#StopP­la­s­tic­Pol­lu­ti­on: War­um fischen wir das Plas­tik nicht aus dem Meer?

Nur ein Prozent des Plastiks schwimmt an der Oberfläche © Philipp Kanstinger/ WWF

Fünf rie­si­ge Plas­tik­müll­stru­del gibt es mitt­ler­wei­le in unse­ren Mee­ren. Im Atlan­tik, im Pazi­fik und om Indi­schen Oze­an. Der größ­te und bekann­tes­te ist der Gre­at Paci­fic Gar­ba­ge Patch. Er liegt zwi­schen Hawaii und Kali­for­ni­en und hat einen Umfang von rund 1,6 Mil­lio­nen Qua­drat­ki­lo­me­tern. Das ent­spricht vier­mal der Flä­che Deutsch­lands! Der gro­ße pazi­fi­sche Müll­stru­del besteht aus etwa 79.000 Ton­nen Plas­tik und ins­ge­samt unge­fähr 1,8 Bil­lio­nen Plastikteilchen. 

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Nicht nur an der Ober­flä­che kratzen

Wie groß der Müll­tep­pich auch ist: Der Müll an der Ober­flä­che ist nur ein win­zi­ger Bruch­teil des gesam­ten Pro­blems. Nur ein Pro­zent (!) des gesam­ten Mülls im Meer schwimmt oben. 99 Pro­zent des Mülls befin­den sich in Berei­chen, von denen wir nicht ein­mal genau wis­sen, wo sie sind. Der größ­te Teil des Plas­tik­mülls sinkt trotz des gerin­gen Gewichts in Rich­tung Boden.

Plas­tik­tep­pich im Meer: Das meis­te sinkt ab © Caro­li­ne Power / WWF

In etwa 100 Meter Tie­fe gibt es eine Ebe­ne, in die Plas­tik durch den Wind sehr oft gespült wird. Soviel wis­sen wir. Doch unzäh­li­ger wei­te­rer Plas­tik­müll schwebt in unter­schied­li­chen Tie­fen und wird immer wie­der von Wel­len und Strö­mung her­ab­ge­drückt. Das ist schon mal ein Grund, war­um es eben nicht so ein­fach ist, das Meer mit gigan­ti­schen Staub­saugern oder Käm­men vom Plas­tik­müll zu befrei­en. Trotzdem: 

Pro­jek­te, die den Plas­tik­müll aus dem Meer fischen wollen

Es gibt über­all auf der Welt, um den Müll von Strän­den weg­zu­räu­men. Das ist pri­ma, viel­leicht hast Du ja auch schon mal mit­ge­macht. Auch Pro­jek­te wie das „The Oce­an Cle­a­nup“ von Boy­an Slat aus Hol­land sind wich­tig und gut. Es gibt ver­schie­de­ne Ansät­ze, um die Mee­re vom Plas­tik­müll zu befrei­en. Und die sind durch­aus beein­dru­ckend. Und ein Hoff­nungs­schim­mer im gan­zen Plastikdesaster.

  1. Das OCEAN CLEAN UP Pro­jekt: Mit gera­de ein­mal 18 Jah­ren ent­wi­ckel­te der Nie­der­län­der Boy­an Slat vor rund sie­ben Jah­ren einen Mee­res­sau­ger, der ähn­lich eines Staub­saugers Plas­tik aus dem Meer holen soll­te. Mit sei­ner Idee war der Schü­ler aus Hol­land Vor­rei­ter und Inspi­ra­ti­on für vie­le wei­te­re Auf­räum­pro­jek­te. Lei­der funk­tio­niert das Gerät in der Umset­zung noch nicht – aber Boy­ans Team arbei­tet an der Nachbesserung.
  2. PACIFIC GARBAGE SCREENING
 (PGS): Ursprungs­idee der Archi­tek­tin Mar­cel­la Hansch aus Aachen war es die Kunst­stof­fe mit einer Art Rie­sen­kamm aus dem Gre­at Paci­fic Gar­ba­ge Patch zu holen. Inzwi­schen hat die PGS ganz bewusst die Stra­te­gie gewech­selt. Der Fokus liegt nun eben­falls auf den Flüs­sen. Obers­te Prio­ri­tät ist es zu ver­hin­dern, dass Plas­tik über­haupt in die Flüs­se gelangt — min­des­tens aber zu ver­hin­dern, dass sie von dort ins offe­ne Meer trans­por­tiert werden.
  3. SAMMELFLOTTEN: Seit inzwi­schen 16 Jah­ren sind vor Mal­lor­ca Müll­boo­te des balea­ri­schen Umwelt­mins­te­ri­ums im Ein­satz und konn­ten nach eige­nen Anga­ben bis­her gan­ze 700 Ton­nen Plas­tik ber­gen. Auf­fäl­lig dabei ist, dass die wei­ter drau­ßen ope­rie­ren­den Müll­boo­te deut­lich mehr Plas­tik ein­sam­meln als die Boo­te in Strandnähe.

War­um das Raus­fi­schen von Mee­res­plas­tik wenig hilft

Aber hier wie über­all ist Vor­sor­ge bes­ser als Nach­sor­ge und alle Pro­jek­te, die unse­re Mee­re im Nach­hin­ein vom Plas­tik befrei­en wol­len, sto­ßen auf die glei­chen Probleme:

  • Die Auf­räum­ak­tio­nen krat­zen an der Ober­flä­che, wie ich schon beschrie­ben habe, und kön­nen gar nicht allen Plas­tik­müll aus den Mee­ren herausholen.
  • Auch weil ganz viel Mee­res­plas­tik bereits zu unsicht­ba­rem (!) Mikro­plas­tik zer­fal­len ist.
  • Vie­le Plas­tik­tei­le gelan­gen nie bis zu den gro­ßen Plas­tik-Stru­deln, son­dern lan­den vor­her schon im Magen der Mee­res­be­woh­ner oder bin­den sich an Algen.
  • Vor allem aber gefähr­den die Plas­tik-Sam­mel­ak­tio­nen immer auch Mee­res­tie­re und –pflan­zen. Es gibt bis­her kei­ne voll­kom­men umwelt­scho­nen­de und effek­ti­ve Lösung, unse­ren Plas­tik­müll wie­der aus den Mee­ren zu entfernen! 

Vor­sor­gen statt entsorgen!

Strand­säu­bern ist pri­ma, wie hier in Phu Quoc. Aber was hilft es, wenn täg­lich wie­der ton­nen­wei­se Plas­tik ins Meer gewor­fen wird? © Mela­nie Goem­mel / WWF

Der bes­te Weg, die Mee­re vor der Plas­tik­flut zu ret­ten? Das Plas­tik gar nicht erst hin­ein gelan­gen las­sen! Klar, wir müs­sen Strän­de und Fluss­ufer vom Müll befrei­en. Vor allem aber müs­sen wir dafür sor­gen, dass nicht täg­lich wie­der X‑Tonnen dazu­kom­men! Wir müs­sen der Plas­tik­flut den Hahn zudre­hen und Plas­tik­pro­duk­ti­on wie ‑Kon­sum radi­kal reduzieren.

In den letz­ten 20 Jah­ren haben wir unse­ren Plas­tik­kon­sum ver­dop­pelt. Er droht wei­ter zu stei­gen. Genau hier müs­sen wir anset­zen – und zwar mit aller Kraft und auf allen Ebenen.

 

Leiterin der Digitalen Kommunikation beim WWF. Mein Ziel: Mehr Menschen erreichen – denn ich bin sicher, dass wir davon überzeugen können, wie wichtig Umweltschutz für uns alle ist.

Kommentare (5)

  • Die verschiedenen Projekte zum „Herausfischen“ von Plastik aus dem Meer sind letztendlich nicht nur eine ökologische Augenwischerei, sondern unter dem Aspekt ökologischer Nachhaltigkeit eine Katastrophe (gar nicht zu reden von dem direkten Ressourcen- und Energieaufwand für das Einsammeln). Es ist ein Geschäft und kein Dienst an der Natur. Das Plastik muss nicht nur eingesammelt werden, sondern u.a. in die verschiedenen Plastikarten sortiert werden, da kontaminiert gereinigt werden und sehr häufig chemisch aufbereitet werden, da das Plastik die chemische Fähigkeit zum Recycling nach einer bestimmten Anzahl/Häufigkeit verloren hat. Das ist nur eine sehr verkürzte Darstellung des Aufwands. Wer da eine ökologische Rechnung von CO2-Werten, Energieverbrauch, etc. aufstellen möchte, wird nicht fertig werden. Am Ende verbleibt dann eine bestimmte überschaubare Menge "recyceltes Plastik", für das der Energieaufwand geschätzt etwa das drei bis vierfache von sogenannten „virgin“ Plastik (also neu produziertes Plastik) beträgt. Und diese „Restmenge“ wird dann für den etwa vier- bis achtfach-höheren Preis zB in der Kosmetikindustrie angeboten. Eine weitere oder abschließende Bewertung dieses (Geschäfts-)Modells wäre eher frustrierend.
    Ganz offenbar dient konkreter Druck aber hilfreich dazu, die technologische Fantasie der Menschen aktiv zu fördern. Denn speziell in der Kosmetikindustrie entsteht und besteht nicht nur eine sehr hohe Bereitschaft, sondern ein ganz konkreter Einsatz, neue, nachhaltige Verpackungslösungen zu entwickeln. Das ist tatsächlich sehr herausfordernd. Als einfaches Beispiel: ein Haarshampoo in eine biologisch abbaubare Verpackung zu realisieren ist das Ziel. Die Verpackung darf sich allerdings nicht zu schnell abbauen, da das Produkt sonst ausläuft. Warum schreibe ich diesen Beitrag? Ja, es braucht noch weitere Forschung und konkrete Fortschritte, aber es ist auf dem Weg, es gibt bereits vielversprechende Ansätze (über die seltenst berichtet wird) und was noch wichtiger ist, es passiert tatsächlich etwas. Und das sollte auch in unser Bewusstsein.

  • Eine Aussage die ich so nicht teilen kann. Es gab früher schon alles in Pappe, Glasbehältern und Seifenstücke statt Flüssigseife... Es wird immer nur erzählt das Plastik alternativlos ist. Ich gehe mit das es Produkte gibt aus Kunststoff sein müssen aber 90% der Verpackungen nicht. Wir leben über unsere Verhältnisse auf Kosten anderer.

  • Wir sind ein sechsköpfiger Haushalt und kaufen Milch in Flaschen, Käse und Wurst an der Theke, statt abgepackt und Säfte nicht im Tetrapack, sondern ebenfalls in Flaschen. Waschmittel gibt es im Karton. Seife statt Shampo. Mit vielen kleinen Schritten haben wir über ca. zwei Jahre unseren Haushalt systematisch unter dem Aspekt der Müllvermeidung/Recycling umgestellt. Es funktioniert und ist gar nicht so schwer, wie man glaubt. Schwer ist es allenfalls, damit zu beginnen. Aber das ist alternativlos.

  • Natürlich ist es schwierig, den Müllteppich zu entfernen. Doch ist auch dieses alternativlos. Durch den Müllteppich gibt es immer mehr Kleinstteile, die im Meer alles verseuchen. Ja, wir kommen nicht an alles heran, aber wir sollten das offensichtliche dringend angehen. Super, das die Menschen probieren, den Müll nicht in das Meer zu lassen, Klasse, dass es die Müllschiffe gibt, die Müll aus dem Meer holen. Doch die fünf Strudel sind eine unheimliche Größenordnung an Kleinstpartikeln, die in den nächsten Jahren in allen Tieren wiederzufinden ist.
    Ich habe eine Theorie, die ich gerne teilen würde, aber es interessiert sich niemand dafür. In meiner Theorie könnten wir das Material, das oben schwimmt, was ja einige Milliarden Tonnen hat, herausholen, um es dann entweder vernünftig umzuwandeln, den es besteht ja aus Öl, oder aber zumindest aus dem Meer zu holen. Inzwischen ist es soweit, dass sich an diesen Müllzentren der Welt die Tiere anpassen, was nicht in unserem Sinne sein kann. Ich sehe, dass es Projekte gibt, die in die richtige Richtung laufen, aber ich sehe nicht, dass wir die großen Müllteppiche angehen. Wir klauben angeschwemmtes Plastik auf, holen es vor den Küsten heraus, aber die großen Teppiche werden weiter wachsen, da sie immer noch Nachschub bekommen. Und genau deswegen sollten wir diesen Müllbergen den Kampf ansagen. Ja, es ist Kostenintensiv, nein, es wird nicht morgen gehen, aber es würde gehen, wenn man das Prinzip einhält. Wenn es auch lange dauern wird.

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