Coro­na: Tipps für ein Leben ohne Klopapier

Seit der Corona-Krise wird Toilettenpapier regelrecht gehamstert. © Jasmin Sessler / Pixabay

Das Coro­na-Virus sorgt für Aus­nah­me­zu­stän­de: Wäh­rend Fran­zo­sen und Ita­lie­ner sich mit Wein ein­de­cken, scheint für uns Deut­sche der Toi­let­ten­pa­pier-Vor­rat eine der größ­ten Sor­gen zu sein. Hams­ter­käu­fe und sogar Berich­te über Schlä­ge­rei­en wegen ein paar Rol­len geis­tern durch die Medi­en. Eini­ge Super­märk­te haben Klo­pa­pier-Ver­käu­fe auf weni­ge Packun­gen pro Per­son ratio­niert. Es gibt sogar einen Klo­pa­pier-Rech­ner, der ermit­teln soll, wie lan­ge der eige­ne Vor­rat noch reicht.

Zunächst ein paar Fak­ten zu Toilettenpapier:

Pro Kopf ver­brau­chen die Deut­schen jähr­lich rund 15 bis 18 Kilo­gramm Hygie­ne­pa­pier. Es besteht, wie der Name schon sagt, aus Papier. Für die ver­wen­de­ten Zell­stoff­fa­sern wer­den zumeist schnell wach­sen­de Baum­ar­ten wie Kie­fern, Bir­ken, Fich­ten oder auch Euka­lyp­tus benutzt. Nach dem Kochen wird in wei­te­ren Pro­zes­sen das Papier gebleicht, um soge­nann­te Ligni­ne (lat. Lignum=Holz) zu ent­fer­nen, die zum einen was­ser­ab­wei­sen­de Eigen­schaf­ten besit­zen und zum ande­ren das Papier bräun­lich fär­ben. Das erfor­dert einen hohen Was­ser- und Ener­gie­ver­brauch für die Pro­duk­ti­on. Hin­zu kom­men die lan­gen Trans­port­we­ge. Klo­pa­pier ist also öko­lo­gisch gese­hen eine Kata­stro­phe, da wir es nur ein­mal verwenden.

Seit der Coro­na-Kri­se redet alles über Toi­let­ten­pa­pier. © Kurt Prinz / WWF

Jetzt mögen eini­ge ein­wen­den, dass sie doch mit Recy­cling­pa­pier wischen, das ist auf jeden Fall viel bes­ser als her­kömm­li­ches. Aber auch hier­für wer­den Res­sour­cen für Pro­duk­ti­on, Trans­port und Was­ser­auf­be­rei­tung ver­braucht –von der Plas­tik­ver­pa­ckung mal ganz abgesehen.

Die Not­durft zur Not ohne Toilettenpapier

Die gute Nach­richt vor­weg: Es gibt Alter­na­ti­ven zum Papier, das kann ich aus eige­ner Erfah­rung berich­ten. Vor kur­zem war ich für ein WWF-Pro­jekt auf den Phil­ip­pi­nen und habe dort Fischer­fa­mi­li­en besucht, die oft in ärm­li­chen Ver­hält­nis­sen leb­ten. Toi­let­ten bzw. Löcher für die Not­durft gab es zwar meis­tens, aber Papier kann­ten die Men­schen dort nicht. Dafür gab es über­all Was­ser­be­cken und Hand­du­schen. Ohne ins Detail gehen zu wol­len – aber ich habe wäh­rend der Rei­se nichts ver­misst und bin auch mit die­ser Metho­de sau­ber gewor­den. Nur wie ich den Po nach der Rei­ni­gung wie­der tro­cken krie­gen soll­te, war mir ein Rät­sel. Dafür braucht man dann viel­leicht doch ein zusätz­li­ches Hand­tuch. Oder muss ein­fach fünf Minu­ten mit dem Aller­wer­tes­ten an der fri­schen Luft wackeln.

Das papier­lo­se Geschäft mit Bidets oder Poduschen

Auch in Indi­en oder im ara­bi­schen Raum ist es schon lan­ge üblich, den Po unter lau­fen­dem Was­ser zu waschen. Das geht bei­spiels­wei­se mit soge­nann­ten Podu­schen und Bidets (Sitz­wasch­be­cken). In man­chen Kul­tu­ren ist es tabu, die lin­ke Hand zu rei­chen – es ist die Popo-Sau­ber­mach­hand. Aber Hän­de rei­chen soll­ten wir uns auf­grund der Coro­na-Kri­se ja zur Zeit sowie­so nicht.

In vie­len Län­dern wer­den Bidets statt Toi­let­ten­pa­pier benutzt. CC BY-SA 4.0 / Leni­lu­cho / wikimedia.org

Wer kein Bidet zuhau­se hat, kann sich mit soge­nann­ten Hand-Bidets (z.B. Hap­py­Po) aus der Dro­ge­rie oder dem Bau­markt behel­fen. Die Gerä­te sehen aus wie elek­tri­sche Zahn­bürs­ten. Sie ent­hal­ten klei­ne Fläsch­chen, die mit Was­ser auf­ge­füllt wer­den, und anschlie­ßend durch Zusam­men­drü­cken einen Strahl erzeu­gen, mit dem sich der Po und Intim­be­reich rei­ni­gen lässt. Das ist oft hygie­ni­scher als unse­re Wisch­tech­nik, bei der wir ris­kie­ren, dass noch etwas an der Hand bleibt.

Wasch­lap­pen statt Toilettenpapier?

Eine wei­te­re, aber kei­ne gute Alter­na­ti­ve wären Wasch­lap­pen. Das ist etwas gewöh­nungs­be­dürf­tig, aber eigent­lich auch nicht viel anders als die wasch­ba­ren Stoff­win­deln, die vie­le Müt­ter bei ihren Babys ein­set­zen. Die Wasch­lap­pen soll­te man aber gut aus­spü­len und regel­mä­ßig bei 90 Grad Cel­si­us waschen, um alle Bak­te­ri­en abzu­tö­ten. Das wie­der­um ver­braucht auch sehr viel Ener­gie und Was­ser. Selbst bei 60 Grad Cel­si­us, was wohl aus­reicht, um Kei­me zu töten. Schließ­lich wür­den die­se Wasch­lap­pen nicht sehr oft benutzt (wenn nicht sogar nur ein­mal), um dann wie­der in der Wäsche zu landen.

Coro­na-Not­spen­de: Hil­fe­ru­fe aus der gan­zen Welt

Wer schon ein­mal in Japan war, der wird wahr­schein­lich begeis­tert von soge­nann­ten Dusch-WCs bzw. Wash­lets berich­ten kön­nen. Das sind Toi­let­ten, die unter der Klo­bril­le mit einer Art Was­ser­hahn-Sys­tem aus­ge­stat­tet sind, das bei Bedarf Was­ser nach oben spritzt. Sehr moder­ne Vari­an­ten die­ser Toi­let­ten haben Sen­so­ren, beheiz­ba­re Sit­ze, funk­tio­nie­ren voll elek­tro­nisch, bie­ten ver­schie­de­ne Brau­sen und Ein­stel­lun­gen für Was­ser­druck und –men­ge. Aber brau­chen wir das wirk­lich? Ich fin­de, wir ver­brau­chen so schon viel zu viel Energie. 

Ist Bam­bus eine gute Alter­na­ti­ve zu Holz?

Toi­let­ten­pa­pier aus Bam­bus scheint auf dem ers­ten Blick eine gute Alter­na­ti­ve zu sein. Bam­bus gilt als schnell nach­wach­sen­der Roh­stoff und hat den Ruf als guter Baum­er­satz. Aber auch hier gibt es eini­ge Nach­tei­le: Bam­bus wird meist in Mono­kul­tur-Plan­ta­gen ange­baut, die gedüngt und mit Che­mi­ka­li­en behan­delt wer­den. Wie her­kömm­li­che Zell­stoff­fa­sern auch, wird Bam­bus­pa­pier gebleicht. Und wie bei ande­ren Holz­plan­ta­gen auch, besteht die Gefahr, dass Natur­wald gero­det wird, um Pro­fit mit dem schnell wach­sen­den Bam­bus zu erzie­len. Anschlie­ßend muss das Toi­let­ten­pa­pier aus Asi­en zu uns trans­por­tiert wer­den, was zusätz­lich für eine (ähn­lich) schlech­te CO2-Bilanz sorgt.

Toi­let­ten­pa­pier aus Bam­bus hat Vor‑, aber auch eini­ge Nach­tei­le. CC0 Public Domain

Was ist mit Toi­let­ten­pa­pier aus Gras?

Ein ande­res Mate­ri­al, mit dem gera­de getüf­telt wird, ist Gras. Und wie Bam­bus auch, ist Gras nicht ein­fach eine Alter­na­ti­ve, nur weil es anders ist. Klar, es wächst schnell und könn­te theo­re­tisch regio­nal ange­baut wer­den. Theo­re­tisch, denn um wirk­lich öko­lo­gisch zu sein, müss­te es exten­siv bewirt­schaf­tet wer­den. Dafür gibt es gar nicht so vie­le geeig­ne­te Flä­chen. Sol­len die Gras­flä­chen regel­mä­ßi­ge Erträ­ge lie­fern, brau­chen sie Dün­ger. Damit ent­ste­hen die glei­chen Pro­ble­me wie bei ande­ren inten­siv bewirt­schaf­te­ten Flä­chen: bio­lo­gi­sche Ver­ar­mung, Dün­gung mit Mine­ral­dün­ger und Grund­was­ser­be­las­tung. Gras rückt aber tat­säch­lich in den Fokus und die Begehr­lich­kei­ten nach die­sem Roh­stoff stei­gen, da auch die Lebens­mit­tel­in­dus­trie (u.a.) Inter­es­se an neu­en Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­li­en sucht.

Feucht­tü­cher sind kei­ne Alternative

Auf kei­nen Fall soll­te man jetzt auf Feucht­tü­cher oder feuch­tes Toi­let­ten­pa­pier umschwen­ken. Die­se bestehen häu­fig aus robus­ten Tex­til­fa­sern (Vlies), die sich nicht im Was­ser zer­set­zen. Im schlimms­ten Fall ver­stop­fen die Feucht­tü­cher die Toi­let­te und sor­gen dafür, dass sich dar­in noch ande­re Din­ge ver­fan­gen und die Kana­li­sa­ti­on verstopfen.

Hin­zu kommt, dass die meis­ten Tücher mit Alko­hol, Duft- und Kon­ser­vie­rungs­stof­fen ange­rei­chert sind. Die­se rei­zen die Haut und kön­nen All­er­gien aus­lö­sen. Wer trotz­dem nicht auf feuch­tes Papier ver­zich­ten möch­te, soll­te die­ses unbe­dingt im Abfall­ei­mer entsorgen!

Unser Fazit: Ach­tet auf den blau­en Engel!

Wenn schon Papier, dann auf jeden Fall recy­cel­tes. Ach­tet auf den Blau­en Engel, der garan­tiert, dass aus­schließ­lich Alt­pa­pier ver­wen­det wur­de. Bei nicht recy­cel­tem Papier soll­ten aus­schließ­lich FSC-zer­ti­fi­zier­te Pro­duk­te gekauft werden.

Tipp: Das “sozia­le” Toi­let­ten­pa­pier von Goldeimer

Das Gold­ei­mer-Toi­let­ten­pa­pier ist zu 100 Pro­zent recy­celt und die Gewin­ne wer­den in sozia­le Arbeit inves­tiert. Mit dem Kauf von Gold­ei­mer-Toi­let­ten­pa­pier unter­stützt ihr Was­ser- und Sani­tär-Pro­jek­te von Viva con Agua und der Welt­hun­ger­hil­fe. Aller­dings müs­sen die Gold­ei­mer-Pro­duk­te mit­un­ter bestellt wer­den, da es sie noch nicht über­all zu kau­fen gibt. Eure Nach­fra­ge kann hel­fen, dass sich das viel­leicht ändert.

Die Toi­let­ten­pa­pier-Kri­se und Corona:

Wenn die Kri­se etwas Gutes hat, dann viel­leicht dass wir vie­les, was bis­her selbst­ver­ständ­lich war, in Fra­ge stel­len. Das gilt auch fürs Klo­pa­pier. Jeder soll­te für sich her­aus­fin­den, ob es denn wirk­lich immer das fünfla­gi­ge Luxus­pa­pier sein muss oder ob man nicht auf eine der Alter­na­ti­ven umschwen­ken kann. 

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Als Digitalmanagerin bin ich für die Social Media Kommunikation und digitale Projekte beim WWF zuständig. Ich hoffe, dass ich einen Teil dazu beitragen kann, das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft zu stärken und auch für die nächste Generation eine lebenswerte Erde zu erhalten. Privat bin ich Mutter zweier Jungs und gern draußen in der Natur.

Kommentare (3)

  • In Berlin ist das Toilettenpapier seid Wochen ausverkauft. Auch ein Beschenkung (1 Packung pro Kunde) hilft da auch nicht wirklich. Meine Nachbarn sind für das Toilettenpapier nach Frankfurt Oder bzw. nach Polen gefahren - finde ich etwas kurios, aber ich war froh eine Packung zu bekommen.

  • Hallo , mittlerweile bin ich im September 88 Jahre alt und viel in der Gegend herum gekommen. Als landgeprägter Großstadtbengel lernte ich die Reinigung mittels Blättern, Grasbüschel oder an Bächen kennen. Vor über 60 Jahren lernte ich auch das Waschen wie es im Maghreb üblich war. Im Sahel musste ich sogar zum Sand als Hilfsmittel greifen. Wo ist das Problem? Im Notfall hilft auch eine Dusche über der Badewanne.

  • Tatsächlich ist auch mir erst während der Anfangsphase der Pandemie bewusst geworden, dass die Wahl der Toilettenpapiermarke einen enormen Unterschied für die Umwelt ausmacht. Zuvor kaufte ich immer ein und dieselbe Marke, ohne lange nachzudenken, bis diese eines Tages ausverkauft war, und ich mir Alternativen ansehen musste. Da wir in der Firma regelmäßig Miettoiletten für verschiedene Veranstaltungen benötigen, könnte ich mir recyceltes Toilettenpapier auch hierfür vorstellen, wodurch Gäste ebenfalls auf die umweltfreundlichere Option aufmerksam gemacht werden.

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