Ama­zo­nas: Was wir von Kanz­le­rin Mer­kel fordern

Amazonas: Kanzlerin Merkel muss sich bekennen! © Juvenal Pereira / WWF Brasilien

Ange­sichts der Lage am Ama­zo­nas müs­sen wir über Sonn­tags­re­den hin­aus­kom­men. Kanz­le­rin Ange­la Mer­kel ist gefordert.

Als vor im April 2019 Not­re Dame in Paris brann­te, lie­fen in weni­gen Tagen Spen­den­zu­sa­gen in Höhe von fast einer Mil­li­ar­de Euro ein. Jetzt brennt am Ama­zo­nas der größ­te Regen­wald der Erde. Und wir erle­ben ein bizar­res Thea­ter um lächer­li­che 20 Mil­lio­nen Euro, die die G7- Staa­ten zur Brand­be­kämp­fung und Wie­der­auf­fors­tung bereit­stel­len wol­len. Die abstru­se Debat­te zeigt, dass die Dimen­si­on des Pro­blems noch immer nicht erkannt wurde.

Ange­la Mer­kel muss sich zu Wort melden!

Aber immer­hin, es bewegt sich etwas. Die Tat­sa­che, dass die G7 das The­ma bei ihrem Tref­fen über­haupt auf die Tages­ord­nung gesetzt haben, ist dem fran­zö­si­schen Prä­si­den­ten Emma­nu­el Macron zu ver­dan­ken. Jetzt müs­sen den Wor­ten schnell Taten fol­gen. Wir müs­sen über Sonn­tags­re­den hin­aus­kom­men. Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel soll­te das The­ma Ama­zo­nas zur Che­fin­nen-Sache machen und sich end­lich ent­schie­den zu Wort mel­den. Es gilt ange­sichts der dra­ma­ti­schen Lage, den Druck zu erhö­hen. Dafür muss sich die gesam­te Bun­des­re­gie­rung posi­tio­nie­ren und das Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen der EU und dem Mer­co­sur nachverhandeln.

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Es reicht nicht dar­auf zu ver­wei­sen, dass das Mer­co­sur-Abkom­men ein Kapi­tel zu Sozi­al- und Umwelt­fra­gen beinhal­tet. Das stimmt zwar, doch es braucht ver­läss­li­che und ambi­tio­nier­te Min­dest­stan­dards. Dar­über hin­aus feh­len ein­deu­ti­ge Sank­ti­ons­me­cha­nis­men bei Ver­stö­ßen. Wenn hier nicht nach­ge­schärft wird, wer­den die Brand­stif­ter ein paar Kro­ko­dils­trä­nen ver­gie­ßen, aber danach kräf­tig weiterzündeln.

Geld allein wird für den Ama­zo­nas nicht reichen

Es reicht auch nicht, das Scheck­buch zu zücken. Geld allein wird das Pro­blem nicht lösen. Die Bun­des­re­gie­rung muss zusam­men mit der EU deut­lich machen, dass es im welt­wei­ten Han­del nicht nur um Pro­fi­te, son­dern vor allem um eine Zusam­men­ar­beit geht, die auf Wer­ten basiert. Die Indus­trie­län­der kön­nen sich nicht von ihrer Mit­ver­ant­wor­tung frei­kau­fen. Brand­be­kämp­fung und Wie­der­auf­fors­tung sind gut. Sie blei­ben aber nur Sym­bol­po­li­tik, wenn die Ursa­chen der Ent­wal­dung nicht ange­gan­gen werden.

Der Schlüs­sel zur Bekämp­fung des Pro­blems liegt in Bra­si­li­en, aber auch wir Euro­pä­er haben eine Mit­ver­ant­wor­tung. Poli­tik, Unter­neh­men und wir Ver­brau­cher. Eine der Ursa­chen für die ver­hee­ren­den Feu­er am Ama­zo­nas fin­det sich in deut­schen Fut­ter­trö­gen: Soja. Allein für die Pro­duk­ti­on von Tier­fut­ter für Schwei­ne, Rin­der und Geflü­gel in Deutsch­land wird eine Anbau­flä­che so groß wie ganz Hes­sen benö­tigt. Ein gro­ßer Teil davon kommt aus Süd­ame­ri­ka. Hier gilt es anzusetzen.

Ver­ant­wor­tung nicht auf Ver­brau­cher abwälzen!

Weni­ger Fleisch aus Mas­sen­tier­hal­tung zu kon­su­mie­ren ist nur eine sinn­vol­le Maß­nah­me von vie­len mög­li­chen. Poli­tik und Wirt­schaft dür­fen die Ver­ant­wor­tung nicht auf die Ver­brau­cher abwäl­zen. Wir brau­chen eine Han­dels­po­li­tik, die viel mehr Wert auf Nach­hal­tig­keit legt. Hier kom­men auch deut­sche Unter­neh­men ins Spiel. Wir beim WWF for­dern, dass Unter­neh­men und Bun­des­re­gie­rung ihre Lie­fer­ket­ten sys­te­ma­tisch über­prü­fen, um sicher­zu­stel­len, dass in Deutsch­land ver­kauf­te Pro­duk­te nicht den Ama­zo­nas-Regen­wald zer­stö­ren. Ein EU-Akti­ons­plan, der die­se Fra­gen regelt, ist längst überfällig.

Am Ama­zo­nas leben zehn Pro­zent aller welt­weit vor­kom­men­den Arten. Die­ser Schatz ist im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes unbe­zahl­bar. Die Kos­ten für sei­nen Erhalt ste­hen in kei­nem Ver­hält­nis zur öko­lo­gi­schen und wirt­schaft­li­chen Kata­stro­phe, die sein Ver­lust bedeu­ten wür­de. Die ruß­ge­schwän­ger­te Luft über Sao Pau­lo war ein Mene­te­kel, das nicht nur Süd­ame­ri­ka, son­dern auch ande­ren Tei­len der Welt droht.

Die Brän­de am Ama­zo­nas sind eine Tra­gö­die für die Natur und die Urein­woh­ner der Regi­on. Mit­tel­fris­tig wird es aber auch die Ver­ur­sa­cher des Pro­blems tref­fen. Der Regen­wald ist eine gigan­ti­sche Kli­ma­an­la­ge, Regen­ma­schi­ne und Koh­len­stoff­sen­ke. Wenn es nicht gelingt, den Wald zu ret­ten, wird sich der Süden des Kon­ti­nents in eine süd­ame­ri­ka­ni­sche Sahel­zo­ne ver­wan­deln. Dann kön­nen auch die Rin­der­züch­ter und Soja­ba­ro­ne ihr Geschäfts­mo­dell ver­ges­sen. Ohne Regen ist kei­ne Land­wirt­schaft mög­lich. Und das Errei­chen der welt­wei­ten Kli­ma­schutz­zie­le rückt in noch wei­te­re Ferne.

Der Ama­zo­nas gehört – wie Not­re Dame – zum Welt­erbe der Mensch­heit. Ihn zu Erhal­ten sind wir uns selbst schuldig.

---Eberhard Brandes hat den WWF inzwischen verlassen--- Passionierter Umweltschützer und geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland. Sehe es als großes Glück, dass ich meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte. Ich brenne dafür, dass wir Menschen endlich lernen, im Einklang mit der Natur zu leben. Und dabei stetig vorankommen – mal in großen, mal in kleinen Schritten. Mit Stillstand können wir unsere Zukunft nicht mehr retten.
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