Plas­tik­tü­ten ver­bie­ten: Wir brau­chen mehr als Symbolpolitik!

Leider hilft das Plastiktütenverbote nur sehr wenig gegen Plastikmüll im Meer

Das Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­um will laut ver­schie­de­ner Medi­en Plas­tik­tü­ten ver­bie­ten. Betref­fen soll der Bann soge­nann­te leich­te Kunst­stoff­tra­ge­ta­schen, die man in man­chen Super­märk­ten oder am Kiosk noch häu­fig ange­bo­ten bekommt. Die sta­bi­le­re, grö­ße­re, kos­ten­pflich­ti­ge Plas­tik­tü­te ist davon nicht betrof­fen. Auch nicht die noch leich­te­ren Hemd­chen­beu­tel an der Obst­the­ke. In Deutsch­land wür­den pro Jahr und Kopf noch rund 20 die­ser Tüten ver­braucht, heißt es im Ent­wurf von Umwelt­mi­nis­te­rin Sven­ja Schul­ze (SPD). Händ­lern wür­den bei Ver­stoß Geld­stra­fen von bis zu 100.000 Euro angedroht.

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Frag­los ist Plas­tik­tü­ten zu ver­bie­ten eine popu­lä­re Maß­nah­me. Ande­re Län­der haben sie ja schon vor­ex­er­ziert. Wir alle fin­den die Bil­der von Plas­tik­tü­ten im Meer schreck­lich. Weni­ger Ein­weg­plas­tik zu pro­du­zie­ren und in Umlauf zu brin­gen ist ja auch grund­sätz­lich rich­tig. Gewon­nen ist mit einem Plas­tik­tü­ten­ver­bot bei uns aller­dings wenig.

War­um Plas­tik­tü­ten ver­bie­ten so wenig hilft

Ich wur­de jetzt schon häu­fig gefragt, war­um wir beim WWF nicht das Ver­bot von Plas­tik­tü­ten for­dern. Mei­ne Ant­wort ist stets die Glei­che. Plas­tik­tü­ten machen  nur einen sehr gerin­gen Anteil am deut­schen Plas­tik­müll aus – gera­de­mal 1 Pro­zent. Plas­tik­tü­ten zu ver­bie­ten hat hier­zu­lan­de also eher sym­bo­li­sche Bedeu­tung. Haupt­ur­sa­che des stei­gen­den Ver­pa­ckungs­mülls sind Ein­weg­ar­ti­kel in der Gas­tro­no­mie, zuneh­men­der Inter­net­han­del und klei­ne­re Ver­pa­ckungs­grö­ßen. Die­sen Din­gen muss wir­kungs­voll begeg­net werden.

Das Ver­bie­ten von Plas­tik­tü­ten könn­te sogar kon­tra­pro­duk­tiv sein. Wenn statt­des­sen der Ver­brauch von Papier­tü­ten steigt oder die Ver­brau­cher auf die kos­ten­lo­sen Hemd­chen­beu­tel von der Obst­the­ke aus­wei­chen, ist aus öko­lo­gi­scher Sicht nichts gewonnen.

Wir müs­sen viel­mehr Ein­weg­be­hält­nis­se redu­zie­ren. Unab­hän­gig vom Mate­ri­al. Mehr­weg­ta­schen und Ver­pa­ckun­gen mehr­fach zu ver­wen­den muss attrak­ti­ver gemacht wer­den. Das wür­de die Men­ge an Plas­tik­müll wirk­lich senken.

Deutsch­land pro­du­ziert pro Kopf den meis­ten Verpackungsmüll!

Bit­te nicht ver­ges­sen: Deutsch­land pro­du­ziert von allen EU-Staa­ten am meis­ten Ver­pa­ckungs­müll pro Kopf. Das The­ma Ein­weg­ver­pa­ckun­gen wäre als Ansatz­punkt wir­kungs­vol­ler als das sym­bo­li­sche Ver­bot einer ein­zi­gen Art von Plas­tik­tü­ten. Poli­ti­sche Anrei­ze soll­ten Mehr­weg­sys­te­me kon­se­quent stär­ken. Und der Han­del soll­te sich fra­gen, wie man Men­schen beloh­nen kann, die ihre erwor­be­nen Tra­ge­ta­schen immer wie­der mitbringen.

Und wir alle müs­sen uns fra­gen, war­um wir nicht schlicht weni­ger Plas­tik benut­zen — und einkaufen.

Du hast auch die Schnau­ze voll? Du willst auch etwas gegen die Plas­tik­flut tun? Infor­mie­re Dich, hand­le — und hilf uns!

Ich arbeite seit über 20 Jahren beim WWF und versuche, in der Arbeit mit Unternehmen den ökologischen Fußabdruck so zu reduzieren, dass am Ende tatsächlich etwas Messbares herauskommt. Der Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie begleitet mich dabei täglich. Ein thematischer Schwerpunkt meiner Arbeit ist das Thema Verpackungen und Recycling. Ich beobachte gerade mit Entsetzen, wie die Weltmeere in eine Plastiksuppe verwandelt werden und hoffe, dass wir es schaffen, weltweit vorhandenen Sachverstand zusammenzubringen, um das Problem zu lösen. --- Bernhard Bauske hat den WWF inzwischen verlassen ---

Kommentare (2)

  • Ich kann dem WWF hier nur zustimmen: Ich habe einmal in der Mittagspause (entgegen meiner Einstellung) einen dieser Fertig-Salate in der Plastikschüssel gekauft und ebenfalls eine Obst-/Gemüseplastiktüte mitgenommen. Den Plastikmüll des Salates (inkl. kleiner Plastikgabel und einzelnem Behältnis für die Soße sowie einer Trennschale für Käse und Croutons) habe ich nach dem Essen gewaschen, abgetrocknet und auf einer sehr genauen Waage gemessen: 51,4 g! Die Tüte aus der Obstabteilung wog dagegen nur 2 g. Diese Fertiggerichte verursachen also mitunter tatsächlich enorme Plastikmengen.

  • Nicht nur Plastik, unser gesamtes Wohlstandsdenken gefährdet die Umwelt. Mit 0%- Zinspolitik u. Globalisierung wird der Konsum billiger. Den Vorteilen stehen große Nachteile gegenüber- so sind z.B. Hausbauten schädlich für die Umwelt, viele Rohstoffe u. Fläche wird verbraucht. Ohne Konsum geht es nicht, aber bewußter. Altbauten sanieren, dämmen, ungenutzte Häuser, Wohnungen (die es auf dem Land gibt!) nutzen. Reparatur vor Neukauf u. mehr Recycling. Hochwertigere Produkte sind teurer aber halten i.d. Regel länger - Und: mehr Spaß am Reparieren entwickeln, daran mangelt es!

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