Kokos statt Palm­öl: die Mogelpackung

Kokospalmen in Monokultur © imago / Pond5 Images

Ohne Palm­öl”, steht inzwi­schen ger­ne mal auf Packun­gen im Super­markt. Das soll sich dann wohl öko­lo­gisch bes­ser anfüh­len. Ist es aber nicht, wenn das Palm­öl durch Kokos­öl ersetzt wird.

Ohne Palm­öl”. Wenn ich durch die Regal­rei­hen im Super­markt lau­fe und nach Back­zu­ta­ten suche, fällt mir natür­lich das zuneh­mend öfter ins Auge, sehr pro­mi­nent auf der Ver­pa­ckung. Na, da schau­en wir doch mal, was da statt­des­sen so drin ist. Na klar – Kokos­fett. Steht da was von bio oder zer­ti­fi­ziert? Nein, nichts.

Und wer unse­re Arbeit ver­folgt, weiß, dass Kokos­fett kei­ne gute Alter­na­ti­ve zu Palm­fett ist. War­um? Kokos­pal­men wach­sen zu einem häu­fig in den glei­chen Län­dern wie das viel dis­ku­tier­te Palm­öl.  Der Ersatz von Palm­öl durch Kokos­öl löst die öko­lo­gi­schen Pro­ble­me nicht, son­dern ver­la­gert oder ver­schlim­mert sie nur. Wei­tet sich der Trend aus, Palm­öl durch Kokos­öl zu erset­zen, hät­te das nega­ti­ve Effek­te auf die Umwelt. Es wird mehr Flä­che benö­tigt, denn der Ertrag der Kokos­öl liegt mit 0,7 Ton­nen Öl pro Hekt­ar weit unter dem von Ölpal­men mit durch­schnitt­lich etwa 3,8 Ton­nen Öl pro Hekt­ar. Über­dies bedroht lei­der auch der Anbau von Kokos­pal­men die Arten­viel­falt. Schon 2020 hat eine Stu­die dar­ge­legt, dass 60 Arten durch den Anbau bedroht werden.

Kei­ne Lösung: Kokos in Monokultur

Kurz nach mei­nem Besuch im Back­re­gal, poppt eine neue Stu­die in mei­nen Post­ein­gang auf: „Satel­li­te imagery reve­als wide­spread coco­nut plan­ta­ti­ons on Paci­fic atolls“. Die For­scher haben dar­in ermit­telt, dass Kokos­nuss­plan­ta­gen inzwi­schen mehr als die Hälf­te der ursprüng­li­chen Wäl­der auf pazi­fi­schen Atol­len ver­drängt haben. Und das ist nicht so roman­tisch schön, wie es man­che Scho­ko­la­den-Wer­bun­gen dar­stel­len. Die Nach­fra­ge nach Kokos­öl hat auf eini­gen Atol­len zu insel­wei­ten Mono­kul­tu­ren geführt. Kokos­pal­me neben Kokos­pal­me, anstel­le der ursprüng­li­chen arten­rei­chen Wäl­der. Auf Süd­see­inseln wie Fiji, den Cook­in­seln oder Tuva­lu bede­cken Kokos­pal­men rund die Hälf­te der Fläche. 

Das hat­te natür­lich Fol­gen für die Natur und den Lebens­raum der hei­mi­schen Wild­tie­re, schwin­den­de See­vo­gel­be­stän­de, sin­ken­des Grund­was­ser, Küs­ten­ero­si­on und nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen auf angren­zen­de Korallenriffe.

Rot­fuß­töl­pel: See­vö­gel­be­stän­de neh­men ab © WWF /Abel-Val­di­via

Die ein­zig­ar­ti­gen Öko­sys­te­me der pazi­fi­schen Atol­le wer­den bedroht, fast unbe­merkt. Die For­scher der Stu­die schrei­ben sogar, dass das rela­ti­ve Aus­maß die Abhol­zungs­ra­te durch die Ölpal­men­pro­duk­ti­on in ande­ren Tei­len der Welt über­tref­fe. So sei­en bis 2015 knapp 11 Pro­zent der Land­flä­che Bor­ne­os in Ölpal­men-Mono­kul­tu­ren umge­wan­delt wor­den. Kokos­pal­men bedeck­ten inzwi­schen fast 60 Pro­zent der gesam­ten Wald­flä­che der kar­tier­ten Atol­le und fast ein Vier­tel ihrer gesam­ten Landfläche.

Kokos­öl auch sozi­al bedenklich

Auch unter sozia­len Gesichts­punk­ten ist der Koko­san­bau mit Pro­ble­men behaf­tet. So leben geschätz­te 60 Pro­zent der Kokos-Klein­bau­ern im Haupt­pro­duk­ti­ons­land Phil­ip­pi­nen unter der Armuts­gren­ze.

Wie­so Kokos­öl wei­ter­hin ein durch und durch posi­ti­ves Image hat – kei­ne Ahnung. Unter­neh­men wis­sen, wel­che Pro­ble­me es mit sich bringt. Wir haben dazu schon mehr­fach Umfra­gen gemacht und auf­ge­klärt. Unter­neh­men dür­fen nicht nur Anfor­de­run­gen an die eine Zutat stel­len, die im Fokus der Öffent­lich­keit steht, oder die­se ohne Stra­te­gie ersetzen.

Es kommt auf die Nach­hal­tig­keit an!

Lasst Euch also bit­te am Back- oder Süß­wa­ren­re­gal nicht blen­den von Mar­ke­ting-Tricks. Schaut auf Zuta­ten­lis­ten und kauft lie­ber zer­ti­fi­zier­te Pro­duk­te – am bes­ten Bio und fair. Denn es gibt auch gute eine gute Nach­richt: Es kommt nicht dar­auf an, ob Kokos­öl oder Palm­öl in eurem Pro­dukt drin ist — son­dern dar­auf an, ob es nach­hal­tig und fair gewon­nen wird.

Expertin für Palmöl, seit 2009 beim WWF Deutschland. Anfangs habe ich nicht verstanden, warum wir bei den Runden Tischen mitmachen. Aber bei Besuchen in den Produktionsländern habe ich gesehen, dass wir uns mit dem Thema beschäftigen müssen. Manchmal frustrierend, weil alles viel zu langsam geht - aber wenn man auf einer guten Palmöl-Plantage steht, zerbrechen schon mal Feindbilder. Im Urlaub stecke ich den Kopf am liebsten beim Tauchen unter Wasser. Im Büro sorgt mein Hund Lotte für Entspannung.
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