Chan­ce ver­tan beim Amazonas-Gipfel!

Chance vertan beim Amazonas-Gipfel © Imago Fotoarena / Leo Bahia

Die Staats­ober­häup­ter der Anrai­ner­staa­ten des Ama­zo­nas haben sich auf dem Ama­zo­nas-Gip­fel dazu bekannt, den größ­ten Regen­wald der Erde zu ret­ten. Schön. Zugleich haben sie aber ver­säumt, Bedin­gun­gen zu schaf­fen, damit aus from­men Wün­schen Taten erwach­sen. Eine ver­pass­te Chan­ce! Der vom bra­si­lia­ni­schen Prä­si­den­ten Luiz Iná­cio Lula pro­kla­mier­te „ama­zo­ni­sche Traum“ bleibt ein Lip­pen­be­kennt­nis, wenn es kei­ne kon­kre­ten Zie­le und Vor­ga­ben gibt, den Raub­bau zu stoppen.

Der Ama­zo­nas ist überall

Der Ama­zo­nas ist Regen­ma­schi­ne, Kli­ma­an­la­ge und Koh­len­stoff­sen­ke © Chris J Rat­cliff / WWF UK

Die Lage ist schon jetzt dra­ma­tisch. 18 Pro­zent des Wal­des wur­den bereits gero­det. Expert:innen fürch­ten, dass bei einer Zer­stö­rung von 20–25 Pro­zent ein unum­kehr­ba­rer Kipp­punkt erreicht sein könn­te. Das darf nicht pas­sie­ren. Die frei­ge­setz­te Men­ge an CO2 wäre so groß, dass wir das 1,5°C Ziel welt­weit ver­ges­sen könn­ten. Wir for­dern min­des­tens 80 Pro­zent der grü­nen Lun­ge unter Schutz zu stel­len, um die Kat­s­tro­phe abzu­wen­den. Für Indi­ge­ne, ande­re tra­di­tio­nel­le Grup­pen, die Arten­viel­falt und für uns alle.

Die Zer­stö­rung des Wal­des ist kei­nes­wegs allein ein Pro­blem der 300 Mil­lio­nen Men­schen in Latein­ame­ri­ka. Der Ama­zo­nas gehört zum Welt­na­tur­er­be der Mensch­heit, er ist im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes unbe­zahl­bar. Die Kos­ten, die für sei­nen Erhalt nötig sind, ste­hen in kei­nem Ver­hält­nis zur öko­lo­gi­schen, kli­ma­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Kata­stro­phe, die sein Ver­lust bedeu­ten würde.

Geld allein wird das Pro­blem nicht lösen

Die Indus­trie­län­der kön­nen sich nicht von ihrer Mit­ver­ant­wor­tung frei­kau­fen. Des­halb ist es nicht genug, das Scheck­buch zu öff­nen: Die Bun­des­re­gie­rung muss zusam­men mit der EU deut­lich machen, dass es nicht nur um Pro­fi­te, son­dern um eine wer­te­ba­sier­te Zusam­men­ar­beit geht. Brand­be­kämp­fung und Wie­der­auf­fors­tung sind gut, sie blei­ben aber nur Sym­bol­po­li­tik, wenn die Ursa­chen der Ent­wal­dung nicht ange­gan­gen werden.

Der Schlüs­sel zur Bekämp­fung des Pro­blems liegt in Süd­ame­ri­ka, aber wir haben eine Mit­ver­ant­wor­tung. Eine der Ursa­chen für die ver­hee­ren­den Zer­stö­rung am Ama­zo­nas und ande­rer Natur­schät­ze, etwa der Cer­ra­do-Savan­ne, fin­det sich in deut­schen Fut­ter­trö­gen: Soja. Allein für die Pro­duk­ti­on von Tier­fut­ter für Schwei­ne, Rin­der und Geflü­gel in Deutsch­land wird eine Anbau­flä­che so groß wie ganz Hes­sen benö­tigt. Ein gro­ßer Teil davon kommt aus Süd­ame­ri­ka. Hier gilt es anzusetzen.

Soja frisst den Regen­wald auf. © David Beb­ber / WWF-UK

Weni­ger Fleisch aus Mas­sen­tier­hal­tung zu essen, ist des­halb eine sinn­vol­le Maß­nah­me. Aber Poli­tik und Wirt­schaft dür­fen die Ver­ant­wor­tung nicht auf die Verbraucher:innen abwäl­zen. Wir brau­chen eine Han­dels­po­li­tik, die viel mehr Wert auf Nach­hal­tig­keit legt. Hier kom­men auch deut­sche Unter­neh­men ins Spiel. Dass Unter­neh­men sagen, sie wüss­ten nicht, unter wel­chen sozia­len Bedin­gun­gen und mit wel­chen öko­lo­gi­schen Schä­den ihre Zulie­fe­rer pro­du­zie­ren, ist im 21 Jahr­hun­dert nicht mehr akzeptabel.

Die Ent­wal­dung des Ama­zo­nas legt Bra­si­li­en trocken

Brän­de und Kahl­schlag am Ama­zo­nas sind eine Tra­gö­die für die Natur und die Indi­ge­nen, die in der Regi­on leben. Mit­tel­fris­tig wird es aber auch die Verursacher:innen des Pro­blems tref­fen, also uns alle. Der Regen­wald ist eine gigan­ti­sche Kli­ma­an­la­ge, Regen­ma­schi­ne und eine gewal­ti­ge Koh­len­stoff­sen­ke. Wenn es nicht gelingt, den Wald zu ret­ten, wird sich der Süden des Kon­ti­nents in eine Arte Sahel­zo­ne in Latein­ame­ri­ka ver­wan­deln. Bra­si­li­en wird aus­trock­nen. Dann kön­nen auch die Rin­der­züch­ter und Soja­ba­ro­ne ihr Geschäfts­mo­dell ver­ges­sen. Ohne Regen ist kei­ne Land­wirt­schaft mög­lich. Und das Errei­chen der welt­wei­ten Kli­ma­schutz­zie­le ist dann ohne­hin eine Illusion.

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Ich bin Diplom-Forstwirt und Südamerika-Referent beim WWF Deutschland - mit 15 Jahren Berufserfahrung in Lateinamerika und Afrika. Mindestens genauso lange arbeite ich auch schon für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes. Schwerpunkte meiner Arbeit sind die Ausweisung, der Schutz und die Finanzierung von Schutzgebieten, die Anpassung an den Klimawandel, die Bekämpfung der Entwaldung durch Vieh- Landwirtschaft und Infrastrukturprojekte - und die Planung und Durchführung von umweltpolitischen Kampagnen.

Kommentare (2)

  • Der Srtikel macht es klar sehr gut nachvollziehbar.
    Und es wird weiter gerodet, in Massentierhaltungrn verfüttert... Was kann der einzelne noch tun???? VG

  • Die Profitgier der deutschen Bauern hat nicht nur dazu geführt, dass wir das schlimmste Artensterben seit dem Aussterben der Dinosaurier haben, sondern es hat auch zur gnadenlosen Regenwaldabholzung für ein masslose Fleisch- und Milchproduktion geführt. Da unsere Politiker nahezu ausnahmslos alle unter dem Einfluss der Agrarlobby stehen, hilft nur eins, nämlich der Verzicht auf Fleisch- und Milchprodukte.

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