Bra­si­li­ens größ­te Kata­stro­phe: Rio Doce

Begraben unter Giftschlamm © Antonio Cruz/Agência Brasil

Wir kämp­fen jetzt schon lan­ge für den Ama­zo­nas und sei­ne Men­schen – und damit gegen den Kahl­schlag, gegen Stau­damm­pro­jek­te, gegen eine Aus­wei­tung des Berg­baus. Die Ereig­nis­se der letz­ten Wochen geben uns lei­der ein­mal mehr Recht. Bra­si­li­en kämpft aktu­ell gegen eine rie­si­ge Umweltkatastrophe.

Was ist passiert?

Unter Gift­schlamm begra­ben © Anto­nio Cruz/Agência Brasil

Es ist die größ­te Berg­bau­ka­ta­stro­phe in der Geschich­te Bra­si­li­ens, viel­leicht sogar die größ­te öko­lo­gi­sche Kata­stro­phe des Lan­des: Vor knapp zwei Wochen bra­chen die Mau­ern zwei­er Abraum­be­cken der Erz­mi­ne Samar­co in Maria­na (Bun­des­staat Minas Gerais). Das Dorf Ben­to Rodri­gues wur­de über­flu­tet, tau­sen­de von Hekt­ar frucht­ba­ren Bodens unter 60 Mil­lio­nen Kubik­me­tern Schwer­me­tall­schlamm begra­ben. Wahr­schein­lich kamen mehr als 20 Men­schen ums Leben. Mit dem Rio Doce fließt nun die Gift­flut Rich­tung Atlan­tik, über 500 Kilo­me­ter Fluss­lauf wer­den ver­seucht. Eine gan­ze Regi­on ist von der Was­ser­ver­sor­gung abge­schnit­ten, Hun­dert­tau­sen­de wer­den mit Tank­last­wa­gen ver­sorgt — Betrof­fen sind aber noch viel mehr Menschen.

Der Rio Doce ist tot

Prä­si­den­tin Dil­ma Rouss­eff ver­gleicht den Scha­den mit der Ölka­ta­stro­phe im Golf von Mexi­ko 2010. „Der Rio Doce ist tot“, schreibt die NZZ kurz. Pro­ben aus den ver­schlamm­ten Fluss­ab­schnit­ten durch das städ­ti­sche Abwas­ser- und Was­ser­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men der Stadt Baixo Guan­du bestä­tig­ten die Gift­fracht im Was­ser: Alu­mi­ni­um, Blei, Kup­fer, Arsen, Queck­sil­ber. Wann und ob das Fluss­was­ser wie­der genutzt wer­den kann ist höchst fraglich.

Jetzt beginnt das Was­ser im emp­find­li­chen Mün­dungs­sys­tem des Rio Doce braun zu wer­den. Wir fürch­ten schwe­re Schä­den an den arten­rei­chen, emp­find­li­chen Küs­ten­öko­sys­te­men im Mün­dungs­ge­biet, in den küs­ten­na­hen Auf­zucht­ge­bie­ten von Walen, Rochen und Mee­res­schild­krö­ten. Die Mee­res­schutz­ge­bie­te Com­bo­is, Cos­ta das Algas und San­ta Cruz gel­ten als bedroht. Eine Kata­stro­phe auch für die Men­schen, die hier von Fische­rei und Tou­ris­mus leben.

Hun­der­te poten­zi­el­le Katastrophen

Betrof­fen sind zehn­tau­sen­de Men­schen © Anto­nio Cruz/Agência Brasil

Die Mine Samar­co gehört den welt­größ­ten Berg­werks­kon­zer­nen Vale (Bra­si­li­en) und BHP Bil­li­ton (Australien/Großbritannien). Sie haben wie­der­holt geäu­ßert, der Schlamm sei nicht gif­tig. Die Pro­duk­ti­on der Samar­co-Mine wur­de im ver­gan­ge­nen Jahr um fast 40 Pro­zent auf 30,5 Mil­lio­nen Ton­nen erhöht – mit ent­spre­chen­der Zunah­me des Minen­ab­raums. Die­ser Berg­bau­schlamm wird in Däm­men gehal­ten – eine höchst unsi­che­re Form von Auf­be­wah­rung, wie sich nicht erst jetzt durch den Ein­sturz der Stau­mau­ern gezeigt hat. Die gebors­te­nen Däm­me sind nur drei von meh­re­ren hun­dert. Jeder von ihnen die nächs­te poten­zi­el­le Katastrophe.

Geset­zes­no­vel­le durch die Hin­ter­tür der Katastrophe

Zum beson­de­ren Hohn hat das Par­la­ment einen Unter­su­chungs­aus­schuss ein­be­ru­fen. Von den 18 Deputatos/Mitgliedern des Unter­hau­ses wur­de der Wahl­kampf von 13 Berg­bau­fir­men finanziert.

Die Berg­bau­lob­by ver­sucht nun aus dem Unglück Kapi­tal zu schla­gen und drückt vehe­ment für das Berg­bau­ge­setz, das ver­meint­lich die Sicher­heit des Berg­baus stei­gern wür­de. Offi­zi­ell hat der Prä­si­dent des Unter­hau­ses das The­ma an sich geris­sen und will nun die Reform des Berg­bau­ge­set­zes in einem Eil­ver­fah­ren durch­brin­gen – sogar ohne einen Aus­schuss (Spe­zi­el­le Kom­mis­si­on) anzu­hö­ren! Dies könn­te bedeu­ten: Berg­bau-Akti­vi­tä­ten wären auch in Natur­schutz­ge­bie­ten legal. Im Deck­man­tel der Gescheh­nis­se droht dann eine Geset­zes­re­form durch­ge­drückt zu wer­den, die statt Sicher­heit zukünf­tig auch die wert­volls­ten Gebie­te des Ama­zo­nas von Berg­bau­wer­ken bedro­hen lässt.

Der WWF stemmt sich mit sei­ner aktu­el­len Kam­pa­gne gegen Geset­zes- und Ver­fas­sungs­än­de­run­gen, die indi­ge­ne Ter­ri­to­ri­en und Natur­schutz­ge­bie­te bedro­hen. Beson­ders vor der Tra­gö­die am Rio Doce wer­den wir wei­ter kämpfen!

Ich bin Diplom-Forstwirt und Südamerika-Referent beim WWF Deutschland - mit 15 Jahren Berufserfahrung in Lateinamerika und Afrika. Mindestens genauso lange arbeite ich auch schon für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes. Schwerpunkte meiner Arbeit sind die Ausweisung, der Schutz und die Finanzierung von Schutzgebieten, die Anpassung an den Klimawandel, die Bekämpfung der Entwaldung durch Vieh- Landwirtschaft und Infrastrukturprojekte - und die Planung und Durchführung von umweltpolitischen Kampagnen.

Kommentare (36)

  • Hallo,

    Wenn der Amazonas gerodet wird oder ausgeraubt wird durch seine Bodenschätze, sind nicht nur die Menschen und die Tiere dort in Gefahr, sondern die ganze Welt, weil das unser Klima drastisch verschlimmern könnte.

  • Wieder macht der Mensch durch seine Profit- Gier alles kaputt!!! Die armen Menschen die dort leben die können nicht einfach in den Flieger einsteigen und in ein anderes Land fliegen wie diese Hohen Herren !!! Das ist Ihr zu Hause!!! Und die vielen Tiere die wieder Elend sterben müssen !!! Sorry aber sowas KOTZT mich an !!! Ich hoffe das es Gerechtigkeit gibt und diese Geldgeier nicht Ihren Willen Durchsetzen können !!!

  • Nur ein Punkt. Amazonas Gebiet ist noch 2000 Km entfernt.
    Hier ist Brasiliens Südost. Atlantic Wald/ Cerrado .
    Geldgier macht das möglich. Die Jahrhundert ausbeutung der Lateinamerika. Es ist Zeit mit dem Menschen für den Menschen zu arbeiten.

    Ich komme aus der Region. Jetzt lebe ich un Deutschland. Man bekommt einen breiteren Sicht wenn man auswandert.

    Ich bin wütend und traurig zugleich.

  • Das sind die katastrophalen Auswirkungen globaler Entwicklung auf unserer Erde durch Menschenhand. Die Gesellschaft wird nicht besser. Während einige in der Gesellschaft darauf hinweisen, dass wir auf einen Kollaps zusteuern und grundlegende Veränderungen einfordern, um das Schlimmste zu verhindern, sind es die Eliten, die genau diese Veränderungen verhindern.Wenn man so durch unsere Supermärkte streift und dabei Emails auf dem Smartphone liest, vergisst man es leicht: Die Regenwälder sind abgeholzt, das Wasser vergiftet, die Meere leergefischt, die Böden ausgelaugt, die Ressourcen werden knapp, an der spanischen Küste baut man Zäune und Türme für Scharfschützen, um die verzweifelten Afrikaner daran zu hindern, Europa zu betreten. Wir leben längst in einer apokalyptischen Zeit. Als Teil der Elite sind wir aber womöglich ebenso blind gegenüber der nahenden Katastrophe, wie es die Römer und Maya vor uns waren. Wenn wir nicht aktiv handeln und zusehen, dann wird 2100 das Ende aller Ressourcen auf unserem Planeten bedeuten. Haltet es jetzt auf, unterstützt Organisationen wie "Occupy International", "Change.org", "PETA". Unsere Zeit währt nicht ewig.

  • the Amazon must urgently become
    internarional territory
    and taken out of the controll
    of a stupid, greedy, uneducated
    country administration !

  • Ich gehe davon aus das die schlechten Menschen am ende des tages in der Hölle schmoren werden und das die Natur siegt! Ich hoffe es inständig! Wo bleibt der nächste Meteoriteneinschlag? ...dann wäre das Thema Menschheit ersteinmal erledigt....wäre ein Segen!

    • Das hast Du gut kommentiert und spiegelt meinen Wunsch wieder. Der Mensch muss endlich die Welt verlassen!

  • Ich bin einfach nur noch traurig. Unsere Welt ist so schön, es gibt soviel Wunderbares und Schönes. Wir selbst sind auch solch ein Wunder, wie sonst könnten wir das wunderbare sonst erkennen? Und wir Menschen sind nicht in der Lage, uns so zu verhalten, dass wir das Wunderbare bewahren.
    Einzelne können einfach mächtig viel zerstören. Und auch ich als Einzelne trage meinen Teil dazu bei, einfach weil auch ich Teil des Systems bin, ich lebe darin. Es ist so verdammt schwer, mich nicht von dem Stürmen mitreißen zu lassen, nicht auch mein Herz zu verschließen. Mich nicht von der Kälte anstecken lassen.
    Mögen wir die Kraft haben, das wunderbare in ins zu bewahren und wahrzunehmen, so dass diese Kraft ausstrahlt, auch in jene Ecken unserer gemeinsamen Erde, die jetzt noch verhärtet und eingefroren sind.

  • Diese Verbrecher von den Minen interessiert die Natur nicht und die Menschen die in ihr Leben,genauso wie die Artenvielfalt von Tieren.
    Es müßte die UN sich mit dran beteiligen.
    Betreiber von Minen müßten von einer Weltweiten Kremium von Spezialisten Untersucht werden,bevor sie eine Mine,Bergwerk eröffnen können.Jedes Land muss Unterschreiben und die UN,muss das durch drücken,für jedes Land bindend.Die UN muss in jedes Land uneingeschränkten Zutritt haben,ob die Auflagen für das Betreiben von Minen und Bergwerken auch eingehalten wird.Wird es nicht muss auch eine Stationierung von UN Truppen die Antwort darauf sein,das solche Verbrecher nicht machen können was sie wollen.

  • Brasilien ist kein Entwicklungsland, reich an Bodenschätzen
    und jetzt auch Ölvorkommen. Die Krankheit dieses Landes
    ist unausrottbare Korruption in den Staatsorganen. Die
    Erträge fliessen ausschliesslich in die Taschen einer dünnen
    Oberschicht. So bleiben auch Hilfsgelder dort, wo bereits
    reichlich vorhanden ist.

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