Was wir tun müs­sen, um die Mee­re zu retten

Licht am Ende des Tunnels: Meeresschutzgebiete wie hier bei den Galapagos Inseln © naturepl.com / David Fleetham / WWF

Ich wer­de oft gefragt, was wir tun müs­sen, um die Mee­re zu ret­ten. Geht nicht? Geht nicht. Für den WWF spen­den? Immer eine gute Idee. Kei­nen Fisch mehr essen? Kommt drauf an. Es ist kom­pli­ziert. Aber ich bin über­zeugt, dass uns die fol­gen­den Schrit­te wirk­lich wei­ter­brin­gen, um den gro­ßen Kahl­schlag unter Was­ser zu stoppen.

Gene­rell wis­sen wir ja alle: Ein Groß­teil des Fisch­fangs ist nicht nach­hal­tig. Etwas ande­res zu behaup­ten wäre Augen­wi­sche­rei. Seit Jah­ren wird viel zu viel aus den Mee­ren geholt, die Bestän­de neh­men ab. Zu oft  fan­gen wir die fal­schen Fische mit den fal­schen Metho­den. Und als Ver­brau­cher kön­nen wir nur schwer „guten“ von „schlech­tem“ Fisch unter­schei­den. Das muss sich ändern.

Wir müs­sen jeden­falls fol­gen­des tun, bes­ser jetzt als mor­gen. Wenn ich mir etwas wün­schen dürfte:

Law&Order auf See: Geset­ze durchsetzen!

Fisch wird häu­fig unter erbärm­li­chen Bedin­gun­gen gefan­gen. Das ist offen­sicht­lich und seit Jah­ren immer wie­der belegt mit Zah­len und Fak­ten. Die Poli­tik müss­te han­deln. Macht sie aber nicht oder zu zöger­lich. Man­che Regie­run­gen den­ken ein­fach zu kurz­fris­tig, ande­re ver­die­nen am Geschäft mit. Und je inter­na­tio­na­ler des­to  kom­pli­zier­ter ist es etwas fest zu ver­ein­ba­ren, was wirk­lich einen Unter­schied macht.

In vie­len Regio­nen hängt es nicht an feh­len­den Geset­zen. Zumin­dest in der EU haben wir inzwi­schen eigent­lich gute Rege­lun­gen für mehr Nach­hal­tig­keit – auf dem Papier. Man muss sie aber eben auch durch­set­zen. Ganz wich­tig: Auf jedes Schiff gehö­ren Kame­ras, die doku­men­tie­ren, was wo, wie und wann gefan­gen wur­de, jeden Tag und jede Stun­de. Bei Fischern ist die­se Über­wa­chung ver­ständ­li­cher Wei­se unbe­liebt, aber es bleibt die ein­zi­ge Metho­de, die wirk­lich gegen Wild West auf See hilft. Denn das Meer ist groß und weit. Wer sieht da schon, was tat­säch­lich pas­siert? Und Ver­stö­ße gegen die Regeln müs­sen hart bestraft werden.

Man kann da gern mal in Nor­we­gen nach­hor­chen, was eine gute Über­wa­chung und Bestra­fung von Ver­stö­ßen aus­macht. Hier wagt es kaum jemand sich nicht an die Regeln zu halten.

Wer ille­ga­le Fische­rei nicht ver­folgt erstickt jede Bemü­hung etwas zu ändern.

Anders fan­gen: Weg mit den Subventionen!

Vie­le zu vie­le Fischer­boo­te kämp­fen um den übri­gen Fisch, was zu wei­te­rer Über­fi­schung führt © Jo Benn / WWF

Jede Art der indus­tri­el­len Fische­rei ist ein mas­si­ver Ein­griff in das Öko­sys­tem: Grund­schlepp­net­ze zer­stö­ren den Mee­res­bo­den, bei Stell­net­zen und Lang­lei­nen­fi­sche­rei gibt es oft schreck­li­chen Bei­fang – See­vö­gel, Haie, Schild­krö­ten und Mee­res­säu­ger ster­ben zu tau­sen­den jedes Jahr. Um den Fisch­fang zu ändern muss auch anders finan­ziert wer­den – staat­li­che Sub­ven­tio­nen sind oft genug der Feind einer nach­hal­ti­gen Fischerei.

Die Fisch­be­stän­de schrump­fen. Daher muss immer wei­ter drau­ßen und immer tie­fer gefischt wer­den. Rie­si­ge Fische­rei­flot­ten mit Net­zen so groß wie drei Fuß­ball­fel­der, Hoch­see taug­li­che Schif­fe, sehr gro­ße Ent­fer­nun­gen und Fän­ge in sehr gro­ßen Tie­fen, all das kos­tet viel Geld. Dazu gibt es rie­si­ge Über­ka­pa­zi­tä­ten: Viel zu vie­le Fische­rei­en kon­kur­rie­ren um den Fisch, der übrig geblie­ben ist. Die Fische­rei ist oft genug von Sub­ven­tio­nen abhän­gig. Sub­ven­tio­nier­ter Treib­stoff ist eine der gän­gigs­ten For­men Fische­rei­en staat­lich zu unter­stüt­zen. In der EU, den USA und Kana­da. Aber auch Län­der wie Chi­na, Süd­ko­rea, Japan, Bra­si­li­en oder Russ­land zäh­len zu den größ­ten Fische­rei­sub­ven­ti­ons­ge­bern der Welt. Der Ver­brau­cher zahlt also zwei­mal – ein­mal mit sei­nen Steu­er­gel­dern und noch­mal beim Kauf des Fisches.

Das muss sich ändern. Regie­run­gen müs­sen ver­ste­hen, dass der Abbau von Über­ka­pa­zi­tä­ten mit­tel­fris­tig auch für ihre Fischer gut ist. Ja, dafür müs­sen zum Teil zunächst wirt­schaft­li­che Här­ten abge­fan­gen wer­den. Aber nur gesun­de Fisch­be­stän­de sind die Grund­la­ge für gesun­den, wirt­schaft­li­chen Fisch­fang. Sub­ven­tio­nen, die die Über­fi­schung befeu­ern, unter­lau­fen die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung und Ernäh­rungs­si­cher­heit vie­ler Mil­lio­nen Men­schen. Wenn Fisch nur noch nach Wirt­schaft­lich­keit gefan­gen wird, wird viel zer­stö­re­ri­sche Fische­rei der Ver­gan­gen­heit angehören.

Mehr wirk­li­cher Schutz für das Meer!

Es gibt unend­lich vie­le Argu­men­te für mehr Schutz­ge­bie­te. Stu­di­en bele­gen, dass sich dort die Bio­mas­se der Pflan­zen und Tie­re ver­vier­facht und die indi­vi­du­el­le Grö­ße der Lebe­we­sen stark zunimmt. Die Schutz­zo­nen die­nen bedroh­ten Tier­ar­ten wie Walen und Schild­krö­ten als Auf­zucht­ge­bie­te. Fisch­be­stän­de wach­sen an. Durch den Schutz der Öko­sys­te­me wird die Arten­viel­falt erhal­ten. Mee­res­schutz­ge­bie­te ver­bes­sern auch die Wider­stands­fä­hig­keit der Mee­re gegen die Fol­gen des Kli­ma­wan­dels, wie zum Bei­spiel die Ver­saue­rung der Meere.

Doch heu­te sind nur sechs Pro­zent der Ozea­ne Schutz­ge­bie­te. Und nur in zwei Pro­zent sind Fisch­fang und ande­re For­men der Aus­beu­tung kom­plett ver­bo­ten. Vie­le Schutz­ge­bie­te exis­tie­ren nur auf dem Papier. 2020 woll­te die inter­na­tio­na­le Staa­ten­ge­mein­de zehn Pro­zent der Mee­re unter Schutz­ge­stellt haben. Das ist das Min­des­te. Wis­sen­schaft­ler sagen sogar wir brau­chen 30 Pro­zent Schutz­ge­bie­te. In die­sen Gebie­ten müs­sen mensch­li­che Ein­grif­fe wie der Fisch­fang gänz­lich unter­sagt sein. Oder zumin­dest der­art streng regu­liert sein, dass die Lebens­räu­me nicht nach­hal­tig geschä­digt wer­den. Vor allem aber müs­sen die Schutz­ge­bie­te über­haupt kommen.

Den Käu­fer nicht allei­ne las­sen! MSC – und sonst so?

Wie und wo der Fisch gefan­gen wur­de kann der Käu­fer nur ahnen © Jo Benn / WWF

Wenn ich Fisch essen möch­te muss ich mich als Käu­fer ori­en­tie­ren kön­nen. Ich möch­te nicht am Raub­bau betei­ligt sein – denn unser Kon­sum ist eine trei­ben­de Kraft. Etwas wie das BIO-Sie­gel gibt es für Wild­tie­re wie Fische natür­lich nicht. MSC ist das ein­zi­ge glo­ba­le Sie­gel, das wir haben. MSC muss drin­gend refor­miert wer­den. Aber: Ja, es ist bes­ser MSC mit all sei­nen Feh­lern zu haben als über­haupt kein Sie­gel. Aber MSC muss sein Ver­spre­chen hal­ten, dass er uns Kon­su­men­ten gibt, der Fisch muss aus einer nach­hal­ti­gen Fische­rei kommen.

Wenn wir die­se Punk­te umset­zen, wäre den Mee­re schon wirk­lich gehol­fen. Und damit auch unse­rer Zukunft. Ich glau­be, dass das eigent­lich alle wis­sen, seit Jah­ren lie­gen die Fak­ten auf dem Tisch. Jetzt müs­sen wir run­ter von der lan­gen Bank und end­lich umset­zen. Ges­tern wäre gut gewe­sen. Der nächst­bes­te Zeit­punkt ist heute.

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Dass alles Leben aus dem Meer kommt und die Ozeane der größte Lebensraum auf der Erde sind, hatte mich schon als Kind völlig fasziniert. Ich träumte davon unter Wasser atmen zu können. Das Ausmaß der Naturzerstörung durch die Fischerei und besonders die Überfischung dagegen waren schockierend. Und sind sie heute noch. Ich arbeite beim WWF schon seit 1999, heute als Vorständin Transformation Politik & Wirtschaft. Wer festgefahrene Strukturen ändern will, braucht viel Geduld. Aber auch wenn die Fortschritte langsam sind darf man niemals Aufgeben – denn wer aufgibt, der hat schon verloren.

Kommentare (2)

  • Ich bin bestürzt über die positive Einstellung zum MSC. Ich muß an dieser Stelle nicht über alle Fehlentscheidungen und fragwürdigen Maßnahmen des MSC referieren; Eingeweihte werden die Situation kennen. Nur beispielhaft: 1. Uns Alle sollte die Zertifizierung des Thunfischfangs mit Ringwaden-Netzen auf die Barrikaden treiben: nirgends gibt es so viel Delfin-Beifang wie mitdieser Methode. Die Behauptung, Delfine würden nach dem Fang befreit und freigesetzt, ist erstunken und erlogen. Solche Rettungsmaßnahmen sind klar außerhalb des Interesses der Fischereien, weil sie zu personalintensiv sind. 2. Wer glaubt denn an das Gute im Menschen, wenn wir lernen, dass die Prüfer für die Vergabe des MSC-Siegels im Erfolgsfall von der untersuchten Fischerei bezahlt werden und nicht vom MSC? Das leistet doch der Korruption „nachhaltig“ Vorschub, oder? — Und wenn ich das richtig sehe, ist MSC doch ein Produkt des WWF, richtig. Warum können Sie denn da nicht lenkend eingreifen, statt einfach nur unglaubwürdig verbal zu rebellieren und das auch noch mit den falschen Argumenten?

  • Hallo,
    diese Fischerei hätte nie zertifiziert werden dürfen! Wir haben uns von Anfang an vehement dagegen ausgesprochen. Aber wir haben die Zertifizierung nicht verhindern können, raten aber vom Kauf oder Verkauf der Produkte aus dieser Fischerei dringend ab und das weltweit.
    Der MSC ist kein Produkt des WWF. Wir haben ihn vor 20 Jahrzehnten mitgegründet, um die Plünderung der Meere stoppen und den Fischereisektor insgesamt umweltverträglicher zu machen. Der MSC ist aber eine eigenständige Organisation, mit eigener Geschäftsführung und eigenem Vorstand, in denen der WWF nicht mehr vertreten ist.
    Wir kämpfen seit Jahrzehnten gegen Überfischung und gegen Stillstand in der Fischereipolitik. Das war und ist eine Mammutaufgabe. Wir müssen dafür gute Werkzeuge außerhalb der Politik finden – für uns war der MSC jahrelang ein solches gutes Werkzeug. Fraglos braucht der MSC massive Reformen. Die haben wir auch schon des Öfteren eingefordert. Und das geht über Delfinschutz hinaus. Ich bin aber überzeugt: Wenn die Politik Fischerei endlich umweltverträglich regeln würde, dann bräuchten wir keinen MSC mehr. Davon sind wir aber leider weit entfernt.
    Der MSC muss ernsthafte Reformen angehen und so sein Versprechen gegenüber dem Konsumenten für eine nachhaltige Fischerei zukünftig halten. Und dafür sorgen, dass so etwas wie mit dieser "Delfin-Fischerei" nie wieder vorkommen wird.
    Lieben Gruß,

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