Wir alle nutzen jeden Tag Metalle. Die Cola-Dose, das Fahrrad, den Aufzug und und und. Und wir alle haben auch irgendwie verstanden, dass wir dafür Rohstoffe brauchen. Woher die kommen interessiert aber anscheinend nur wenige. Obwohl sie ökologisch verheerende Folgen haben können- und sogar Kriege auslösen.
In Deutschland importieren wir mit 99,7 Prozent fast alle metallischen Rohstoffe. Bauxit, das Erz aus dem Aluminium hergestellt wird, kommt zu 95 Prozent aus Guinea. Von den enormen Umwelt- und Sozialfolgen vor Ort bekommen wir nichts oder nur sehr wenig mit.
Seit dem ich das Thema für den WWF Deutschland und auch International bearbeite, frage ich auf Workshops, Konferenzen und in Publikationen immer wieder: Wir wissen mittlerweile woher unsere Bananen kommen, aber woher die Rohstoffe für unsere Löffel, Autos oder Häuser? Quasi unbekannt. Woran liegt das?
Warum wir alles über Bananen, aber nichts von Rohstoffen?
Klar, zum einen liegt das daran, dass wir Bananen, aber keinen Stahl essen. Der Markt von Bananen ist ein komplett anderer als der von Stahl oder Aluminium. Kaum einer hat mit eigenen Augen gesehen wie Gold, Eisenerz oder Kobalt abgebaut wird und welche katastrophalen Auswirkungen das haben kann. Es braucht scheinbar Katastrophen wie in Brasilien, als ein Damm in einer Eisenerz-Mine brach und wahrscheinlich 400 Menschen in den Tod riss. Die Umwelt wurde auf Jahrzehnte kontaminiert. Dann kam das Thema auf die mediale Agenda.
Die EU schaut beim Thema Metalle nicht genau genug hin. Höchste Priorität hat für die EU die Rohstoffsicherheit. Umweltauswirkungen vor Ort spielen in der Bewertung von Risiken keine Rolle. In der Liste der kritischen Rohstoffe werden auf der x und y Achse nur die Aspekte “econimic importance“ und „supply risk“ beschrieben. Wo sind da Umweltrisiken, wo sind da Menschenrechte?
Rohstoffe: Die EU schaut nicht richtig hin
Das ist kurzsichtig. Gerade Brasilien zeigt doch, welche Risiken auch für europäische Unternehmen entstehen. Und zwar reputativ, regulativ und physisch. Im September 2017 warnte Norsk Hydro seine Kunden vor Bauxit-Lieferengpässen, nachdem es aufgrund des trockenheitsbedingten Wassermangels zu Problemen an der brasilianischen Bauxitmine Mineração Rio do Norte gekommen war. Aber solch ein Risiko wird in der EU nicht mitgedacht.
Unternehmen und Politik müssen verstehen, dass Umwelt- und Sozialstandards und ihre Einhaltung kein Gedöns, sondern unabdingbar für wirtschaftlichen Erfolg sind.
Die EU muss ihren Blick auf Rohstoffe ändern – und handeln
Als Politologe wedele ich immer mit der Trumpfkarte, dem Ordnungsrecht. Die EU ist der wichtigste Akteur, um die Sozial- und Umweltauswirkungen in den Exportländern zu minimieren. In der EU wird ab 2021 die sogenannte Konfliktmineralienverordnung für alle Mitgliedsländer verpflichtend.
Hiermit soll sichergestellt werden, dass die EU-Importeure von Zinn, Wolfram, Tantal und Gold verantwortungsvolle internationale Beschaffungsstandards einhalten, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) festgelegt wurden. Zudem die Verbindung zwischen Konflikten und dem illegalen Abbau von Mineralien zerschlagen werden.
Das ist ein guter Anfang, aber auch hier gibt es leider viele Lücken. Etwa welche Konsequenzen für Unternehmen entstehen, die diese nicht einhalten. Und was bedeutet Konflikt-Mineralien? Warum sind nur diese vier Rohstoffe Konfliktmineralien? Mir fallen da in Bezug auf Umwelt- und Menschrechtskonflikte einige andere ein, wie zum Beispiel Kobalt, Seltene Erden, Coltan etc.
Was wir von der EU wollen:
- eindeutige soziale und ökologische Kriterien für den Import mineralischer Ressourcen in die EU
- eine rechtlich verbindliche Verordnung, die von europäischen Unternehmen und EU-Behörden die Einhaltung der Richtlinie verlangt
- Aufnahme von weiterer Rohstoffen in die EU-Verordnung zu Konfliktmineralien
- ökologische und soziale Aspekte in der EU-Rohstoffstrategie berücksichtigen bzw. in die Liste Liste kritischer Rohstoffe aufnehmen
Ebenso wie in vielen Bereichen der Politik bedarf es eines gemeinsamen Handelns und nicht eigener nationalstaatlicher Alleingänge. Gemeinsam ist man immer stärker!