Was Zucker­rü­ben mit Auto­bat­te­rien zu tun haben

Kann man aus Zuckerrüben Batterien herstellen? © iStock / Getty Images

Der­zeit machen elek­trisch betrie­be­ne PKW auf Deutsch­lands Stra­ßen gera­de ein­mal 0,04% des Gesamt­be­stan­des an Autos aus. Die rest­li­chen 99,96% sind kon­ven­tio­nel­le, CO2-aus­sto­ßen­de und somit die Umwelt ver­pes­ten­de Fahr­zeu­ge. Die­se Zah­len ste­hen im völ­li­gen Kon­trast zu den eigent­li­chen Kli­ma-Zie­len Deutsch­lands.

Ent­wick­lung des Bestands an E‑Fahrzeugen in Deutsch­land © Platt­form Natio­na­le Elektromobilität

Bis zum Jahr 2020 sol­len hier­zu­lan­de eine Mil­li­on Elek­tro­au­tos unter­wegs sein. Um die Erd­er­wär­mung auf 2° Cel­si­us zu beschrän­ken, müss­ten allein im Ver­kehrs­sek­tor 150 Mil­lio­nen Ton­nen CO2 ein­ge­spart wer­den. Die­ses Ziel ist für den Indi­vi­du­al­ver­kehr nur mit elek­tro­ni­schen Ver­kehrs­kon­zep­ten und Autos zu errei­chen – so weit sind sich die Wis­sen­schaft­ler einig.

Aber E‑Autos haben noch einen wei­ten Weg vor sich, denn sie sind noch lan­ge nicht per­fekt. Neben der man­geln­den Reich­wei­te ste­hen sie beson­ders häu­fig für die ver­wen­de­ten Roh­stof­fe der Akku­mu­la­to­ren und Moto­ren in der Kri­tik, die momen­tan noch alles ande­re als umwelt­freund­lich sind.

Genau hier setzt die Fra­ge­stel­lung der For­schungs­grup­pe „Mobi­li­tät“ des 2°Campus in die­sem Jahr an: Ist es mög­lich, nach­hal­ti­ge­re Roh­stof­fe zur Her­stel­lung zu verwenden?

Wie funk­tio­niert ein her­kömm­li­cher Lithium-Ionen-Akku?

Die Grup­pe “Mobi­li­tät” des 2° Cam­pus 2015 © Arnulf Morascher

Her­kömm­li­che Lithi­um-Ionen­ak­ku­mu­la­to­ren bestehen aus zwei Elek­tro­den (Anode und Katho­de), die durch einen nicht­wäss­ri­gen Elek­tro­ly­ten mit­ein­an­der ver­bun­den sind. Wird eine Span­nung ange­legt, flie­ßen die Elek­tro­nen zur Anode. Zum Ladungs­aus­gleich bewe­gen sich die Lithi­um-Ionen über den Elek­tro­ly­ten eben­falls zu die­ser Elek­tro­de. Beim Ent­la­de­vor­gang pas­siert der­sel­be Ablauf ein­mal umge­dreht. Die Lithi­um-Ionen flie­ßen zurück zur Katho­de, wäh­rend sich die Elek­tro­nen über den äuße­ren Strom­kreis zurück­be­we­gen und dabei zum Bei­spiel eine Lam­pe zum Leuch­ten brin­gen können.

Momen­tan bestehen Katho­den meist aus Lithi­um-Metall­oxid-Ver­bin­dun­gen (z.B. LiMn2O4; Lithi­um­man­gan­oxid). Die Anode aus Gra­phit — ein Mine­ral, das in Akku­mu­la­to­ren in einer sta­pel­för­mi­gen Schicht­struk­tur vor­kommt. Die­ser wird aus Erd­öl­ab­fäl­len her­ge­stellt und ist folg­lich nicht gera­de nachhaltig.

Ener­gie­spei­cher aus Zuckerrüben

Sphä­ri­sche Koh­len­stoff­par­ti­kel, die sich in Struk­tur und Grö­ße unter­schei­den. © Andre­as Heck­mann MEET Münster

Aber nicht nur Erd­öl ent­hält für die Ver­wen­dung als Anoden­ma­te­ri­al güns­ti­ge Struk­tu­ren, son­dern auch bei­spiels­wei­se die Zucker­rü­ben. Fünf Mega­ton­nen die­ses Roh­stof­fes wer­den jähr­lich weg­ge­schmis­sen. War­um soll­te man die­se nicht zur Ener­gie­ge­win­nung einsetzen?

Um zu über­prü­fen, ob hin­ter die­ser Idee tat­säch­lich eine Zukunfts­in­no­va­ti­on steckt, haben wir im Bat­te­rie­for­schungs­in­sti­tut „MEET mit han­dels­üb­li­chem Zucker­rü­ben­si­rup gear­bei­tet. Mit Was­ser ver­mischt und über vier Stun­den unter hohem Druck erhitzt, erhält man eine schwar­ze, wäss­ri­ge Suspension.

Nach zahl­rei­chem Fil­trie­ren, Trock­nen und  wei­te­rem Erhit­zen in einem Hoch­tem­pe­ra­tur­ofen ent­ste­hen schließ­lich Car­bon Sphe­res –sphä­ri­sche Koh­len­stoff­par­ti­kel in der Grö­ße von Viren bis Bak­te­ri­en, die sich unter­ein­an­der in ihrer Struk­tur und Grö­ße unter­schei­den – die idea­le Aus­gangs­sub­stanz zur Her­stel­lung eines Anodenmaterials.

Swa­ge­lok­zel­le © Meet Münster

Anoden aus Zuckerrübensirup

Im nächs­ten Schritt wer­den die­se klei­nen Par­ti­kel mit kleins­ten Men­gen an Bin­de­mit­tel (E466 – aus der Lebens­mit­tel­in­dus­trie bekannt) Leitruß  und Was­ser ver­mischt, sodass sich ein wäss­ri­ger „Slur­ry“ bil­det, der im Anschluss auf eine Kup­fer­plat­te auf­ge­tra­gen wird. Abschlie­ßend wird dar­aus eine voll­stän­di­ge Anode gestanzt.

Unse­re „Car­bon Sphe­res –Anode“ haben wir schließ­lich in eine Test­bat­te­rie (Swa­ge­lok­zel­le) ein­ge­baut und durch Ver­fah­ren wie das Zykli­sie­ren unter­sucht, wie effi­zi­ent die­se Idee tat­säch­lich ist.

Aus­wer­tung der Zykli­sie­rung © Kol­ja Beltrop

Die Ergeb­nis­se:

Die Ergeb­nis­se sind für den ers­ten Ver­such über­ra­schend gut. Zwar zei­gen die Unter­su­chun­gen noch kei­ne Wer­te, die momen­tan für die Indus­trie attrak­tiv erschei­nen, aber hin­ter der Idee steht auf jeden Fall ein rie­si­ges Ent­wick­lungs­po­ten­ti­al. Mit wei­te­rer For­schung und poli­ti­schen Anrei­zen könn­te es durch­aus mög­lich sein, dass in ein paar Jah­ren unse­re Autos mit Zucker­rü­ben­ab­fäl­len ange­trie­ben wer­den. Emis­si­ons­frei und nachhaltig.

Jugend­li­che for­schen für den Klimaschutz:

Der “2° Cam­pus” ist eine Koope­ra­ti­on des WWF Deutsch­land und der Robert-Bosch-Stif­tung
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Lilith ist seit 2019 Teil des WWF Jugendrates. Aktuell studiert sie an der Technischen Universität Dresden im Bachelor Internationale Beziehungen. Seit 2015 ist sie beim WWF aktiv. Als 2°Campus Teilnehmerin entwickelte sie eine nachhaltige Komponente einer modernen Batterie. Im 2°Changemaker-Programm gestaltete sie ein Analysewerkzeug für Nachhaltigkeitsaspekte an Schulen und Universitäten und ist in der WWF Jugend aktiv. Seit 2019 ist sie als Coach im netzwerk n deutschlandweit unterwegs und unterstützt Hochschulinitiativen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit am Campus und in der Lehre. Weitere Expertise besitzt sie in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit unter anderem als Digital Changemaker im Hochschulforum Digitalisierung.

Kommentare (1)

  • Stundenlanges Hocherhitzen unter hohem Druck, schier endloses Filtrieren, neuerliches Hocherhitzen... alles umweltfreundlich mit Bockmist befeuert? Klingt ausgesprochen umweltschonend...

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