EU-Urteil: Vega­ne Wurst adé?

Consumer confusion adé - vegetarische Currywurst braucht bald einen neuen Namen. © Robin Kranz

Nun hat es der Bun­des­land­wirt­schafts­mi­nis­ter end­lich geschafft. Den Tritt­brett­fah­rern der vegan/vegetarischen Lebens­mit­tel­her­stel­ler, die aus Lupi­nen, Soja und Co Pro­duk­te her­stel­len bewusst die Ver­brau­cher täu­schen, ist von höchs­ter Stel­le, dem Euro­päi­schen Gerichts­hof ein Rie­gel vor­ge­scho­ben wor­den.

Die Her­stel­ler hat­ten sich jah­re­lang erdreis­tet, ihre aus vege­ta­bi­len Roh­stof­fen wie Soja, Seit­an oder Lupi­nen her­ge­stell­ten Pro­duk­te mit Fleisch­na­men wie vega­ne Schnit­zel oder vega­ne Cur­ry­wurst zu bezeich­nen. Und damit den Kun­den vor­ge­gau­kelt, dass rich­ti­ges Fleisch dar­in ent­hal­ten sei. Aber das hat nun ein Ende. Con­su­mer con­fu­si­on ade. Ab jetzt kann es nicht mehr pas­sie­ren, dass – oh weh —  ein unbe­darf­ter Fleisch­esser zu einem vega­nen Schnit­zel greift. Nicht auszudenken!

War­um sind nur vegane/vegetarische Inhalt­stof­fe betroffen?

Auf der einen Sei­te bin ich sehr beru­higt, dass die Ver­brau­cher so gut vor veganen/vegetarischen Inhalts­stof­fen beschützt wer­den, die in irre­füh­ren­der­wei­se im Pro­dukt­na­men auf­tau­chen. Ande­rer­seits fra­ge ich mich doch, war­um gera­de bei veganen/vegetarischen Pro­duk­ten der Hand­lungs­be­darf so groß gewe­sen ist, bei ande­ren Inhalts­stof­fen jedoch nicht.  Was ist bei­spiels­wei­se mit Tee­wurst, Bier­schin­ken und Leber­kä­se? In kei­nem die­ser Pro­duk­te steckt das, was der Name sug­ge­riert. Und viel wich­ti­ger, wird die EU jetzt auch das lecke­re Gebäck Schwei­neoh­ren ver­bie­ten? Und was ist mit Marmorkuchen? 

Ange­sichts der offen­sicht­li­chen öko­lo­gi­schen, öko­no­mi­schen und sozia­len Pro­ble­me der Land­wirt­schaft wun­dert es mich, dass dies für den Land­wirt­schafts­mi­nis­ter ein so wich­ti­ges The­ma ist, in das viel Ener­gie geflos­sen ist. Er wählt Ver­än­de­rung der Wor­te, statt aktiv Taten an der Wei­ter­ent­wick­lung der Land­wirt­schaft spre­chen zu las­sen.  Man mag geschmack­lich zu vega­nen Pro­duk­ten ste­hen wie man will, aber sie haben einen deut­lich nied­ri­ge­ren Kli­ma-Fuß­ab­druck als tie­ri­sche Pro­duk­te.

Neue Namen für vegan/vegetarischen Flei­scher­satz gesucht!

Auf der ande­ren Sei­te jedoch hat die­ser juris­ti­sche Trep­pen­witz, der bis zum Euro­päi­schen Gerichts­hof führ­te, gibt es doch auch etwas Gutes. Nun müs­sen neue Namen für vega­nen Käse, Milch, und Schnit­zel etc. gefun­den wer­den. Für die­je­ni­gen, die sich seit vie­len Jah­ren mit dem The­ma Ernäh­rung beschäf­ti­gen, mag das zwar im ers­ten Moment irri­tie­rend erschei­nen. Kom­men­de Gene­ra­tio­nen jedoch könn­ten viel selbst­ver­ständ­li­cher mit Flei­scher­satz­pro­duk­ten auf­wach­sen, die eine eige­ne, offen­sicht­lich ernst zuneh­men­de Pro­dukt­ka­te­go­rie darstellen.

Chan­ce zur Eman­zi­pa­ti­on der veganen/vegetarischen Lebensmittel

Wie auch immer sie dann hei­ßen wer­den, die­se Namen wer­den für sich ste­hen und nicht bloß ein Imi­tat von z.B. Fleisch oder Wurst sein. So könn­te sich der Umgang mit vegan/vegetarischem Essen in Zukunft deut­lich nor­ma­li­sie­ren. In die­ser Hin­sicht könn­te die­ses Urteil zur Eman­zi­pa­ti­on der vegan/vegetarischen Lebens­wei­se füh­ren und daher doch noch sinn­voll sein.

 

Referent für Agrarrohstoffe und Tierhaltung beim WWF Deutschland. Landwirtschaft prägt mein Leben. Mich fasziniert dabei, dass es die weltweit einzige Wirtschaftsweise ist, die dank der Photosynthese in der Lage ist mehr zu erzeugen, als sie verbraucht. Und das mit der Natur und nicht gegen sie - das ist wahre Nachhaltigkeit! Ich bin Landwirt, Entwicklungshelfer, landwirtschaftlicher Berater, Einkäufer für Bio-Ölsaaten gewesen und jetzt Projektleiter für nachhaltigere Nutztierfütterung. -Markus hat den WWF inzwischen verlassen-

Kommentare (5)

  • Man kann das sicher einen
    Treppenwitz nennen, bzgl. Dessen, was auf unserer Welt so passiert. Aber ganz ehrlich: wenn auf einem Produkt "Schnitzel" oder "Steak" steht, was erwarte ich dann ? Fleisch oder Tofu? Sorry aber ich bin für die Unterscheidung im NAMEN, ABER nicht, weil ich die Verbraucher für dämlich halte, sondern um zu zeigen: Schnitzel ist Schnitzel und Tofu ist Tofu!

  • Aha... unter Schnitzel verstehe ich etwas aufgeschnittenes. Nichts anderes bedeutet das Wort. Sind Hack- oder Holzschnitzel auf einmal aus Tier gemacht?

    Das Urteil ist einfach nur lächerlich. Wehe ich sehe nochmal irgendwo Fleischpflanzerl!

  • Ich verstehe sowieso nicht, warum es ein "veganes Schnitzel" sein soll.
    Entweder ich will ein Schnitzel oder etwas veganes.

    Das ist doch für beide Seiten blöd, sowohl für die Fleischesser und auch für die Veganer.

  • Ich finde es lächerlich, dass auf dieser Produktkategorie so herumgeritten wird... Ich hoffe, dass Milchhersteller dann auch gerichtlich gegen Sonnenmilch vorgehen... Oder Scheuermilch. Und was ist eugentlich mit "Körpermilch" von Loréal, müssen die dann nicht verklagt werden?

    Ich finde diese Diskussion absurd. Warum würde jemand ein Paket kaufen, auf dem "Veganes Schnitzel" steht, was in der Ecke bei den veganen und ökologisch angebauten Produkten steht, und sich dann wundern, dass es vegan ist?

    Hat die Welt nicht andere Probleme?
    Beispielsweise, dass wir Waffen an zweifelshafte Akteure in Kriegsgebieten liefern? Dass Flüge, die ja bekanntermaßen extrem umweltschädlich sind, im Vergleich zu anderen Transportmöglichkeiten, kaum besteuert sind? Dass Massentierhaltung ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Umweltverachmutzung ist? Oder dass gewisse Produktkategorien wie Handys, Laptops usw. durch Kinderarbeit und Ausbeutung in Billiglohnländern entstehen und auch die Umwelt verschmutzen?

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