Tan­sa­nia will Stau­damm in Welt­erbe Selous bauen

Der Bau eines Staudamms ist ein massiver Eingriff in die Landschaft. © WWF

Gemein­sam mit euch, vie­len ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen und Jodie & Kel­ly haben wir vie­le Wild­tie­re in Selous vor Wil­de­rei geret­tet und Boh­run­gen nach Erd­öl und Erd­gas ver­hin­dert. Außer­dem haben wir die Inbe­trieb­nah­me der Uran-Mine erst­mal abwen­den kön­nen. Wir haben vie­le Erfol­ge gefei­ert!

Doch jetzt soll das Welt­na­tur­er­be in eine rie­si­ge Bau­stel­le ver­wan­delt wer­den: Tan­sa­nia will mit­ten in Selous einen rie­si­gen Stau­damm bau­en. Für die Land­schaft um den Rufi­ji Fluss bedeu­tet das den Unter­gang, im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes. Der Stau­see wird eine Flä­che so groß wie Ber­lin fluten.

Was bis­her geschah

Letz­tes Jahr im Som­mer hat Tan­sa­ni­as Prä­si­dent Mag­ufu­li den Bau des Stau­damms offi­zi­ell aus­ge­schrie­ben — dar­auf­hin haben wir alle mög­li­chen Hebel in Bewe­gung gesetzt: Wir haben Fir­men, die sich auf die Aus­schrei­bung bewor­ben hat­ten, ange­schrie­ben und sie auf die irrever­si­blen Schä­den auf­merk­sam gemacht, die ein Stau­damm mit sich bringt. Wir haben Finanz­in­sti­tu­te kon­tak­tiert, um ihnen klar­zu­ma­chen, wel­che ver­hee­ren­den Fol­gen ihre Inves­ti­ti­on in die­ses Pro­jekt hät­te. Und unse­re Aktio­nen zeig­ten Erfol­ge, bei­spiels­wei­se haben sich eine Bera­ter­fir­ma und ein Bau­un­ter­neh­men aus Öster­reich dar­auf­hin zurückgezogen.

Nun will man den Stau­damm doch bauen

Letz­te Woche kam dann die Hiobs­bot­schaft: Die Regie­rung Tan­sa­ni­as hat den Auf­trag für den Bau des Stau­damms an ein ägyp­ti­sches Kon­sor­ti­um ver­ge­ben. Die Ver­trä­ge wur­den bereits unter­schrie­ben. Im Som­mer 2019 sol­len die Bau­ar­bei­ten begin­nen und schon jetzt hat man Zäu­ne auf­ge­stellt, Kabel ver­legt und Rodun­gen vor­be­rei­tet. Wie genau die Bau­ar­bei­ten ablau­fen sol­len, kann man in die­sem Video sehen. Bis­her gibt es jedoch kei­ne aus­rei­chen­de Finan­zie­rung für den sünd­haft teu­ren Bau des Damms — wich­ti­ge Geld­ge­ber haben die­se wegen der gro­ßen Umwelt­ri­si­ken und der unge­prüf­ten Wirt­schaft­lich­keit abge­lehnt. Was mich ganz beson­ders ärgert: Obwohl noch nicht ein­mal klar ist, ob sich für das irr­sin­ni­ge Pro­jekt über­haupt Inves­to­ren fin­den, sol­len nun schon Bäu­me gefällt werden.

In etwa solch einen Stau­damm will man mit­ten in Selous errich­ten. © Jörg Hart­mann / WWF

Es gäbe auch Alter­na­ti­ven zum Staudamm

Ja, auch Tan­sa­nia hat natür­lich ein Recht dar­auf, sich wirt­schaft­lich zu ent­wi­ckeln. Und dafür braucht es ver­läss­li­che und bezahl­ba­re Ener­gie. Durch den Bau des Stau­damms, der sehr teu­er und lang­wie­rig sein wird, macht sich das Land jedoch kom­plett abhän­gig von einem ein­zi­gen Fluss­sys­tem, dem Rufi­ji River. Die­ser ist in den letz­ten 20 Jah­ren immer stär­ke­ren und län­ger anhal­ten­den Dür­ren aus­ge­setzt. Tan­sa­nia hat bes­te Vor­aus­set­zun­gen für eine umwelt­freund­li­che, dezen­tra­le Ener­gie­ver­sor­gung: Gas, Wind‑, Solar­ener­gie. All die­se Alter­na­ti­ven wären weni­ger umwelt­schäd­lich, bil­li­ger für die Bevöl­ke­rung und schnel­ler zu realisieren.

Wie geht es weiter?

Wir arbei­ten wei­ter mit Hoch­druck dar­an, den Bau des Stau­damms zu ver­hin­dern. Des­halb sind wir in Kon­takt mit den rele­van­ten Behör­den, Wissenschaftler*innen und ande­ren Entscheidungsträger*innen. Die­se Woche wur­de von den Regie­rungs­frak­tio­nen CDU/CSU und SPD ein Antrag in den Deut­schen Bun­des­tag ein­ge­bracht. Dar­in for­dern sie die Bun­des­re­gie­rung auf, sich in einen ver­stärk­ten Dia­log mit der tan­sa­ni­schen Regie­rung zu bege­ben. Zum Bei­spiel dar­über, wie nach­hal­ti­ge Lösun­gen für die Ener­gie­ver­sor­gung des Lan­des aus­se­hen könn­ten. Vie­le Orga­ni­sa­tio­nen wie die UNESCO machen sich mit uns für den Erhalt des ein­ma­li­gen Welt­erbes Selous stark.

Selous ist Hei­mat für vie­le Ele­fan­ten und ande­re bedroh­te Tier­ar­ten. © Micha­el Poli­za / WWF

War unser Enga­ge­ment für Selous ganz umsonst?

Nein! Natür­lich ist das ein her­ber Rück­schlag. Aber: Gemein­sam mit euch und ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen arbei­ten wir nun schon seit meh­re­ren Jah­ren dar­an, Selous zu ret­ten und wir kön­nen auch wirk­lich stolz dar­auf sein. Die Wil­de­rei im Schutz­ge­biet ist nach­weis­bar zurück­ge­gan­gen (dar­über infor­mie­ren wir euch bald an die­ser Stel­le), vie­le Wildhüter*Innen wur­den bes­ser aus­ge­rüs­tet und aus­ge­bil­det und kön­nen ihre Arbeit jetzt bes­ser und siche­rer erle­di­gen. Vor zwei­ein­halb Jah­ren waren Ölboh­run­gen, Berg­bau­ar­bei­ten und die Uran­mi­ne noch rea­lis­ti­sche Bedro­hun­gen für das Welt­na­tur­er­be. Heu­te sind die­se Vor­ha­ben still­ge­legt oder gänz­lich abge­sagt worden.

Wir haben gemein­sam viel erreicht!

Und: Wer von euch kann­te Selous, bevor wir euch davon erzähl­ten? Zusam­men haben wir es geschafft, dass die­ses wun­der­schö­ne Schutz­ge­biet Auf­merk­sam­keit in Deutsch­land bekommt: Auf You­Tube, in deut­schen Tages­zei­tun­gen, und sogar im deut­schen Bun­des­tag! Trotz allem fin­de ich es wich­tig, sich die­se Erfol­ge immer wie­der vors Auge zu rufen.

Was bedeu­tet der Stau­damm für Selous?

Der durch den Stau­damm ent­ste­hen­de Stau­see wür­de nicht nur wich­ti­gen Lebens­raum für Ele­fan­ten, Giraf­fen und Fluss­pfer­de flu­ten — er wür­de wich­ti­ge Wan­der­rou­ten zer­stö­ren und zusam­men­hän­gen­de Tier­po­pu­la­tio­nen tren­nen. Für den Bau wür­den inmit­ten des Welt­na­tur­er­bes Indus­trie­an­la­gen, Stra­ßen und Sied­lun­gen für ca. 1.200 Bau­ar­bei­ter ent­ste­hen. Das bedeu­tet Ver­kehr, Lärm, Ver­schmut­zung und Abfall. Durch die neu gebau­ten Stra­ßen gelan­gen außer­dem nicht nur Bau­ar­bei­ter schnel­ler in das Gebiet: Auch Wil­de­rern wird so der Zugang erleich­tert. Auch für die Men­schen hät­te der Stau­damm enor­me Kon­se­quen­zen: ca. 200.000 Anwohner*Innen sind wirt­schaft­lich von dem funk­tio­nie­ren­den Fluss­sys­tem abhän­gig. Wich­ti­ge Sedi­men­te, die fluss­ab­wärts gebraucht wer­den, wür­den durch den Stau­damm hän­gen blei­ben, die Fluss­bet­te wür­den erodieren.

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In den kom­men­den Wochen und Mona­ten wird viel pas­sie­ren. Und wir wer­den dafür wie­der eure Hil­fe brau­chen. Dafür müs­sen wir aber in Kon­takt blei­ben. Abon­niert unse­ren News­let­ter, damit ihr alle wich­ti­gen Infor­ma­tio­nen zu Selous erhaltet.

Spen­det für Selous!

Rund um Selous, in den Puf­fer­zo­nen des Schutz­ge­bie­tes, inten­si­vie­ren wir gera­de ver­stärkt in unse­re Pro­jek­te. Vor allem um die Wil­de­rei ein­zu­däm­men. Wir arbei­ten dar­an, dass die Men­schen anders, nach­hal­ti­ger Geld ver­die­nen kön­nen. Zudem set­zen wir uns dafür ein, dass es mehr und bes­ser aus­ge­bil­de­te­te und aus­ge­rüs­te­te­te Ran­ger gibt. Dafür brau­chen wir Eure Hilfe.

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- Theresa hat den WWF inzwischen verlassen - Ich bin Campaigner und Mitglied der Pandafamilie. Jeden Tag dafür zu arbeiten, dass die Welt ein bisschen besser wird – gibt’s was Schöneres? Im Sommer auf, im und um Wasser herum zu finden. Im Winter Serienjunkie. Bei jedem Wetter auf dem Fahrrad. Privat engagiere ich mich für eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Politik.

Kommentare (19)

  • Das muß unter allen Umständen verhindert werden!!!
    Das ist ein Massaker am letzten noch bestehenden Tier-und Pflanzen-Lebensraum.
    Dieser M U S S erhalten bleiben!!!

  • Es ist einfach unglaublich. Da sieht man mal wieder: Die Gier und Dummheit des Menschen kennt keine Grenzen. Ein trauriger Tag. Ich hoffe sehr, dass sich am Ende die Vernunft durchsetzt.

    Viele Grüße
    Florian

  • Vielen Dank für Euer Engagement!!!! Furchtbar sinnlose Idee, diesen Staudamm zu bauen. Menschen machen immer die gleichen Fehler.. immer und immer wieder. So ermüdend das auch ist, müssen wir weiter dran bleiben,aufklären, kämpfen..! Gibt es keine Möglichkeit, den agyptischen Sponsor „ abzuschrecken“? Abzuwerben? Aufzuklären?? Ich drücke uns Allen die Daumen, das das Flussgefängnis NICHT gebaut wird und nach Tolkien die Ants gewinnen :-)
    Frohe Weihnachten

  • Es ist nicht zu glauben!!
    In einer Region in der 12 Stunden täglich die Sonne scheint, werden mit gigantischem finaziellen Aufwand Dämme gebaut.
    Wo docht mit viel weniger Aufwand das gleiche erreicht werden kann duch Solarfelder?
    Und unter den Modulen kann noch Landwirtschaft betrieben werden!
    Da stecken doch wieder Leute dahinter, die sich mit den Subventionen die Taschen vollmachen und das nicht zum Wohle der Bewohner!
    Warum werden Fehler immer und immer wiederholt?
    Ich glaube fast Politiker sind einfach nicht lernfähig.

  • Sind mit der Welterbe-Titelvergabe nicht auch Gelder verbunden? Diese Zahlungen würden für Tansania doch in diesem Falle wegfallen.
    Wie wäre es, wenn Ihr Euch mit Avaaz zusammentut und eine Internet-Petition starten würdet?
    Irene

  • So lange, wie die Entscheidungen von Banken, Industrie und Wirtschaft und nicht von den Völkern selbst getroffen werden, gilt: "Geld regiert die Welt", unterstützt von einigen politischen Vasallen. Zins und Zinseszins sind die Götter dieser Welt, mit den Völkern als Zinssklaven und den Rohstoffen der Schuldnerstaaten als Sicherheiten. Ein seit Jahrhunderten funktionierendes Finanzsystem zu Lasten der normalen Menschen, egal in welchen Ländern.
    Die Staaten/Völker, die bei diesem `Spiel´nicht (mehr) mitmachen wollen, werden politisch und wirtschaftlich destabilisiert und in Kriege verwickelt, ebenfalls zu Gunsten der an Kriegen und Elend mitverdienenden Finanzsysteme. Alles nichts Neues, oder ....?

  • Warum hört der Mensch nicht endgültig auf die Welt zu zerstören, die Kinder auf welchem Planeten sollen sie leben, es gibt nur einen,warum geht das nicht in alle Köpfe, Tiere und die Umwelt müssen wir sehr schützen um auf der Erde weiter zu leben, wie lange braucht zb.ein Baum der gepflanzt wird bis er groß ist, mir reicht's langsam, bitte Schluss mit Respektlosigkeit, es gibt schon genug Erderwärmung

  • Projekt unbedingt stoppen !
    Neben der Zerstörung, wie in den anderen Kommentaren schon benannt, ein weiterer Grund, der noch nicht abschätzbar ist: Beispiel Stausee Liptovská Mara (Liptauer Meer) nahe der Stadt Liptovský Mikulás vor der Hohen Tatra, dem kleinsten Hochgebirge der Welt. Der Stausee, grösstes Staubecken in der Slowakei, wurde 1970-75 gebaut. Schon 1988 nach nur 13 Jahren (!) Nutzung erfuhren wir während einer Studentenexkursion von einem dortigen (Naturschutz-)Experten, dass sich die riesige Wasserfläche auch auf das Klima (Wind, Regen, Schnee etc.) der Hohen Tatra negativ auswirkt, nicht abschätzbar, mit welchen Folgen, mit welchen irreparablen Folgen.
    Bestimmt gibt es jetzt, 43 Jahre nach dem Bau, ausreichend Material über die negativen Folgen. Findet Beispiele für unsere Argumentation, den Bau in Selous zu stoppen. Viel Erfolg !

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