Indo­ne­si­en: Auf der Suche nach dem Tigerkaninchen

Kein Tigerkaninchen, sondern Koboldmaki © Arnulf Koehncke / WWF

Nach den trau­ri­gen Nach­rich­ten zum Tod des Patrouil­len­ele­fan­ten Yongki kom­me ich jetzt end­lich dazu, von den posi­ti­ven und ein­drucks­vol­len Sei­ten mei­ner Rei­se nach Indo­ne­si­en zu erzäh­len. Auf die­ser indo­ne­si­schen Insel war ich vor eini­gen Wochen auf Rei­sen für den WWF, um ein Pro­jekt zu Wald­schutz und Suma­tra-Nas­horn­schutz im Bukit Bari­san Sela­tan Natio­nal­park zu pla­nen. Die­ser Park liegt ganz im Süden der fast 1800 Kilo­me­ter lan­gen Insel und beher­bergt noch hoch bedroh­te Arten und Unter­ar­ten, die es nur auf Suma­tra gibt, wie den Suma­tra-Ele­fant, den Suma­tra-Tiger und das Suma­tra-Nas­horn.

Das sehr, sehr sel­te­ne Tigerkaninchen

Die Pla­nung und Vor­be­rei­tung eines gro­ßen Pro­jekts brin­gen immer vie­le Mee­tings mit sich. So ver­brin­ge ich sehr viel Zeit in inten­si­ven Dis­kus­sio­nen in geschlos­se­nen Räu­men und sehe Indo­ne­si­en oft nur aus dem fah­ren­den Auto oder durchs Büro­fens­ter. An einem Abend die­ser Rei­se hat­ten wir aber etwas Beson­de­res vor. Mit Stirn­lam­pen aus­ge­rüs­tet woll­ten wir durch den nächt­li­chen Regen­wald strei­fen auf der Suche nach dem Suma­tra-Kanin­chen. Mit sei­nen Strei­fen erin­nert die­ses außer­ge­wöhn­li­che Nage­tier ein biss­chen an einen Tiger. Nur ist es noch sel­te­ner. Und viel weni­ger bekannt – lan­ge kann­te man nur tote Exem­pla­re aus Muse­en und eini­ge Fotos auf Kame­ra­fal­len. Hier im Natio­nal­park ken­nen die Ran­ger der indo­ne­si­schen Nas­horn­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on YABI  aber sogar den Ort eines Baus des Tigerkaninchen.

Wenn die Spin­nen­au­gen leuchten…

Auch kein Tiger­ka­nin­chen © Arnulf Koehncke/WWF

Ein klei­nes Stück fuh­ren wir durch den Wald auf der Lade­flä­che eines Pick-up, dann ging es zu Fuß wei­ter auf engen Pfa­den durch das dich­te Unter­holz. Ein­drucks­voll, wie sich der Blick ver­engt, wenn man nur die Din­ge im Kegel der eige­nen Stirn­lam­pe erkennt. Die Geräu­sche wer­den lau­ter, und nach kur­zer Gewöh­nung fängt man an, Din­ge zu ent­de­cken. Von über­all spie­geln klei­ne, steck­na­del­kopf­gro­ße Punk­te das Licht der Lam­pen zurück. Genaue­res Hin­se­hen zeigt: Es sind die Augen von Spin­nen, die hier des Nachts auf Beu­te lau­ern. Man­che leuch­ten grün, ande­re rot oder auch weiß. Tags­über hät­te man die­se unglaub­lich gut getarn­ten Tie­re nie­mals gefun­den, aber nachts ver­ra­ten sie sich sofort.

Wel­cher Hirsch kann das behaupten?

Auch kein Tiger­ka­nin­chen, aber ein Mäu­se­hirsch! © Arnulf Koehncke/WWF

Ein klei­nes Stück wei­ter schnalzt einer der Ran­ger plötz­lich lei­se aber deut­lich mit der Zun­ge und winkt uns zu sich her­an. Im Licht sei­ner Lam­pe spie­geln sich zwei gro­ße Augen, nur eini­ge Hand­breit über dem Wald­bo­den. Für einen kur­zen Moment den­ken wir, wir haben das Kanin­chen gefun­den. Aber dann sehen wir: Es ist ein Klein­kant­schil. Mit nur 30 Zen­ti­me­tern Schul­ter­hö­he und etwa zwei Kilo Gewicht heißt die­se kleins­te Hirsch­art der Welt auf Eng­lisch tref­fen­der­wei­se Mou­se Deer, also Mäu­se­hirsch. Bis­her kann­te ich die­ses exo­ti­sche Tier nur aus dem Zoo und freue mich umso mehr, es jetzt hier in Indo­ne­si­en “in echt” vor mir zu haben. Denn wel­che Hirsch­art kann schon von sich behaup­ten, dass man sie mit einem Kanin­chen ver­wech­seln kann?

Über­ra­schung im Unterholz

Nach­dem das Kant­schil dann doch schnell weg­ge­lau­fen war – Hir­sche sind doch ziem­lich scheue Tie­re, auch klei­ne Hir­sche – ging es wie­der wei­ter durch den nächt­li­chen Wald. Wei­ter auf der Suche nach reflek­tie­ren­den Augen im Stirn­lam­pen­licht. Umso grö­ßer war die Über­ra­schung als mich plötz­lich aus nur zwei Metern Ent­fer­nung zwei gro­ße brau­ne Augen neu­gie­rig anguck­ten, und das ganz ohne auf­fäl­li­ge Reflek­tio­nen. Ein Kobold­ma­ki saß da im Unter­holz und guck­te uns genau­so neu­gie­rig an wie wir ihn. Und, was ich vor­her nicht wuss­te, die Augen von Kobold­ma­kis wer­fen das Licht eben nicht zurück. In den nächs­ten fünf Minu­ten haben wir dann alle in Ruhe die­sen klei­nen Affen ange­schaut, bevor wir ihn wie­der sei­ner nächt­li­chen Insek­ten­jagd überließen.

Bald danach muss­ten wir dann lei­der zurück zur Stra­ße und zu unse­rem Auto. Denn an die­sem Abend woll­ten wir noch eini­ge Stun­den fah­ren, um am nächs­ten Mor­gen am rich­ti­gen Ort für die nächs­ten Pla­nungs­mee­tings für unser Pro­jekt zu sein. Mit dem mys­te­riö­sen Tiger­ka­nin­chen wur­de es die­ses Mal also lei­der nichts. Aber der Kobold­ma­ki war für mich ein mehr als guter Ersatz – wirk­lich eine Begeg­nung, an die ich noch lan­ge den­ken wer­de. Und das Kanin­chen kann ich beim nächs­ten Besuch wie­der suchen; viel­leicht habe ich dann mehr Glück.

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Ich bin Ökologe und leite den Fachbereich Artenschutz beim WWF Deutschland. Seitdem ich vor einiger Zeit mal für knapp ein Jahr in Kambodscha gelebt und gearbeitet habe, bin ich von der Region Südost-Asien, seinen Menschen und seiner Natur fasziniert. Inzwischen arbeite ich allgemeiner an den Herausforderungen, bedrohte Arten zu schützen und dabei Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung besser miteinander vereinbar zu machen. Meine Hauptarbeitsthemen sind Wilderei und der Handel mit illegalen Wildartenprodukten, vor allem Elfenbein und Nashornhorn. Gleichzeitig arbeite ich zum Schutz solcher bedrohter und ikonischer Arten wie den großen Menschenaffen, dem Eisbär, dem Großen Panda oder dem Sumatra-Nashorn.

Kommentare (5)

  • Woooow das sieht aber echt verdammt süß aus, das Tigerkaninchen, will mir auch ein Kaninchen demnächst anschaffen, denke aber, dass ich so ein süßes Kaninchen wie das Tigerkaninchen nicht bekommen werde! *Lach LG Marie

  • Toller Artikel über das Tigerkaninchen! Finde ich auch sehr süß. Danke für die tollen Beiträge! Weiter so!

  • Hallo und vielen Dank, dass du uns an deiner Reise teilhaben lässt! Ich war "leider" bisher nur auf Bali und merke immer wieder, dass ich deshalb von Indonesien noch lange lange nicht alles gesehen habe. Dein Bericht macht auf jeden Fall Laune auf einen Road- bzw. Rollertrip durch das Land. Freu mich auf deinen nächsten Bericht - und viel Erfolg bei der Kaninchensuche ;-)

  • Kaninchen sind keine Nagetiere sondern Hasenartige und Tigerkaninchen fressen vermutlich nur Fruchtfleisch. Aber auf den Fotos sind doch wohl nur andere Tiere, wie wäre es denn mal mit Archivaufnahmen vom Gemüsemörder?

  • Die sind ja wirklich süß diese Kaninchenart. Eine sehr spannende Geschichte mit diesem "mysteriösen" Tiegerkaninchen. Das ganze klingt ja schon fast wie ein Krimi. Ich liebe Kaninchen und habe selber viele daheim.

    Viele Grüße

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