Fleisch mit gemisch­ten Gefühlen

Bio Schwein: So kann ein Schweineleben aussehen – mit Auslauf, unkupiertem Schwanz und überwiegend regional erzeugtem Futter © Markus Wolter / WWF Deutschland

€ 1,39 prangt auf dem Preis­schild – der Preis für ein Kilo gemisch­tes Hack­fleisch, ent­deckt vor eini­gen Tagen im Dis­coun­ter. Was für ein Schnäpp­chen. Schnell zugrei­fen? Bit­te nicht! Für die­sen Preis ist ein Fer­kel von einer Sau gebo­ren wor­den und von Men­schen­hand auf­ge­zo­gen, getränkt, gefüt­tert, unter­ge­bracht, gemäs­tet und nach etwa 100 Tagen geschlach­tet worden.

Gemü­se dop­pelt so teu­er wie Fleisch?

Etwa dop­pelt so teu­er sind – ratet mal? Zum Bei­spiel Erb­sen. Das hoch­wer­ti­ge Gemü­se lie­fert nicht so vie­le Pro­te­ine, aber viel Eisen und kos­tet etwa € 2,20 pro Kilo im Super­markt. Erb­sen wur­den gesät, gedüngt, gegos­sen, behan­delt und dann geern­tet – und kön­nen dann direkt ver­zehrt wer­den. Und das alles kos­tet dop­pelt so viel, wie ein Lebe­we­sen schlacht­reif zu mästen?

Oder so: Kon­ven­tio­nel­le Schwei­ne auf Voll­spal­ten, mit kupier­tem Schwanz und meist mit Gen- Soja aus Über­see © Mar­kus Wol­ter / WWF Deutschland

Nein, eigent­lich müss­te das Hack­fleisch ein Viel­fa­ches von dem Preis kos­ten, um die wah­ren Kos­ten allei­ne für die Bau­ern abzu­bil­den, geschwei­ge denn für die Umwelt. Aber kei­ne die­ser Kos­ten wer­den der­zeit bezahlt. So hat der Land­wirt kei­nen Spiel­raum für mehr Qua­li­tät in der Füt­te­rung oder Tier­hal­tung. Will er wirt­schaft­lich arbei­ten, muss er die güns­tigs­te Hal­tungs­va­ri­an­te (Voll­spal­ten­bo­den, Stall­hal­tung ohne Stroh, mit so vie­len Schwei­nen pro Qua­drat­me­ter wie gesetz­lich erlaubt) und das preis­op­ti­mier­te Fut­ter (als Eiweiß­trä­ger der­zeit vor allem gen­tech­nisch ver­än­der­tes Soja aus Süd­ame­ri­ka) wäh­len, um nicht noch mehr drauf zu zah­len. Die­se Preis­ge­stal­tung hat zu einem Ver­fall der Pro­zess-Qua­li­tät geführt, wie das Schwein gefüt­tert und gehal­ten wur­de. Für jedes ein­zel­ne Tier ist die­se Hal­tungs­wei­se ein täg­li­cher Alb­traum und für den Land­wirt eine wirt­schaft­li­che Notlage.

Was tun?

Referent für Agrarrohstoffe und Tierhaltung beim WWF Deutschland. Landwirtschaft prägt mein Leben. Mich fasziniert dabei, dass es die weltweit einzige Wirtschaftsweise ist, die dank der Photosynthese in der Lage ist mehr zu erzeugen, als sie verbraucht. Und das mit der Natur und nicht gegen sie - das ist wahre Nachhaltigkeit! Ich bin Landwirt, Entwicklungshelfer, landwirtschaftlicher Berater, Einkäufer für Bio-Ölsaaten gewesen und jetzt Projektleiter für nachhaltigere Nutztierfütterung. -Markus hat den WWF inzwischen verlassen-

Kommentare (1)

  • Massentierhaltung ist grundsätzlich abzulehnen. Klein- und Mittelstandsbauern können nicht mehr existieren. Und haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viele Kilometer die Tiere bis zum nächsten Schlachthof zurücklegen müssen ?
    Das hat alles nichts mehr mit dem Tierschutz zu tun. Die Nutztierhaltung, egal ob Hühner, Kühe, Schweine etc. und deren Behandlung ist - im so toleranten Deutschland - unter aller Sau. Wo bleiben da WWF, IFAW, und ähnliche Institutionen ? Vermutlich kein Interesse, da damit keine Spendengelder zu akquirieren sind. Und die Gesetzgeber kuschen vor der mächtigen Lobby.

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