G7-Gip­fel: Auf­bruch in eine neue Zeitrechnung?

Nature is watching you © Gesa Koch-Weser

Am Sonn­tag rei­se ich mit einer klei­nen WWF-Dele­ga­ti­on nach Gar­misch-Par­ten­kir­chen. Scha­de eigent­lich, dass nicht Berg­wan­dern im wun­der­schö­nen Alpen­pan­ora­ma auf dem Pro­gramm steht – statt­des­sen erwar­tet mich das Pres­se­zen­trum des G7 Gip­fels. Das Glei­che gilt für etwa 5.000 ande­re Jour­na­lis­ten und Pres­se­spre­cher. Sie kom­men aus der gan­zen Welt, um über etwas zu berich­ten, das gera­de ein­mal 24 Stun­den dau­ert. Ist es das wert?

Wir hof­fen es zumindest. 

 

Denn in Elmau tref­fen sich die Regie­rungs­chefs der ein­fluss­reichs­ten und mäch­tigs­ten Indus­trie­län­der der Welt. Es sind eben die­se Poli­ti­ker, die ent­schei­den­de Impul­se geben kön­nen. Sie haben es in der Hand, glo­ba­le Nor­men und Stan­dards vor­an­zu­trei­ben und durchzusetzen.

Die Natur ist die größ­te Wirtschaftsmacht

Die größ­te Wit­schafts­macht sitzt dabei gar nicht mit am Ver­hand­lungs­tisch. Damit mei­ne ich nicht Chi­na oder Russ­land. Frucht­ba­re Böden, fri­sche Luft zum Atmen, sau­be­res Was­ser, die Koh­len­stoff­spei­che­rung in Wäl­dern und Ozea­nen, Arz­nei­pflan­zen, Bestäu­bung von Obst und Acker­früch­ten, Brenn und Treib­stof­fe — all das lie­fert sie uns die Natur, völ­lig kos­ten­los und selbstverständlich.

Was wäre, wenn wir dafür zah­len müss­ten? Dann wür­den sich ein paar Macht­ver­hält­nis­se zurecht­rü­cken. Der Wert der erbrach­ten Natur-Dienst­leis­tun­gen wird auf min­des­tens 125 Bil­lio­nen Euro pro Jahr geschätzt — wenn es eben nicht kos­ten­los wäre. Die­se Sum­me über­trifft das Brut­to­so­zi­al­pro­dukt jeder der G7 Staa­ten um ein Viel­fa­ches. Ange­sichts die­ser gigan­ti­schen Zahl ist es nur logisch, dass The­men Umwelt‑, Kli­ma und Mee­res­schutz bei dem Tref­fen in Elmau eine wich­ti­ge Rol­le spie­len. Das ist auch der Grund für unse­re Hoff­nung, dass tat­säch­lich Wich­ti­ges pas­sie­ren könnte.

Die WWF-Jugend demons­triert vor dem G7-Gip­fel in Elmau © Kers­tin Leicht / WWF

2 Grad Cel­si­us — das Limit für die glo­ba­le Erwärmung

Beim letz­ten Gip­fel in Deutsch­land, 2007 im  Ost­see­bad Hei­li­gen­damm, gelang es Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel dem dama­li­gen US-Prä­si­den­ten Geor­ge W. Bush ein wich­ti­ges Zuge­ständ­nis abzu­rin­gen. Obwohl er im Her­zen sicher alles ande­re als ein Kli­ma­schüt­zer ist, stimm­te er dem Zwei-Grad-Limit für glo­ba­le Erwär­mung zu. Seit­dem ist die­ser Grenz­wert zur welt­wei­ten Norm geworden.

Ähn­li­che Impul­se for­dern wir auch vom Tref­fen in Elmau. Die “Dekar­bo­ni­sie­rung der Welt­wirt­schaft” ist dabei unser gro­ßes Ziel. Das bedeu­tet: Bis zur Mit­te die­ses Jahr­hun­derts müs­sen die füh­ren­den Indus­trie­staa­ten aus Koh­le, Öl und Gas aus­stei­gen und ihre Ener­gie­ver­sor­gung auf erneu­er­ba­re Ener­gien umstel­len. Damit das gelingt, brau­chen wir smar­te Sys­te­me, die Ener­gie­ver­lus­te mini­mie­ren — soge­nann­te Energieeffizienzmaßnahmen.

G7: Zwi­schen­etap­pe nach Paris

Im Dezem­ber soll in Paris auf dem Kli­ma­gip­fel ein neu­es glo­ba­les Kli­ma­ab­kom­men ver­ab­schie­det wer­den. Nach­dem der ers­te Ver­such in Kopen­ha­gen 2009 kra­chend geschei­tert war, ste­hen die Chan­cen die­ses Mal bes­ser.  Der G7-Gip­fel kann ent­schei­den­de Vor­ar­beit leis­ten, um den rich­ti­gen Kurs zu setzen.

Neben dem inter­na­tio­na­len Kli­ma­schutz haben es wei­te­re wich­ti­ge Umwelt­the­men auf die Tages­ord­nung geschafft. Der Mee­res­schutz bei­spiels­wei­se. Oder auch die nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung, sowie sozia­le und öko­lo­gi­sche Stan­dards für inter­na­tio­na­le Lie­fer­ket­ten im Ein­zel- und Groß­han­del. Doch bei einer Tagungs­dau­er von gera­de ein­mal 24 Stun­den droht die Gefahr, die wich­ti­gen Umwelt­the­men zu ver­ta­gen — bis zur nächs­ten Kata­stro­phe. Das kön­nen wir uns nicht leis­ten. Denn der Pla­net gerät an sei­ne Grenzen.

Auf­bruch in eine neue Zeitrechnung

Wir rech­nen damit, dass sich Plas­tik­müll in den Ozea­nen ver­drei­fa­chen könn­te. Die­ser Müll ist jähr­lich für den Tod von min­des­tens einer Mil­li­on See­vö­gel ver­ant­wort­lich. Und da Plas­tik­par­ti­kel die Nah­rungs­ket­te durch­drin­gen, lan­det der Müll ganz schnell wie­der auf unse­ren Tel­lern. Ein G7-Appell an die UNO könn­te zu einer glo­ba­len Lösung die­ses Pro­blems beitragen.

Die G7-Staa­ten sind in der Ver­ant­wor­tung, den Schutz von Öko­sys­te­men in Ent­wick­lungs­län­dern. Inves­ti­tio­nen in Umwelt­schutz, res­sour­cen­scho­nen­de Tech­no­lo­gien, Recy­cling und Erhalt der Bio­di­ver­si­tät sind daher von zen­tra­ler Bedeu­tung. Es gibt viel zu tun. Von Elmau erwar­te ich ein ein­deu­ti­ges Signal für den Auf­bruch in einer neue Zeitrechnung.

Ein Ret­tungs­schirm für die Natur

Von Elmau muss ein Signal des Auf­bruchs aus­ge­hen. Eines ist jedoch schon im Vor­feld klar: Wäre unse­re Erde eine Bank, hät­ten die G7-Staa­ten schon lan­ge einen Ret­tungs­schirm aufgespannt.

Natürlich würde auch ich gerne meinen Beitrag dazu leisten, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Um angesichts dieser Herausforderung nicht zu verzagen, konzentriere ich mich als Pressesprecherin meist auf Klimaschutz und Energiethemen. Früher bei einem Solarunternehmen, seit 2012 beim WWF. Neben den Klimathemen habe ich aber auch ein großes Herz für Nashörner und Elefanten.
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