Klöck­ner blockiert(e) das Ende der blei­hal­ti­gen Munition

Viele Seeadler sterben in Deutschland an Blei in der Nahrung © Thomas Neumann / WWF

UPDATE

Stand 14.7.: Wir haben etwas erreicht. Land­wirt­schafts­mi­nis­te­rin Julia Klöck­ner gibt ihre Blo­cka­de­hal­tung im Streit um das Blei­ver­bot für die Jagd in Feucht­ge­bie­ten auf. Damit ist der Weg für eine deut­sche Zustim­mung zu einem euro­pa­wei­ten Ver­bot frei. Die Bun­des­re­gie­rung habe zustimmt, wenn die EU-​Kom­mis­si­on bereit sei, die Über­gangs­frist von zwei auf drei Jah­re zu ver­län­gern, sag­te ein Spre­cher des Umwelt­mi­nis­te­ri­ums den Riffreportern.

Die­se Über­gangs­zeit emp­fin­den wir als unnö­tig, wir sind aber trotz­dem froh. Klöck­ner bewegt sich doch – wohl auch auf­grund des Drucks unse­re Eil­ak­ti­on. Vie­len Dank an unse­re über 35.000 Unter­zeich­ner! Zusam­men geht was!

Der Kampf ist aller­dings noch nicht ganz vor­bei: Über­ra­schend leg­te am Mon­tag die tsche­chi­sche Regie­rung Wider­spruch gegen das gesam­te Abstim­mungs­ver­fah­ren ein. Wir hal­ten Euch auf dem laufenden.

Blei ist hoch­gif­tig. Wir ver­ban­nen Blei zu Recht aus dem All­tag der Men­schen. Blei in der Nah­rung kann sowohl bei aku­ten Ver­gif­tun­gen als auch bei chro­ni­schen Dosen zu Schä­di­gun­gen des Ner­ven­sys­tems oder der Nie­ren füh­ren. Aber Pflan­zen und Tie­re sol­len wei­ter Blei aus­ge­setzt sein. Das ist nicht län­ger hin­nehm­bar. Auch und gera­de nicht durch blei­hal­ti­ge Munition.

See­ad­ler ver­gif­ten sich

Ein Bei­spiel: Die Jagd auf See­ad­ler ist glück­li­cher­wei­se ver­bo­ten. Trotz­dem fal­len sie in gro­ßen Zah­len der Jagd zum Opfer. Ein gro­ßer Teil der majes­tä­ti­schen Vögel stirbt an Blei­ver­gif­tun­gen – auch hier­zu­lan­de! Die Adler fres­sen die von Jägern an Ort und Stel­le aus­ge­wei­de­ten Orga­ne oder aber auch ange­schos­se­nes, ver­en­de­tes Wild — und neh­men dadurch Blei aus Geschoss­rück­stän­den auf. Das auf­ge­nom­me­ne Blei ver­gif­tet die Vögel. Unter­su­chun­gen des Leib­niz-Insti­tuts für Zoo- und Wild­tier­for­schung (IZW) zei­gen, dass Blei­ver­gif­tun­gen die Todes­ur­sa­che für ein Drit­tel – in eini­gen Schutz­ge­bie­ten sogar für bis zur Hälf­te – aller tot auf­ge­fun­de­nen See­ad­ler sind. Längst nicht das ein­zi­ge Bei­spiel, wie die Natur unter dem Blei lei­det. Die Zeit ist über­reif für ein Kom­plett­ver­bot der Bleimunition.

Ein stol­zes Tier: See­ad­ler am Schaal­see © Robert Gün­ther / WWF Deutschland

Ton­nen­wei­se Blei in der Umwelt

Jedes Jahr gelan­gen durch die Jagd Ton­nen von gif­ti­gem Blei in unse­re Umwelt. Mehr als eine Mil­li­on Was­ser­vö­gel ster­ben jähr­lich in Euro­pa an den direk­ten Fol­gen der Blei­ver­gif­tung. Unter­su­chun­gen zei­gen, dass sich das Blei sogar im Sedi­ment der fla­chen Ufer­zo­nen von Gewäs­sern abla­gert und sich die Kon­zen­tra­tio­nen des Gif­tes dort über Jah­re immer wei­ter erhö­hen. Die Was­ser­vö­gel neh­men die Blei­par­ti­kel dann bei der Suche nach Nah­rung auf und ver­en­den qual­voll. Das ist völ­lig unnö­tig. Längst gibt es siche­re und pra­xis­taug­li­che blei­freie Muni­ti­on. Seit vie­len Jah­ren set­zen wir vom WWF uns zusam­men mit vie­len ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen wie etwa dem NABU für das Ver­bot blei­hal­ti­ger Muni­ti­on ein.

Minis­te­rin Klöck­ner blockiert

Ich kann es des­halb kaum fas­sen, dass jetzt die deut­sche Poli­tik quer­schießt. Wie so oft sind sich Umwelt- und Land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um nicht einig. Frau Klöck­ner blo­ckiert mal wie­der- mit faden­schei­ni­gen Argu­men­ten. Deutsch­land hat ange­kün­digt, sich bei einer EU-wei­ten Abstim­mung über ein Ver­bot blei­hal­ti­ger Muni­ti­on an Gewäs­sern ent­hal­ten zu wol­len. Die ange­kün­dig­te Ent­hal­tung könn­te das Abstim­mungs­ver­hal­ten ande­rer EU-Staa­ten nega­tiv beein­flus­sen. Es ist wirk­lich kaum zu glauben.

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Wir haben des­halb in einem Brief an Bun­des­land­wirt­schafts­mi­nis­te­rin Julia Klöck­ner drin­gend gefor­dert, der Emp­feh­lung der EU-Kom­mis­si­on, der Euro­päi­schen Che­mi­ka­li­en­agen­tur sowie der Posi­ti­on ande­rer Mit­glied­staa­ten wie etwa Frank­reich unbe­dingt zu fol­gen und sich für ein Ver­bot von blei­hal­ti­ger Schrot­mu­ni­ti­on in Feucht­ge­bie­ten einzusetzen.

Die Zeit für ein Ver­bot ist reif, über­reif. Und es ist auch längst an der Zeit nicht mehr kon­kre­te Fort­schrit­te für den natio­na­len und euro­päi­schen Natur- und Arten­schutz zu blockieren.

 

Ich bin Programmleiter Wildtiere Deutschland und Europa beim WWF und beschäftige ich mich vor allem mit den großen heimischen Säugetieren, die bei uns einstmals ausgerottet waren, jetzt aber wieder zurückkehren! Der WWF möchte dazu beitragen, dass Wolf, Luchs & Co. hier wieder eine Heimat finden. Auch persönlich bin ich oft im Wald unterwegs, mache mich auf Spurensuche und erfreue mich an naturnahen Wäldern, wo der Mensch die Natur Natur sein lässt. --- Moritz hat den WWF inzwischen verlassen ---

Kommentare (21)

  • ...warum eigentlich nicht generelles Verbot bleihaltiger Munition? - die Einschränkung "in Feuchtgebieten" impliziert doch, dass bleihaltige Munition weiter produziert wird und insofern eine Kontrolle, was in Feuchtgebieten verschossen wird, kaum möglich wäre...
    (H.Gehlig)

    • Wir würden ein generelles Verbot bleihaltiger Munition auf jeden Fall unterstützen. Die Erfahrungen zeigen ja, dass es praxistaugliche Alternativen gibt.

    • Zum Einen ist Munition ohne Blei nicht für alle Flinten geeignet, beziehungsweise ist auch der Preis für bleifreie Munition weitaus höher. Zum Anderen ist auf Schießständen (auch Jäger sollten üben) der Schuss in den Kugelfang mit Stahl nicht überall erlaubt. Man bezahlt bei 50 Schuss jetzt schon 12€ beim Training...

  • Wo hält Frau Klöckner denn noch überall ihre Hand auf???
    Ein Lobbyregister muss endlich her.

    • Was haben wir für eine Landwirtschaftsministerin !!! Bis jetzt hat sie doch nichts für die Umwelt und das Tierwohl geleistet. Im Gegenteil: ihr Bestreben scheint nur auf ihr eigenes Wohl ausgerichtet zu sein. Sie könnte so viel Gutes bewirken. Ich bin unfassbar wütend und traurig, dass wir solche Leute in der Regierung haben !!

  • Unsere Bundeslandwirtschaftsministerin scheint für mich eine einzige Fehlbe-setzung zu sein, mit Tierwohl hat sie jedenfalls nichts am Hut. Ob es sich um die Kastenstände im Schweinestall handelt oder wie hier um das geforderte Verbot der Bleimunition, das hat alles nichts mit "christlichen Werten" zu tun, die in ihrer Partei ansonsten ziemlich hoch gehalten werden.

  • Als Pfälzer bin ich spätestens seit Kohl nur noch im“Sorry“- Modus und hoffe nur, dass mein Akzent mich nicht verrät.
    Frau Klöckner ist da nur eine weitere Enttäuschung. Von der „Weinprinzessin“ und Repräsentantin für Sauf-Event zur Verbraucher-Schützerin! Ich hatte gedacht, dass ihre Journalisten-Karriere ihren Horizont etwas über Wald, Wiesen und Gülle hinaus geweitet hätte. Stattdessen purer Agrarindustrie- und Grossbauern-Lobbyismus auf der ganzen Linie! „Laß fahren alle Hoffnung!“

    • Klöckner ist eine Frau ohne Seele, die keine Integrität hat.
      Sie redet nur Blödsinn. Es ist nicht zu ertragen.

      Wir brauchen dringend ein eigenes Tierministerium!

      Es wäre schön, wenn Ihr dazu einen Vorstoß machen könntet!

  • Ist diese Frau wirklich so ahnungslos? Jedenfalls wird sie ihrem Amt in keiner Weise gerecht. Vielleicht sollte sie sich weiter für Produktwerbung vermarkten.

  • Hallo, das ist eine erschreckende Nachricht. Ich bin dafür, dass sich Deutschland an dieser Abstimmung beteiligen muss. Mich interessieren die Gründe die sie angeführt hat. Nur die Meinung einer Person (Bundeswirtschaftsministerin) spiegelt nicht Gesamtmeinung der Bevölkerung wieder. Ich vertrete die Position der EU-Mitgliedstaaten; aus meiner Sicht wäre ein grundsätzliches Verbot bleihaltiger Munition sinnvoll.

  • Es ist kaum zu ertragen, was sich Frau Klöckner (schon lange) leistet. Ihre Politik ist unglaubwürdig. Völlig skandalös, was sich in der grauenvollen "Tier-Industrie", ja im gesamten Agrarbereich, abspielt. Mir ist es ein Rätsel, in welchen Sphären sich solche Politiker/innen bewegen.

  • Frau Klöckner , treffen Sie doch mal richtige Endscheidungen. Immer diese Verlängerungsfristen bei Tier- und Agrar Themen. Es ist wirklich zum Ko.....

  • Wer nix macht macht nix falsch (stimmt leider nicht :-))
    Aber von der Sorte gibt es bekanntlich in Berlin noch mehr.

  • Das war ja kaum anders zu Erwarten. Gibt es dazu eine Online-Petition, die man unterschreiben kann?

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