Luchse sind für mich ein ganz besonderer Teil unserer Natur, ich finde sie faszinierend und wunderschön. Leider sehen das nicht alle Menschen so. Der Bayerische Wald gilt als Bermuda-Dreieck der Luchse, weil die großen Katzen hier immer wieder spurlos verschwinden. Im Klartext: Sie werden illegal getötet. Letzte Woche bin ich selbst in die Region gefahren, um mir ein Bild zu machen und herauszufinden, was man dagegen tun kann.
Im Luchs-Wald
Spürt man einem Luchs nach, gelangt man an die schönsten Stellen und lernt den Wald ganz anders kennen. Ich versuche, mich an den Vögeln zu orientieren, und schaue angestrengt zwischen die Bäume: Hinter jedem Vorsprung glaube ich, einen Luchs zu entdecken. Aber das ist natürlich unrealistisch. Sie wittern und meiden uns Menschen. Vielleicht beobachten sie uns noch nicht einmal so intensiv, wie wir das umgekehrt tun würden.
26 Luchse verloren
Noch mehr als die Natur fasziniert mich Biologin Sybille Wölfl, der ich durch den Wald folge: Sie kennt die Luchse ganz genau, versetzt sich in sie hinein, weiß wie und wo sie sich bewegen – und hat immer wieder Opfer zu beklagen! 26 Luchse hat sie in den letzten zehn Jahren hier verloren.
Sechs davon wurden überfahren, fünf nachweislich illegal getötet und 15 Luchse sind verschollen. Wahrscheinlich wurden auch sie illegal getötet. Ich bewundere wirklich Sybilles mentale Stärke, mich würde das auffressen.
Losung: Hier war einer!
Sybille ist es dann auch, die unter einem riesigen Felsvorsprung anfängt, im Laub zu wühlen, und den Kot eines Luchses entdeckt. Luchs-Losung erkennt man daran, dass sie ganz knubbelig aussieht. An dieser hier können wir sogar feststellen, was kürzlich verdaut wurde, durch lauter Hasenhaare. Und ich stehe im Wald und freue mich über Kot: Die erste greifbare Spur eines tatsächlichen Luchses irgendwo um mich herum!
Meine erste Fotofalle
An meiner ersten Fotofalle bin ich zunächst einfach vorbeigelaufen, so gut sind die selbstauslösenden Kameras getarnt. Ich hatte sie mir ganz anders vorgestellt und als Stadtmensch eher eine kleine, bunte Gopro erwartet. Nun hängt hier also auf Kniehöhe am Baum ein Kasten in Tarnfarbe. Was es alles gibt! Und vor allem: Ob ein Luchs drauf ist?
Wir sind im Revier der Luchsin Vroni. Das heißt, in einem kleinen Teil ihres Revieres, Luchs-Territorien sind riesig. Das war mir vorher gar nicht so bewusst.
Als Mensch bräuchte man zweieinhalb Tage, um ein Revier ganz abzulaufen. Das zeigt auch: Wirklich niemand muss Angst haben, dass es in unseren Wäldern vor Luchsen bald nur so wimmelt. Ganz im Gegenteil! Luchse brauchen sehr viel Platz – und im Moment müssen vor allem sie Angst vor uns haben.
Wer ist in die Kamerafalle getappt?
Die Kamerafalle zu öffnen ist nicht schwer, und ich kann es kaum erwarten, mir endlich die Bilder im Lesegerät anzugucken: Ein Rehbock, ein Fuchs und dann – wirklich! – ein Luchs. An derselben Stelle, an der wir nun stehen! Ist es Vroni? Biologin Sybille kann die Luchse anhand ihrer Fellzeichnung unterscheiden. Deshalb hängen sich auch immer zwei Kameras gegenüber, um die Tiere von beiden Seiten aufzunehmen.
Der Luchs auf dem Bild ist Veit und ziemlich wahrscheinlich der Vater von Vronis Babys. Denn als Vroni das letzte Mal in die Fotofalle tappte, hatte sie einen ganz dicken Bauch, erzählt Sybille. Inzwischen müsste der Nachwuchs da sein. Luchse bekommen durchschnittlich zwei Junge im Jahr. Das ist nicht viel und macht es für die Art umso schwieriger, bei uns zu überleben.
Angst um Vroni und die Babys
Luchsin Vroni lebt in dieser Gegend seit etwa einem Jahr. Vorher gehörte das Territorium dem Luchs-Weibchen Leonie. Doch Leonie wurde illegal erschossen: Durchschnittlich überleben Luchse in einem Revier hier nur etwa anderthalb Jahre. Biologin Sybille muss eigentlich jeden Tag Angst um Vroni haben – und nun wahrscheinlich auch um ihre Jungen.
Wenn die Luchsin wirklich Nachwuchs bekommen hat, ist ihr Wohngebiet jetzt viel kleiner, nur etwa 20 Quadratkilometer groß. Es ist also nicht Besorgnis erregend, dass sie im Moment nicht bei der Kamerafalle auftaucht. Noch nicht.
Ich tue es Sybille nach, hoffe das Beste und wandele noch etwas auf Vronis Spuren. Links von uns ist ein großer Felsvorsprung. Hier liegt Vroni gerne – Sybille weiß das durch ihre Spuren im Schnee im Winter. Ich kauere mich auf den Vorsprung und blicke über das Tal vor mir. Vroni hat sich wirklich eine Stelle mit einem guten Überblick ausgesucht. Mich überkommt ein unendliches Glücksgefühl: Luchse sind so selten und so majestätisch. Ihnen näher zu kommen ist für mich eine große Ehre und es ist mir absolut rätselhaft, wie man so ein Tier erschießen möchte!
Helft uns, die Luchse zu schützen!
Der WWF kämpft mit Aufklärung, Bildung und auf politischer Ebene dafür, dass Luchse hierzulande dauerhaft eine Heimat finden. Außerdem unterstützt der WWF das Luchs-Monitoring und wird in den nächsten fünf Jahren gemeinsam mit seinen Partnern 20 Luchse im Pfälzer Wald wieder ansiedeln.
Werdet Pate für die Luchse in Deutschland!
Ich wünsche mir, dass es irgendwann in allen großen Waldgebieten Deutschlands wieder Luchse gibt, eure Cassandra.
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