Kein Palm­öl ist auch kei­ne Lösung…

Hübsch, aber bedenklich: Früchte der Ölpalme © James Morgan / WWF

Palm­öl zer­stört Regen­wäl­der, hat sel­te­ne Arten wie den Orang-Utan und Suma­tra-Tiger an den Rand des Aus­ster­bens gebracht und ver­treibt immer wie­der Men­schen von ihrem Land — auch heu­te noch. Ich kann das offen­sicht­lich nicht oft genug beto­nen, denn noch immer tref­fe ich auf Unter­neh­mens­ver­tre­ter, die mir sagen, dass sie nur ein Mini­mum im Bereich Palm­öl unter­neh­men, weil der Druck von Ver­brau­chern nicht groß genug sei – und der Anbau heu­te doch auch nicht mehr so schlecht sein kön­ne. Doch! Ist er lei­der er in gro­ßen Tei­len immer noch.

Dem Palm­öl auf der Spur

Und genau des­we­gen fra­ge ich mich immer mal wie­der: Wäre es nicht doch eine gute Idee, Palm­öl durch ande­re Öle zu erset­zen? Die­ser Fra­ge sind wir in unse­rer neu­en Stu­die „Auf der Ölspur“ ein­mal gründ­lich nach­ge­gan­gen. Zusam­men mit einem Wis­sen­schaft­ler, der alle ver­füg­ba­ren Daten zusam­men­ge­sucht hat. Was nicht so ein­fach war, wie man es sich vor­stellt, da im Bereich Palm­öl immer noch viel Intrans­pa­renz herrscht.

Dabei sind wir erst­ma­lig 98 Pro­zent des deut­schen Palm­öl-Ver­brauchs auf die Spur gekom­men. Das über­ra­schen­de Ergeb­nis: Der Groß­teil des Palm­öls in Deutsch­land geht in Bio­en­er­gie – gan­ze 41 Pro­zent. 40 Pro­zent gehen in Lebens­mit­tel wie Mar­ga­ri­ne, Scho­ko­la­de und Fer­tig­ge­rich­te, 17 Pro­zent in indus­tri­el­le Ver­wen­dun­gen wie Wasch- und Rei­ni­gungs­mit­tel, Kos­me­tik sowie Che­mie und Pharma.

Kokos­pal­me: Sieht gut aus, löst nicht das Pro­blem © Mar­tin Har­vey / WWF

Palm­öl erset­zen ver­rin­gert unse­re Pro­ble­me nicht. Im Gegenteil.

Dazu haben wir uns die Fra­gen gestellt: Mit wel­chen ande­ren Pflan­zen­ölen könn­te Palm­öl denn ersetzt wer­den? Und was hät­te das für öko­lo­gi­sche Auswirkungen?

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Das Fazit: Häu­fig wird Palm­öl mit Kokos- oder Soja­öl ersetzt – und das ist lei­der kei­ne gute Idee. Wird ein Mix aus Kokos‑, Soja‑, Son­nen­blu­men- und Raps­öl als Ersatz genom­men, bräuch­ten wir rund 1,4 Mil­lio­nen Hekt­ar mehr Anbau­flä­che. Weil kei­ne ande­re Pflan­ze so hohe Erträ­ge wie die Ölpal­me erzielt: durch­schnitt­lich 3,3 Ton­nen pro Hekt­ar. Raps, Kokos und Son­nen­blu­me brin­gen nur rund 0,7 Ton­nen Öl pro Hekt­ar, Soja sogar noch weniger.

Wir bräuch­ten viel mehr Fläche

Wenn wir auf Palm­öl ver­zich­ten und es aus­tau­schen, brau­chen wir also viel mehr Flä­che. Damit stie­gen auch die Treib­haus­gas­emis­sio­nen an. Ins­be­son­de­re in Asi­en, da ein Groß­teil des Palm­öls nur durch Kokos­öl ersetzt wer­den kann. Und wir wür­den welt­weit wei­te­re und sogar mehr Tier- und Pflan­zen­ar­ten gefähr­den als bisher.

Also: Wie wäre es dann, wenn wir Palm­öl nur mit hei­mi­schem, also z.B. in Deutsch­land ange­pflanz­tem Raps­öl erset­zen wür­den. Auch das haben wir durch­ge­rech­net. Bei einer Mil­li­on Ton­nen Palm­öl wäre das – zumin­dest rein tech­nisch – mög­lich. Die hei­mi­schen Öle haben den Vor­teil, dass sie sinn­voll in bestehen­de Frucht­fol­gen ein­ge­bun­den wer­den könn­ten (das müss­te man aller­dings auch umset­zen) und dass vie­le sozia­le Pro­ble­me nicht ent­ste­hen wür­den. Dazu kommt auch, dass die glo­ba­le bio­lo­gi­sche Viel­falt weni­ger zu lei­den hät­te – Deutsch­land besitzt ein­fach nicht (mehr) so viel Bio­di­ver­si­tät wie Indonesien.

Das Ergeb­nis: Dafür bräuch­ten wir in Deutsch­land zusätz­li­che Anbau­flä­chen von 730.000 Hekt­ar. Und die­se Flä­che ist auch bei uns nicht frei verfügbar.

Wo sich die Kat­ze in den Schwanz beißt

Das Bei­spiel Palm­öl zeigt: Die Kat­ze beißt sich irgend­wann immer wie­der in den Schwanz. Wir haben Erd­öl mit tro­pi­schen Ölen wie Palm­öl ersetzt und schwen­ken jetzt zu ande­ren Pflan­zen­ölen um. Aber wir kom­men frü­her oder spä­ter immer wie­der an eine Gren­ze: zu wenig Flä­che, aus­ge­laug­te Böden. Auch die natür­li­chen Res­sour­cen sind begrenzt, wenn wir nicht sorg­sam mit ihnen umgehen.

Es führt daher kein Weg dar­an vor­bei: Wir müs­sen den Anbau von Ölpflan­zen umwelt- und sozi­al­ver­träg­li­cher machen, über­all und aus­nahms­los. Genau dar­an arbei­ten wir.

Wir kön­nen den Bedarf an Palm­öl um die Hälf­te senken!

Wir müs­sen aber nicht nur den Anbau ver­bes­sern, son­dern auch unse­re Kon­sum­ver­hal­ten. Und dar­an kann – das ist die gute Nach­richt — jeder Ein­zel­ne von uns mit­wir­ken. Wir könn­ten die Hälf­te des deut­schen Palm­öl­be­darfs durch ver­än­der­ten Kon­sum ein­spa­ren. Die Hälf­te! Und das kann jeder von uns beein­flus­sen. Durch ein­fa­che Kon­sum­entschei­dun­gen. Es ist viel­leicht ein biss­chen abs­trakt, aber so trägst Du zur Palm­öl­re­duk­ti­on bei.

Kon­kret heißt das:

  • weni­ger Süßes und Fet­ti­ges. Klingt schwie­rig, aber wir essen dop­pelt so viel Scho­ko­la­de wie ande­re Euro­pä­er – und allein 1,5 Kilo Nutel­la und Co pro Kopf im Jahr. Da geht viel­leicht doch ein biss­chen weni­ger. Das kommt nicht nur Gesund­heit zugu­te, son­dern auch dem Regenwald.
  • Fri­sche Lebens­mit­tel statt Fer­tig­zeug — und weni­ger, dafür aber bes­se­res Fleisch. War­um? Acht Pro­zent des Palm­öls lan­den in Deutsch­land in den Fut­ter­trö­gen der kon­ven­tio­nel­len Intensivtierhaltung.
  • Kein Regen­wald mehr in den Tank: Palm­öl muss aus raus den Bio­kraft­stof­fen. Alter­na­ti­ve ist nicht wie­der Erd­öl, son­dern die kon­se­quen­te Redu­zie­rung des Ener­gie­be­darfs. Das heißt im Gro­ßen Ver­kehrs­ver­mei­dung und Effi­zi­enz­stei­ge­run­gen. Aber auch Du kannst zu palm­öl­ar­mem Ver­kehr bei­tra­gen: Fahr­rad statt Auto, Schie­ne statt Stra­ße und Video­kon­fe­renz statt Geschäfts­rei­se – was dann auch wie­der der Gesund­heit und dem Regen­wald gut tut.
  • Wenn Dein Pro­dukt Palm­öl ent­hält, ach­te als Mini­mum auf eine RSPO-Zer­ti­fi­zie­rung. Ist Dir zu lasch? Dann kauf am bes­ten Bio. Damit ist die Belas­tung für die Umwelt noch gerin­ger, da Bio­palm­öl bei­spiels­wei­se auch ohne gefähr­li­che Pes­ti­zi­de auskommt.

Kein Palm­öl ist also auch kei­ne Lösung. Ich wür­de mir mei­ne Arbeits­welt auch gern ein­fa­cher machen und sagen: Boy­kot­tiert Palm­öl! Das wäre so schön ein­fach. Aber es funk­tio­niert lei­der nicht.

Des­we­gen: Ran an das Fett und jeden Tag ein biss­chen Palm­öl einsparen.

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Expertin für Palmöl, seit 2009 beim WWF Deutschland. Anfangs habe ich nicht verstanden, warum wir bei den Runden Tischen mitmachen. Aber bei Besuchen in den Produktionsländern habe ich gesehen, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen müssen. Manchmal frustrierend, weil alles viel zu langsam geht - aber wenn man auf einer guten Palmöl-Plantage steht, zerbrechen schon mal Feindbilder. Im Urlaub stecke ich den Kopf am liebsten beim Tauchen unter Wasser. Im Büro sorgt mein Hund Lotte für Entspannung.

Kommentare (12)

  • Also ich verzichte ganz auf Palmöl und das ist gar nicht so schwer.
    Was mir fehlt ist der Mut sich auch mal mit den Großunternehmen, Handelsketten etc. anzulegen.
    Ist der Bedarf nicht deshalb auch (eigentlich genau deswegen) so hoch, weil Palmöl zum kostengünstigen "strecken", "cremig machen" etc. genutzt wird?
    Wozu gibt es wohl von Rewe z.B. extra Salami mit Palmöl? Fett mit Fett, sehr sinnreich... brauchen tut das niemand.

    Wenn man sich da nicht ran traut, kann man es wenigstens benennen.
    Aber da traut sich da niemand ran, immerhin bietet einen vernünftigen, umsetzbaren Ansatz und habt euch nicht so verkauft wie Greenpeace in Frankreich. Die Zertifikate taugen übrigens alle nichts, da kann man zu jedem aus sicheren Quellen negatives im Web lesen.

  • Sehr differenzierter und lesenswerter Artikel. Die "Palmöl ist per se schlecht"-Parole wird nämlich zu häufig geschwungen. Deshalb gefallen mir die Lösungsansätze vermehrt auf Bio-Palmöl in Lebensmitteln achten (resp. diese fördern) und eine Ernährungsumstellung generell anzustreben (diesbezüglich würde ich sogar so weit gehen, als den Fleischkonsum ganz einzustellen - aber die Sache mit dem Soja[kraftfutter] ist ein anderes Problem).

  • Ach jaaa, mal checken in welcher Verbindung der WWF und die Palmölhersteller stehen, erstaunlich, was man da alles erfährt, und daß es dann ohne Palmöl nicht geht nach Einschätzung des WWF's, verwundert dann nicht mehr.

    • Hallo Kurt, wie würdest Du das Problem denn lösen? In unsere Studie steht, dass wir die Hälfte des Palmöls weniger konsumieren müssen – klingt nicht nach einer Idee der Industrie, oder? Und nein, wir sind dafür nicht von irgendwem bezahlt worden. Und ja, wir arbeiten mit Unternehmen zusammen, um deren Umwelt- und Sozialbedingungen zu verbessern. Hast Du eine bessere Idee?

      • Frau Petersen, mich wundert warum Sie bzw. der WWF halt zwar die Sache mit dem Biosprit beleuchtet (sehr gut und danke) und hier auch einen Verzicht fordern, jedoch ansonsten alles auf den Konsumenten schiebt und auch noch auf die Zertifikate die nichts bringen. Spätestens wenn das Palmöl aus halbwegs vertretbaren Verhältnissen beim Transport in den Tanks mit dem Palmöl aus schlechteren Verhältnissen gemischt wird. Oder wollen Sie behaupten das kommt getrennt in die Tanks? Klar unterstützt man das jeweilige Zertifikat und man kann sich das beste raussuchen, aber kaufen tut man irgendein Palmöl. Was mir halt aber am meisten fehlt ist die Forderung, oder wenigstens die Benennung (beim Biosprit ging es ja auch) von weiteren Palmölverschwenungen die unnötig sind, wie mein Beispiel mit Palmöl in Salami der Rewe Hausmarke. Es gibt zig solcher Beispiele. Warum dann auch niemand die EFSA Studie nutzt, ist mir ebenfalls ein Rätsel. 15 mg Nutella sorgen (wegen dem Palmöl) dafür, dass ein Kind 90% der Giftstoffe zu sich nimmt, die es zu sich nehmen darf, danach wird es Erbgutschädigend, Krebserregend und Organschädigend für das Kind. Das diese Studie nicht genutzt wird bzw. eher von Organisationen wie Netzfrauen und Greenpeace in Frankreich sogar noch einen Kniefall vor der Palmölindustrie macht, lässt für mich nur den Schluss zu, dass die Umweltorganisationen teilweise Angst haben, oder im Falle von Greenpeace teilweise gekauft sind. Sie können aber gerne Gegenargumente bringen, warum diese Studie nicht genutzt wird Frau Petersen, ich werde daraus nicht schlau.

  • Lucy schreibt: Hallo, liebe Leute, wir kommen irgendwann nicht darum herum, das Problem Überbevölkerung anzugehen. Auch in der BRD dürfen die Geburtenzahlen gern noch sinken; das Geschrei, dass die Rentenzahlungen dadurch in Gefahr geraten, ist Humbug. Eine minimale Reichensteuer und das Einbeziehen von Beamten und Selbständigen in das gesetzliche Rentensystem - und das Problem Renten ist gelöst. Das Argument, dass das Wirtschaftswachstum in Gefahr ist durch weniger Kinder (und weniger Fachkräfte) stimmt zwar, aber die meisten Zukunftsforscher seit dem Club of Rome warnen vor eben diesem weiteren Wachstum und vor der dadurch bedingten weiteren Ausbeutung der Ressourcen.

    • Da haben Sie recht, aber was hier in dem Artikel auch (noch) fehlt ist mal zu erwähnen, wie viel unnötige Überproduktion vorherscht. Es wird immer davon geredet wieviel weggeschmissen wird. Das ist auch ein Problem, aber von wem wird denn das meiste weggeschmissen? Wollen wir mal in die Müllcontainer der Supermärkte schauen? Außerdem, brauchen wir wirklich Produktpaletten die einen förmlich erschlagen? Ich brauche keine 500 verschiedenen Schokladensorten, zig Margarine / Buttervarianten etc.

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