Alt gegen jung: Wer nimmt mehr Rück­sicht aufs Klima?

Jung und älter bei Klimademo in Berlin im November 2019 © picture alliance/dpa/Christoph Soeder

Gre­ta und Fri­day for Future zum Trotz, die Älte­ren sind die eigent­li­chen Kli­ma­schüt­zer? Eine neue Stu­die des Wup­per­tal Insti­tuts für Kli­ma, Umwelt und Ener­gie lässt auf­hor­chen. Dem­nach sei­en älte­re Men­schen eher bereit, Abstri­che fürs Kli­ma zu machen, als Jugend­li­che. Erneut also eine Erhe­bung, die das Umwelt­be­wusst­sein der Deut­schen unter­sucht. Vor allem die Umwelt­ein­stel­lung der Jugend ist in einer kaum noch zu über­bli­cken­den Viel­zahl von Umfra­gen immer wie­der beäugt wor­den. Als wür­den alle dar­auf war­ten, dass eine Stu­die end­lich zeigt: Die Jugend­li­chen sind auch kei­ne bes­se­ren Umwelt­schüt­zer. Ist es nun soweit?

Fol­ge uns in Social Media

Noch zu Beginn des Jah­res ver­kün­de­te das Insti­tut für öko­lo­gi­sche Wirt­schafts­for­schung (IÖW) eine Bot­schaft, dass für jun­ge Men­schen in Deutsch­land der Schutz von Umwelt- und Kli­ma ein Top-The­ma ist. Die reprä­sen­ta­ti­ve Stu­die „Zukunft? Jugend fra­gen“, die das Insti­tut im Auf­trag des Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­ums und des Umwelt­bun­des­am­tes erstellt hat­te, gab bekannt: Die deut­li­che Mehr­heit der Jugend­li­chen erwar­tet, dass die Poli­tik mehr tut für Kli­ma und Umwelt, und dass sie dabei auf sozia­le Gerech­tig­keit ach­tet. Jugend­li­che enga­gie­ren und ver­net­zen sich, sind sich der Ver­ant­wor­tung des eige­nen Han­delns für die Zukunft aller bewusst und leben Kli­ma- und Umwelt­schutz häu­fig ganz prak­tisch vor.

Was stimmt denn nun?

Das Umwelt­be­wusst­sein der jun­gen Gene­ra­ti­on wird wohl nicht in weni­gen Mona­ten in sich zusam­men­ge­schrumpft sein. Die Stu­die des Wup­per­tal Insti­tuts ist in Zusam­men­ar­beit mit eBay Klein­an­zei­gen ent­stan­den. Das Online-Anzei­gen-Por­tal woll­te wis­sen, wie es um die Bereit­schaft der Deut­schen bestellt ist, gebrauch­te Arti­kel zu kau­fen. Dabei wur­den Unter­schie­de im Kon­sum­ver­hal­ten jün­ge­rer und älte­rer Men­schen deut­lich. So stimm­ten nur 43 Pro­zent der 19 bis 29-Jäh­ri­gen der Aus­sa­ge zu: „Ich ach­te im All­tag sehr dar­auf, Res­sour­cen zu scho­nen“. Die ande­ren Alters­grup­pen konn­ten sich stär­ker mit die­ser Aus­sa­ge iden­ti­fi­zie­ren. Eben­so über­ra­schend: Jede fünf­te jun­ge Per­son gesteht offen ein, für Umwelt und Kli­ma kei­ner­lei Abstri­che beim pri­va­ten Kon­sum machen zu wol­len. Älte­re Men­schen zei­gen sich hier weit­aus bereiter.

Nur Par­ty, Han­dy, Rei­sen? Von wegen!

Schon tau­chen die ers­ten Schlag­zei­len auf, die die Umwelt­ein­stel­lung der Jugend infra­ge stel­len. Und das nervt mich. Schnell füh­len sich die­je­ni­gen bestä­tigt, die jun­ge Klimaaktivist:innen ohne­hin nicht ernst neh­men. Frei­tags fürs Kli­ma pro­tes­tie­ren und ansons­ten Par­ty, Han­dy, Fern­rei­se – eine Dis­kre­di­tie­rung, die immer wie­der hoch­kocht. Das wird dem Enga­ge­ment von hun­dert­tau­sen­den Jugend­li­chen aber nicht gerecht. Wer der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on Inkon­se­quenz und Hedo­nis­mus vor­hält, soll­te sich fra­gen, wel­che Vor­gän­ger­ge­ne­ra­ti­on sich bit­te ver­gleich­bar ent­schlos­sen für den Kli­ma­schutz ein­ge­setzt hat!

Fri­days For Future mobi­li­siert Mil­lio­nen zu fried­li­chen Demos. Trotz Coro­na bleibt die Bewe­gung leben­dig. Ich kann den Frust der Jun­gen ver­ste­hen, wenn sie ihre Frei­zeit für den Kli­ma­schutz ein­set­zen, und die Eltern fah­ren im SUV vor­bei und wün­schen bes­ten­falls „viel Erfolg“. Und die Bun­des­re­gie­rung prä­sen­tiert wäh­rend­des­sen ein Pil­le­pal­le-Kli­ma­pa­ket und des­il­lu­sio­niert mit dem trau­ri­gen Satz: „Poli­tik ist das, was mög­lich ist“. Wenigs­tens wer­den inzwi­schen ein paar Jugend­li­che zu ergeb­nis­of­fe­nen Dia­lo­gen mit der Poli­tik ein­ge­la­den. Wie muss es sich für Jugend­li­che anfüh­len, stän­dig zu ihrem Umwelt­be­wusst­sein befragt zu wer­den, aber im poli­ti­schen Dis­kurs nur sym­bo­lisch betei­ligt zu werden?

Kon­stru­ier­te Kon­flik­te ver­plem­pern unse­re Zeit

Ja, es ist wich­tig, den Ein­stel­lun­gen und Wer­ten in der Gesell­schaft immer wie­der auf den Grund zu gehen. Als stu­dier­ter Sozio­lo­ge erken­ne ich die Bedeu­tung von Umfra­gen ger­ne an. Doch wenn wir eine Umfra­ge nach der nächs­ten pro­du­zie­ren, ohne dass Poli­tik und Wirt­schaft dar­aus Kon­se­quen­zen zie­hen, bleibt das ziem­lich witz­los. Ent­schei­dend ist doch, dass seit Jah­ren alle Stu­di­en ein stei­gen­des Bewusst­sein für mehr Kli­ma­schutz auf­zei­gen. Immer mehr Men­schen wol­len einen Wan­del hin zur Nach­hal­tig­keit. Immer mehr ver­än­dern auch ihr eige­nes Ver­hal­ten, um ihren Teil dazu bei­zu­tra­gen. Wer mit die­se Erkennt­nis­se Gene­ra­tio­nen­kon­flik­ten kon­stru­iert, der ver­plem­pert unse­re Zeit. Denn für wirk­sa­men Kli­ma­schutz gibt es kei­nen Auf­schub mehr. Die Mehr­heit unse­rer Gesell­schaft – jung wie alt – erkennt die­se wis­sen­schaft­li­che Schluss­fol­ge­rung an.

Jetzt die Peti­ti­on gegen die Ent­wal­dung unter­schrei­ben! Danke!

Es geht nicht dar­um, wer eine blü­ten­rei­ne Öko­wes­te hat. Jugend­li­che sol­len mög­lichst viel Aus­lands­er­fah­rung sam­meln. Jugend­li­che wer­den wie kei­ne ande­re gesell­schaft­li­che Grup­pe von Wer­be­kam­pa­gnen bedrängt. Ich fin­de: Auch Jugend­li­che, die für ein Aus­lands­se­mes­ter ins Flug­zeug gestie­gen sind, dür­fen Kli­ma­schutz ein­for­dern. Auch Jugend­li­che, die sich ein neu­es Han­dy kau­fen, dür­fen ihre Stim­me für eine zukunfts­fä­hi­ge Kli­ma­po­li­tik erhe­ben. Längst nicht alle Jugend­li­chen hän­gen dem Kon­sum nach und beschäf­ti­gen sich selbst­kri­tisch mit Alter­na­ti­ven zum Höher-Schnel­ler- Wei­ter, das die Gene­ra­tio­nen davor zum Ide­al erho­ben hat­ten. Und den­noch gibt es natür­lich auch in die­ser jun­gen Gene­ra­ti­on Wider­sprü­che und hedo­nis­ti­sche Lebens­kon­zep­te. Aber wer lebt sie ihnen vor, und wer ver­dient dar­an? Bevor wir die Feh­ler bei ‚der‘ Jugend suchen, soll­ten wir uns selbst beurteilen.

Die WWF Jugend hat übri­gens gera­de ein Posi­ti­ons­pa­pier zum Kli­ma­schutz ver­öf­fent­licht. Dar­in for­dert sie unter ande­rem mehr Jugend­be­tei­li­gung in den Insti­tu­tio­nen. Jugend­li­che, die kon­struk­tiv nach Lösun­gen suchen, was wol­len wir uns mehr wün­schen? Doch Moment, gab es da nicht ein­mal eine Stu­die zur Poli­tik­ver­dros­sen­heit bei Jugendlichen?

Jugend­rat und Akti­ons­team — hier kannst Du mitmachen!

Wir neh­men die­se For­de­rung auch für uns selbst ernst. Der WWF hat bereits einen Jugend­rat eta­liert. Hier spre­chen Jugend­li­che auf Augen­hö­he mit der Geschäfts­lei­tung und brin­gen ihre Per­spek­ti­ve in den WWF. Eine sol­che Betei­li­gung soll­te in allen Orga­ni­sa­tio­nen, Fir­men und Gre­mi­en selbst­ver­ständ­lich sein. Und auch in der Öffent­lich­keit kön­nen Jugend­li­che bei uns ehren­amt­lich aktiv wer­den. Der Ort hier­für ist schon seit zehn Jah­ren das Akti­ons­team der WWF Jugend. Hier kön­nen Jugend­li­che Aktio­nen pla­nen, Vor­trä­ge orga­ni­sie­ren und an Ver­an­stal­tun­gen mit poli­ti­schen Insti­tu­tio­nen teil­neh­men. Die­ses Team ist immer offen für Ver­stär­kung. Wäre klas­se, wenn wir uns dort sehen!

Fol­ge uns in Social Media:
Community Manager für die WWF Jugend. Ich finde, Jugendliche müssen mitreden und mitentscheiden können. Ihre Kreativität und Offenheit ist entscheidend, wenn wir Lösungen für eine nachhaltige Welt finden wollen. Es würde mich freuen, uns auch mal auf meinem persönlichen Blog www.natur-begegnung.de zu sehen!
Auch interessant
[Sassy_Social_Share]