War­um der Schutz der Nord­see so wich­tig ist

Schweinswale in der Nordsee © Alamy Stock Photo / Buiten-Beeld

Über ein Drit­tel der offe­nen Nord­see in Deutsch­land, fern­ab der Küs­ten, ist schon seit über 15 Jah­ren als Schutz­ge­biet aus­ge­wie­sen. Das ist eine ziem­lich gro­ße Flä­che. Hier soll der Schutz von Schweins­wa­len, Kegel­rob­ben, Rif­fen, Sand­bän­ken, See­vö­geln und wei­te­rer Arten im Fokus ste­hen. Deutsch­land leis­tet dadurch einen wesent­li­chen Bei­trag zu inter­na­tio­na­len und natio­na­len Vor­ga­ben zum Mee­res­schutz. Man soll­te mei­nen, dass die Arten und Lebens­räu­me der Nord­see vor den Ein­grif­fen des Men­schen somit aus­rei­chend geschützt sind. Ist aber lei­der nicht so.

Fische­rei gibt es auch in Schutz­ge­bie­ten © Erik Tham / iStock / Get­ty Images

Schutz in der Nord­see muss auch schützen!

Auch in den geschütz­ten Tei­len der Nord­see fah­ren Schif­fe. Es wird Sand und Kies abge­baut und inten­siv gefischt. Wert­vol­le Lebens­räu­me wer­den dadurch zer­stört, sen­si­ble Mee­res­be­woh­ner bedroht. An Land wäre dies schwer vor­stell­bar. So kön­nen Schutz­ge­bie­te ihrer eigent­li­chen Rol­le – dem Schutz von Arten, Lebens­räu­men und wich­ti­gen Funk­tio­nen des Öko­sys­tems — nicht gerecht wer­den. Wir brau­chen effek­ti­ve Schutz­ge­bie­te in der Nord­see! Gera­de in Zei­ten der Kli­ma­kri­se, einer immer inten­si­ve­ren Nut­zung der Mee­re und dem immer grö­ßer wer­den­den Ver­lust der Arten­viel­falt. Nicht nur für ein gesun­des Meer vor unse­rer Haus­tür, son­dern auch für uns Menschen!

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Am heu­ti­gen Nord­see­tag (15.Mai.) möch­te ich euch 5 Grün­de nen­nen, war­um star­ke Schutz­ge­bie­te in der Nord­see so wich­tig sind:

1) Nord­see­schutz ist auch Kampf gegen die Klimakrise

Aktu­ell dreht sich in der Dis­kus­si­on viel um Maß­nah­men, die den CO2-Aus­stoß redu­zie­ren und die Aus­wir­kun­gen der Kli­ma­kri­se abschwä­chen sol­len. Die Rol­le der Mee­res­schutz­ge­bie­te wird oft ver­nach­läs­sigt. Dabei kön­nen sie hel­fen, dass sich die Nord­see bes­ser an neue Umwelt­be­din­gun­gen anpas­sen kann. Intak­te Öko­sys­te­me mit hoher Arten­viel­falt för­dern die Wider­stands­fä­hig­keit des Mee­res. Das könn­te gan­ze Arten vor dem Aus­ster­ben bewah­ren. Aber Schutz­ge­bie­te kön­nen auch einen direk­ten Bei­trag zur Abschwä­chung der Kli­ma­kri­se leis­ten. Wenn Fisch­be­stän­de sich gut ent­wi­ckeln und der Mee­res­bo­den nicht durch Schlepp­net­ze zer­stört wird, kann das Meer mehr Koh­len­stoff auf­neh­men und spei­chern. In Algen, Boden­le­bens­räu­men oder direkt im Meeresboden.

2) Schutz der Nord­see bie­tet wert­vol­le Rück­zugs­räu­me für vie­le Arten

Die Unter­was­ser­welt ist das Zuhau­se vie­ler sen­si­bler und geschütz­ter Arten. Schutz­ge­bie­te kön­nen ihnen Zuflucht vor Unter­was­ser­lärm, Stress und Bei­fang bie­ten. Das Schutz­ge­biet Syl­ter Außen­riff west­lich von Sylt ist zum Bei­spiel auch aus­ge­wie­sen wor­den, damit hier Schweins­wa­le unge­stört ihre Jun­gen zur Welt brin­gen und auf­zie­hen können.

Sind Schutz­ge­bie­te frei von stö­ren­den Ein­flüs­sen, könn­te es auch mög­lich wer­den, dass sich dort wie­der Arten ansie­deln, die mitt­ler­wei­le in der Nord­see fast aus­ge­stor­ben sind. Der Nagel­ro­chen zum Beispiel.

3) Fisch­be­stän­de kön­nen sich erho­len und wachsen

Die Fische­rei ist eine star­ke Bedro­hung für die Arten­viel­falt in der Nord­see. Auch die Schutz­ge­bie­te sind davon bedroht, denn auch dort wird fast flä­chen­de­ckend mit zer­stö­re­ri­schen Grund­schlepp­net­zen gefischt. Dabei könn­ten eigent­lich gera­de die­se Gebie­te den Fisch­be­stän­den idea­le Bedin­gun­gen zur Erho­lung bie­ten, da sie hier grö­ßer und älter wer­den. Was auch bedeu­tet, dass die Fische mehr Nach­kom­men zeu­gen. Wenn sich der Fisch­be­stand in den Schutz­ge­bie­ten erholt, wan­dern Fische in die umlie­gen­den Gebie­te ab. Sie ver­bes­sern so auch dort die Fisch­be­stän­de und damit auch die Erträ­ge der Fischer. Die Fische­rei kann so eben­falls von star­ken Schutz­ge­bie­ten lang­fris­tig und nach­hal­tig profitieren.

4) Schutz­ge­bie­te sind Kno­ten­punk­te in einem euro­pa­wei­ten Netz

Die Schutz­ge­bie­te in der deut­schen Nord­see sind nur ein Teil eines wei­ten Netz­werks an Mee­res­schutz­ge­bie­ten. Sind die ein­zel­nen Gebie­te gut mit­ein­an­der ver­bun­den, kön­nen etwa Schweins­wa­le unge­stört wan­dern. Jung­tie­re von Fischen oder Lar­ven von Boden­le­be­we­sen kön­nen sich bes­ser ver­brei­ten und her­an­wach­sen. Dies trägt dazu bei, die ein­zig­ar­ti­ge Arten­viel­falt der Nord­see zu schüt­zen und die Wider­stands­fä­hig­keit des Mee­res zu stär­ken. Die gesam­te Nord­see pro­fi­tiert davon.

5) Schutz­ge­bie­te sind unab­ding­bar für ein gesun­des und wider­stands­fä­hi­ges Ökosystem

Die Schutz­ge­bie­te sind bedeu­ten­de Kin­der­stu­ben, Nah­rungs­ge­bie­te und Ruhe­räu­me. Sie spie­len daher eine beson­de­re Rol­le für das gesam­te Öko­sys­tem und die kom­ple­xen Zusam­men­hän­ge im Meer. Ist die Natur hier intakt und hat genü­gend Frei­raum sich zu ent­wi­ckeln, dann bil­den Schutz­ge­bie­te das Rück­grat leben­di­ger, gesun­der und viel­fäl­ti­ger Meere.

Das Ziel: leben­di­ge Nord­see © Gil­bert van Ryckevor­sel / WWF Kana­daCoro­na: Unter­schrei­ben Sie für grü­ne Konjunkturprogramme! 

Schutz nicht nur auf dem Papier!

Damit die Schutz­ge­bie­te der Nord­see genau die­se Auf­ga­ben wirk­sam erfül­len kön­nen, darf es Schutz nicht nur auf dem Papier geben. Schä­di­gen­de Nut­zun­gen inner­halb der Gebie­te müs­sen regu­liert und auch aus­ge­schlos­sen wer­den. Das ist bis­lang in wei­ten Tei­len noch nicht gesche­hen. Wir haben wert­vol­le Zeit zum Schutz der Arten­viel­falt ver­lo­ren. Las­sen wir nicht noch mehr davon verstreichen!

Ich arbeite seit knapp 1,5 Jahren beim WWF im Meeresschutz und bin hier vor allem für den Naturschutz in der Nordsee tätig! Die Nordsee ist nicht nur ein einzigartiger Lebensraum, sondern wird auch immer mehr wirtschaftlich genutzt. Dafür zu sorgen, dass dies so naturverträglich wie möglich stattfindet und es dabei noch ausreichend Platz für die Natur gibt, ist eine große Herausforderung, macht aber auch viel Spaß!“

Kommentare (2)

  • Nordseekrabben sind ein einzigartiger Genuss. (Sofern sie nicht in Marokko gepuhlt und dementsprechen mit Konservierungsstoffen versetzt sind.) Einzigartig bedeutet: weltweit. Denn ein Meeresgebiet wie die Nordsee findet sich weltweit nicht ein zweites Mal. Dessen sollten wir uns bewusst sein, und dementsprechend die Nordsee hegen. Das ist ein Beitrag für die Menschheit. Unsere Verantwortung.

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