Gespinst­mot­ten: Büsche im Seidenschleier

Gespinstmotten in der Hasenheide © Peter Jelinek

Jetzt sieht man es wie­der: Gan­ze Büsche und Bäu­me sind ein­ge­webt in ein sil­ber­glän­zen­des Gespinst. Die Blät­ter feh­len schon. Fast kahl ste­hen sie da. Und das mit­ten im Früh­ling. Was ist das nur? Wenn man genau­er schaut, sind klei­ne unschein­ba­re Rau­pen zu erken­nen, gelb-gräu­lich mit schwar­zen Punk­ten. Sie wir­ken auf den ers­ten Blick nicht son­der­lich beein­dru­ckend. Und doch sind sie für die­ses Natur­schau­spiel verantwortlich.

Gespinst­mot­ten sind wäh­le­risch und ungefährlich

Gespinst­mot­ten sind fas­zi­nie­rend: Sie weben gan­ze Bäu­me und Sträu­cher in einen sei­de­nen Kokon ein. © Peter Jelinek

Ich bin fas­zi­niert von die­sen klei­nen Rau­pen. Sie sind ein wich­ti­ger Teil der Natur und ihr Werk ist eine Meis­ter­leis­tung. Außer­dem scha­den sie eigent­lich nie­man­dem. Im Gegen­satz zum Eichen-Pro­zes­si­ons­spin­ner sind die Gespinst­mot­ten für die Gesund­heit der Men­schen unbe­denk­lich. Nicht ein­mal die “befal­le­nen” Bäu­me und Sträu­che lei­den übermäßig.

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Die Rau­pen sind durch­aus wäh­le­ri­sche Fein­schme­cker. Jede der 74 in Euro­pa vor­kom­men­den Gespinst­mot­ten­ar­ten frisst in der Regel nur an einer Baum- oder Strauch­art. So wer­den z.B. Trau­ben­kir­schen oder Pfaf­fen­hüt­chen im gro­ßen Stil im Mai und Juni mit Gespinst über­zo­gen. Alle ande­ren Bäu­me und Sträu­cher inter­es­sie­ren die Insek­ten so gut wie gar nicht.

Der Sei­den­ko­kon der Gespinst­mot­ten bie­tet Schutz

Unmit­tel­bar nach dem Schlüp­fen begin­nen die Rau­pen, den Baum ein­zu­we­ben. © Peter Jelinek

Ihr Lebens­zy­klus beginnt mit dem Schlüp­fen aus den Eiern, die im Vor­jahr an den Knos­pen gelegt wur­den. Im Mai star­tet das Spek­ta­kel und schon kurz nach dem Schlüp­fen wird der Baum ver­schlei­ert, damit die Rau­pen in Ruhe fres­sen kön­nen und nicht selbst Opfer von Vögeln oder ande­ren Fein­den wer­den. Sie hören auch nicht eher auf, bis nicht das letz­te Blatt ver­putzt wur­de. Anschlie­ßend wan­dern die Rau­pen gegen Mit­te Juni zum Stamm hin­ab, um sich zu dort zu ver­pup­pen und im Juli als Schmet­ter­lin­ge die Meta­mor­pho­se abzu­schlie­ßen. Die aus­ge­wach­se­nen Fal­ter legen schließ­lich ihre Eier an den Knos­pen ande­rer Büsche und Bäu­me der­sel­ben Art ab und der Zyklus beginnt im nächs­ten Jahr von Neu­em. Der betrof­fe­ne Strauch oder Baum sel­ber erholt sich rela­tiv schnell vom Kahl­fraß, sobald die Schmet­ter­lin­ge geschlüpft sind und treibt im sel­ben noch neue Blätter.

Gespinst­mot­ten und der Klimawandel

Das Werk der Gespinst­mot­ten ist ein beein­dru­cken­des Natur­schau­spiel. Unmit­tel­bar nach dem Schlüp­fen begin­nen die Rau­pen, den Baum ein­zu­we­ben. © Peter Jelinek

Doch tritt das Phä­no­men in den letz­ten Jah­ren immer häu­fi­ger auf, wie oft behaup­tet wird? Einer­seits kommt es immer wie­der zu Mas­sen­ver­meh­run­gen in bestimm­ten Jah­ren. Das geht dann so schnell, dass die natür­li­chen Fress­fein­de, etwa spe­zia­li­sier­te Schlupf­wes­pen­ar­ten mit ihrer eige­nen Ver­meh­rung nicht hin­ter­her­kom­men. Auch scheint gene­rell das Auf­tre­ten von Gespinst­mot­ten zuzu­neh­men. Denn es ver­än­dern sich die kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen zum Vor­teil der klei­nen Schmet­ter­lin­ge. Kür­ze­re und wär­me­re Win­ter sowie län­ge­re und wär­me­re Som­mer begüns­ti­gen ihren Lebenszyklus.

Die Gespinst­mot­ten machen auch nicht Halt vor Stein­sta­tu­en. © Peter Jelinek

Frü­her wur­den die “Gespins­te” der Gespinst­mot­ten sogar wie eine Lein­wand ver­wen­det, um soge­nann­te Spin­nen­we­ben­ma­le­rei­en anzu­fer­ti­gen. Alles in allem sind die beein­dru­cken­den Schlei­er für mich vor allem eines: Ein schö­nes Naturphänomen.

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Journalist und Texter mit einem großen Herz für Raubtiere: Wölfe, Tiger, Haie und natürlich Adler. Ansonsten beschäftige ich mich mit allem rund um die Themen Nachhaltigkeit, Innovationen und Umweltschutz.- Matthias hat den WWF inzwischen verlassen -

Kommentare (4)

  • Schön, dass ihr dieses spannende Thema ansprecht. Naturphänomene wie dieses sollte jedermann als ein solches erkennen :) Congrats auch an Peter Jelinek für die wirklich schönen Aufnahmen!

  • Danke für den tollen Artikel! Ich habe erst vor ein paar Tagen einen Haufen eingesponnener Bäume gesehen sowie viele verwirrte Spaziergänger. Schön dass ihr da Abhilfe schaffen wollt! :)

  • Vor ein paar wochen habe ich solche gespinste mit den beschriebenen raupen am ufer der Arve bei Genf gesehen, auf einem pfaffenhütchenstrauch, glaube ich. - Jetzt weiss ich dank ihrem artikel mehr! Herzlichen dank!
    Eine frage noch: etwas ähnliches habe ich an kiefern in den Walliser bergen gesehen, aber viel punktueller, nur an einzelnen astspitzen weit oben, so eine art knäuel. Ob auch raupen drin wohnen, konnte ich aus der distanz nicht erkennen. - Kennen sie eine erklärung auch dafür?
    Freundliche grüsse, AM Tschopp

  • toll das es diesen blog gibt. habe mich die letzten jahre nicht mehr um wildkruter gekmmert und freue mich hier fundiertes wissen an die hand zu bekommen und sichert beim dammeln habe. Danke

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