Seban­gau: In der Hei­mat der „Wald­men­schen“

Die Orang-Utans lieben es, in den Bäumen abzuhängen. © iStock/Getty Images

Gera­de kom­me ich von einem mehr­tä­gi­gen Trip aus dem Seban­gau Natio­nal­park zurück, sit­ze frisch geduscht im Ein­gangs­be­reich des Hotels in Palang­ka­ra­ya (Insel Bor­neo) und war­te auf mei­nen indo­ne­si­schen WWF-Kol­le­gen — einen Orang-Utan Experten.

Mit dem Kanu durch Bor­neo © WWF / Youg­ha von Laer

Vie­le Ein­drü­cke geis­tern durch mei­nen Kopf: Da sind Gemein­de­tref­fen, in denen man stun­den­lang auf dem har­ten Fuß­bo­den hockend zubringt und bemerkt, dass man doch kei­ne 20 mehr ist. Oder die end­lo­sen Boots­tou­ren durch noch end­lo­se­re Land­schaf­ten vor­bei an vie­len klei­nen Dör­fern; die Besich­ti­gun­gen von Auf­fors­tun­gen bei sen­gen­der Hit­ze und durch Torf­moor watend (wahr­schein­lich vor­bei an vie­len Schlan­gen, die mein unge­üb­tes Auge nicht sieht). Und natür­lich noch die Gesprä­che mit Kol­le­gen und loka­ler Bevöl­ke­rung über den uner­müd­li­chen Kampf um den Schutz und die Rege­ne­ra­ti­on des tro­pi­schen Torfmoorwaldes.

Palm­öl­plan­ta­gen statt Regenwald

Der Weg zum Natio­nal­park führt uns durch rie­si­ge Gebie­te der Ver­wüs­tung – Urwäl­der müs­sen der Mono­kul­tur aus Palm­öl wei­chen, um den ste­tig wach­sen­den welt­wei­ten Bedarf zu decken. Wo war noch­mal über­all Palm­öl drin? Sham­poo, (Sonnen-)Creme, Eis, But­ter, Fertigessen?

Wo sind die „Wald­men­schen“?

Bor­neo hat eine der höchs­ten Ent­wal­dungs­ra­ten der Welt. © WWF

Der Seban­gau Natio­nal­park gehört zu ihren Hot­spots. Umge­ben von Flüs­sen, hat er für sie Insel­cha­rak­ter, da sie wie wir Men­schen nicht von Natur aus schwim­men kön­nen. Die meis­te Zeit ver­brin­gen sie auf Urwald­bäu­men, was ihnen sicher auch ihren Namen Orang-Utan – über­setzt „Wald­mensch“ – ein­ge­bracht hat. Aus die­sem Grund ist es so wich­tig, den Wald zu erhal­ten und das Habi­tat durch Auf­fors­tun­gen ent­wal­de­ter Flä­chen zu ver­bes­sern, ansons­ten ent­zieht man den Orangs ihre Lebens­grund­la­ge. Lei­der bekam ich kei­nen der scheu­en Men­schen­af­fen auf mei­ner Rei­se zu Gesicht. Wegen der begin­nen­den Tro­cken­zeit war es uns nicht mög­lich, über die Flüs­se tief genug in den Park vorzudringen.

Orang-Utans wer­den als Haus­tie­re gehandelt!

Die scheu­en Men­schen­af­fen sind nur sel­ten zu sehen. Meist ver­ste­cken sie sich in den Bäu­men. © wwf-Kal­t­eng research-team

Bor­neo hat bereits in den letz­ten Jahr­zehn­ten die Hälf­te sei­nes Wal­des ver­lo­ren. Nach neu­en Schät­zun­gen könn­ten bis 2030 noch­mals rund 22 Mil­lio­nen Hekt­ar ent­wal­det wer­den – das ent­spricht dem Zwei­fa­chen der deut­schen Wald­flä­che. Der Haupt­grund liegt in der Umwand­lung zu Palm­öl­plan­ta­gen. Auf den Plan­ta­gen wer­den Orang-Utans ent­we­der als Pla­ge getö­tet, oder sie gehen ein, da sie kei­ne Nah­rung mehr fin­den kön­nen. Außer­dem sind sie gern gese­he­ne Haus­tie­re – als Babys wer­den sie auf dem Schwarz­markt gehan­delt, um dann ein Leben in Kleid­chen gesteckt in der Zivi­li­sa­ti­on zu fris­ten. Die Händ­ler erzäh­len, sie hät­ten die Babys ver­waist auf­ge­fun­den und sich ihrer ange­nom­men. Dies sei aber nie­mals mög­lich, so berich­te­te mir mein Kol­le­ge. Orang-Utan Babys blei­ben ca. sie­ben Jah­re bei ihren Müt­tern. Dann haben sie genü­gend gelernt, um sich allei­ne durch­zu­schla­gen. In die­ser Zeit bekommt die Mut­ter kein wei­te­res Baby, wes­we­gen der Geburts­in­ter­vall der längs­te aller Men­schen­af­fen ist. Um über­haupt an die Klei­nen zu kom­men, so mein Kol­le­ge,  müs­se man die Mut­ter töten, da sie unter kei­nen Umstän­den ihr Kind preis­ge­ben würde.

Nun bin ich gespannt, mehr über die aktu­el­le Orang-Utan-Zäh­lung im Natio­nal­park zu erfah­ren. Ein Licht­blick: Die Popu­la­ti­on hat zuge­nom­men, waren es 2006 noch 5400, so sind es heu­te 5826. Ich ver­las­se Indo­ne­si­en in der Hoff­nung, bei mei­nem nächs­ten Besuch wenigs­tens einen der Wald­men­schen zu Gesicht zu bekommen.

Als Forstwissenschaftlerin arbeite ich beim WWF an internationalen Wald-und Klimaschutzprojekten. Der Erhalt der Wälder liegt mir besonders am Herzen. Als artenreichster Lebensraum beherbergt er nicht nur zwei Drittel aller Tier-und Pflanzenarten und ist von entscheidender Bedeutung für das Klima – auch bildet er die Lebensgrundlage für weltweit ca. 1,6 Milliarden Menschen. Solange jedoch dem Wald nicht sein „wirklicher“ Wert beigemessen wird, ist er auch weiterhin Opfer von Raubbau und Entwaldung.

Kommentare (1)

  • Vielen Dank für diesen Beitrag. Wir leben in Sabah (Lahad Datu). Bei uns gibt es unter anderen das Danum Valle, Tabin Wildlife Conservation Area, Sungai Kapur und Bukit Piton. Im Letzteren leben relativ viele Orang-Utans und viele andere unter anderem gefährdeten Arten. Mit gezielten Aufforstungsprojekten versuchen wir mitzuhelfen, dieses first class Reserve aufzuwerten. Ich denke, es besteht Hoffnung.

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