Kuh der Woche: Deut­scher Boden für deut­sches Glyphosat

Landwirt Kappe

Die erleuch­tet-pfingst­li­che Pres­se­schau star­tet mit einer Flos­se. Genau­er: einer Hai-Flos­se. Die ist näm­lich im Hafen von Pal­ma de Mal­lor­ca auf­ge­taucht und schaff­te es sogar auf die BILD-Titel­sei­te. Das Bemer­kens­wer­te: An der Flos­se hing ein gan­zer Hai. Und der war noch am Leben. Bei­des ist in Spa­ni­en eine Sel­ten­heit, denn die EU-Fische­rei­en fan­gen welt­weit die meis­ten Haie und Rochen und gehö­ren zu den größ­ten Akteu­ren im Han­del mit Haifleisch, ‑flos­sen und ‑öl. Vor allem Spa­ni­ens Flot­te jagt laut aktu­el­lem WWF-Report die bedroh­ten Meeresraubfische.

Frisch aus dem Haifischbecken

Wahr­schein­lich woll­te sich der ver­irr­te Blau­hai nur als Ehren­gast das Fina­le zu Ger­ma­nys Next Top­mo­del anschau­en. Die kon­ge­nia­le YOU­TUBE-Nach­le­se von Ber­lins Super-Trans­ves­ti­ten Juras­si­ca Parka zu Hei­dis „Nut­ten-Spek­ta­kel“ gibt es hier. Abge­ma­ger­te Jung-Models gel­ten bei Hai­en übri­gens als kalo­rien­ar­mer Appe­ti­zer. Das habe ich aus gut unter­rich­te­ten Hai-Krei­sen erfahren.

Haupt­sa­che gut unterrichtet

Weni­ger gut unter­rich­tet waren wohl die SPD-Krei­se von FOCUS-Her­aus­ge­ber Mark­wort. Der hat­te mit gro­ßem Tam-Tam im Fern­se­hen den Rück­tritt von Chef-Sozi Sigi ange­kün­digt. Zwar sind sowohl Mark­wort als auch Gabri­el heu­te noch im Amt (Stand: 15:30 Uhr), doch bei min­des­tens einem von bei­dem wackelt der Stuhl. Das habe ich aus gut unter­rich­te­ten Krei­sen gehört. Aber ich kann nicht aus­schlie­ßen, dass die an mich her­an­ge­tra­ge­nen Rück­tritts­plä­ne durch die geziel­te Indis­kre­ti­on zer­stört wer­den soll­ten. Mei­ne Quel­le hat jetzt schon Angst. Soweit, so selbst­dar­stel­le­risch.

Ali­ens über­all und nirgendwo

Wäh­rend hier­zu­lan­de die Medi­en über Mark­worts Rote-Socken-Kon­spi­ra­ti­on eine simu­lier­te Schein-Dis­kus­si­on füh­ren, dre­hen die Amis – ganz nach dem Mot­to „Think Big!“ — am ganz gro­ßen Ver­schwö­rungs-Rad. Im ohne­hin schon nicht gera­de unspek­ta­ku­lä­ren US-Wahl­kampf setzt Noch-Ehe­frau und Noch-Nicht-Prä­si­den­tin Hil­la­ry Clin­ton auf ein neu­es The­ma: Außer­ir­di­sche. Die Demo­kra­tin will im Fal­le eines Wahl­siegs gehei­me Ufo-Doku­men­te frei geben. Ali­en-Fans sind laut SPON „ent­zückt“.

Kuh der Woche: Deut­scher Boden für deut­sches Glyphosat

Ent­zü­ckend ist auch ein poli­ti­sches Schau­spiel, wel­ches sich die­ser Tage in Ber­lin zuträgt, und den Kuh der Woche lan­det. Es geht um deut­sche Bau­ern, deut­schen Boden und deut­sches Gly­pho­sat. Dank groß-koali­tio­nä­rer Zer­strit­ten­heit steht näm­lich die EU-Zulas­sung des Pes­ti­zids laut SÜDDEUTSCHER ZEITUNG (glück­li­cher­wei­se) auf der Kip­pe. Land­wirt­schafts­mi­nis­ter Schmidt und Umwelt­mi­nis­te­rin Hendricks sind sich uneins. Des­halb muss sich die Bun­des­re­gie­rung wohl ent­hal­ten. Das dürf­te Schmidt nicht schme­cken. Erst beim Zukunfts­dia­log Agrar und Ernäh­rung am ver­gan­ge­nen Mitt­woch muss­te er sich unan­ge­neh­men Fra­gen dazu stel­len. — Und schaff­te es, in sei­ner Ant­wort trotz vie­ler Wor­te nichts zu sagen. Lei­der war auch Schmidts Rede, in der es eigent­lich um die Zukunft der Land­wirt­schaft gehen soll­te, erstaun­lich rück­wärts­ge­wandt. The­ma ver­fehlt, hät­te mein alter Deutsch­leh­rer wohl gesagt. Ansons­ten war die Ver­an­stal­tung nicht nur gut besucht, son­dern auch span­nend und infor­ma­tiv. Neben klas­si­schen Wirt­schafts­ver­tre­tern fan­den sich glück­li­cher­wei­se auch vie­le kri­ti­sche Bio-Bau­ern, Slow Food-Anhän­ger und NGO-Gesich­ter unter den Gäs­ten, etwa mein geschätz­ter WWF-Kol­le­ge und Soja-Anbau­er Mat­thi­as Meiss­ner oder Anne-Cath­rin Hum­mel von der befreun­de­ten Welthungerhilfe.

Haupt­sa­che regional?

Das Zitat des Tages zum Zukunfts­dia­log lie­fer­te der­weil Ster­ne­koch Johan­nes King zum The­ma regio­na­le Lebens­mit­tel: „Wenn ein Bau­er die fal­sche Kar­tof­fel in den fal­schen Boden steckt, ist das viel­leicht regio­nal — aber trotz­dem schei­ße.“ Bes­ser kann das Dilem­ma des Regio­nal-Dik­tums nicht umschrie­ben wer­den. Schließ­lich ist nach mei­ner Auf­fas­sung die Sau aus dem Nach­bar­dorf, die mit Gen­so­ja aus Bra­si­li­en gefüt­tert wur­de, auch längst kein regio­na­les Pro­dukt mehr.

Haupt­sa­che filetiert?

Das fast noch prä­si­dia­le Schluss­wort in die­ser Woche über­las­se ich unter­des­sen Chris­ti­an Wulff. Der hat laut Ingo Rentz in sei­ner Key­note beim Düs­sel­dor­fer Screen­force Day das eige­ne Schick­sal durch­aus humor­voll und zutref­fend mit dem von Jan Böh­mer­mann ver­gli­chen: “Wenn einer nach zwei Wor­ten der Kanz­le­rin file­tiert ist, wur­de ich in Luft aufgelöst.”

Roland Gramling ist Exil-Franke, Frankfurt-Fan und Berlin(West)-Bewohner. Nach dem Online-Journalismus-Studium in Darmstadt wechselte er auf die dunkle Seite der Macht und verkaufte seine Seele an die PR und Pressearbeit. Seit 2008 ist er Pressesprecher beim WWF Deutschland und seitdem auf der Suche nach dem Kuh des Lebens (oder zumindest der Woche). Er findet Pandas süß und Wölfe cool und hält Lady Gaga für die größte Poetin seit Oscar Wilde. Sonntags ist er stets am Tatort und damit grundsätzlich verdächtig. Kurzweilige Desorientierung ist mitunter beabsichtigt aber nie gewollt. Er kann nicht über sich selbst lachen und hält das auch noch für witzig. Fleisch kommt ihm nicht auf den Teller aber gerne mal unters Messer. Für ihn ist das Internet noch total Neuland-mäßig, aber die gedruckte Zeitung schon längst tot. In diesem Sinne: Muuuh!
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