Pant­anal: der größ­te Schwamm der Welt

Das Pantanal ist eines der wichtigsten und größten Feuchtsavannen der Erde. © WWF Paraguay

Das Pant­anal ist das größ­te Feucht­ge­biet der Welt. Ein gigan­ti­sches Mosa­ik aus Seen, Flüs­sen, Auen, Sümp­fen und Savan­nen, mit etwa 230.000 Qua­drat­ki­lo­me­tern fast halb so groß wie Deutsch­land. Es sind schein­bar end­lo­se Kilo­me­ter über­flu­te­te Gras- und Savan­nen­land­schaf­ten in Bra­si­li­en, Boli­vi­en und Para­gu­ay. In dem para­gu­ay­ischen Teil arbei­te ich, um die­se ein­zig­ar­ti­ge, noch sehr unbe­rühr­te Land­schaft bes­ser zu schützen.

Das Pant­anal — ein Schwamm halb so groß wie Deutschland

In die­sem Laby­rinth aus Fluss­ar­men, Feucht­wäl­dern und Tro­cken­zo­nen gibt es enor­me Bio­di­ver­si­tät. Im Pant­anal herr­schen per­fek­te Bedin­gun­gen für eine Viel­zahl von Arten, die hier eine Nische gefun­den haben. Etwa 650 ver­schie­de­ne Vögel und 240 Fisch­ar­ten leben hier. Aber auch 60 Amphi­bi­en- und 100 Rep­ti­li­en­ar­ten sind hier behei­ma­tet, min­des­tens 120 Säu­ge­tier­ar­ten und sagen­haf­te 1.700 Pflan­zen­ar­ten. Hier leben der gro­ße Amei­sen­bär, der Rie­sen­fisch­ot­ter und das Rie­sen­gür­tel­tier. Für mich eini­ge der sym­pa­thischs­ten Arten der Welt. Hier nennt man sie Los Tres Gigantes.

Wäh­rend der Regen­zeit ver­sin­ken fast 80 Pro­zent des Pant­anal für meh­re­re Mona­te unter Was­ser. Das Gebiet funk­tio­niert wie ein Schwamm, der das Süß­was­ser auf­saugt, spei­chert und nach und nach wie­der abgibt. Dadurch schützt es unter ande­rem auch die Haupt­stadt Asun­ci­on vor Überflutungen.

Nor­ma­ler­wei­se sind die Rie­sen­ot­ter nicht so zutrau­lich wie die­ses zah­me Exem­plar. © WWF Paraguay

Um das Pant­anal wirt­schaft­lich zu erschlie­ßen, ent­ste­hen aber immer mehr Stra­ßen, die die sen­si­blen Gebie­te zer­schnei­den. Oft­mals wer­den die Feucht­ge­bie­te in Vieh­wei­den oder Äcker für Zucker­rohr und Soja umge­wan­delt. Das hat gra­vie­ren­de Fol­gen für das gesam­te Ökosystem.

Abge­schie­den­heit ist Fluch und Segen

Die tra­di­tio­nel­le Wei­de­wirt­schaft ist eine der wich­tigs­ten Wirt­schafts­zwei­ge im Pant­anal. © WWF / Ilka Petersen

Trotz­dem ist das Pant­anal noch schwer erreich­bar. Wie schwer, das mer­ken wir immer wie­der selbst. Mal steckt das Auto im Schlamm fest. Mal ist die Regi­on für Wochen abge­schnit­ten, weil es wochen­lang reg­net. Oder die Kol­le­gen hän­gen fest, weil auch der „Flug­ha­fen“ (eher eine Schot­ter­pis­te) nicht mehr zu benut­zen ist. Da heißt es fle­xi­bel sein.

Wir arbei­ten im Distrikt Bahia Negra. Der ist zwar der größ­te in Para­gu­ay, aber sehr gering besie­delt. Hier leben nur 0,07 Men­schen pro Qua­dra­me­ter. Der größ­te Teil der Bewoh­ner kommt aus indi­ge­nen Gemein­schaft der Yshir. Mit ihnen arbei­ten wir für eine nach­hal­ti­ge Land­nut­zung (engl. Sus­tainable Lan­du­se — SuLu).

Grund­le­gend für unser Pro­jekt SuLu ist die Iden­ti­fi­ka­ti­on von beson­ders wert­vol­len Gebie­ten. Die Gebie­te mit gro­ßer Bedeu­tung für die Arten­viel­falt, CO2-Spei­che­rung und das öko­lo­gi­sche Gleich­ge­wicht müs­sen am drin­gends­ten geschützt wer­den. Dafür schu­len wir die loka­len Behör­den und die Bevöl­ke­rung. Wir arbei­ten gemein­sam mit ande­ren NGOs und Regie­rungs­stel­len dar­an, Kar­ten und Land­plä­ne zu erstel­len. Die­se die­nen als Grund­la­ge für den Schutz und eine nach­hal­ti­ge Nutzung.

Ins­be­son­de­re in den Feucht­sa­van­nen kann die tra­di­tio­nel­le, exten­si­ve Vieh­zucht eine nach­hal­ti­ge Ein­kom­mens­quel­le sein. Für sie müss­ten kei­ne wert­vol­len Flä­chen umge­wan­delt wer­den. Die Kühe sind an die Bedin­gun­gen vor Ort ange­passt. Sie kön­nen in und mit dem Öko­sys­tem bes­tens leben. Aller­dings benö­ti­gen die Far­mer Unter­stüt­zung.  Denn der Druck auf die Flä­che wächst — und viel ver­die­nen sie mit die­ser Form der Land­wirt­schaft nicht.

Lohnt sich Nach­hal­tig­keit für die Land­wir­te überhaupt?

Bei mei­ner letz­ten Rei­se hat einer der – bereits sehr nach­hal­tig agie­ren­den — Far­mer erzählt, dass es lei­der als ren­ta­bler ange­se­hen wer­de, neu­es Land umzu­wan­deln. Das heißt: Abzu­hol­zen und/oder tro­cken legen, anstatt nach­hal­tig zu wirt­schaf­ten. Des­we­gen ist es ein Teil unse­res Pro­jek­tes, zusam­men mit dem Thü­nen-Insti­tut, Kos­ten-Nut­zen-Ana­ly­sen zu erstel­len. Wir wol­len zei­gen, was poli­tisch und finan­zi­ell getan wer­den muss, um die auch kul­tu­rell wich­ti­ge Form der tra­di­tio­nel­len, exten­si­ven Vieh­zucht beizubehalten.

Das ist das inter­na­tio­na­le Team mit Kol­le­gin­nen aus Para­gu­ay, Kolum­bi­en, Boli­vi­en und Deutsch­land. © WWF Paraguay

Pant­anal-Dekla­ra­ti­on” macht gro­ße Hoffnung

Gera­de haben Regie­rungs­ver­tre­ter von Para­gu­ay, Boli­vi­en und Bra­si­li­en auf dem Welt­was­ser­fo­rum 2018 die „Pant­anal Dekla­ra­ti­on“ unter­schrie­ben. Dar­in haben sie sich ver­pflich­tet, grenz­über­schrei­tend für den Schutz und die nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung die­ses ein­zig­ar­ti­gen Öko­sys­tems ein­zu­set­zen. Ein gro­ßer Erfolg, denn wir arbei­ten seit Jah­ren dar­an, dass dem Pant­anal mehr Beach­tung und Schutz zugu­te­kommt — als öko­lo­gi­sches Juwel Südamerikas.

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Expertin für Palmöl, seit 2009 beim WWF Deutschland. Anfangs habe ich nicht verstanden, warum wir bei den Runden Tischen mitmachen. Aber bei Besuchen in den Produktionsländern habe ich gesehen, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen müssen. Manchmal frustrierend, weil alles viel zu langsam geht - aber wenn man auf einer guten Palmöl-Plantage steht, zerbrechen schon mal Feindbilder. Im Urlaub stecke ich den Kopf am liebsten beim Tauchen unter Wasser. Im Büro sorgt mein Hund Lotte für Entspannung.
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