Mor­de am Amazonas

Indigener vor Plakatwand der Getöteten im Amazonasgebiet © Ueslei Marcelino / picture alliance / REUTERS

Wir sind ent­setzt von den Mor­den im Ama­zo­nas. Ent­setzt, aber nicht über­rascht. Der Ama­zo­nas stirbt — und sei­ne Ver­tei­di­ger wer­den immer öfter umgebracht.

Am Mitt­woch­abend (15. Juni 2022) wur­den die sterb­li­chen Über­res­te des For­schers Bru­no Araú­jo Perei­ra und des bri­ti­schen Jour­na­lis­ten Dom Phil­lips, der für die Zei­tung The Guar­di­an arbei­te­te, in der Regi­on Vale do Java­ri im Ama­zo­nas­ge­biet gefun­den. 70 Pro­zent der welt­weit iso­liert leben­den Indi­ge­nen haben hier ihre Hei­mat. Die bei­den Opfer haben im Java­ri-Tal für ein Buch über Gewalt gegen Indi­ge­ne und einen nach­hal­ti­gen Schutz des Regen­walds recherchiert.

Zwei fest­ge­nom­me­nen Ver­däch­ti­ge sol­len der Poli­zei gestan­den haben, an der Tötung von Phil­lips und Perei­ra betei­ligt gewe­sen zu sein.

Exhu­mie­rung der bei­den Opfer ©
Bru­no Kel­ly / pic­tu­re alli­ance / REUTERS

Zusam­men mit dem WWF-Bra­si­li­en möch­te ich zunächst mei­ne Soli­da­ri­tät und Unter­stüt­zung für die Fami­li­en, Freun­de und Kol­le­gen die­ser Wald­schüt­zer zum Aus­druck bringen.

So kann es nicht wei­ter­ge­hen im Amazonas!

Was Bru­no und Dom ange­tan wur­de, macht deut­lich, dass der Ama­zo­nas dem Gesetz der Mäch­ti­gen aus­ge­lie­fert ist, in dem Bru­ta­li­tät die Regel ist. Wir sind zutiefst empört, in wel­cher Situa­ti­on die Völ­ker des Wal­des und ihre Ver­tei­di­ger vom bra­si­lia­ni­schen Staat zurück­ge­las­sen wur­den. Dazu gehö­ren bru­ta­le Mor­de ohne Auf­klä­rung und eine auf Zwang und Gewalt basie­ren­de Herr­schaft durch Kri­mi­nel­le: Dro­gen­händ­ler, ille­ga­le Berg­leu­te, Land­räu­ber, ille­ga­le Holz­fäl­ler, Jäger und ille­ga­le Fischer.

Hilf uns dem Ama­zo­nas zu helfen

Es wird viel mehr abge­holzt © Staf­fan Wid­s­trand / WWF

Zusam­men schüt­zen wir den Regen­wald als Kli­ma­an­la­ge der Welt! Jetzt mitmachen!

Der Staat lässt die Ver­tei­di­ger des Ama­zo­nas im Stich

Wir haben eine Rei­he von Mor­den erlebt, ohne dass sich der Staat um die Auf­klä­rung und Bestra­fung bemüht hät­te. Im Fall von Dom und Bru­no wur­de sogar gezö­gert, die Ermitt­lun­gen auf­zu­neh­men. Es ist die Miss­ach­tung der Regie­rung gegen­über dem Ama­zo­nas und sei­nen Beschüt­zern, die die Ermor­dung von Dom und Bru­no und unzäh­li­gen Per­so­nen ermög­licht hat: Ari Uru Eu Wau Wau, Pau­li­no Gua­ja­ja­ra, Maxciel Perei­ra dos San­tos, Zé do Lago und Fami­lie. Laut einer Erhe­bung der Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on Glo­bal Wit­ness liegt Bra­si­li­en auf Platz vier unter den Län­dern, in denen am meis­ten Umwelt­ak­ti­vis­ten umge­bracht werden.

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In den letz­ten Jah­ren wur­den alle Instan­zen des Schut­zes der Wald­völ­ker und der Umwelt sys­te­ma­tisch abge­baut und dis­kre­di­tiert. Die Gewalt hat in den letz­ten drei Jah­ren expo­nen­ti­ell zuge­nom­men. Unter­nom­men wur­de nichts. Ganz im Gegen­teil. Laut einer in die­ser Woche ver­öf­fent­lich­ten Stu­die gibt es in der Regie­rung ein Pro­jekt zur Zer­schla­gung der Behör­de Funai (Natio­na­le Stif­tung für indi­ge­ne Völ­ker). Also der Ein­rich­tung, die über die Rech­te der indi­ge­nen Völ­ker wachen soll­te. Und im Kon­gress gibt es Geset­zes­ent­wür­fe, die den Schutz die­ser Völ­ker wei­ter schwächen.

Der Tod des Amazonas

Der Tod von Dom und Bru­no steht im Zusam­men­hang mit dem Tod des Ama­zo­nas­ge­bie­tes. Allein im Mai 2022 brach die Zahl der Brän­de und der Abhol­zung im Ama­zo­nas­ge­biet Rekor­de. Die Feu­er nah­men im Ver­gleich zum Durch­schnitt des Monats Mai der letz­ten zehn Jah­re um 184 Pro­zent zu. Der Ama­zo­nas ver­lor zwi­schen Janu­ar und Mai 2867 Qua­drat­ki­lo­me­ter Wald. Es ist damit das drit­te Jahr in Fol­ge ein Rekord der Ver­wüs­tung. Wir waren noch nie so nahe an dem Punkt, an dem der Wald sich nicht mehr selbst erhal­ten kann. Über­schrei­ten wir die­sen Kipp­punkt stirb so viel Urwald und setzt so viel CO2 frei, dass wir auch den 1,5 °C Ziel des Pari­ser Abkom­mens ver­ges­sen können.

Ama­zo­nas: Es wird immer schlim­mer © Juve­nal Perei­ra / WWF Brasilien

Trotz­dem ste­hen auf der Tages­ord­nung des Natio­nal­kon­gres­ses häu­fig Geset­zes­ent­wür­fe, die die Zer­stö­rung des größ­ten Tro­pen­wal­des der Erde begüns­ti­gen. Obwohl vom Ama­zo­nas die Nie­der­schlä­ge abhän­gen, wel­che die Was­ser- und Strom­ver­sor­gung Bra­si­li­ens sicher­stel­len, und von denen die Land­wirt­schaft abhängt. Den Ama­zo­nas zu töten, bedeu­tet Bra­si­li­en zu töten — ein Land, das mit dem Mord an Bru­no und Dom ein wenig gestor­ben ist.

Wir for­dern rigo­ro­se Aufklärung!

Der Ama­zo­nas stirbt jeden Tag auf grau­sa­me und unmensch­li­che Wei­se. Vor unse­ren Augen und vor denen, die ihn ver­su­chen, ihn zu erhal­ten. Ange­sichts die­ser neu­en Toten brau­chen wir eine rigo­ro­se Unter­su­chung, um her­aus­zu­fin­den, ob es noch ande­re Betei­lig­te gibt. Es gibt Hin­wei­se auf einen Zusam­men­hang zwi­schen die­sem Ver­bre­chen und dem Dro­gen­han­del in der Regi­on. Es ist auch not­wen­dig, dass die­ser Fall eine exem­pla­ri­sche Bestra­fung erfährt, damit er zu einer Refe­renz im Kampf gegen die Straf­lo­sig­keit in der von Kri­mi­na­li­tät gepräg­ten Regi­on wird.

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Nicht weni­ger wich­tig ist, dass die bra­si­lia­ni­sche Regie­rung ihrer Rol­le gerecht wird und kon­kre­te Maß­nah­men ergreift, um wei­te­re Mas­sa­ker zu ver­hin­dern, wie etwa den Rück­zug der Ein­dring­lin­ge aus dem Land der Yan­om­ami, dem Land der Uru Eu Wau Wau-India­ner und ande­ren indi­ge­nen Gebieten.

Wir kön­nen es nicht hin­neh­men, dass das Ama­zo­nas­ge­biet wei­ter­hin ein gesetz­lo­ses Land ohne staat­li­che Kon­trol­le ist, dass sei­ne Ver­tei­di­ger zum Opfer macht.

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Ich bin Diplom-Forstwirt und Südamerika-Referent beim WWF Deutschland - mit 15 Jahren Berufserfahrung in Lateinamerika und Afrika. Mindestens genauso lange arbeite ich auch schon für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes. Schwerpunkte meiner Arbeit sind die Ausweisung, der Schutz und die Finanzierung von Schutzgebieten, die Anpassung an den Klimawandel, die Bekämpfung der Entwaldung durch Vieh- Landwirtschaft und Infrastrukturprojekte - und die Planung und Durchführung von umweltpolitischen Kampagnen.

Kommentare (7)

  • Es ist eine Schande für die gesamte Menschheit, wie mit dem Regenwald im Amazonas-Gebiet umgegangen wird.
    Dass dabei auch Morde bewusst in Kauf genommen werden, setzt dem ganzen Treiben die Krone auf!

  • Mit jeder Nachricht werde ich stiller und trauriger...der Amazonas, seine Tiere, Fische, Bäume schreien. Nur niemand will sie hören.....die Morde und sie sind nicht die einzigen Morde an Umweltaktivisten, Indigenen müssen aufgeklärt werden und hart bestraft werden.....aber solange Bolzenaro an der Regierung ist und auch noch von Deutschland und Europa unterstützt wird. wird sich nichts ändern....bis der letzte Baum gefallen ist. Ich bin sprachlos und unendlich traurig wie die Abholung rasant Fortschritte macht...ich liebe meinen Jaguar, die schönste und größte Katze. Costa Rica hat mir so gut gefallen...ein ganz kleiner Auszug von Urwald, der Corcovado unvergessen hat mir alles abverlangt. Ich war nur ein ganz kleines Licht im Universum....Wie mag es wohl im richtigen Urwald sein, am Amazonas....wir verlieren das KOSTBARSTE an Schöpfung was wir haben und die Welt schaut zu....ich bin sprachlos. Wo sind die angeblichen Klimaaktivisten, die sich soooo um die Welt sorgen. Wo sind die dummen Schreikinder die alles nachäffen was man ihnen sagt und einbleut. Wer stellt sich vor die brasilianische Botschaft und macht dort den Mund auf....nein, Proteste müssen wichtig sein und medienwirksam und das sind keine Tiere, keine Bäume, Fische....sie sterben still..!!!!! Wir haben Keine KLIMAKRISE, wir haben zuviele Menschen und Verbrecher die sich auf Kosten der Natur die Taschen füllen...R:I:P: allen Ermordeten, die wirklich für den Amazonas und Naturschutzgebiete gekämpft haben und ermordet wurden, ihr seid meine HELDEN . Die Einzigen....

    • Wie wahr. Sie sprechen mir aus der Seele. Es ist so schrecklich. Das Paradies wird zur Hölle für seine Bewohner gemacht und mit ihm wird dieser einzigartige Planet in seiner Schönheit unwiederbringlich zerstört. Das ist ein so unbeschreibliches Verbrechen. Ich bin einfach nur noch traurig und resigniert, wenn ich an die vielen Opfer denke, über die wir so viel Leid bringen.

  • Warum wird die Regierung Brasiliens, Präs. Bolsonaro, nicht vor ein internationales Gericht gestellt? Warum verurteilt die UNO nicht die Zerstörung des Amazonas und die Ermordung der indigenen Bewohner?
    Warum schauen wir fast alle nur zu?

  • Wir profitieren von der Zerstörung des Regenwalds durch die Einfuhr von billigen Rindfleisch, Palmöl u. Soja. Schluss damit! So entfällt der Anreiz den Regenwald weiter zu roden!

  • Das ist total schrecklich und aussichtslos. Menschen zerstören und morden, für Macht und Geld.
    Solange es keine neue bessere Regierung gibt, wird es nur schlimmer.

  • We HAVE to protect the Amazonas! These criminals who are trying to destroy our world have to be brought to justice and punished. Yes, it is all in the interest of profit, money, power and greed. Corruption rules and corruption is allowed through the support of Bolzenaro`s government. Europe wake up!! Why do we see nothing in the media? Where are the protests? Shame on you!!! Yes, corruption rules!
    I have so much admiration for all those courageous people out there fighting for our planet and risking their lives. Men such as Bruno and Dom! The weapon of corruption is murder - the murder of beautiful forests, their inhabitants and those who dare to protect them.

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