Kampf um den letz­ten Fisch

Nicht nur in der Fischerei ist die Übernutzung der Natur einer der ganz großen Treiber des Artensterbens © Rudolf Svenson / WWF

Lee­re Mee­re: Mehr als ein Drit­tel der kom­mer­zi­ell genutz­ten Fisch­be­stän­de sind schon jetzt über­fischt. Wenn wir auch mor­gen noch Fisch essen möch­ten, ist es höchs­te Zeit, dass sich etwas ändert. Doch noch immer wird der Raub­bau an den Welt­mee­ren jähr­lich mit Mil­li­ar­den­sum­men sub­ven­tio­niert Fishe­ries Sup­port Esti­ma­te (oecd.org). Ändern könn­te das die Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on (WTO). Fische­rei­sub­ven­tio­nen sind ein Dau­er­the­ma bei den Ver­hand­lun­gen, aller­dings strei­ten sich die Mit­glieds­län­der bei dem The­ma nach wie vor wie die Möwen um den letz­ten Hering.

Nächs­te Run­de im Streit um Fischereisubventionen

Doch es kommt Bewe­gung in die Debat­te. Immer­hin haben sich die 164 WTO-Mit­glied­staa­ten vor zwei Jah­ren auf ein gemein­sa­mes, mul­ti­la­te­ra­les Abkom­men zu Fische­rei­sub­ven­tio­nen geei­nigt. Noch fehlt die Rati­fi­zie­rung von wei­te­ren 40  Natio­nen. Doch es scheint mach­bar, dass das gelingt.

Das Abkom­men begrenzt eini­ge der üppi­gen Fische­rei­sub­ven­tio­nen. Zumin­dest für Fän­ge aus über­fisch­ten Bestän­den, für  ille­ga­le, unre­gu­lier­te und unge­mel­de­te  Fische­rei und für Schif­fe, die auf der unre­gu­lier­ten Hohen See unter­wegs sind, wer­den die Zah­lun­gen schrump­fen. Das sind ers­te wich­ti­ge Schrit­te, denen auf der jetzt anste­hen­den 13. Minis­ter­kon­fe­renz der Welt­han­dels­or­ga­ni­sa­ti­on in Abu Dha­bi wei­te­re Maß­nah­men fol­gen müssen.

Sub­ven­tio­nier­ter Treib­stoff indus­tri­el­ler Fang­flot­ten ist Gift für leben­di­ge Mee­re. © Peter Chad­wick / WWF

Das wird alles ande­re als leicht. Beson­ders schwer ist es, wenn es um rie­si­ge Geld­be­trä­ge geht, wenn sich Arbeits­wei­sen ver­fes­tigt haben und poli­ti­sche Inter­es­sen stark sind. Trotz­dem ist ein Wan­del im Fische­rei­sek­tor drin­gend not­wen­dig. Die Staa­ten müs­sen end­lich die Sub­ven­tio­nen kür­zen, die zur Über­fi­schung der Mee­re füh­ren und unfai­re Wett­be­werbs­be­din­gun­gen schaffen.

Rücken­wind aus Montreal

Bei den Ver­hand­lun­gen zum UN-Über­ein­kom­men über die bio­lo­gi­sche Viel­falt (CBD) in Mont­re­al haben sich die 194 Mit­glieds­län­der dar­auf geei­nigt, umwelt­schäd­li­che Sub­ven­tio­nen bis 2030 um 500 Mil­li­ar­den US Dol­lar pro Jahr zurück­zu­fah­ren.  Dadurch wur­de posi­ti­ver Druck auf­ge­baut, um das The­ma auch in der Fische­rei vor­an­zu­brin­gen. Gleich­zei­tig beschlos­sen die Dele­ga­tio­nen  auf dem CBD-Gip­fel, posi­ti­ve Anrei­ze für den Erhalt der bio­lo­gi­schen Viel­falt zu stär­ken. Der Um- und Abbau von rund 22 Mil­li­ar­den US-Dol­lar  pro Jahr an schäd­li­chen Fische­rei­sub­ven­tio­nen könn­te erheb­lich dazu bei­tra­gen und wäre ein gro­ßer Schritt in die rich­ti­ge Richtung.

Fische­rei: gefan­gen in einem Netz aus Sub­ven­tio­nen.  © Kyle-LaFerriere-WWF-US

Lee­re Meere

Noch immer fan­gen zu vie­le Schif­fe zu viel Fisch aus den Ozea­nen. Dar­über besteht im Grun­de Einig­keit. Ob die Ver­hand­lungs­de­le­ga­tio­nen bei der WTO aber bereit sind, Gel­der zu strei­chen, um Über­ka­pa­zi­tä­ten abzu­bau­en und Fang­men­gen zu begren­zen, bleibt abzuwarten.

Die Über­fi­schung ist eine gewal­ti­ge Bedro­hung für die bio­lo­gi­sche Viel­falt der Mee­re. Staat­li­che Zuschüs­se z.B. für Schiffs­treib­stof­fe ver­schär­fen die Pra­xis und füh­ren zu zusätz­li­chen CO2-Emis­sio­nen. Umge­kehrt führt die Redu­zie­rung bestimm­ter Sub­ven­tio­nen zu weni­ger Über­fi­schung und hilft, die Fisch­po­pu­la­tio­nen wie­der auf­zu­bau­en. Letzt­lich nutzt das den Fischern, denn es führt zu höhe­ren, nach­hal­ti­gen Fän­gen und damit bes­se­ren Einkommen.

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Doch trotz der gewich­ti­gen öko­lo­gi­schen und wirt­schaft­li­chen Argu­men­te sto­ßen Natur­schüt­zer nach wie vor auf eine Mau­er der Unnach­gie­big­keit. Die größ­ten Sub­ven­ti­ons­ge­ber wie  Chi­na, Japan, die EU und die USA ent­zie­hen sich ihrer Ver­ant­wor­tung, und die Ent­wick­lungs­län­der sagen, sie könn­ten die Last der Refor­men nicht allein tra­gen. Am Ende gibt es so nur Ver­lie­rer. Denn selbst wenn sich die Blo­ckie­rer in die­ser Ver­hand­lungs­run­de durch­set­zen, ist das nur ein Pyr­rhus­sieg. Das End­ergeb­nis wäre ein Fest­hal­ten an einem Sys­tem, das die Fisch­be­stän­de — und den gesam­ten Fische­rei­sek­tor, sei­ne Arbeits­plät­ze und die Nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on- in den Abgrund reißt.

Anstatt die The­ma­tik wie ande­re Han­dels­ge­sprä­che zu behan­deln, müs­sen die WTO-Minis­ter erken­nen, dass es bei die­sen Abkom­men um mehr geht. Im Fokus steht die lang­fris­ti­ge Nach­hal­tig­keit. Es geht um das Über­le­ben von Wild­tier­po­pu­la­tio­nen und Öko­sys­te­men, von denen Mil­li­ar­den von Men­schen abhän­gen. Welt­weit lie­fern die Ozea­ne jedes Jahr Öko­sys­tem­gü­ter und ‑dienst­leis­tun­gen im Wert von schät­zungs­wei­se 2,5 Bil­lio­nen US-Dol­lar. Wenn wir die Über­fi­schung wie bis­her wei­ter finan­zie­ren, legen wir die Axt an eine Säu­le unse­res Wirtschaftssystems.

Zu vie­le Fischer fan­gen zu viel Fisch. ©-AFMA

Haus­auf­ga­ben für die Delegierten

Es braucht Mut, um eine Eini­gung zu erzie­len. Ent­schei­dend ist die Fähig­keit, über den Moment hin­aus zu bli­cken. Der WWF und unse­re Part­ner in der “Stop Fun­ding Over­fi­shing Coali­ti­on”  for­dern von den größ­ten Subventionsgebern:

  1. Kon­zen­trie­ren Sie sich Über­ka­pa­zi­tä­ten und Über­fi­schung und sor­gen sie für Trans­pa­renz! Iden­ti­fi­zie­ren Sie die zu strei­chen­den Sub­ven­tio­nen, ein­schließ­lich der Zuschüs­se für Treib­stoff, Aus­rüs­tung, den Bau von Schif­fen und den Markt­preis des gefan­ge­nen Fisches.
  2. Begren­zen Sie Aus­nah­men! Eini­ge Schlupf­lö­cher oder Aus­nah­men wer­den lei­der ihren Weg in das Abkom­men fin­den wer­den, aber hal­ten Sie den Ehr­geiz hoch und behal­ten Sie das Ziel im Auge — die Wie­der­her­stel­lung und Erhal­tung wis­sen­schaft­lich ermit­tel­ter nach­hal­ti­ger Fischbestände.
  3. Erlau­ben sie kei­ne Son­der­rech­te für Fern­fi­sche­rei­flot­ten! Nur weni­ge Regie­run­gen unter­stüt­zen Flot­ten, die in den Gewäs­sern ande­rer Län­der fischen, und sie sind die größ­ten Sub­ven­ti­ons­ge­ber. Klei­ne Natio­nen und Klein­fi­scher müs­sen dann gegen gut finan­zier­te aus­län­di­sche Flot­ten antre­ten. Es ist an der Zeit, die­se unfai­re Pra­xis zu beenden.
  4. Sor­gen sie für Fle­xi­bi­li­tät UND Nach­hal­tig­keit! Die beson­de­re Berück­sich­ti­gung von Ent­wick­lungs­län­dern — über die Aus­nah­me­re­ge­lun­gen für die am wenigs­ten ent­wi­ckel­ten Län­der hin­aus — darf die Nach­hal­tig­keits­zie­le nicht unter­gra­ben und soll­te auf der Trans­pa­renz der Sub­ven­ti­ons­pro­gram­me beru­hen. Die Fle­xi­bi­li­tät, die den Län­dern zur voll­stän­di­gen Umset­zung des Abkom­mens ein­ge­räumt wird, muss spe­zi­fisch, gezielt und zeit­lich begrenzt sein.
  5. Strei­chen sie Kraft­stoff­sub­ven­tio­nen! Treib­stoff­sub­ven­tio­nen gehö­ren zu den schäd­lichs­ten und am wei­tes­ten ver­brei­te­ten För­der­maß­nah­men. Sie för­dern die Über­fi­schung, indem sie Akti­vi­tä­ten unter­stüt­zen, die sonst unren­ta­bel wären, und erhö­hen die Umweltbelastung.
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Wir sind uns bewusst, dass die Lat­te für die Dele­ga­tio­nen hoch liegt. Aber wir kön­nen es uns nicht leis­ten, in den jahr­zehn­te­lan­gen Blo­cka­de­hal­tun­gen zu ver­har­ren. Wenn die WTO und die in sie beru­fe­nen Minis­ter ihr Ver­spre­chen ein­lö­sen wol­len, zur Been­di­gung der welt­wei­ten Über­fi­schungs­kri­se bei­zu­tra­gen, sind die genann­ten Punk­te die Min­dest­an­for­de­run­gen. Es ist höchs­te Zeit, dass sich die WTO-Mit­glie­der dar­an erin­nern, war­um sie die­se Gesprä­che ursprüng­lich begon­nen haben.

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ist Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland. Neben der Fischereipolitik kümmert sie sich um internationale Handelsfragen und die EU Politik.
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