Sachen vorher noch geklärt und gelöst werden.
    Trotzdem hoffe ich, dass wir die Klimaziele erreichen! Es ist wichtig das die Regierung etwas tut!

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