Grill­koh­le: Der hohe Preis für‘s Grillen

Um Grillkohle herzustellen braucht man die bis zu zehnfache Menge Holz CC0 Arthur Savary https://unsplash.com/photos/MTI8v_qPaH0

Deutsch­land ver­braucht 250.000 Ton­nen Grill­koh­le pro Jahr. Soviel wie kein ande­res EU-Land. Die Koh­le wird fast kom­plett aus Polen, Para­gu­ay, Nige­ria, Nami­bia, Süd­afri­ka und der Ukrai­ne impor­tiert. Alles Hoch­ri­si­ko­län­der was die Holz­be­schaf­fung betrifft. Bei Markt­un­ter­su­chun­gen haben wir in 80 Pro­zent der getes­te­ten Grill­koh­le Auf­fäl­lig­kei­ten wie falsch dekla­rier­te Holz­ar­ten nach­ge­wie­sen. In 40 Pro­zent der Grill­koh­len haben wir sogar Tro­pen­höl­zer gefun­den. In meh­re­ren Koh­le­sä­cken waren auch Ulme, Padouk und Bon­gos­si – alle­samt Holz­ar­ten, die vom Aus­ster­ben bedroht sind.

Betrug sogar bei FSC Grillkohle

Sogar bei FSC zer­ti­fi­zier­ter Grill­koh­le gab es Unge­reimt­hei­ten. Das Gute am FSC Sys­tem ist jedoch, dass es grund­sätz­lich die Mög­lich­kei­ten gibt, Schwach­stel­len zu behe­ben. Auf Grund­la­ge der WWF-Markt­ana­ly­sen hat der FSC seit 2017 den Betrug im Holz­koh­le­markt bekämpft. Das ist gut, reicht aber nicht. Der FSC muss sicher­stel­len, dass bei Markt­ana­ly­sen das Ergeb­nis für den FSC immer deut­lich bes­ser aus­fällt, als für nicht zer­ti­fi­zier­te Pro­duk­te. Nur so kann der FSC unse­ren Anspruch an Glaub­wür­dig­keit erfüllen.

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Eigent­lich gibt es Euro­päi­sche Holz­han­dels­ver­ord­nung kurz auch EUTR. Sie soll gewähr­leis­ten, dass in die EU ein­ge­führ­tes Holz aus lega­len Quel­len stammt. Lei­der gehört Grill­koh­le zu genau den Aus­nah­me­pro­duk­ten, die aus irgend­ei­nem mir uner­find­li­chen Grund nicht unter die­se EU Richt­li­nie fällt. Lega­li­tät ist bei in Deutsch­land ver­kauf­ter Grill­koh­le also aus­schließ­lich frei­wil­lig. Von Nach­hal­tig­keit rede ich hier noch gar nicht.

Mir fallt bes­se­res ein, was man mit Holz machen kann CC0 Rwan Hes­ry https://unsplash.com/photos/fr1pb8q5oPg

Zunächst brau­chen wir mehr Infor­ma­tio­nen über Holz­ar­ten und Holz­her­kunft auf den Ver­pa­ckun­gen. Der Ver­brau­cher soll­te ja min­des­tens wis­sen kön­nen, was eigent­lich im Sack drin ist und woher die Ware kommt. Die­ser For­de­rung kommt EDEKA zum Bei­spiel mit ihrer FSC Buch­holz­grill­koh­le aus euro­päi­schen Laub­wäl­dern nach.

Eher nicht nach­hal­tig: Grill­koh­le aus Kokos

Inzwi­schen tau­chen immer Alter­na­ti­ven auf, für die angeb­lich kein Baum ster­ben muss. Nach­hal­tig, so heißt es jeden­falls. In ver­schie­de­nen Märk­ten gibt es bereits Grill­koh­le aus Kokos. Die­se wer­den aus dem „Abfall“ gewon­nen, wel­che bei der Kokos­öl und –fett Pro­duk­ti­on anfällt. Eine ech­te nach­hal­ti­ge Alter­na­ti­ve kann ich dar­in lei­der nicht sehen. Das Pro­blem ist die Zer­ti­fi­zie­rung. Die Kokos­scha­len kön­nen also von Mono­kul­tur­plan­ta­gen aus Asi­en stam­men. Mit all den Pro­ble­men, die damit behaf­tet sind. Etwa Flä­chen­um­wand­lung von Natur­wald für die Plan­ta­gen, hoher Dün­ger­mit­tel­ein­satz, hohes Boden­aus­laug­po­ten­zi­al. Dazu sind die Kokos­pal­men meis­tens Stand­ort­fremd und haben auf­grund ihrer Mono­kul­ti­vie­rung eine sehr gerin­ge Bio­di­ver­si­tät — und das alles ohne ein ver­trau­ens­wür­di­ges Zer­ti­fi­zie­rungs­sys­tem. Dass die wei­ten Trans­port­we­ge den hohen CO2 Fuß­ab­druck dann noch erhö­hen, muss ich gar nicht mehr erwähnen.

Mit Zer­ti­fi­zie­rung könn­te Kokos durch­aus eine Alter­na­ti­ve zur kon­ven­tio­nel­len Koh­le aus Afri­ka und Süd­ame­ri­ka dar­stel­len. So aber eher nicht.

Gute Chan­cen, dass hier ille­gal geschla­ge­nes Holz in Rauch auf­geht CCo Samu­el Zel­ler https://unsplash.com/photos/fr1pb8q5oPg

Was gegen das Gril­len mit Holz­koh­le spricht

Mit all die­sen Pro­ble­men stellt sich mir die Fra­ge: Muss man eigent­lich echt mit Grill­koh­le Gril­len? Für eine Ton­ne Grill­koh­le benö­tigt man bis zu zehn Ton­nen Holz. Selbst in moderns­ten Indus­trie­an­la­gen sind es immer noch mehr als zwei Ton­nen. Nach­dem die­ses Holz zu Koh­le degra­diert wur­de, wird es meist meh­re­re Tau­send Kilo­me­ter bis nach Deutsch­land geschifft. Wo es dann ein­fach ver­brannt wird. Und dabei wird dann auch noch jede Men­ge CO2 freigesetzt.

Da fal­len mir per­sön­lich sinn­vol­le­re Ver­wen­dungs­mög­lich­kei­ten von Holz ein.

Sinn­vol­le Alter­na­ti­ven zur Grillkohle

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Experte Holz und Papier. Als gelernter Tischler und studierter Holzwirt habe ich mein Leben der Liebe für Holz und den Wald verschrieben. Holz als nachwachsender Rohstoff ist in seiner Anwendung nahezu grenzenlos. Das wird leider überstrapaziert und auf Lasten der Wälder ausgenutzt. Damit Mensch und Natur in Einklang leben können bedarf es klarer Grenzen nachhaltigen Handelns. Das zeigt sich bei Holz besonders. Ich arbeite daran Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einen nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen zu vermitteln.

Kommentare (12)

  • Ich habe vor einigen Tagen im Supermarkt die angeblich erste Bio zertifizierte Holzkohle der Welt gesehen. Zu meiner Überraschung taucht sie in diesen Blogeintrag überhaupt nicht auf, dabei wäre es schon interessant, wie der WWF diese bewertet.

    Ich möchte hier keine Werbung machen, daher kein Link, aber ich denke Mann würde das Produkt problemlos im Internet finden.

  • Gute Aufklärung, vor allem, daß Edeka FSC zertifizierte Grillkohle anbietet.
    Grüße
    Monika

  • Bedenkenlos könnt ihr Holzkohle vom Quebracho Baum nehmen. 6x dichter als Buche/Eiche daher super effizient. Das Holz ist kein Tropenbaum! Der Baum wächst krumm und krüppelig. Kommt zwar aus Südamerika aber viel nachhaltiger als Buchenholz! Erhältlich z.b. bei Santos in Köln. Heisst Ranch-T und ist jeden Euro wert. Ich benutze sie ausschließlich

  • Im Großen und Ganzen ein sinnvoller Beitrag und gute Tipps, leider wird immer wieder der Gleiche Fehler beschrieben - nämlich das FSC zertifizierte Holzkohle Tropenholz ausschließt.
    Das stimmt nicht - denn gerade zum Schutze der Tropenwälder und damit sind nicht exklusiv die Regenwälder, sondern alle in den Tropen und Subtropen wachsenden Bäume gemeint - wurde der FSC im Nachgang zum Umweltgipfel in Rio, gegründet.
    Auch die CO² Bilanz hinkt leider, denn während zum Beispiel die Buche in Deutschland nach frühestens 50 Jahren genutzt werden kann - lassen sich Hölzer in Namibia, Südafrika, Argentinien, Paraguay, etc. - häufig schon nach 10 Jahren zur Holzkohleherstellung verwenden. Auf jeden Fall aber mit Blick auf CO² besser als Gas oder Strom aus fossiler Kohle!
    Am Besten also - FSC Holzkohle (egal woher) und möglichst wenig Fleisch oben drauf!

  • FSC mag ein Weg sein, das bessere Siegel ist aber PEFC.

    Damit hat man den Nachweis, den Rohstoff Holz ressourcenschonend zu Verwenden. Das bedeutet u.a.:

    - Es wird nicht mehr Holz geschlagen als nachwächst (der deutsche Wald wächst um 1% pro Jahr, trotz Bewirtschaftung durch die Möbelindustrie, Sägewerke, Buchenholzkohle, etc.).
    - Wo Bäume gefällt wurden, wird auch wieder aufgeforstet.
    - Der Wald bleibt ein sicherer Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
    - Die Herkunft des Rohstoffs Holz ist legal.
    - Für das Produkt, welches das Siegel trägt, bedeutet das: Die komplette Herstellung des Produkts vom Rohstoff bis zum Endprodukt ist zertifiziert und wird durch unabhängige Gutachter kontrolliert.

    Meines Wissen produziert als einzig und allein die deutsche Firma proFagus in Deutschland Grillkohle die PEFC zertifiziert ist. Sie verwendet für die Produktion ihrer Holzkohle naturbelassene Buchen-Resthölzer (z. B. Kronenholz oder Reste aus der Säge- und Möbelindustrie) aus nachhaltig bewirtschafteten, heimischen Wäldern. Das Beimischen von Import- und Tropenhölzern ist tabu, lange Transportwege entfallen. Andere „deutsche„ Produkte sind I.d.R. nur Abfüller und da hat man dann die oben von WWF beschriebenen Probleme im Sack.

    Abgesehen davon entfaltet Buchenholzkohle die richtige Hitze und Raucharomen, die andere Hölzer eher nicht haben.

  • Interessanter Beitrag, wir werden in Zukunft jedenfalls noch genauer hinschauen welche Kohlen in unserem Sortiment aufgenommen und verkauft werden.

    Uns würde jedoch auch ein Artikel in Bezug auf Shisha Kohlen interessieren.

  • Hallo,

    vielen Dank für den Artikel! Es hat mich wirklich schockiert, dass offensichtlich auch FSC-zertifizierte Holzkohle anderes Holz enthält als draufsteht! Wie kann ich denn bei der empfohlenen zertifizierten Holzkohle aus regionalen Wäldern sichergehen, dass auch wirklich das richtige Holz verwendet wurde?

    Dankeschön :)

  • Finde ich Mega Interessant, wir werden in Zukunft Definitiv auch auf unseren Einkauf achten. Eventuell kann man hier auch schon jetzt einiges besser machen.

  • Ist echt spannend und da habe ich gleich mal recherchiert.
    Ich kaufe ab jetzt nur noch Kokoskohle von Magna zum Grillen.
    Dafür werden nur die Schalen von Kokosnüssen verwendet und kein Wald abgeholzt. Dafür gebe ich gerne etwas mehr Geld aus

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