Geis­ter­net­ze: Mit Sonar geht die Suche weiter

Geisternetze sind gefährlich: Mit Sonar gehen wir auf die Suche nach ihnen. © Kev-Gregory / Shutterstock

Der Wind hat end­lich nach­ge­las­sen. Und auch die Tem­pe­ra­tu­ren sind auf Rügen gestie­gen. Gute Bedin­gun­gen für eine Aus­fahrt mit unse­rem hoch­auf­lö­sen­den Sonar. Es geht wei­ter mit der sys­te­ma­ti­schen Detek­ti­on von ver­lo­ren gegan­ge­nem Fische­rei­ge­rät – der Suche nach Geisternetzen.

Geis­ter­net­zen auf der Spur — das tut der WWF

 

Zu die­ser Jah­res­zeit kom­men auch die Herin­ge aus dem Kat­te­gat zum Lai­chen in die Fla­chen Gewäs­ser rund um die Insel. Und wo der Hering in gro­ßen Zah­len ist, sind die Kegel­rob­ben auch nicht weit. Daher schnell die guten Bedin­gun­gen aus­nut­zen: Früh mor­gens fah­re ich mit einer Kol­le­gin vom Deut­schen Mee­res­mu­se­um auf den Greifs­wal­der Bod­den. Doch der Was­ser­pe­gel ist noch zu hoch. Die erhoff­te gro­ße Ansamm­lung von Rob­ben, auf einem Stein­riff lie­gend, tref­fen wir nicht an. Nur ein­zel­ne Köp­fe schau­en aus dem Wasser.

Früh­ling: Herings­zeit ist Kegelrobbenzeit

Geis­ter­net­ze kön­nen auch den Kegel­rob­ben gefähr­lich wer­den. © Flo­ri­an Hoff­mann / WWF Deutschland

In der Ost­see sind Rob­ben von der Gefahr durch ver­lo­re­nes Fische­rei­ge­rät betrof­fen. Tau­chen sie den Beu­te­fi­schen hin­ter­her und ver­fan­gen sich im Netz oder in einer Reu­se, kön­nen sie nicht mehr zum Atmen auf­tau­chen und ver­en­den. Han­delt es sich um ein Geis­ter­netz, dient die­ses Netz nicht mal mehr dem Men­schen zum Fisch­fang. Das ist nur einer der vie­len Grün­de, ver­lo­re­ne Fischer­net­ze vom Grund der Ost­see zu ent­fer­nen. Dazu muss man sie aber erst­mal finden.

Es geht zügig wei­ter nach Saß­nitz, wo schon unser Boots­füh­rer war­tet, um mit sei­nem spe­zi­ell für die Sonar­su­che aus­ge­stat­te­tem Alu­mi­ni­um­boot auf die Ost­see vor der Krei­de­küs­te zu fah­ren. Der Wind bleibt aus, so dass die Bedin­gun­gen opti­mal sind. Das beson­de­re an unse­rer Sonar­tech­nik ist, dass wir die Son­de immer in der glei­chen Was­ser­tie­fe über dem Grund füh­ren. So bleibt die hohe Auf­lö­sung der Bil­der vom Mee­res­grund auch in grö­ße­ren Tie­fen gewähr­leis­tet. Dies ist wich­tig, um die fili­gra­nen Struk­tu­ren von Stell- und Schlepp­net­zen zu erken­nen. Sie kön­nen die gleich­mä­ßi­gen Mus­ter der Sand­rip­pel unter­bre­chen, zwi­schen Stei­nen oder auf dem wei­chen Schlick liegen.

Mit unse­rer Sonar-Son­de gehen wir auf die Suche nach Geis­ter­net­zen. © Wolf­gang Frank / WWF Deutschland

Das Sonar­ge­rät sen­det – wie bei­spiels­wei­se Zahn­wa­le auch – Schall­wel­len aus, die auf den Mee­res­grund tref­fen. Des­sen unter­schied­li­che Beschaf­fen­heit reflek­tiert die Schall­wel­len unter­schied­lich stark. Die Mee­res­säu­ger gehen so auf Jagd und ori­en­tie­ren sich. Wir nut­zen die reflek­tier­ten Schall­wel­len zur Erstel­lung des Bildes. 

Je här­ter das Objekt, des­to inten­si­ver die Reflek­ti­on und hel­ler die Dar­stel­lung auf dem Sonar­bild. So ent­ste­hen beein­dru­cken­de Bil­der des Mee­res­grun­des, in denen wir die Struk­tu­ren von alten Net­zen erken­nen kön­nen. Aber ob es das Tau eines Net­zes ist oder doch viel­leicht doch ein altes Kabel, stel­len danach Tau­cher fest, wenn sie unter Was­ser die Ver­dachts­po­si­tio­nen abklären.

Mit GPS und Sonar auf der Suche nach Geisternetzen

Damit die Tau­cher die Ver­dachts­po­si­ti­on gut fin­den, ist es wich­tig, dass bei der Auf­zeich­nung des Mee­res­grun­des auch ein GPS-Gerät die Posi­ti­on der Sonar­son­de mög­lichst genau bestimmt.

Sonar­bild vom Mee­res­grund mit auf­fäl­li­gen Struk­tu­ren, die auf ein altes Netz hin­wei­sen könn­ten © Flo­ri­an Hoff­mann / WWF

An die­sem Tag hat alles super geklappt. Es gab kei­ne tech­ni­schen Pro­ble­me und das Wet­ter hat mit­ge­spielt. Die auf­ge­zeich­ne­ten Sonar­da­ten waren auf den ers­ten Blick viel­ver­spre­chend. Die Daten müs­sen jetzt an Land in Ruhe und mit geschul­tem Blick aus­ge­wer­tet wer­den, um dann eine Lis­te mit Posi­tio­nen zu erstel­len, die dann mit Tau­chern abge­klärt wer­den. Erst dann kommt der nächs­te Schritt, die Ber­gung der alten und teils noch fän­gi­gen Kunststoffnetze.

Geis­ter­net­ze per App fin­den und bergen

GPS Posi­tio­nen von Stel­len, die auf Geis­ter­net­ze hin­deu­ten, in die WWF Geis­ter­tau­cher-App ein­ge­pflegt (erhält­lich im Android und Apple App-Store oder unter geistertaucher.de). Sport­tau­cher haben über die­se App die Mög­lich­keit, die Posi­tio­nen zu che­cken und ein Foto des Fun­des am Mee­res­grund hoch­zu­la­den. So erhal­ten wir ein Bild, was sich unter den ver­däch­ti­gen Sonar­po­si­tio­nen wirk­lich ver­birgt. Die Unter­stüt­zung der Sport­tau­cher gibt uns Sicher­heit, dass nicht umsonst mit teu­rer Aus­stat­tung eine ver­meint­li­che Ber­gungs­stel­le ange­fah­ren wird. 

Als Biologe arbeite ich für das WWF Büro in Stralsund. Unser Fokus gilt der Ostsee, mit dem Ziel den ökologischen Zustand der Lebensräume an der Küste und im Meer zu verbessern.
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