Alb­traum Ambrosia

Potenziell gefährlich: Ambrosia Entfernung in Schutzkleidung © Patrick Pleul/dpa-Report

Ambro­sia hieß in der Anti­ke das unsterb­lich machen­de, betö­ren­de Getränk der Göt­ter. Und tat­säch­lich duf­tet die Bei­fuß­blätt­ri­ge Ambro­sie, wenn man sie zer­reibt. Das ist aber bei ihr so gar nicht zu emp­feh­len. Die Ambro­sie schüt­tet stär­ke­re All­er­ge­ne aus als jede ande­re Pflan­ze in Deutsch­land. Sie löst beson­ders star­ken Heu­schnup­fen und Asth­ma aus. Sie wird immer häu­fi­ger. Das Bun­des­for­schungs­in­sti­tut für Kul­tur­pflan­zen (JKI) spricht von einem „ernst­zu­neh­men­den gesund­heit­li­chen Problem“.

Mil­lio­nen Men­schen lei­den unter Ambro­sia. Ten­denz steigend.

Die Ambro­sie ist ein Neo­phyt. Sie wur­de schon im 19. Jahr­hun­dert aus Ame­ri­ka nach Euro­pa ein­ge­schleppt. Seit Anfang der 1990er Jah­re bür­ger­te sich die unwill­kom­me­ne Pflan­ze ver­stärkt in wär­me­ren Gebie­ten ein, beson­ders im Ober­rhein­gra­ben, in der Lau­sitz und in Ber­lin. Der Kli­ma­wan­del hilft der Pflan­ze. Es gilt als sicher, dass sie sich wei­ter nach Nor­den und Nord­os­ten Euro­pas aus­brei­ten wird. Zahl der auf Ambro­sia Pol­len all­er­gi­schen Men­schen droht sich durch die wei­te­re Aus­brei­tung von der­zeit 33 Mil­lio­nen auf 77 Mil­lio­nen Men­schen zu erhö­hen.

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Die All­er­ge­ne der Ambro­sia kön­nen hef­ti­ge Rei­zun­gen der Atem­we­ge bis hin zu einem Asth­ma-Anfall aus­lö­sen. Ambro­si­en pro­du­zie­ren bis zu einer Mil­li­ar­de Pol­len pro Pflan­ze. Emp­find­li­che Men­schen reagie­ren aber schon ab fünf inha­lier­ten Pol­len­kör­nern mit Sym­pto­men. Wer die haa­ri­gen Stie­le berührt muss mit einer Kon­takt­all­er­gie rech­nen. Der Pol­len­flug setzt bei der Ambro­sia erst rela­tiv spät im Hoch­som­mer ein. Die Pol­len­sai­son ver­län­gert sich zudem bis Sep­tem­ber und Okto­ber. Die Wei­ter­ver­brei­tung der Ambro­sia droht dadurch zu einer Kos­ten­ex­plo­si­on im Gesund­heits­sek­tor zu führen.

In der Schweiz steht Ambro­sia auf einer Schwar­zen Lis­te beson­ders gefähr­li­cher Inva­siv­pflan­zen. Jeder Bür­ger ist ver­pflich­tet, iden­ti­fi­zier­te Pflan­zen zu besei­ti­gen und den Behör­den zu mel­den. Wer dem nicht nach­kommt, ris­kiert ein Buß­geld. In Deutsch­land gibt es kom­mu­na­le Bekämp­fungs­ak­tio­nen. Das Land Bran­den­burg leis­tet sich seit 2018 einen eige­nen Ambro­sia-Beauf­trag­ten. Ein Bünd­nis von Bür­ger­meis­tern aus der Lau­sitz for­dert ein mas­si­ves, koor­di­nier­tes Vor­ge­hen. Jeder jetzt zur Bekämp­fung ein­ge­setz­te Euro spa­re viel Geld in der Zukunft.

Neue Her­aus­for­de­rung: Stauden-Ambrosie

Auch in Ber­lin wur­de eine Koor­di­nie­rungs­stel­le geschaf­fen, der für zwei Jah­re rund 300.000 Euro zur Ver­fü­gung ste­hen. In Ber­lin hat­te sich die Ambro­sie schon Anfang des Jahr­tau­sends stark aus­ge­brei­tet. Das „Ber­li­ner Akti­ons­pro­gramm gegen Ambro­sia“ konn­te die ein­jäh­ri­ge Pflan­ze gut zurück­drän­gen. Unter ande­rem lie­fen aus­ge­bil­de­te Ambro­sia Scouts durch die Stadt. In den letz­ten Jah­ren brei­tet sich jedoch eine zwei­te, hart­nä­cki­ge­re Art auf Bau­stel­len, auf Bahn­däm­men, zwi­schen Geh­weg­plat­ten und auf Brach­flä­chen aus: die Stau­den-Ambro­sie. Die­se mehr­jäh­ri­ge Art ver­mehrt sich vor allem über ihre Wur­zel­spros­se. Das dau­er­haf­te Besei­ti­gen ist erheb­lich schwie­ri­ger, da beim Aus­rei­ßen meis­tens noch Wur­zel­res­te im Boden blei­ben. Eine ein­zi­ge Pflan­ze pro­du­ziert bis zu 60.000 win­zi­ge, höchst resis­ten­te Samen. Die blei­ben auch noch über Jahr­zehn­te keim­fä­hig. Die mehr­jäh­ri­ge Ambro­sia wuchern schnell Flä­chen mit 10.000 Pflan­zen zu. Guter Rat ist teuer.

Ein Pilot­pro­jekt und ers­te Ver­su­che zur Besei­ti­gung der Stau­den-Ambro­sie star­te­ten 2018 im Bezirk Trep­tow-Köpe­nick, wo sich Ambro­sia an den vie­len  Bau­stel­len aus­brei­tet. Der Boden ist zu gro­ßen Tei­len mit Ambro­sia-Samen ver­seucht. In Las­tern wird die Erde quer durch die Stadt gebracht, wan­dert von einer Bau­gru­be zur nächs­ten. Das hilft der Ambro­sia sich wei­ter zu verbreiten.

Der Senat hat die Bevöl­ke­rung um Mit­hil­fe gebe­ten. Online sol­len Fun­de Ambro­sia-Atlas kar­tiert und deren Besei­ti­gung in Ber­lin doku­men­tiert werden.

Ver­brei­tungs­ur­sa­che Vogelfutter

Tat­säch­lich wird es das Zurück­drän­gen der Ambro­sia nicht ohne die Bevöl­ke­rung gehen. Eine der wich­tigs­ten Ein­schlep­pungs­ur­sa­chen in Deutsch­land ist näm­lich Vogel­fut­ter, das unbe­ab­sich­tigt Ambro­si­en-Samen ent­hält. Ein gro­ßer Teil des hier­zu­lan­de ver­kauf­ten Vogel­fut­ters auf Basis von Son­nen­blu­men­ker­nen stammt aus Ungarn und ver­schie­de­nen ost­eu­ro­päi­schen Staa­ten. In Ungarn zählt die Ambro­sie bereits zu den vier wich­tigs­ten Unkraut­ar­ten. Bei der Ern­te kom­men fast unwei­ger­lich auch Ambro­si­en-Samen in die Son­nen­blu­men und damit in das Vogel­fut­ter. Und die aus den Vogel­fut­ter­stel­len her­ab­fal­len­den Samen kön­nen etwa in Gär­ten präch­tig gedeihen.

Was Du gegen Ambro­sia machen kannst:

1) Vogel­fut­ter ohne Ambro­sia kaufen

Beim Kauf des Vogel­fut­ters dar­auf ach­ten, dass kei­ne Ambro­sia ent­hal­ten ist – oft steht auf der Packung „100% frei von Ambrosia“.

2) Bit­te Fun­de melden!

Unter den Fut­ter­stel­len im Früh­jahr auf kei­men­de Pflan­zen ach­ten.  Im Juni beginnt die Pflan­zen in die Höhe zu schie­ßen. Dann ist sie gut zu erken­nen. Zuerst ähnelt sie Möh­ren­kraut, spä­ter dem Bei­fuß, sie hat jedoch grü­nen statt wei­ßen Blatt­un­ter­sei­ten. Die Blät­ter sind dop­pelt gefie­dert, der Stän­gel abste­hend behaart und oft rötlich.

Vie­le Bun­des­län­der haben Mel­de­stel­len für Ambro­sia ein­ge­rich­tet. Unsi­cher, ob es tat­säch­lich Ambro­sia ist, was da unter dem Vogel­häus­chen wächst? Dann hier nach­schau­en! Oder gleich die Ambro­sia Scout App her­un­ter­la­den, die her­vor­ra­gend hilft Ambro­sia zu erken­nen und zu bekämp­fen. Von der App kann man auch gleich sei­nen Fund im Ambro­sia Atlas eintragen.

3) Ambro­sia beseitigen

Wer Pflan­zen auf eige­nem Grund und Boden fin­det, kann selbst aktiv wer­den. All­er­gi­ker aber bit­te Fin­ger weg. Am bes­ten Ambro­si­en vor der Blü­te­zeit im Früh­jahr oder Früh­som­mer und immer mit­samt der Wur­zel aus­rei­ßen. Zur Sicher­heit nur mit Hand­schu­hen und Mund­schutz arbei­ten. Die Pflan­zen in einer Plas­tik­tü­te im Haus­müll und eben nicht auf dem Kom­post­hau­fen ent­sor­gen, da sich so Pol­len wei­ter­ver­brei­ten. Bit­te auch nicht ver­bren­nen! Die Fund­stel­le soll­te nach drei bis vier Wochen kon­trol­liert werden.

Wer einen Bestand von mehr als hun­dert Pflan­zen ent­deckt, soll­te ihn mel­den, damit die Pflan­zen fach­ge­recht ent­sorgt wer­den. Bit­te an das zustän­di­ge Land­rats­amt oder der Stadt­ver­wal­tung wenden.

Hast Du schon mal Ambro­sia ent­deckt? Schreib uns in den Kommentaren!

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Journalist und jetzt Redakteur beim Panda - weil unverändert überzeugt, dass wir Menschen es besser hinkriegen können. Noch immer optimistisch mit guten Vorsätzen.

Kommentare (4)

  • Albtraum Unverstand !!!

    Nicht die Natur, nicht ein Pflanze ist der Alptraum! Der Alptraum ist unsere menschliche Unvernunft und Unbewusstheit, die wir nicht einmal hinterfragen (oder vielleicht gar nicht hinterfragen sollen ?!!)

    Die Ursache unserer unendlichen Allergien (nicht nur gegen diese eine Pflanze) hat wohl den Ursprung viel mehr in der Lebensweise, im Konsum von unbegrenzten Mengen völlig falscher und raffinierter "Nahrung"
    Hormonfleisch, Getreideprodukte aller Arten und Milchprodukte, bis zur völligen Unerkennbarkeit verändert ... alles mit einem Farbstoff, Haltbarkeitsmitteln und reichlich Rückständen aller Pestizid- und Herbizidarten kontaminiert.
    Nein Allergien kommen von der ach so feindlichen Natur, nicht etwa von dem Irrsinn, den wir Menschen uns aufdrängen und selber verabreichen lassen.

    Und dem Unsinn den man nun auch beim WWF lesen darf ...

    Ernähren wir uns von natürlichen Speisen, von viel mehr Früchten und Rohkost, wir werden staunen wie rasch Allergien wieder abnehmen.
    Mir selber und meiner Partnerin ist es jedenfalls so ergangen.

    Weniger Fleisch (besser gar nicht mehr töten) keine Milch, die ist nur für Kälber gesund, und wenn Getreide nur Vollkorn ...
    Dafür Obst Gemüse und Wildkräuter an und ab ... das ist unsere angestammte Nahrung und, wie alles von Natur aus UNGEKOCHT!

    Da ist auch Ambrosia wieder das wofür es bekannt war eine HEIL-Pflanze.

    • @Bepero: Ihre Haltung mag zwar einen einzelnen Lebensweg aufzeigen, mit dem man vielleicht allergiefrei durchs Leben kommen kann, zeugt aber von sehr viel Arroganz, und auch von Unwissen.

      1. Die Ambrosia ist ein Kraut, das von Menschen in Gebiete einegeschleppt wurde, in der es ursprünglich nicht heimisch war. Was spricht dagegen, diesen Eingriff zu korrigieren und es dort wieder entfernen? Das Ökosystem wird auch durch aggressive Neophyten angegriffen und stark verändert.

      2. Sie schreiben praktisch allen anderen Menschen einen gewissen Lebensstil vor und subsummieren: Wer an einem anaphylaktischen Schock stirbt, hat sich halt falsch ernährt, selber schuld.
      Das finde ich zynisch und menschenfeindlich.

      3. Ein wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass eine Rohkosternährung Allergien völlig ausschließt, existiert nicht. Andernfalls bitte ich Sie, diesen vorzulegen.

  • sind Sie schon mal in einer Region gewesen, wo die Felder und Wiesen voll mit Ambrosia sind? ZB im Kaukasus? Es ist schrecklich, auch für Nichtallergiker wie mich! Kein Tier frisst diese Pflanze, sie dominiert jede Kultur, ob traditionell oder bio, reisst man eine aus (mit aller Kraft) bleibt immer ein Teil der Wurzel in der Erde und entwickelt neue Pflanzen. Was daran heilsam sein soll, weiss ich nicht. Sie haben einfach Glück und sollten sich freuen, Ihre Haltung ist jedoch mehr als zynisch!

  • Mag ja sein, dass natürliche Ernährung etwas gegen Allergien zu helfen vermag, trotzdem gut, bewusst durch die Pflanzenwelt zu schauen und Pflanzen im Zaum zu halten, die für andere Menschen gefährlich werden könnten.
    Für sich UND für andere nachhaltig sorgen. Gute Grundlage für Naturschutz.

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