Euro­pa­wahl: Was die EU bei den metal­li­schen Roh­stof­fen tun muss

Metallische Rohstoffe werden zu fast 100 Prozent nach Deutschland importiert CC0 by by 贝莉儿 NG https://unsplash.com/photos/8Gg2Ne_uTcM

Wir alle nut­zen jeden Tag Metal­le. Die Cola-Dose, das Fahr­rad, den Auf­zug und und und. Und wir alle haben auch irgend­wie ver­stan­den, dass wir dafür Roh­stof­fe brau­chen. Woher die kom­men inter­es­siert aber anschei­nend nur weni­ge. Obwohl sie öko­lo­gisch ver­hee­ren­de Fol­gen haben kön­nen- und sogar Krie­ge auslösen.

In Deutsch­land impor­tie­ren wir mit 99,7 Pro­zent fast alle metal­li­schen Roh­stof­fe. Bau­xit, das Erz aus dem Alu­mi­ni­um her­ge­stellt wird, kommt zu 95 Pro­zent aus Gui­nea. Von den enor­men Umwelt- und Sozi­al­fol­gen vor Ort bekom­men wir nichts oder nur sehr wenig mit.

Seit dem ich das The­ma für den WWF Deutsch­land und auch Inter­na­tio­nal bear­bei­te, fra­ge ich auf Work­shops, Kon­fe­ren­zen und in Publi­ka­tio­nen immer wie­der: Wir wis­sen mitt­ler­wei­le woher unse­re Bana­nen kom­men, aber woher die Roh­stof­fe für unse­re Löf­fel, Autos oder Häu­ser? Qua­si unbe­kannt. Wor­an liegt das?

War­um wir alles über Bana­nen, aber nichts von Rohstoffen?

Klar, zum einen liegt das dar­an, dass wir Bana­nen, aber kei­nen Stahl essen. Der Markt von Bana­nen ist ein kom­plett ande­rer als der von Stahl oder Alu­mi­ni­um. Kaum einer hat mit eige­nen Augen gese­hen wie Gold, Eisen­erz oder Kobalt abge­baut wird und wel­che kata­stro­pha­len Aus­wir­kun­gen das haben kann. Es braucht schein­bar Kata­stro­phen wie in Bra­si­li­en, als ein Damm in einer Eisen­erz-Mine brach und wahr­schein­lich 400 Men­schen in den Tod riss. Die Umwelt wur­de auf Jahr­zehn­te kon­ta­mi­niert. Dann kam das The­ma auf die media­le Agenda.

Woher kom­men unse­rer Roh­stof­fe? © iStock / Get­ty Images

Die EU schaut beim The­ma Metal­le nicht genau genug hin. Höchs­te Prio­ri­tät hat für die EU die Roh­stoff­si­cher­heit. Umwelt­aus­wir­kun­gen vor Ort spie­len in der Bewer­tung von Risi­ken kei­ne Rol­le. In der Lis­te der kri­ti­schen Roh­stof­fe wer­den auf der x und y Ach­se nur die Aspek­te “eco­ni­mic importance“ und „sup­p­ly risk“  beschrie­ben. Wo sind da Umwelt­ri­si­ken, wo sind da Menschenrechte?

Roh­stof­fe: Die EU schaut nicht rich­tig hin

Das ist kurz­sich­tig. Gera­de Bra­si­li­en zeigt doch, wel­che Risi­ken auch für euro­päi­sche Unter­neh­men ent­ste­hen. Und zwar repu­ta­tiv, regu­la­tiv und phy­sisch. Im Sep­tem­ber 2017 warn­te Norsk Hydro sei­ne Kun­den vor Bau­xit-Lie­fer­eng­päs­sen, nach­dem es auf­grund des tro­cken­heits­be­ding­ten Was­ser­man­gels zu Pro­ble­men an der bra­si­lia­ni­schen Bau­xit­mi­ne Minera­ção Rio do Nor­te gekom­men war. Aber solch ein Risi­ko wird in der EU nicht mitgedacht.

Unter­neh­men und Poli­tik müs­sen ver­ste­hen, dass Umwelt- und Sozi­al­stan­dards und ihre Ein­hal­tung kein Gedöns, son­dern unab­ding­bar für wirt­schaft­li­chen Erfolg sind.

Die EU muss ihren Blick auf Roh­stof­fe ändern – und handeln

Als Poli­to­lo­ge wede­le ich immer mit der Trumpf­kar­te, dem Ord­nungs­recht. Die EU ist der wich­tigs­te Akteur, um die Sozi­al- und Umwelt­aus­wir­kun­gen in den Export­län­dern zu mini­mie­ren. In der EU wird ab 2021 die soge­nann­te Kon­flikt­mi­ne­ra­li­en­ver­ord­nung für alle Mit­glieds­län­der verpflichtend.

Hier­mit soll sicher­ge­stellt wer­den, dass die EU-Impor­teu­re von Zinn, Wolf­ram, Tan­tal und Gold ver­ant­wor­tungs­vol­le inter­na­tio­na­le Beschaf­fungs­stan­dards ein­hal­ten, die von der Orga­ni­sa­ti­on für wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung (OECD) fest­ge­legt wur­den. Zudem die Ver­bin­dung zwi­schen Kon­flik­ten und dem ille­ga­len Abbau von Mine­ra­li­en zer­schla­gen werden.

Das ist ein guter Anfang, aber auch hier gibt es lei­der vie­le Lücken. Etwa wel­che Kon­se­quen­zen für Unter­neh­men ent­ste­hen, die die­se nicht ein­hal­ten. Und was bedeu­tet Kon­flikt-Mine­ra­li­en? War­um sind nur die­se vier Roh­stof­fe Kon­flikt­mi­ne­ra­li­en? Mir fal­len da in Bezug auf Umwelt- und Men­sch­rechts­kon­flik­te eini­ge ande­re ein, wie zum Bei­spiel Kobalt, Sel­te­ne Erden, Col­tan etc.

Was wir von der EU wollen:

  • ein­deu­ti­ge sozia­le und öko­lo­gi­sche Kri­te­ri­en für den Import mine­ra­li­scher Res­sour­cen in die EU
  • eine recht­lich ver­bind­li­che Ver­ord­nung, die von euro­päi­schen Unter­neh­men und EU-Behör­den die Ein­hal­tung der Richt­li­nie verlangt
  • Auf­nah­me von wei­te­rer Roh­stof­fen in die EU-Ver­ord­nung zu Konfliktmineralien
  • öko­lo­gi­sche und sozia­le Aspek­te in der EU-Roh­stoff­stra­te­gie berück­sich­ti­gen bzw. in die Lis­te Lis­te kri­ti­scher Roh­stof­fe aufnehmen

Eben­so wie in vie­len Berei­chen der Poli­tik bedarf es eines gemein­sa­men Han­delns und nicht eige­ner natio­nal­staat­li­cher Allein­gän­ge. Gemein­sam ist man immer stärker!

Globaler Leiter für das Thema Bergbau und metallische Rohstoffe und seit neun Jahren beim WWF. Immer noch enthusiastisch, dass ein Leben in den Planetaren Grenzen der Erde möglich ist und keine Phantasie. Wie bei allen anderen großen gesellschaftlichen Themen geht das aber nur, wenn soziale Gerechtigkeit und Wohlstand nicht als Widerspruch, sondern als die unabdingbare Lösung gesehen werden. Lasst uns weiterkämpfen!
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