Die Tage werden kürzer und kühler, der Sommer hat sich verabschiedet und die Pilzsaison ist wieder in vollem Gange. Das Jahr 2022 scheint entgegen aller Befürchtungen ein hervorragendes Pilzjahr zu sein, in sämtlichen Messengern und den sozialen Netzwerken sehe ich Bilder von Rekordfunden. Und alles strömt nach draußen in die Herbstwälder. Freunde und Freundinnen der schmackhaften Steinpilze, Maronen und Riesenschirmlinge stauben ihre Körbchen ab, schleifen ihre Pilzmesser und putzen ihre Gummistiefel. Doch wohin mit all der guten Pilzlaune? In welchen Wäldern findet man überhaupt Speisepilze? Und was gilt es beim Sammeln zu beachten?
Pilze sammeln: Sieben Goldene Regeln
Steinpilze oder nicht? Prüfen, prüfen, prüfen!
Niemals – ich betone: niemals! – einen Pilz essen, den ihr nicht genau kennt. Das eine Kriterium, mit dem man einen giftigen von einem ungiftigen Pilz unterscheiden kann, gibt es nicht! Oft lässt sich ein Pilz erst anhand fünf oder mehr markanter Merkmale sicher bestimmen. Das Bestimmen ist gerade am Anfang einer Pilzsammelkarriere mühsam, jedoch solltet ihr niemals – ich betone: niemals! – einen Pilz verzehren, der „ungefähr so aussieht, wie der, den Thorsten letztes Mal gefunden hat.“ Schlaue Menschen bestimmen ihre Pilze selbst vor und bringen dann zur Sicherheit den ganzen Fund zur örtlichen Pilzberatungsstelle (vor dem Verzehr, nicht hinterher!). Vielleicht gibt es auch einen beratungswilligen Pilzsachverständigen der deutschen Gesellschaft für Mykologie ganz in der Nähe.
Der frühe Vogel…
Kurz und knapp: Ja, ihr müsst wirklich früh aufstehen. Die echten Pilznarren stehen nämlich schon bei Sonnenaufgang im Wald. Wer zu spät kommt, findet nur noch die Pilze, die andere übrig gelassen haben. Das sind meist nicht sehr viele.
Pilze nicht schneiden!
Oft stecken wichtige Bestimmungsmerkmale eines Pilzes in der Knolle — oder eben in ihrer Abwesenheit. Daher schneiden Pilzexpert:innen ihre Funde nie am Stiel ab, sondern drehen den ganzen Pilz vorsichtig aus dem Boden.
Nur die guten Pilze ins Körbchen!
Sammelt nicht wahllos alle Pilze im Wald und versucht erst hinterher, sie zu bestimmen, denn so können Bruchstücke von Giftpilzen zwischen die genießbaren Pilze geraten. Versucht also immer zu prüfen, ob es sich um einen genießbaren Pilz handeln könnte, bevor ihr ihn aufnehmt. Giftpilze solltet ihr unbedingt stehenlassen und niemals zerstören. Sie sind Nahrung für andere Tiere und von großer Bedeutung für das Ökosystem.
Pilze gleich putzen!
Ihr solltet den Pilz an Ort und Stelle grob abputzen und Nadeln und Blätter entfernen. Es empfiehlt sich zudem, von Schnecken und Würmern angefressene Stellen großzügig abzuschneiden, sonst sind eure Pilze verschwunden bevor ihr zu Hause angekommen seid.
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Pilze niemals in Plastik!
Pilze sollten niemals in Plastiktüten gesammelt werden, da sich unter Luftabschluss die Eiweißzersetzung beschleunigt. In Tüten oder Rucksäcken zerquetschen die Pilze außerdem sehr schnell. Stattdessen lieber ein klassisches Pilzkörbchen mitnehmen.
Keine Pilze Babys und Senioren!
Junge Pilze zu sammeln ist nicht nur raffgierig, sondern auch gefährlich, da sie oft sehr schwer zu bestimmen sind. Alte Pilze schmecken nicht mehr, außerdem können sie, wenn ihr sie stehenlasst, ihre Sporen weitergeben und so für den Erhalt ihrer Art sorgen.
Vier Geheimtipps zum Pilzesammeln für Fortgeschrittene:
Symbiosen verstehen
Viele Pilze leben in einer engen Symbiose mit ganz bestimmten Pflanzen. Diese sogenannten Mykorrhiza-Pilze beliefern „ihre“ Pflanze mit Mineralstoffen, z.B. Stickstoff (in Form von Nitrat) oder Phosphat und erhalten im Gegenzug vor allem Kohlenhydrate. Was dem engagierten Pilzfreund dieses Wissen nützt? Ein einfaches Beispiel: In nitratreichen Böden brauchen die Pflanzen keine Pilzpartner, da sie die wertvollen Stoffe ganz alleine aus dem Boden ziehen können. In nitratreichen Böden gibt es also keine Mykorrhiza-Pilze (zu denen viele Röhrlinge, unter anderem auch Steinpilze gehören). Darum lohnt es sich, auf Nitratzeiger wie Springkraut oder Brennnesseln zu achten, denn wo sie wachsen, werden wir Steinpilze meist vergeblich suchen. Auch ist es sinnvoll zu wissen, welche Pilze mit welchen Bäumen in Symbiosen stehen (Informationen gibt es z.B. hier). Denn die großen Bäume finden wir leichter als ihre kleinen Pilzpartner. Die echte Pilzkennerin wird sich gründlich mit der Flora der Wälder vertraut machen und schon bald wissen, dass Fichten, Kiefern, Eichen und Buchen gerne ein paar Steinpilze in ihrer Nähe haben.
Stammwälder pflegen
Hartnäckigkeit zahlt sich auch bei der Pilzsuche aus. Es lohnt sich, einen geeigneten Wald (zum Beispiel einen Buchen- oder Fichtenwald, denn viele Mykhorizza-Pilze leben in Symbiosen mit Buchen oder Fichten) in der Nähe auszusuchen und diesem in der Pilzsaison so oft wie möglich einen Besuch abzustatten. Nur so kann man einen Wald gründlich erforschen und die ertragreichen Pilzgebiete ausmachen. Häufig wachsen Pilze Jahr für Jahr in denselben Arealen, daher ist die Kennzeichnung dieser Orte auf einer Karte empfehlenswert. Auch technische Geräte wie Smartphones oder Navigationsgeräte sind hilfreich, um sich die GPS-Koordinaten besonderer Pilzgebiete zu markieren und so leichter zu ihnen zurückzufinden.
Pilze: Nicht nur im Herbst suchen
Pilze wachsen das ganze Jahr über. Wer im Frühling oder Winter nach ihnen sucht, wird zwar manch ungläubigen Blick von Spaziergängern ernten, aber dafür außer Konkurrenz die herrlichsten Speisepilze finden, wie zum Beispiel Schopftintlinge, Morcheln oder Maipilze.
Pilzseminare besuchen
Auch für die erfahrenen PilzsammlerInnen lohnt sich der Besuch eines Pilzseminars, um spezielle Fragen zu klären und Tipps vom echten Profi zu erhalten. Die deutsche Gesellschaft für Mykologie bildet Pilzsachverständige aus, die in ganz Deutschland Pilzkurse anbieten. Im Raum Berlin-Brandenburg sind beispielsweise die Pilzexkursionen und –seminare von Dirk Harmel eine empfehlenswerte Anlaufstelle.
Kommentare (23)
Das ist echt ein super Artikel! Und auch wenn mich Spaziergänger vielleicht komisch anschauen, werde Ich mich demnächst mal auf die Suche nach den ersten Steinpilzen des Jahres machen!
lg Alex
Und wieder was gelernt, vielen Dank. Das manche Pilze in Symbiosen zu Pflanzen stehen wusste ich nicht, obwohl ich nun mittlerweile schon über 30 Jahre durch den Wald gehe :-)
Alles andere ist auch mir bekannt und wird von mir bestätigt.
Alles Gute sagt Daniel
Schöner Bericht und was dazu gelernt. Muss doch mal um Winter raus. :)
Dann kann ich unsere Premium Aromen eventuell mit Morcheln zu neuen Geschmacksvariationen umändern. :)
Ein kleiner Tipp:
Wo Fliegenpilze wachsen ist der Steinpilz nicht weit.
Wenn Ihr Pfifferlinge findet, dreht sie bitte nicht aus dem Boden heraus, wie in dem Artikel beschrieben ist. Schneidet sie mit dem Messer ab, dann wächst der Pilz nach. So sorgt Ihr für nachhaltiges Pilzsammeln und erhaltet für später nachfolgende Sammler Fundstellen. Zusätzlich solltet Ihr die kleinen Exemplare für Eure PilzsammlerkollegInnen stehen lassen.
Das mit dem schneiden ist grundverkehrt! Ein Pilz wächst niemals wieder nach, sondern immer an einer anderen Stelle. Also etwas daneben. Pilze immer drehend ernten., nicht reißen, nicht schneiden. Geerntete Stelle wieder mit Erde oder Moos abdecken. Bin Champignon - Züchter, denke dass ich mich daher auskenne. Besonders bei Pfifferlinge nicht den Boden durchwühlen!!!
Meine Oma sagte immer, dass man immer sehr früh im Wald sein muss und an den Stellen suchen sollte, wo keine sucht. Das sind Ihre Tipps zum Erfolg!
Bei uns hier im bayrischen Wald würden so vile Steinpilze wachsen aber leider dauert die Halbwertszeit vom Cäsium, welches sich durch die Atomkatasrophe am Boden bei uns in Bayern abgelagert hat noch ca. 25 Jahre.
Steinpilze findest du in guten Feinkostgeschäften . So schadest du dem Waldboden
am wenigsten , vergiftest dich nicht , störst Waldleben nicht , kurzum : mach das
was du kannst , geh zum Supermarkt ! oder eben auf den Wald - Wanderwegen
spazieren .
Und , parke dein " Liebstes " nicht im Wald , sondern in der Haus- Garage .
Danke !
Was ist denn das bitte für ein sinnloser Post?
Ist natürlich viel nachhaltiger aus einer Pilzzucht zu kaufen, die Ressourcen braucht, damit die Pilze gedeihen. natürlich auch viel Umweltfreundlicher, wenn Pilzjäger durch den Wald rennen und alles abfarmen um die Feinkosthändler zu beliefern.
Selbstverständlich ist es auch weniger umweltbelastend, wenn die Pilze aus was weiß ich woher mit nem Lkw angekarrt werden.
Endlich mal ein guter Kommentar so sehe ich es auch. Das nenne ich echtes Umweltbewußtsein. Danke.
Also Dieter,
das ist ja reichlich kurzsichtig: da man Steinpilze nicht züchten kann, wurden die Exemplare in deinem Feinkostladen natürlich im Wald gesammelt- sind also genauso Cäsium belastet wie selbst gepflückte und werden ebenfalls meistens per Auto abtransportiert.
Sattel am besten auf Champignons um 😉!
Sassa
Meine Mutter sagte immer, dass jeder Steinpilz einen Bruder hat.
Tatsächlich ist in den meisten Fällen ein zweiter Herrenpilz nicht weit. Also sich weiter umsehen.