Früh­schicht in der Wild­nis- wie ent­hornt man Nashörner

Letztes Mittel: Zum Schutz vor Wilderern werden Rhinos die Hörner entfernt. Zum Schutz © Ursina Rusch/WWF Südafrika

Die Zah­len sind erschre­ckend: Im ers­ten Halb­jahr 2024 fie­len in Süd­afri­ka min­des­tens 230 Nas­hör­ner Wil­de­rern zum Opfer. Die Kri­se der ver­gan­ge­nen Jah­re setzt sich fort. Um die Tie­re zu schüt­zen, set­zen Natur­schüt­zer in vie­len süd­afri­ka­ni­schen Parks auf die Ent­hor­nung der Rhi­nos. Die Ent­fer­nung des nach­wach­sen­den Horns ist schmerz­los, aber auf­wen­dig und hilft, Wil­de­rern das Geschäft zu ver­der­ben. Unse­re Kol­le­gin Ursi­na Rusch vom WWF Süd­afri­ka war dabei. Ein Erfahrungsbericht. 

Früh­schicht im Busch

Wie jeden Tag klin­gelt mein Wecker um 5:30 Uhr. Ich krie­che aus mei­nem Zelt im Basis­la­ger. Noch ist es dun­kel, und ich mache mich auf den Weg zu den Gemein­schafts­wasch­an­la­gen. Bei Tages­an­bruch huschen eini­ge von uns durch die Küche, stop­fen ein paar Snacks in ihre Taschen und trin­ken schnell eine Tas­se Kaf­fee. Ich wer­de einem der Heli­ko­pter­teams zuge­teilt. Mein Job heu­te ist es, diver­se bio­lo­gi­sche Pro­ben von jedem ent­horn­ten Nas­horn zu sammeln.

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Wir arbei­ten in Fün­fer­teams: eine Per­son mit der Ket­ten­sä­ge, um das Rhi­no zu ent­hor­nen, ein Schrei­ber, der Detail­in­fos über alle Nas­hör­ner auf­zeich­net, ein Pro­ben­samm­ler und zwei „Mus­kel-Typen“. Deren Job ist es, die betäub­ten Nas­hör­ner in eine sta­bi­le und siche­re Posi­ti­on zu bringen.

Jedes Team (nor­ma­ler­wei­se sind zwei oder drei sol­cher Teams unter­wegs) wird mit einem gro­ßen Hub­schrau­ber von einem Nas­horn zum nächs­ten geflo­gen. Ein Tier­arzt fliegt in einem klei­ne­ren Heli­ko­pter vor­aus, aus dem er die Nas­hör­ner durch einen Schuss mit dem Betäu­bungs­ge­wehr narkotisiert.

Es braucht kräf­ti­ge Mus­keln, um die betäub­ten Kolos­se in eine siche­re Posi­ti­on zu brin­gen. ©Ursi­na Rusch/ WWF Südafrika

Mein Team, hat Glück – wir dür­fen in die iMfo­lo­zi-Wild­nis flie­gen, um den Tag zu begin­nen. Was für ein Pri­vi­leg, am frü­hen Mor­gen über ein wun­der­schö­nes Schutz­ge­biet zu flie­gen! Wir flie­gen über nebel­be­deck­te Täler in die Mor­gen­son­ne und wecken Her­den von Büf­feln, Gnus, Impa­las und den einen oder ande­ren Elefanten.

Bib­bern mit traum­haf­tem Ausblick

Ziem­lich durch­ge­fro­ren (der Heli­ko­pter fliegt ohne Türen), lan­den wir bei den ers­ten zwei Breit­maul­nas­hör­nern, die unser Vete­ri­när bereits nar­ko­ti­siert hat. Es han­delt sich um einen Bul­len und ein Kalb. Unge­wöhn­lich. Nor­ma­ler­wei­se sind die Jung­tie­re mit ihren Müt­tern unter­wegs. Aber wäh­rend unse­rer Ein­sät­ze sto­ßen wir häu­fi­ger auf jun­ge Nas­hör­ner mit erwach­se­nen Männ­chen. Wir ver­mu­ten, dass dies auf die hohe Wil­de­rei im Park zurück­zu­füh­ren ist.

Man­che Tie­re haben Schuss­wun­den, die bei der Ent­hor­nung gleich mit ver­sorgt wer­den. © Ursi­na Rusch/WWF Südafrika

Wil­de­rei hin­ter­lässt ihre Spuren

Wenn ein Weib­chen erschos­sen wird, las­sen die Wil­de­rer manch­mal ein Kalb zurück. Ist das Wai­sen­kind noch auf Milch ange­wie­sen, sind sei­ne Über­le­bens­chan­cen win­zig. Fin­den es die Ran­ger nicht inner­halb von 48 Stun­den, ver­hun­gert es in der Regel oder wird zur leich­ten Beu­te von Raub­tie­ren. Grö­ße­re Käl­ber suchen jedoch oft nach Art­ge­nos­sen, denen sie sich anschlie­ßen kön­nen, und es scheint, dass erwach­se­ne Bul­len nichts dage­gen haben, ein oder zwei Wai­sen im Schlepp­tau zu haben.

Wir neh­men uns den Bul­len und das Jung­tier vor, ent­neh­men Blut‑, Haar- und Kot­pro­ben für For­schungs­zwe­cke und ver­se­hen bei­de mit einem Mikro­chip. Die gan­ze Pro­ze­dur geht schnell. Der Rekord liegt bei sie­ben Minu­ten! Ent­hor­nung inclu­si­ve. Nach der Behand­lung ver­ab­rei­chen wir den Tie­ren ein Gegen­mit­tel. Inner­halb von ein bis zwei Minu­ten sind sie wie­der auf den Bei­nen. Wir rufen per Funk den Heli­ko­pter, und ab geht´s zum nächs­ten Patienten.

Ursi­na Rusch bei der Ent­nah­me einer Blut­pro­be. Die Ent­hor­nung wird mit einem Gesund­heits­check kom­bi­niert. © WWF Südafrika

Kno­chen­job für ein­ge­spiel­te Teams

Die Teams sind ein­ge­spielt. An einem guten Tag schaf­fen sie es, 30 bis 40 Nas­hör­ner zu ent­hor­nen. Aber der Job ist har­te Arbeit. Auf­grund des stei­len Gelän­des oder des dich­ten Busches kann der Heli oft nicht in der Nähe der betäub­ten Tie­re lan­den, und so ren­nen wir mit der kom­plet­ten Aus­rüs­tung oft über hüge­li­ges Gelän­de und durch den dich­ten Busch.

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Ein Kno­chen­job, der im Lau­fe der Wochen sei­ne Spu­ren hin­ter­lässt. Der Rücken schmerzt, die Knie krib­beln und der Kör­per fühlt sich immer schwe­rer an, wenn früh­mor­gens der Wecker klin­gelt. Und den­noch: Ich glau­be nicht, dass irgend­je­mand von uns die­se Arbeit gegen einen ande­ren Job ein­tau­schen würde.

Nicht alle pas­sen in den Hub­schrau­ber. Wer Pech hat, muss sich mit dem Jeep auf den Weg zurück ins Camp machen.      © Ezem­ve­lo /KZN Wildlife

Gegen Mit­tag macht die Hit­ze dem mor­gend­li­chen Ein­satz ein Ende. Wir ver­sam­meln uns alle an der Heli­ko­pter-Tank­stel­le und losen, wer mit den Hub­schrau­bern zurück zum Camp flie­gen darf. Wer Pech hat, muss den Rück­weg mit dem Jeep antre­ten. Der braucht eine hal­be Stun­de län­ger. Heu­te habe ich Glück und  gewin­ne einen Sitz­platz im Helikopter.

Vom Heli an den Laptop

Zurück im Basis­la­ger drän­gen wir uns noch ein­mal in die Küche – hung­rig, durs­tig, stau­big und müde. Nach einer kur­zen Dusche mache ich mich mit mei­nem Lap­top auf den Weg zu den Büros, um mit mei­ner nor­ma­len Arbeit als Popu­la­ti­ons­ma­na­ger für das Pro­jekt zur Erwei­te­rung des Spitz­maul­nas­horn-Gebie­tes des WWF zu beginnen.”

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Ursina Rusch ist Projektmanagerin beim WWF Südafrika und kümmert sich vor allem um den Schutz der Nashörner. © WWF Südafrika

Kommentare (1)

  • Warum werden Nashörner enthornt.?
    Ist das nicht ein böser Eingriff in die Natur der Tiere.?

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