Über Mode kann man nicht strei­ten – aber über Tiger

Im Jahr des Tigers ist der Tiger in der Mode schwer angesagt © luanateutzi / iStock / Getty Image

Alle zwölf Jah­re ist nach dem chi­ne­si­schen Horo­skop Jahr des Tigers. 2022 ist es wie­der so weit. Der dies­jäh­ri­ge Tiger wird spe­zi­ell als Was­ser­ti­ger bezeich­net, der ein star­kes Selbst­wert­ge­fühl und eine hohe Lern­be­reit­schaft her­vor­ru­fen kön­nen soll. Wäre ja schön, wenn wir gera­de beim The­ma Tiger etwas ler­nen könnten.

Alles rund um den Tiger wird 2022 viel Auf­merk­sam­keit bekom­men, welt­weit, nicht nur in Chi­na. Es wird um Arten­schutz gehen – und noch mehr ums Geschäft. Vie­le Mode­mar­ken star­ten bei­spiels­wei­se spe­zi­el­le Kol­lek­tio­nen im Zei­chen des Tigers, auch die beson­ders edlen. Guc­ci, Pra­da, Envi­su, Balen­cia­ga, alle sind sie plötz­lich dabei, wenn es um „Tiger“ geht.

Tiger­so­cken gefällig?

Wer es sich leis­ten kann und will, wird aller­lei gestreif­tes fin­den: Tiger­so­cken, Plüsch­san­da­len, Snea­k­ers, Kap­pen, Pul­lis, Jacken oder Taschen. Der Tiger steht wie­der und ein­mal mehr für Pres­ti­ge und Luxus, mit dem Tiger wird mal wie­der viel Geld verdient.

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Es ist ja wahr­lich nichts neu­es, sich auf der Suche nach Pres­ti­ge mit dem Tiger zu schmü­cken. Tiger haben den Men­schen schon immer fas­zi­niert. Sie ste­hen für Kraft, Mut und Stolz, sind schön, majes­tä­tisch, und ein biss­chen mys­te­ri­ös. Sie haben kei­ne Fress­fein­de, viel­leicht haben sich des­halb Mäch­ti­ge und Machos schon immer ger­ne mit Tigern gleich­ge­setzt. Es gibt heu­te noch Kampf­flug­zeu­ge, Sport­mann­schaf­ten, Boxer und Fuß­bal­ler, die Tiger hei­ßen oder so genannt wer­den wol­len. Sie alle wol­len sich ger­ne der Sym­bo­lik des Tigers bedie­nen – viel­leicht ja doch auch ein wenig von dem Aber­glau­ben getra­gen, ein paar Cha­rak­te­ris­ti­ka des Tigers könn­ten auf sich über­sprin­gen oder in ihnen geweckt wer­den. Auf modern heißt das dann wohl „Image­trans­fer“.

Das Dra­ma des Tigers

Die anschei­nend so hoch­ge­schätz­ten Tiger haben aber davon nichts, im Gegen­teil. Es ist das Dra­ma des Tigers, dass wir Men­schen so viel auf ihn pro­ji­zie­ren. Etwas 100.000 Tiger beherrsch­ten noch vor 120 Jah­ren die Wäl­der Asi­ens, heu­te sind es weni­ger nur noch weni­ge tau­send. Ohne die auf­wän­di­gen Schutz­maß­nah­men wären es noch viel, viel weni­ger oder viel­leicht sogar schon gar kei­ne mehr. Schließ­lich gibt es genü­gend Län­der, in denen frei­le­ben­de Tiger schon heu­te nicht mehr vor­kom­men. Wie bei­spiels­wei­se China.

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Tiger wur­den erbar­mungs­los gejagt, auch als eine Art Gesell­schafts­sport. In der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts war die Tro­phä­en­jagd die Haupt­be­dro­hung für Tiger, zehn­tau­sen­de wur­den allei­ne in Indi­en abge­schos­sen. Unzäh­li­ge Tiger­fel­le, Köp­fe und Kral­len „schmück­ten“ die Häu­ser von denen, die es sich leis­ten konn­ten. Ein Tiger­fell an der Wand war auch noch im 20. Jahr­hun­dert chic.

Heu­te ist vor allem auch der Ver­lust ihrer Lebens­räu­me eine der größ­ten Bedro­hun­gen. In den letz­ten 150 Jah­ren schrumpf­te der Lebens­raum um 95 Pro­zent. Die Jagd auf Tiger ist zum Glück schon lan­ge ver­bo­ten, der Han­del mit Tiger­tei­len auch.

Was nicht ver­schwun­den ist: der Markt

Tiger wer­den gewil­dert und ille­gal gehan­delt – die final desti­na­ti­on ist in den meis­ten Fäl­len Chi­na. Für Tiger­tei­le wer­den auf dem Schwarz­markt astro­no­mi­sche Prei­se bezahlt. Den Kno­chen wer­den Heil­kräf­te gegen Gelenks­ent­zün­dun­gen zuge­spro­chen. Amu­let­te aus Zäh­nen, Kral­len oder ande­ren Tiger­tei­len sind belieb­te Talis­män­ner. Tiger­wein soll gegen Rheu­ma und all­ge­mei­ne Immun­schwä­che hel­fen. Vor allem aber ist er ein Zei­chen von Prestige.

Es leben viel mehr Tiger in Gefan­gen­schaft als in der frei­en Natur © Wolf­gang Stei­ner / iStock / Get­ty Images

Tiger in Gefangenschaft

In omi­nö­sen Tiger­parks in Thai­land, Laos, Viet­nam oder Chi­na wer­den nach wie tau­sen­de Tiger gehal­ten. Vor­der­grün­dig geht es um ver­meint­lich harm­lo­se Ver­gnü­gun­gen wie ein Sel­fie mit Tiger oder Tiger­ba­bys füt­tern und auf dem Arm hal­ten. Hin­ter den Kulis­sen belie­fern die­se soge­nann­ten Parks oder Zoos nicht sel­ten den Schwarz­markt mit ihren „über­schüs­si­gen Tie­ren.“ Vor allem die älte­ren Tie­re, die nicht mehr als süßes Kuschel­tier die­nen und deren Unter­halt teu­er ist, für die Betrei­ber. So kann also mit den gefan­ge­nen Tie­ren dop­pelt ver­dient wer­den – legal und ille­gal. Wir for­dern schon lan­ge ein Ver­bot die­ser omi­nö­sen Tiger­ein­rich­tun­gen, die den Tiger nicht ret­ten, son­dern sei­ne Aus­beu­tung nur wei­ter befeu­ern. Wäre das nicht schön, wenn das im Jahr des Tigers end­lich pas­sie­ren würde?

Schät­zungs­wei­se wer­den mehr als 20.000 Tiger in Gefan­gen­schaft gehal­ten: eini­ge in wis­sen­schaft­lich arbei­ten­den Zoos, vie­le aller­dings in Zir­kus­sen, zwei­fel­haf­ten Tiger­parks, oder sogar in Pri­vat­be­sitz. Wir alle erin­nern uns an die Serie Tiger King. Allei­ne in Texas leben mehr Tiger in Gefan­gen­schaft als es heu­te in frei­er Wild­bahn gibt.

 Tiger als Luxussymbol

Umso bit­te­rer, dass in der Wer­bung für die Guc­ci-Kam­pa­gne zum Jahr des Tigers die Models mit einem Tiger pous­sie­ren, dass im Clip ein Tiger durch die edle Vil­la streift, wie ein Luxus Asset. Das ist dane­ben, das ist im Jahr des Tigers 2022 bes­ten­falls gest­rig. Und auf jeden Fall pein­lich. Nein, der Tiger ist kein Haus­tier für die, die sich eh alles leis­ten können.

Das Jahr des Was­ser­ti­gers steht wie gesagt auch für das Ler­nen. Ich kann nur hof­fen, dass wir alle end­lich ler­nen, dass der Tiger eben mehr als ein Sym­bol für Pres­ti­ge ist. Dass er auf kei­nen Fall in eine Vil­la gehört, son­dern in die Natur. Dass es dar­um geht sein Aus­ster­ben zu ver­hin­dern. Dass sein Über­le­ben auch den Schutz enorm wich­ti­ger Lebens­räum bedeu­tet. Dass unser Respekt die­ser bedroh­ten Art gegen­über auch Respekt gegen­über der Natur für uns alle bedeutet.

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Als Forstwissenschaftlerin arbeite ich an Wald- und Artenschutzprojekten in Südasien. An dieser Aufgabe darf ich mit bereichernden Menschen aus aller Welt wachsen - und manchmal auch scheitern. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es eben nicht egal ist, wie wir Menschen uns auf der Welt benehmen. Gleichzeitig glaube ich fest daran, dass wir es besser können. Uns muss klar sein, dass jeder Schritt, den wir gehen, jede Entscheidung, die wir treffen, Konsequenzen hat. Für uns und unseren Planeten. Wenn ich jeden Tag Fleisch essen muss, dann wird irgendwo am anderen Ende der Welt Regenwald abgeholzt. Der Verlust der Wälder verändert wiederum unser Klima und das betrifft uns alle. Alles hängt zusammen und wir sind ein Teil dieser Welt – genauso wie jeder Wald, jeder Vogel, jeder Fisch oder Elefant. Dieses Bewusstsein muss Grundlage unseres täglichen Handelns werden – das ist die Basis meiner Arbeit.
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