Deutschlands Schlachthöfe haben Hochkonjunktur. Im ersten Halbjahr 2015 wurden hierzulande insgesamt 4,07 Millionen Tonnen Fleisch erzeugt — so viel wie nie zuvor. Das sind 30 Millionen geschlachtete Tiere, zum Großteil Schweine, Rinder und Hühner. Sind diese Rekordzahlen ein Grund zum Jubeln? Eher im Gegenteil.
Das Landwirschaftsportal Topagrar.com zeigte auf seiner Startseite heute wahrscheinlich recht unfreiwillig, was derzeit schief läuft. Direkt unter der Meldung zum Rekordschlachten gibt es einen weiteren, interessanten Beitrag. Darin wird nach Ursachen für die hohe Antibiotika-Belastung im niedersächsischen Grundwasser gesucht.
Was sind Antibiotika?
“Antibiotika im engeren Sinne sind Naturstoffe, die zum Beispiel von Bakterien, Pilzen, Flechten und Moosen zur „Selbstverteidigung“ gebildet werden. Das Wirkungsspektrum der Antibiotika umfasst fast ausschließlich Bakterien. Sie besitzen keine Wirksamkeit gegen Viren.”Umweltbundesamt: “Antibiotika in der Umwelt – Wirkung mit Nebenwirkung”
Antibiotika für den Fleischrekord
Ohne die Intensivtierhaltung wäre es nicht möglich, so viel Fleisch zu produzieren. Mehr Tiere auf weniger Fläche, das führt zu einer höheren Anfälligkeit für Krankheiten.
Daher werden vor allem Schweinen, Geflügel und Kälbern Antibiotika verabreicht, um Einzeltiere, Gruppen oder sogar Bestände im Krankheitsfall frühzeitig zu behandeln. Dass Fleisch, Eier und Milch möglichst keine Krankheitserreger enthalten sollen und kranke Tiere behandelt werden müssen, versteht sich von selbst. Der Einsatz von Arzneimitteln ist oftmals unumgänglich. Tritt ein Krankheitsfall auf, werden alle Tiere “metaphylaktisch” behandelt. Das bedeutet, alle Tiere eines Bestandes bekommen die gleichen Antibiotika, um ein Ausbreiten auf den gesamten Bestand zu verhindern. Der Großteil davon wird einfach ausgeschieden und landet somit als Gülle wieder in der Umwelt. Antibiotika konnten bislang in Klärschlamm, Seen und Flüssen sogar in Lebensmittel wie im Getreide nachgewiesen werden.
Fleisch für den Export
Das Umweltbundesamt untersucht seit 2011, ob die Antibiotika in das Grundwasser gelangen und gibt grundsätzlich eine Entwarnung. Allerdings wurden in Niedersachsen in drei untersuchten Landkreisen (Cloppenburg, Vechta, Emsland) die Grenzwerte deutlich überschritten. Diese Fundorte befinden sich vermutlich nicht zufällig mitten im Epizentrum der deutschen Fleischindustrie (auf der Karte dunkelrot eingefärbt).
Wir erzeugen Fleisch in immer größeren Mengen, die in Deutschland trotz des hohen Konsumniveaus hier schon lange nicht mehr verzehrt werden können. Große Mengen werden ins Ausland verkauft. Export ist doch prima, wir sind doch bekannt als Exportweltmeister!
Die Folgen des deutschen Fleisch-Rekords:
Wir importieren nach wie vor sehr hohe Mengen gentechnisch verändertes Soja aus Südamerika. Darunter leiden die Savannen und Wälder in Brasilien, Argentinien oder Paraguay. Zugleich stellt der problematisch hohe Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung ein gesundheitliches Risiko dar.
Dabei ist es absolut widersinnig, die Welt mit deutschem Fleisch zu versorgen zu wollen. Wir halten hier immer mehr Tiere, die immer mehr Futter benötigen. Die Gülle bleibt hier und über ein Fünftel des Fleisches geht davon in den Export. Unter dieser Maßgabe leiden nicht nur die Natur, sondern auch die Landwirte hierzulande, da sie für immer mehr Fleisch, das sie produzieren immer weniger Geld erhalten und nicht nachhaltig wirtschaften können.
Weniger, aber besseres Fleisch
Anstatt auf Masse sollte der Fokus bei der Fleischproduktion auf Nachhaltigkeit und Qualität gelegt werden. Das ist im Sinne der Verbraucher, der Landwirte, der Ökosysteme und nicht zuletzt auch der Nutztiere.
Kommentare (1)
Bewusster Konsum wäre ein Anfang!