Isabel und Melati haben den Kampf gegen Plastiktüten auf Bali aufgenommen — und geschafft, was kein Erwachsener versucht hat!
Verschwitzt drücke ich mich in den Schatten am Rand einer schmalen Straße. Es ist früh am Nachmittag und heute sehr schwül auf der indonesischen Insel Bali. Das Örtchen Pererenan wirkt verschlafen. Vor einem kleinen Geschäft sitzen drei Männer in traditioneller Kleidung. Sie winken, meinen aber nicht mich, sondern zwei Mädchen, die gerade die Ladenbesitzerin hinter ihrer bunt voll gehängten Theke ansprechen.
Leider verstehe ich kein Balinesisch. Doch was die drei Männer vor dem Laden anerkennend raunen, ist klar: „Ah! Bye Bye Plastic Bags.“ – Tschüss Plastiktüten.
Ob du durch die Reisfelder nach Hause läufst, ob du schwimmen gehst oder surfen: Immer ist überall Plastikmüll um dich herum. (Melati Wijsen)
Zwei, die Plastiktüten nicht mehr wollten
Wegen der beiden Mädchen bin ich hier in Pererenan! Es sind die Schwestern Melati und Isabel, die mit ihrem genauso entschlossenen wie geschickten Kampf gegen den Plastikmüll weltweit schon in jüngsten Jahren einige Bekanntheit erlangt und geschafft haben, was kein Erwachsener vor ihnen überhaupt versucht hat: Plastiktüten sollen bis zum nächsten Jahr komplett aus ihrer Heimat Bali verbannt werden.
Eine Revolution gegen Plastiktüten starten — mit gerade einmal zehn Jahren
Vier Jahre ist es nun her, dass die Schwestern – inspiriert durch ein Schulthema — ihre Initiative Tschüss Plastiktüten (Bye Bye Plastic Bags - BBPB) gründeten. Die Jüngere, Isabel, war damals erst zehn Jahre alt: „In der Schule ging es um Menschen, die die Welt verändert haben, wie Nelson Mandela. Auf dem Weg nach Hause haben wir überlegt, was wir als Kinder hier und jetzt tun können.“
Das ist unsere Insel. Wir wissen, dass sie in Plastik ertrinkt. Und es liegt an uns, das zu ändern.
Wenn der Plastikmüll nicht im Meer bleibt
Man sieht an Balis Stränden, was man an anderen Orten wesentlich leichter verdrängen kann: Gerade zur Regenzeit spuckt das aufgewühlte Meer den Plastikmüll haufenweise wieder aus. „Ein Nein zu Plastiktüten ist der erste und einfachste Schritt!” Melati spricht die ganze Zeit voller Überzeugungskraft. “Es ist wie ein Aufwärmen für die Veränderung, die dringend passieren muss.“
Einen Nerv getroffen
Gleich mit ihrer ersten Idee, einer Online-Petition, erreichen die beiden Mädchen aus Bali innerhalb einer Nacht 6000 Menschen auf der ganzen Welt. „Das war einer der Momente, in denen uns klar wurde, jetzt gibt es kein Zurück mehr!“ Von nun an trommeln Melati und ihre Schwester für ihre Idee wo sie nur können. Sie sprechen auf Jugend-Konferenzen, an Schulen, auf Märkten und Festivals und erlangen durch einen beeindruckenden TED-Talk weitere internationale Aufmerksamkeit.
Wir wollen mehr sein als eine Inspiration. Schließlich geht es um die Welt, die wir gerade beginnen zu übernehmen!
Hungerstreik bis zum Gouverneur
„Wir möchten ernstgenommen und in politische Entscheidungen einbezogen werden.“ Melati und ihre Schwester sind bereit, einiges für diesen Wunsch zu tun. Um Gehör bei ihrer Regierung zu finden, treten die beiden 2014 sogar in einen Hungerstreik. Nach nur zwei Tagen werden sie zu Balis Gouverneur gebeten. Viele Gespräche folgen und schließlich unterschreibt Balis Regierung die Vereinbarung, Plastiktüten ab 2018 komplett von der Insel zu verbannen.
Jetzt wissen Isabel und Melati ein Team von bis zu 40 Jugendlichen hinter sich. Inzwischen sprechen sie auf internationalen Kongressen wie der gerade laufenden UN-Meereskonferenz in New York und mit Politikern wie UN-Umweltprogrammchef Erik Solheim. Inzwischen helfen sie Jugendlichen auf der ganzen Welt, ihre Heimatorte ebenfalls vom Plastikmüll zu befreien.
Zurück in Pererenan
„Manche dieser kleinen Geschäfte geben im Monat 200 Euro für Plastiktüten aus!“ Isabel verschwindet hinter einem Regal mit Mückenschutzmitteln. Wir sind im „Pilot-Dorf“ im Südwesten Balis: Hier verteilen Isabel, Melati und ihr Team jeden Samstag hunderte gespendete Taschen aus Stoff und Papier an Geschäfte, um eine Alternative zu Plastiktüten zu schaffen.
Einer der Ladenbesitzer posiert stolz mit den Jugendlichen für ein Foto. Nicht alle reagieren so, gerade die großen Warenhäuser wollen noch nicht auf Plastik verzichten. Doch Melati lässt sich dadurch nicht entmutigen: „Nennt es jugendliche Naivität. Aber ich denke, die Zeit für Veränderung war nie besser als jetzt!“
„Eines der gefährlichsten Dinge heutzutage ist die Mülltonne! Du wirfst deinen Müll hinein und dann? Aus den Augen, aus dem Sinn.
Dieses Diagramm ist das Ergebnis einer riesigen Aufräumaktion, Balis Biggest Beach Cleanup. Isabel, Melati und ihr Team mobilisierten in kürzester Zeit über 12.000 Freiwillige, die an nur einem Tag mehr als 43 Tonnen Müll an Balis Stränden sammelten. Ziel: Nicht nur das Aufräumen an sich, sondern auch ein beständiges Erregen von Aufmerksamkeit für Plastik als eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit. Ich bin froh, dass ich die Schwestern kennenlernen durfte. Danke, dass Ihr Euch so einsetzt!
Kommentare (4)
Ganz schön krass was es da so alles an Müll gibt. Wir sind auch seit einer längeren Zeit in Bali und haben hier bei ein paar Clean Ups mitgemacht. Zwar nicht direkt am Strand sondern in Ubud aber viel Müll gab es dort trotzdem. Ganz schön erschreckend.
Umso schöner daher, dass es Menschen wie die Mädels aus dem Beitrag gibt die dagegen etwas tun.
Liebe Grüße Lisa und Joy
Ich bin gerade unterwegs in Kambodscha und eine Initiative wie diese wäre auch hier dringend notwendig. Es sind weniger die Strände, die vom Plastik vermüllt sind als das Land selbst. Es gibt noch viel Armut und der Plastikmüll ist überall in erschreckendem Ausmaß zu finden. Großartige und unbedingt auch für dieses Land notwendige Aktion!
Ich verstehe nicht, dass nicht mehr gegen Plastik im Meer gemacht wird. Laut einer Studie kommen 90% des Plastiks aus Flüssen (https://www.nachhaltigkeit.org/umwelt/mikroplastik/) !!! Das kann man doch sicherlich effektiv unterbinden?
Lieber Tom, das stimmt, es muss noch viel mehr passieren. Eine weltweite, rechtlich bindende Konvention wäre ein wichtiger Schritt. Der WWF hat dazu eine Petition gestartet: wwf.de/stop-plastic/
Weltweit und vor allem in Südostasien, wo das Problem am größten ist, gibt es außerdem verschiedene Projekte, die jeweils auf die Situation vor Ort eingehen und versuchen, sie zu ändern.
Hier zum Beispiel ein Projekt auf Con Dao in Vietnam: wwf.de/plastikflut/con-dao-interview-mit-hinh-hue/
Und hier eine Übersicht: https://www.wwf.de/plastikflut/weltweite-wwf-plastikprojekte/
Die beiden Mädchen auf Bali hatten übrigens Erfolg, das versprochene Plastiktüten-Verbot wurde umgesetzt und es gibt in den Supermärkten KEINE Plastiktüten mehr. :-)
Liebe Grüße!