Legen die Hersteller fest, wann ein Gerät kaputt gehen muss? Oder liegt es an uns Konsument:innen? Beobachtungen zum Thema Geplante Obsoleszenz.
„Eine Reparatur lohnt sich für diesen Drucker nicht, die kostet mehr als ein neues Modell. Kaufen Sie sich einen Neuen!“ Mit diesen Sätzem beginnt sinngemäß der vielzitierte Dokumentarfilm „Kaufen für die Müllhalde“ von Cosima Dannoritzer von 2011. Er zeigt eine Situation, die viele Nutzer:innen von Elektronikgeräten schon mal erlebt haben: Das eigene Gerät funktioniert nicht mehr einwandfrei, obwohl es noch gar nicht so alt ist. Aber die Kosten für eine Reparatur sind deutlich höher als für ein neues, oftmals sogar leistungsstärkeres Gerät.
Geplante Obsoleszenz als Medien-Dauerbrenner
„Kaufen für die Müllhalde“ erzählt unter dem Stichwort „geplante Obsoleszenz“ Geschichten, in denen Produkten allem Anschein nach ein Verfallsdatum eingebaut wird, um möglichst schnell einen Neukauf zu stimulieren. Drucker mit eingebautem Countdown. Hochempfindliche Strumpfhosen. Glühbirnen mit gedrosselter Nutzungsdauer. Diese und weitere Beispiele erwecken den Eindruck, dass wir häufig die Opfer arglistig täuschender Hersteller sind. Das Thema „geplante Obsoleszenz“ ist spätestens seit der Doku ein Dauerbrenner in den Medien, was auch politische Resonanz erzeugt hat. Wie beispielsweise das französische Gesetz zum Verbot geplanter Obsoleszenz.
Sind Konsument:innen nur Opfer oder auch Täter?
Doch sind wir hier nur Opfer? Oder beschleunigen wir alle durch hohe Nachfrage, Orientierung an den neuesten Trends und die hohen Erwartungen an Produkte nicht auch ein Stück weit selbst die kurzen Produktzyklen? Und damit den Wegwerftrend? So zumindest argumentieren die Hersteller und der Handel: Warum reparaturfähige und lang haltbare Geräte produzieren, wenn niemand dafür zahlen will?
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Wissenschaftlich gesehen führt eine Täter-Opfer-Suche nicht weiter. Vielmehr braucht es eine ganzheitliche Sicht. Diese muss die komplexen Zusammenhänge berücksichtigen, in denen Produkte entwickelt, vermarktet, angeschafft, genutzt und entsorgt werden. Leider wird in der Öffentlichkeit aber oft eine lineare Sicht angewendet. Das führt dazu, dass alle Beteiligten die Verantwortung für das Produkt und vor allem auch dessen Umweltwirkung abgeben können: Irgendeine der Täter-Erzählungen wird schon passen.
Wege aus der linearen Falle
Eine ganzheitliche Sicht hingegen versucht, die Praktiken der Hersteller, der Inverkehrbringer und der Konsument:innen in ihren jeweiligen Kontexten zu verstehen. Und hier zeigt sich: Kurzlebige Produkte sind Teil eines linearen Systems. Überspitzt gesagt: Produkte sind für Hersteller vor allem ein Verkaufsobjekt, da sie an der Nutzung, dem Wiederverwerten oder dem Recycling nichts oder kaum verdienen. Für Konsument:innen sind sie oft Durchlaufposten, von denen sie eine hohe Funktionalität und Leistungsfähigkeit und den neuesten Stand der Technik erwarten. Wer repariert, pflegt und wartet schon, wenn das bessere Modell nur einen Klick entfernt ist!
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Für einen nachhaltigen Konsum müssen sich Prioritäten in Richtung Langlebigkeit verschieben. Marktbedingungen, in denen sich die Langlebigkeit lohnt und Kurzlebigkeit reguliert oder gar sanktioniert wird. Konsumbedingungen, in denen Nutzer:innen genügend Zeit und Wissen haben, Produkte lange zu nutzen. Und in denen Reparatur, Pflege und Wartung einfacher sind als ein Neukauf.