Haie und ihr Image­wan­del — Die coo­len Fische!

Imagewandel: Faszinierende Wesen statt gefürchtete Räuber © naturepl.com / Mark Carwardine / WWF

Haie haben kei­ne Lob­by!“ So hieß es noch vor 25 Jah­ren, als sich die ers­ten Hai­schutz-Orga­ni­sa­tio­nen Mit­te der 1990er Jah­re in Euro­pa bil­de­ten. Damals war das wirk­lich so und ich war eine von den weni­gen, die sich für die geheim­nis­vol­len Mee­res­be­woh­ner inter­es­sier­te und sich ihret­we­gen für ein Stu­di­um der Mee­res­bio­lo­gie entschied.

Über den wich­ti­gen Image­wan­del der gefürch­te­ten Raubfische

Es waren häu­fig Meeresbiolog:innen, die an Hai­en forsch­ten, aber auch ande­re Meeresnutzer:innen, die ihnen auf und im Was­ser begeg­ne­ten, die Ver­ei­ne und Grup­pen zu bil­den began­nen. Wir alle woll­ten dem star­ken Anstieg der Hai-Fische­rei­en rund um den Glo­bus nicht mehr untä­tig zuse­hen. Und so schlos­sen wir uns zusam­men, um das Pro­blem in die Öffent­lich­keit zu brin­gen. Aber was man nicht liebt, das schützt man nicht. Und Haie hat­ten einen schlech­ten Ruf.

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Hai-Fische­rei: Unbe­merkt und unreguliert

Die Über­fi­schung von Fisch­be­stän­den erlang­te bereits Anfang der 1990er Jah­re viel unrühm­li­che Auf­merk­sam­keit. Trotz aller Anzei­chen wur­de häu­fig zu spät reagiert und gan­ze Küs­ten­ge­mein­den ver­lo­ren ihre Lebens­grund­la­ge. Wie zum Bei­spiel beim Zusam­men­bruch der Kabel­jau-Fische­rei auf den Gre­at Banks, ein Bestand der sich bis heu­te nicht erholt hat.

Die spä­tes­tens seit den 1980er Jah­ren eben­falls zuneh­men­den Fische­rei­en auf Knor­pel­fi­sche – das sind Haie und ihre engen Ver­wand­ten, die Rochen sowie See­kat­zen – wuch­sen dage­gen unbe­merkt und unre­gu­liert immer wei­ter – vor allem als „unin­ter­es­san­ter“ Beifang.

Dorn­hai-Bei­fang in nor­we­gi­scher Krab­ben­fi­sche­rei © Rudolf Sven­son / WWF

Nicht, dass es zuvor kei­ne Fische­rei­en auf Haie und Rochen gab. Auch his­to­risch wur­den schon ihre Bestän­de für ihr Fleisch, Knor­pel, Häu­te und Öl aus­ge­beu­tet. Ganz beson­ders bei uns im Nord­at­lan­tik, wo der Dorn­hai bereits in den 1950er Jah­ren in gro­ßen Men­gen ange­lan­det wur­de. Aber der Umfang war in vie­len ande­ren Regio­nen der Welt zuvor noch rela­tiv gering, dien­te oft der loka­len Ver­sor­gung und erreich­te erst mit der Glo­ba­li­sie­rung einen aus­ufern­den welt­wei­ten Han­del.

Ver­häng­nis­vol­le Flossen

Vor allem die Flos­sen die­ser urtüm­li­chen Fische wur­den immer begehr­ter, denn die Haiflos­sen­sup­pe fand in Asi­en rei­ßen­den Absatz. Das ursprüng­lich nur zu sel­te­nen Fest­ta­gen am chi­ne­si­schen Kai­ser­hof ser­vier­te Gericht, fand immer mehr Gefal­len in einer zuneh­mend brei­te­ren und wohl­stän­di­gen Mit­tel­schicht, die damit ihren Sta­tus zum Aus­druck brach­te. Haiflos­sen­sup­pe zum Hoch­zeit­ban­kett – wer sich das leis­ten konn­te, der hat­te es geschafft! Ähn­lich wie bei uns Belu­ga-Kavi­ar das Non­plus­ul­tra der Rei­chen ist.
Die­ser Nach­fra­ge nach­zu­kom­men, mach­te Haie und auch hai­ar­ti­ge Rochen­ar­ten wie die Gei­gen­ro­chen noch mehr zur begehr­ten und lukra­ti­ven „Res­sour­ce“.

Auch die ele­gan­ten Gei­gen­ro­chen lan­den in der Haiflos­sen­sup­pe © Doug Per­ri­ne / WWF-HK

Nur ein toter Hai ist ein guter Hai“

Einen beson­ders schwer­wie­gen­den Anteil am schlech­ten Image der Haie hat­te der Hol­ly­wood-Block­bus­ter „Der Wei­ße Hai“. Ste­ven Spiel­bergs fil­mi­sche Umset­zung des Hor­ror-Best­sel­lers von Peter Ben­ch­ley rich­te­te enor­men Scha­den an den Popu­la­tio­nen des namens­ge­ben­den Wei­ßen Hais an. Sport­ang­ler schwärm­ten aus und erleg­ten so vie­le Wei­ße Haie wie sie konn­ten. Sowie alle ande­ren gro­ßen Haie, die an ihre Haken gin­gen. Ein wah­rer Kil­ler­sport war gebo­ren. Der Autor selbst bereu­te spä­ter, dass sein Buch einen sol­chen Effekt hat­te. Er fing an, sich mit der Bio­lo­gie und dem Ver­hal­ten der Haie zu beschäf­ti­gen, tauch­te mit ihnen und wur­de selbst noch ein akti­ver Hai­schüt­zer und Befür­wor­ter.

Mehr bemer­kens­wer­te Pro­jek­te nach­hal­ti­ge­rer und sozia­le­rer Wirt­schaft und Produktion

Wis­sen schafft Wandel

Heu­ti­ge Umfra­gen über Haie und ihren Ruf zei­gen, dass sich ihr Image deut­lich gewan­delt hat. Unzäh­li­ge Natur­do­ku­men­ta­tio­nen sind seit den 1990er Jah­ren ent­stan­den, die in atem­be­rau­ben­den Bil­dern die Viel­falt und Fas­zi­na­ti­on die­ser zuvor unge­lieb­ten Fische zei­gen (BBC’s Blue Pla­net, Irlands wil­der Atlan­tik, Phan­to­me der Tief­see, Haie Eis­kalt).
Vie­le wer­den zu wah­ren Fans von Hai­en und Rochen, wenn sie erfah­ren, wie beson­ders ihre Bio­lo­gie ist und in wel­cher For­men­fül­le sie in unse­ren Mee­ren ver­tre­ten sind.

Die zuvor nur in weni­gen Län­dern und im gerin­gen Umfang betrie­be­ne bio­lo­gi­sche Hai- und Rochen­for­schung hat ihr Schat­ten­da­sein mitt­ler­wei­le voll­stän­dig ver­las­sen und ist heu­te sehr viel­fäl­tig. Sie wird welt­weit betrie­ben und lie­fert immer neue und zuvor undenk­ba­re Erkennt­nis­se (das Alter der Grön­land­haie, leuch­ten­de Haie, White Shark Café und vie­les mehr).

Vor allem der Erkennt­nis­ge­winn zu ihren immens wich­ti­gen Rol­len im öko­lo­gi­schen Gefü­ge und den Nah­rungs­net­zen zeigt immer deut­li­cher, dass wir ohne sie kei­ne gesun­den Mee­re erhal­ten können.

Ver­bün­de­te der Verfemten

Unlängst ist bekannt, dass Haie lebend bei Wei­tem mehr wert sind als tot. Ver­schie­de­ne Stu­di­en haben gezeigt, dass Haie und Rochen für den Öko­tou­ris­mus Gold­gru­ben sind und eine ech­te Alter­na­ti­ve zum Fisch­fang für vie­le Küstengemeinden.

Für Taucher:innen spie­len Haie und Rochen oft die Haupt­rol­len in ihren Tauch­aben­teu­ern in den ent­le­gens­ten Ecken der Welt. Zumin­dest dort, wo sie noch zu sehen sind. (Sie­he unser Tauch­gui­de für ver­ant­wor­tungs­vol­le Tou­ren mit Hai­en und Rochen).
So hat sich ein gro­ßes Heer an Ver­bün­de­ten und Für­spre­chern gebil­det, die sich mit viel Herz­blut für sie ein­set­zen, sich über Citi­zen-Sci­ence-Pro­jek­te an For­schung betei­li­gen und über Social-Media-Kanä­le ihre Begeg­nun­gen mit ihnen der Welt mitteilen.

Auf Face­book und You­Tube sind daher nicht mehr nur Fil­me und Bil­der zu sehen, wie gestran­de­te Wale und Del­fi­ne geret­tet wer­den, nein, auch für Haie und Rochen strö­men Men­schen her­bei, um sie wie­der in ihr Ele­ment zu brin­gen und sie vor dem Tod zu ret­ten. Wer hät­te das gedacht!

Kommt der Image­wan­del der Haie zu spät?

Wun­der­schön: Schwarz­spit­zen-Riff­hai am Korallenriff

Trotz des Wan­dels im Anse­hen der Haie, läuft uns die Zeit davon. Noch immer wer­den sie zu oft im Fische­rei­ma­nage­ment nicht genü­gend ein­be­zo­gen und erst geschützt, wenn sie bereits stark bedroht sind. Und selbst das nicht immer. Dass sie beson­ders in Ent­wick­lungs­län­dern eine wich­ti­ge Rol­le in der Ernäh­rung der Küs­ten­be­völ­ke­rung spie­len, ist unbe­strit­ten. Aber vor allem die indus­tri­el­le Fische­rei plün­dert die Mee­re auch in die­sen Regio­nen weit über das Maß der Nach­hal­tig­keit hinaus.

Es ist wohl an der Zeit, dass Haie und Rochen nicht mehr nur als Fische­rei­res­sour­ce betrach­tet wer­den kön­nen. Sie müs­sen auch einen Platz als Wild­tie­re in unse­ren Mee­ren haben dür­fen! Denn letzt­lich sind sie auch die fas­zi­nie­ren­den, geheim­nis­vol­len und schö­nen Raub­tie­re, die wir benö­ti­gen, um uns dar­an zu erin­nern, dass nicht alles zahm und gebän­digt, ent­wi­ckelt und gema­nagt sein muss.

Haie sind von Hor­ror­ge­stal­ten zu Bot­schaf­tern der Mee­re gewor­den. Und das Ein­zi­ge, was wir von ihnen befürch­ten müs­sen, ist, dass sie aus­ster­ben. Dies müs­sen wir mit aller Macht ver­su­chen, zu verhindern!

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Ich bin Meeresbiologin und auf den Schutz von Haien und Rochen spezialisiert. Bereits vor 25 Jahren habe ich ehrenamtlich begonnen, mich für die Erforschung und den Schutz dieser urtümlichen und vielfältigen Fische zu engagieren, bis ich die Chance bekam, das Ehrenamt zum Job zu machen. Nach einer sehr erfolgreichen europäischen Kampagne und wichtigen Erfolgen im internationalen Haischutz, habe ich mich wieder in die Forschung begeben und den Erhaltungszustand der Haie und Rochen der deutschen Meeresgebiete ermittelt. Beim WWF widme ich mich nun wieder ihrem Schutz und unterstütze sowohl unser weltweites Haischutzprogramm als auch unsere Walschutzprojekte, die wir gemeinsam mit anderen WWF-Büros vor allem in Lateinamerika umsetzen.

Kommentare (2)

  • Dein Beitrag ist hervorragend und beschreibt sehr gut die Ausbeutung unsere Ozeane und Meere in allen Teilen der Erde. Jeder einzelne hat die Verantwortung, auch gerade beruflich darüber nachzudenken ob Fischfang in der heutigen Zeit überhaupt noch vereinbar ist mit der Katastrophe die uns droht wenn das Ökosystem Ozean derart Ausgebeutet wird. Da selbst kleinste Lebewesen wie Plankton schon mit Microplastik verseucht ist,kann man sich ausrechnen wie schlecht es unseren Meeresbewohnern geht. Dennoch wird weiterhin unmengen an Fisch gefangen obwohl nicht mehr genug Nachkommen bleiben um den Bestand dauerhaft zu halten. Das Aussterben bestimmter Arten fördert dadurch noch schneller den ökologischen Zusammenbruch im gesamten Ökosystem Ozean. . Für mich persönlich gibt es keine logische Erklärung warum wir im grossen Stil fischen, und Lebewesen die im Meer leben töten. .Das hat nichts mit dem kleinen Fischer in Thailand zu tun,der gerade genug zum Essen hat für sich und seine Familie. Die haben oft nichts mehr an der Angel.Weil Ozeanriesen mit Schleppnetzen die großen Schwärme abfangen, die sich dort auf den Weg in ihre Paarungsgebiete befinden. Dazu kommt dann sehr viel Beifang,weil es ja auch Räuber wie Hai und Thunfische,Delfine und Wale ,Rochen und Walheie auch dort zu grossen Fressen kommen.. Nur in kleinen Schutzzonen ist das fischen verboten,aber der Weg dorthin ist voller Netze.😠

  • Meine e-mail könnt Ihr ruhig veröffentlichen, weil alle Menschen sich leider als Tier-Konsumenten beteiligen an der Gülle-Verseuchung riesiger Erdoberflächen und Nitratverseuchung des Grundwassers. Dadurch entstehen immer mehr und immer öfter Seuchen. Gerade haben wir wieder die Schweine-Seuche. Also eßt keine Tierprodukte mehr! Eßt kein Fleisch! Wissenschaftler errechneten, daß in 10 Jahren die Biodiversität der Erde kaputt ist, wenn wir nicht sofort mit der Zerstörung aufhören.

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