Jedes Jahr wird über „ungewöhnliche“ Sichtungen von Haien vor den Badestränden des Mittelmeeres berichtet. Die Bild-Zeitung titelte vor wenigen Tagen gewohnt alarmistisch: KAMPF UM LEBEN UND TOD: Hai-Alarm auf Malle.
Dabei sind Haie ganz normale Bewohner des Mittelmeeres und spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem. Sie gehören zu den Knorpelfischen, wie auch Rochen und Seekatzen. Das Mittelmeer ist sogar ein Hotspot der Artenvielfalt für Knorpelfische.
Im Mittelmeer sind mehr als 80 Knorpelfischarten bekannt. Von diesen wurden 73 Arten auf ihren Gefährdungsstatus hin bewertet. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte ist bedroht! Als Räuber spielen Haie eine wichtige Rolle im Nahrungsgefüge. Sie gewährleisten eine hohe Artenvielfalt und gesunde Bestände. Die deutliche Bedrohung dieser Schlüsselarten zeigt, dass die Gesundheit des Mittelmeeres insgesamt schwindet.
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Welche Haie leben im Mittelmeer?
Was viele nicht wissen: Auch der berühmte Weiße Hai lebt im Mittelmeer. Historische Quellen belegen sogar, dass er schon seit dem Jahr 476 n. Chr. dort vorkommt. Ihre Jungen bekommen die mediterranen Weißen Haie wahrscheinlich in der Meerenge von Sizilien, der Adria und dem Ägäischen Meer.
Der Heringshai streift auch durch das Mittelmeer. Er sieht dem Weißen Hai sehr ähnlich, da er mit ihm eng verwandt ist. Nur ist er erheblich kleiner und ein flinker Fischräuber.
Ein weiterer Hai, der im Mittelmeer sein Zuhause hat, ist der Sandtigerhai. Er ist der einzige Hai, der Luft in seinem Magen speichern kann. Der funktioniert dann als eine Art Schwimmblase. Das ermöglicht dem Sandtigerhai auf einer Stelle im Wasser zu schweben, wie zum Beispiel in Höhlen und unter Überhängen, wo er sich gern ruhend am Tage aufhält.
Der Blauhai ist die am weitesten verbreitete Knorpelfischart. Blauhaie leben eher in den küstenferneren Gegenden des Mittelmeeres. Dort tauchen sie bis zu 350 Meter tief. Mit ihren großen Brustflossen und der tiefblauen Körperfarbe sind sie an ein Leben im offenen Meer perfekt angepasst.
Auch der zweitgrößte Fisch der Welt, der Riesenhai, ist wieder häufiger an der spanischen Mittelmeerküste gesichtet worden. Dieser riesige Vertreter der Haie, der ausgewachsen über zehn Meter lang werden kann, ist ein harmloser Planktonfresser und schwimmt häufig gemächlich an der Wasseroberfläche, um Planktonschwärme zu durchsieben. Es gibt ihn übrigens auch in der Nordsee.
Weitere im Mittelmeer lebende Haiarten sind zum Beispiel Engelhaie, die eher aussehen wie Rochen, und die nach ihrer tiefbraunen Farbe benannten Schokoladenhaie.
Beim Baden im Mittelmeer von einem dieser Haie angegriffen zu werden ist dabei aber sehr, sehr unwahrscheinlich. Da ist es deutlich wahrscheinlicher auf dem Weg zum Strand in einen Autounfall zu geraten.
Gefährdet sind nicht wir, sondern die Haie
Die Haie im Mittelmeer stellen für uns also kaum eine Gefahr dar. Das einzige was man von Haien befürchten muss, ist, dass sie bald aussterben. Denn durch menschliches Handeln sind die Hälfte der dort vorkommenden Haie auf der Roten Liste der bedrohten Arten als gefährdet eingestuft. 20 von ihnen sind sogar akut vom Aussterben bedroht, wie zum Beispiel der Blau‑, Mako- und auch Heringshai.
Überfischung ist die größte Gefahr
Insbesondere die Überfischung macht den Haien zu schaffen: Im Mittelmeer sind 80 Prozent der kommerziellen Fischbestände überfischt. Haie landen dabei als Beifang auch im Netz. Immer noch ist in vielen Ländern Haifleisch sehr beliebt. Teilweise werden sie jedoch illegal als hochpreisiger Schwertfisch verkauft, um das meiste aus den immer dürftigeren Fängen rauszuholen. Das funktioniert, weil diese meist bereits gehäutet oder als Filet angeboten werden. Der ursprüngliche Fisch ist damit nicht mehr klar erkennbar.
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Weil Haie meist wenige Nachkommen produzieren und nur langsam wachsen, können ein paar Jahre der Überfischung ihre Bestände schnell reduzieren. Sie erholen sich davon nur schwer. Dieser Negativtrend ist bei allen Haien im ganzen Mittelmeerraum zu beobachten.
Die dichte Besiedelung der Mittelmeerküste und die unzähligen Touristen sind ein weiterer Störfaktor für die Haie. Die Menschen verschmutzen das Meer mit Schadstoffen wie Schwermetallen, Pestiziden und Plastik. Da Haie lange leben, lagern sich über die Jahre Schadstoffe in ihren Körpern an. In Blau- und Makohaien wurden zum Beispiel Quecksilberwerte vier Mal über dem erlaubten Maximum gemessen. Mehr als ein Viertel untersuchter Blauhaie hatten zudem Spuren von Plastik in sich.
Wie können wir den Hai vor dem Aussterben retten?
Eine Analyse des WWF zeigt erschreckende Bilder verbotener Fänge. Wir fordern zum Schutz der Haie ein besseres Management und die Regulierung der Hai-Fischereien. Haie dürfen kein Freiwild sein! Vor allem müssen die bereits bestehenden Maßnahmen auch umgesetzt werden. Die Datenaufnahme und Kontrolle von Fängen muss verbessert, Beifänge reguliert und besonders wichtige Lebensräume, wie Geburts- und Aufzuchtgebiete geschützt werden.
Was, wenn man doch einem Hai begegnet?
Begegnet man im unwahrscheinlichen Fall beim Schwimmen im Mittelmeer einem Hai und fühlt sich unsicher, sollte man sich ruhig aus dem Wasser an den Strand bewegen. Und das Schauspiel von dort aus betrachten.
Kommentare (5)
Ihr habt bei den Bedrohungen für die Haie vergessen, das perverse Finning zu erwähnen, bei dem lebendigen Haien die Flossen abgeschnitten werden, um diese als "Delikatesse" hauptsächlich in China zu verkaufen. Die Haie werden dann wieder ins Meer geworfen und verenden qualvoll.
Es wäre auch sehr schön, wenn ihr einen Link zu der Petition von stop-fining-eu hinzufügen könntet, um den Fokus auch auf das, von meiner Vorrednerin hingewiesene Problem, zu lenken.
Dankeschön.
Zwei sehr gute Kommentare, denen ich mich anschließen möchte. Vielleicht könnten hier Petitionen zum Schutz der Haie und Verbot des Beifangs bzw. des stop-finng-eu hilfreich sein.
Liebe Frau Dauksch, Finning spielt im Mittelmeer keine Rolle als Bedrohung der dortigen Haie. Die Verarbeitungspraxis ist weltweit vielerorts geächetet und in der EU seit 2003 verboten. Es gibt in der EU keine Policy-Lücke, wenn auch die Kontrollen sicherlich verbessert werden müssten. Obige Petition ist seit Januar 2022 abgeschlossen, bitte wenden sie sich an die Petenten für aktuelle Informationen, bei der es um ein Ganzkörperhandelsgebot von Haien ging, nicht um Fangverbote oder andere Fischereimanagementmaßnahmen.
habe mich sehr gewundert, dass in Kroatien in einem 4*-Hotel am Buffet Haifleich angeboten wird - gibt es da keine Verbote ??? Schrecklich, das zu sehen.